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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.03.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188403196
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840319
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840319
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-03
- Tag 1884-03-19
-
Monat
1884-03
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.03.1884
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Erscheint tätlich früh 6'/, Uhr. Krsacti«« »ni» Lrvrditio» Johannesgaffe 8L. Sprrchllun-rli -er Nedactisu: Bonnittaq« 10—12 Udr. RachiniliaqS ü—8 Udr. -> >« rum,«», «»,»i,nllrr v>«»uici»»«» »»chr an tu Ntr»c»on «»»ahme der für die näckftkalgende Ruimucr bestimmte« In,era»« an Liiochrilkaaeii bi» :t Udr Nlichinittaa«. »!> Le»,»-und Fcsttaeeiisrüybl« '/.VUtzr. 2>« -r» /ilialrn sjir Zas.-Lnnahmc: Ltto Klemm. llnioersitätsstrußr S1, Li»«,» Lösche. Kalharincnstraßk 18. p. mir bis ',,L Udr chMtr.TGMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels - nnd Geschäftsverkehr. ^ 79. Mittwoch den 19. März 1884. Auflage LSLVQ. Ldonnemcnlsvrri» viertel,. 4'/, Mt. lucl. Bringerlobu ö ML. durch die Bon bezöge» S ML Jede -mzeiue Nummer «0 Vl. Belegexemplar 10 Bi. Gebüdre» >ür «rrrabetl»,,, «dar Postbeiärderung SS Mi. «U Poübviörderuug 48 ML Znldrate Saeipeltme Petitzeile 70 Pf. GrStzerr Schrillen laut uuierem PreiZ- oerzeichniß. Labellarischer ».Ziffermatz nach hoher» Taris. ilerlamen unter de» Krderli»» »strich dir Svaltzeile üO Ls. Inserat« ft»d der« an die Srprdttie» zu ienbrn. — Rabatt wird nutzt gegeben. Zahlung prnaavwernoäo oder darch Post- »achaaume. 78. Jahrgang. BefteUungen auf da- zweite Quartal 1884 des Leipziger Tageblattes (Anstage L8,si««) wolle man möglichst bald an die Unterzeichnete Expedition. JohanneSgaste Nr. 33, gelangen lassen. Außerdem werden von sömmtlichen hiesigen AeitungSspediteuren Bestellungen auf das Tageblatt angenommen und ausgeführt. Auswärtige Abonnenten müssen sich an das ihnen zunächst gelegene Postamt wenden. Der 'AbonrremerrtSprei- beträgt pro Quartal L Mark S« Pfennige, inelustve Brinqerlohn » Mark, durch die Post bezogen V Mark. Für eine Extrabeilage sind ohne Postbeförderung 39 Mark, mit Postbeförderung 48 Mark Beilegegebühren unter Vorausbezahlung zu vergüten. Preis der JnsertionSgebühren für die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfennige, für Reclamen aus Petitschrift unter dem Redactionöstrich 50 Pfennige. Größere Schriften werden, gering abweichend von dieser Norm, nach unserm PreiSvcrzeichniß, tabellarischer und Ziffer-Satz dagegen nach höherem Tarif berechnet. Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praemmisrsLäo oder durch Postnachnahme. Das Tageblatt wird früh 6V, Uhr auSgegeben und enthält die bis zum vorhergehenden Abend eingelaufenen wichtigsten politischen und Börsen-Nachrichten in telegraphischen Original-Depeschen. Es berichtet im Allgemeinen über den Gang der Ereignisse in übersichtlicher Kürze und über die großen Tagesfragen der inneren und äußeren Politik in populären Artikeln mit größter Ausführlichkeit. Das Tageblatt behandelt die localen und sächsischen An gelegenheiten in eingehender Weise und referirt über Theater, Musik, Literatur, Kunst und Wissenschaft. Die Verhandlungen des Reichstages und des sächsischen Landtages erscheinen in Originalberichten. Mt seiner ^BolkSwirthschaftlichen Beilage" bildet es zugleich das größte Handels« und Börsenblatt Sachsens. Es bringt namentlich auch sämmtliche wichtige deutsche und überseeische Handelsberichte. Außerdem erscheinen im Leipziger Tageblatt die vollständigen Gewinnliste» aller Elaffen der ASnialick Sächsische» La»de»«Lotterte und die Nummer- Verzeichnisse der auSgeloosten Mh»tgUch Oächststhe« Staatsfchrrldfcheiae. Leipzig, i« März 1884. Amtlicher Theil. vklmWlmchlliiz. Wegen Legung eine» Wasserrohr» wird die D>rchf«tzrt i« westlichen Flügel de- neuen Theater« von Mittwoch de» Ist. dsS. Mt«, nt aus etwa 4 Tage für den Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 19. März 1884. Der Stath der Stadt Leipzig. I)r. Tröndlin. Hennig. LrockeuPlatz-verplUhtllNg. Der der Stadtgemeind« Leipzig »od zur Parcelle Nr. N de» Flurbuch« für Gohlis gehörig«, dchldtz an der Rosen thalstraße gelegene ehemalige Mühlengntß«, AN» GraSgarten nebst einen, dahinter gelegenen, gleichsa»« M vorgedackten Parrelle gehörigen Feldstück von zusammen l Äcker ISS Ow-Rutben — — Hektar SIS Ar Flächen geholt, soll zur Benutzung als Trockenplatz, mit Ausschluß jeder ankeren Benutzung-weise, auf die drei Jahre »p« IS. Äprtl I88L bl« dahin 1887 Sonnabend, -«» SV. ds«. Mt«. Borwtttag« LI Uhr aus dem Ratbbause, 1. Etage» Zimmer Nr. 17, «ad«» Meistbietenden anderweit »erpachtet werden. Ebendaselbst auf dem großen Saale liege« die Verpach tung». und Bersteigerung-bevingungen schon vor de» Termine zur Einsichtnahme au». Leipzig, den IS. Mär, 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. Or. Tröndlin. Ltßtz. vklunmtmchm». Die Herstellung einer Schleuß- lll. Tlaffe !» der Poniatowsky-Straß« soll an eineu Unternehmer in Lceord vergeben werden. Di« Bedingungen und vlanlet« für diese« Schlenßeadau können bei unserer Tisfbauverwaltung. Rathhan«, II. Etage, Zimmer Nr. 14. entnommen »erden, woselbst anch die ver siegelt», und mit der Aufschrift: „Lchleutzenban in -er Poniatowskp-Straste" versehenen Offerten bi« zum 28. März ». o. Nachmittag« 5 Nhr abzugeben sind. Leipzig» am 18. März 1884. De« Rath« »er Stadt Leipzig Stratzenbaa-Depatati»«. Vekunrlmch«»-. Di« Erneuerung de« Psostendelag« auf der Kirschwahr- brück« im Schleuß,ger Weg« soll an eine« Unternehmer in Äccord vergeben werde«. Di« Vedingunge« und Blautet« können bei unserer Tiefbau» Berwaltung. Rathhau«, II. Etage. Zimmer Nr. 14. ent nommen werden, woselbst auch die Offerte', versiegelt u»d mit der Ausschrist: „Re»dtel«»ad«r RtrschwehrbrüD»" versehe« bi« zum r«. März ». e. Nachmittag« L Uhr ein» zurriche» find. MHig, den 17 Mär, 1884. De« Rath» »er Stadt Leipzig Stratzeadaadepatatio» OeKvvtljtzMe HuncielsIekranGtsIt. vi« ^umalclnnaHWMenslanealedrUnee», maleda ßommenäa Ottern in äi« LaM o«er ^aodiuitUteeoar»« ä«r DabrUn»». ndtkellnnU «intiäW «tlleu, «bittet ttob cker voteraeiclutet« in cker 2eit r«n» 17. di» »MLd. »Irr, Vormittag II—17'/, Ddr, vowSgtied uut« Ww>nlleb«r Vorttellang cker Lnruwalckimcke» cknrod idr« Sarra» Wdttpale. IVLkrauck See zMwatev Zeit Hreräao aaod Lumeläana« kür äen elplitkrlp«« Omdalaaenaedaktllob«» Onrrn» «,tea«a» eenomwen, an «eelchan ptt» U»»4i»u»«ladrll»p« detbei-igeu können, ckia iw veawa äe» Zeuzni««, üb« äi« MiM«n»c>r»tUlek« Letübixnog ruw ImjU»ri8-?re>WilIiLsnä>«>tt« »toL. Uutmrjodt 1V Stnaäeu -eüobenkltek, Scdulxelä SO ». Leiprig, >w kedruar 1884. Lnrl Volkrum, Vtreotor. Nichtamüicher Theil. Die Wahlagitation in Ungar«. * Ungar» ist untwgbar ein sehr alter verfaffiwgsstaat. Bi« 1848 war d»rt aüerding« nur der Atel die politische Nation, aber da« war im Vergleich zu den Zust«»en in dem damalige» absolutistischen Oesterreich immer «och ein von einem gewissen freiheitliche» Nimbu« umgebener Vorzug, den« in Oesterreich durste selbst der Adel sich nicht al« Mtl- berath«, in die öffentliche« Staat«- und kandesangelegenheiten mischen. Ta also da« verfaffungSleben in Ungarn ursprüng lich ein rein aristokratische« war. so haben sich innerhalb desselben im Laufe der Jahrhundert« und in Verbindung mit dem Charakter de« ungarischen Adel« ganz eigenartige ver» hältniffe. Sitten und Gewohnheiten herau«geb,ldet. die von denen der westeuropäischen verfassung-staaten gruudverschiedeo sind uud auch noch gegemvärtig dem ganzen politischen Leben Ungarn« ei» Gepräge ausdrückeu» wie mau e« and«r«wo vergeblich suchen würde. 3a dieser Beziehung wirken zumal die Art und Weise, wie in Ungar« di« «Dahlen eingeleitet und durchgeführt werden, aus jeden Fremden höchst überraschend. Au« vielem Grunde dürfte e« für jene Kreise, welche dem politische» Lehen Ungarn« ferner stehen, nickt interrsselo« sein, hier rin« Schilderung de« althergebrachte« vorgHm«- gelegentlich der Vahle» vorauszuschicken. An dem bestimmten Wahltage versammeln sich die Wähler mit ihre» Eandidaten schon früh Morgen« an dem verein barte« Ort«. Ta« Versammlung«!«»! ist immer «in Wirths» hau«, von dessen Giebel «in« groß«, dreifarbig« ungarisch« Fahn« »«ht. daneben dt« de« Eandidaten, aus welcher, fall« derselbe ein Edelmann, sein Wappen »iLt fehlen bars. Vor de« Haus« empfängt ei» Zigeuner-Musitcorp« mit den aufregende« ungarische» Natronalweisen die Wähler und ihre« agitatorischen Anhang; der Eandidat selbst wird von seinen Wähler« und übrigen Parteigenossen mit stürmi schen. minutenlangen Eljenrufen begrüßt. 3m Wirth«hause »st inzwischen Alle« für di« zahlreichen Gäste in Bewegung. Mächtige Neinsäffer lagern i» Hofe »der Keller, große Flaschen mit de» nationalen Sliwowitz (Pflaumenbrannt wein) mache« die Runde, in der Küche oder an improvisirten groben Herde« brodelt da« G»lya« «ebst ankeren National gerichten. Paprikasdeck. Würste, -äs« und vrod liegen hoch ausaeschichtet aus Tisch«« «td tt, großer Eigarren. uud Tavakvörrnttz ist für di« Güst» Wenfall« i« Bereitschaft All« diese Genüsse w«d«, do» de« Eaaüidate, seine» Wäh- lern und politischen Freunde» gratis zu» Veste» gwebw. »eshalh ein. «nhl » ttnM«. »PI Gttd kostet, ja hLsig hängt der schließlich« Sieg der einen oder ankcien Partei. »ur von der größeren Freigebigkeit ihrer Eantibalen ab. I Wenn nun da« Frübüück beendet. ker Wein in Strömen fließi I und zu allerlei aufregenden, von betäubenden Eljengescvre, begleiteten Reken entflammt, begeben sich die Wahlaqenten oder „Einpeitscher" nach dem Versammlungsorte der Wäbler de« Grgencanvikaten, wo e« natürlich ebenso tcll und voll hergeht. Die „Einpeitscher" sind auch reichlich mit Geld ver sehe» und bieten unmittelbar vor dem Wahlakte neuerdings alle Uebcrrckuiig-künste auf. um für ihren Eandidaten aus tem seintlichci, Lager noch Stimmen zu gewinnen. Zwischen den Wahlagenten und den Wählern der Gegenpartei enlspmnl sich al-rann gewöhnlich folgender Dialog: Wahlagent: „Nun, habt 3br sct-on gefrühstückl?" — Wähler: „Ja. und zwar ganz ausgezeichnet." — Wahlagent: „Sage lieber elend; aber bei u»S qiebt e« Sacken zu essen und zu trinken, wie sie der König nickt bester hat. Komme zu un«. Baratom (Freund)." Wähler: ..Da» geht nickt, sie würden mich lovtschlagcn." — Wahlagent: „Bah. Unsinn! Wa« zahlt Venn Euer Main, für die Stimme?" — Wäbler: „Fünf Gulden. ' — Waklagent: „WaS, fünf Gulden? (auS- spockend) Pfui! Wir zahlen sieben. Da bast Du zwei Gulden; den Rest kriegst Du. wenn Du drüben bei un« o,st." — So oft e» aus diese „überzeugende" Weise den Wahlagcntcn ge lingt, einen übcrgelausenen Wähler zu bringen, weroen beide vor dem Wirkhshause mit Jubelgescbrei, Fabnensckwenken und vollen Gläsern «mp angen. Manchmal können sich aber die Wablagenten im gegnerischen Lager auch derbe Prügel kolen, ja es ist nickt selten vorgekomme», daß jene im Kample er heblich verwundet, sogar tobtgescdlagen wurden. — Nähert sich die Stunde dcS WahlacteS, so marscbirt die ganze Ge sellschaft in geschlossene» Reiben und stark angeheitertem Zu stande nach dem Wahllocat. Voran die sieteliideZigeunermusik, dann die Fahnenträger, di« Wablagenten. die Honoratioren der Wähler, in ihrer Mitte der Eandidat und schließlich der Troß der übrigen Wähler und der sonstige Parteianhang. Aus dem ganzen Wege nach dem Wahllocal verstummt das Eljengeschrei keinen Augenblick. Da dort mindesten» zwei Parteien, oftmals auch drei bi« vier, mit ihren angetrunkenen Wählern und herauosorderndrn Anhängern zusammrnlresjen, so kann man stet« von Glück sprechen, wenn der Wablacl obnr erbebt,cke Rnbestbrungen und blutige Kämpfe abläust. Förmliche Dablichlacklen. in denen e« Verwundete und Tode gab» «wen in Ungarn keine Seltenheit. Gegenwärtig nähern sich abermal« die Wahlen zum ungarischen Reich-lage. Wie wir erst unlängst au dieser Stell« bemerkt, wird dietmal di« Wahlbewequag ein« Über aus hochgehende «ad besonder« leidenschastuch« fei«. Die Opposition gegen da« Ministerium T>«za bat sich seit de« Siege de« ungarischen Oberbause« Uber die Regierungsvorlage bezüglich der Mischehen zwischen Ehristen und Juden bedeu tend verstärkt und wirb jedenfalls der Regierung viel zu schaffen macken. Zumal ist e« die antisemitische Partei, welch- im ganzen Lande eine überaus heftige Agitation be treibt. wa« um so gefährlicher scheint, weil e« TlxUlache ist. daß hinter dieser Bewegung fast die gesammte Bevölkerung der kleineren Städte und de« Flachlandes stebt. In dieser Beziebung hat auch bereit« ein Ereigniß seine Schotten vorau«geworsen. Wir meinen die groben Ausschreikungen und Unordnungen, welche am 15. d«., am Jahrestage der ungarischen Revolution von !848, in der Stadt Czegled statlgesunren haben. Die darüber von un» gebrachte kurze telegraphische Meldung können wir heul« au« den uns vorliegenden ungarischen Blättern weiter ergänzen. AuS dieseu ist nun zu entnehmen, daß die Abgeordneten Her mann, Hoitsy, HeqedüS und Pronay beabsichtigt haben, am 1». in Czegled einzulreffen. um dort an dem genannte» Tage eine von dem radikalen Anlisemilenführer und Heraus geber de« überaus hefligen OpposilionSblatleS ..Függellenseg". Bcrhovay» im Hinblicke auf die bevorstehenden Wahlen än- gekündigt« Volksversammlung zu verhindern. Verhovay ver tritt i« ungarischen Reichstage die Stadt Czegled, besten Wwdenvnhl die erstgenannten Abgeordneten um >eden Preis vereiteln wollten. Diese haben aber in der genannten Stadt eine entscheidende Niederlage erlitten, die für ihre persönliche Sicherheit eine höchst bedrohliche Wendung hätte nehmen könne«. Al« nämlich Verhovay mit seinen Anhängern am l«. Abend« in Ezeglcd eintraf, ward er vor dem Bahnhöfe von einer überau« großen, au« Stadt und Land herbei- geströmten Volksmenge enthusiastisch empfangen. Das Volk hob Verhovay aus die Schultern, ein Fackelzug um- ringte ihn und geleitete ihn unter Musikbegleitung und unaufhörlichem Eljengeschrei nach seinem Hotel. Al« seine Gegner, die vorbergenannten Abgeordneten, ankamcn. wurden sie von den volkshaufen mit fürchterlichem Geschrei und Schimpfwörter» empfangen, ja sie entgingen nur mit genauer Roth thätlichen Angriffen. Der eigentliche Skandal sollte aber erst am nächsten Tage gelegentlich der Volk«- Versammlung lo-brechen, zu welcher der Marktplatz der Slabt Ezechled auSerseben war. Al« der Abgeordnete Hermann mik seinen politischen Tollegen die auf dem Platze errichtete Rednerbühoe besteigen wollte» fand er diese bereit- von Bolk«- masten umringt, di« dem aus der Bühne stehenden Verbovay und seinen Anhängern zujubelten. Weder Hermann noch ein anderer Gegner Verhovay'« konnte zu Wort kommen; j« al« jene versuchten, die Rednerbühne zu besteigen, wurde« sie mit Fahnenstangen und Stöcken gewaltsam zurück gestoßen und aus ihrem Rückzüge sogar mit Steinen uud bereit gehaltenen faulen Eiern beworfen. Ugron, ein parlamentarischer Parteigenosse Hermann'«, ward von den Anhängern Verhovay'« den Pvbelhausen al« besonder« „tobes- würdiger" Volksfeind denuncirt und in Folge dessen von der wülhende» Menge mik Stöcken und Knitteln zu Boden ge schlagen. Ugron blutete au« mehreren Wunden und konnte »ur mit Mühe von einer Husaren Patrouille au« den Händen ver Rasenden befreit werden. Verhovay hielt dann seine über all»« Maß ansreizende Rede, die mit einem langen Beifall«- gebrülle ansgenomme» wurde. Da« scheint uns jedenfalls ei« sehr bedenklicher Anfang de« Wahlagitation, ja wer weiß, wa« während dieser in dem „freien" Ungarn noch zu erwarte« steht. Leipzig, 19. MLrz 1884. * Tie ..Norddentsch«Allgemeiu,Zeilnng"mchtet Hot«, wie bereit« trlegravhisch erwähnt, an leitender Stelle ttnan Angriff gegen den Abgeordneten Bambrrger. Da» »sreiwillm-gouvernementale" Blatt schreibt: >a«d,r,e, hat i« Keichswg« über dl« Unfall»«, sickerung zum zweiten Male eine längere Red« gehalten. Lr geliör» zu den Privilegirten, die auch in den Fällen, wo die Mrhr- »idl der Rcdebtdürstigen nicht einmal zu Worte kommen, zu zwei Reden von ungewöhnlicher Länge zugetasten werden. Seine» An spruch daraus hat er damit molivin, daß der Rtichttonzler sich die Freiheit genommen, auf seine erste Red« eingehend zu erwidern und den Argumenten de« Herrn Bamberger dir der vrrdüadelea Regie- rungea enkgegenzusicllen. Es hat das unsere Lrwartung übertroffeu, daß de« Reich«, kanzler bei der Last seiner Belchäfge und der Unzuläuglichkeit jrincr Arbeit«krast sich aus eine Discussion und Widerlegung der unhaltbaren Argumente de« Herrn Bamberger überhaupt eingelassen hat. Dem Herrn Bamberger genügt da« aber nicht. Der Abge- ordnete Richter sagt von den Ministern de« KSnig«: „Dazu sitzen dier die H-rren, um un« Auskunft zu geben". Herr Bambrrger geht noch weiter. Die erste Pflicht de« Reich«kauzler« erscheint ihm, au leinem Platze im Reichalage zu sitzen, um die Juvectivea — man kann wohl lagen Jn,urirn — de« Herrn Bamberger anzuhören. Er findet eS unhöflich, daß der Reichskanzler, nachdem er seine and der verbündeten Regierung«» Ansichten sachlich da igelegt, den Saal verläßt und nicht unbejchüstigl sitzen bleibt, »m abzuwarien, ob nicht vielleicht Herr Bamberger, odschon er nicht aus dcr Rcdnerliste stand und schau einmal am Lage vorher Alle« ge- lagt hatte, wa« er sagen konnte, etwa nochmal« da« Wort ergreifen werde, um dem Reichskanzler eine neue Serie von Spitze» nnd Injurien beizubringen. Wir wisse», daß der Reichskanzler re«m- mandine Briefe von unbekannten Absendern seit Jahren nicht auainnnt, weil i e in der Regel Beleidigungen enthielten, deren Urheber amt liche Quittung darüber haben wollten, daß der Adressat sie auch wi klich empfangen habe. Sbeuio verlangt Herr Bamberger die Sicherheit, baß ber Reichskanzler die Censur, die er ihm ertheilt, auch wirklich anhöre und »u diesem Behuf eine oder mehrere Sitzungen hindurch abwartend auf seinem Platze bleibe. Wir haben den Herr» Abgeordneten Bamberger niemals sür blöde gehalten. Aber dieser Anipruch von ihm übersteigt doch unsere Erwartung uud Loraussicht, odichon dieselben ihm gegenüber nicht niedrig bemessen sind. Sehr äug ist es von ihm, daß er wenigstens noch Sr. Majestät dem laiser einen Prior,iätsanspruch an die Dienste de« Rcich«kai»ltr« gegenüber ber Verpflichtung des Letzteren, Herrn Bamberger'« Reden aiizulören, einräumt — aber auch nur dem Kaiser. Daß der Reichs kanzler auch außer dem Lorkrage bei Sr. Majestät »och irgend etwa« zu «hun haben könne, wa- ihn von seinen Pflichten al« Zuhörer Bamberger'scher Reden diSpensircn könnte, giebt dieser aasgezeichnrte Redner nicht zu. Wir sind unsererseits der Ansicht» daß, wenn der Reichskanzler gar nicht- zu thun hat, er seine Zeit noch immer Meck- mäßiger zu seiner Erholung als zum Anhören einer zweite» Serie vambeuger'icher Angriffe und Sticheleien verwendet. Der Abgeordnete bezeichnet seine zweite Red« al« eine Atzwih, angeblicher Angriffe de« Reichskanzler« auf tb». Hn» sich l, sii«» angeborenen EgoiSmu«. darüber klar z» »erden, daß « t» sttner ersten Rede der Anareisxade war und der Kanzler in seiner Ge- widerung, soweit sie Herrn Bamberger überhaupt berührte, »er Abwehrend«. Herr Bamberger rühmt sei« «ige« Höstichktt «» sch» «m k-nmschast mit dem Lader der «vnrtotfie, «nnittev« nachdem er drm Kanzler al« Urheber der gesetzliche. Vertag, „saetaltsttscher Schrullen", „politischer Lhimürrn" m>b Utopie», Gewiss«,lafiAit und dergleichen mehr vorgeworsen hat. Senn da« di« Höflichkeit»- letstungen sind, aas die Herr Bamberger mit Genngthnnng »erwetst, so möchten Iv:r der uaturgeschichtlichru Lnriosttüt Wege» «ich ein Probe seiner Grobheiten kennen lerne». Dieser Abgeordnete ist in seiner Selbstüberschätzung so weit gediehe», daß er für di« Be leidigungen Anderer, die von ihm auSgehkn, den Maßstab gäntzllch verloren hat und der Meinung lebt, daß Andere» besonder« Minister und Kanzler, von ihm sich dergleichen ohne Widerrede gefallen lassen muffen uud überhaupt dazu da sind, sei», und Herrn Richter'« Invectiven in schweigender Demuth anzuhören, wa« er dabin an«- drückt, seine Injurien dürsten nicht aus die „Goldwaage" gelegt werden. Zu dem unsinnige» Anspruch, den Herr Bamberger erhebt, daß der Reichskanzler, wenn er „Jemand angegriffen", d. b. hier sich gegen Angriffe und grobe Epitheta vcrlheidigt hat. „dableibe» a»Ve, um die Entgegnung zu hören" — zu diesem ungeheuerliche» An- spruch ruft die Linke: „Sehr aut" ganz im Sinne der rohe» Zwischen rufe. wie man sie von gewissen Bänken her in der Nähe de« Abg. Struve gewohnt ist. Die anmaßliche Meinung, daß Minister über haupt dazu da sind, um eloquente« Abgeordneten al« Scheib« für ihre Redeübungen zu dienen, ist aber kein autschließltche« Attribut de« Abg. Bamberger, sonder» ein gemeinsame« jener 110, welche, wie der Reichskanzler neulich mit Recht sagte, kein andere« Binde mittel vereinigt, als der gemeinsame Haß gegen seine Person. * Die »Nationailiberale Corresponden»" schreibt: ^Die .No tlonalzeitiing" ist gegen jede« Wort der Kritik an ber neuen .freisinnigen Partei" von einer nervösen Reizbarkeit und Empfindlichkeit, rie sie mit besonderer Vorliebe au der .NaNonalliberalen Ecrresponvenz" ausläßt. Wir haben hei einer Betrachtung über die erste Lesung der Unfallversicherung«- Vorlage bemerkt, bei dem Zustandekommen de« Gesetze« werbe man aus die Mitwirkung der „freisinnigen Partei" nicht hoffen dürfen. Bon den Mitgliedern der Partei habe« drei, und diese allein, da« Wort ergriffen, die Adgg. I-r. vam« berger, Löwe und vr. Hirsch, die in den socialpolitischen Frage« zu den negativsten gehören. Herr Löwe hat seine Red« mit den Worten geschloffen: „Ta die Vorlage den Principie« ber Freiheit und Gleichheit widerspricht, so sind wir nicht im Stande, diesem Gesetze in seinen Grundzügen beizustimmen." Und auch die Reden Ver andern Parteigenossen haben neben der selbstverständlichen Belüeuerung. mit dem Ziel und Zweck de« Gesetzes einverstanden zu sein, nirgend« einen positiven Anhaltspunkt ergeben, an den Verständigung«» versuche über die Vorlage mit Au«sick»l aus Erfolg anknüpfen könnten. Und hat nickt dir „Nationaljeitung" selbst in Ueberenistinimung mit allen andern Veurlheilern den Mangel an positiver Haltung in der soeialpolitischen Frage al« schwächsten Punkt in dem neuen liberalen Pro gramm erklärt? Die Abstimmung über da« Krankeneaffen- gesey ist doch auch neck in frischer Erinnerung. Eie ergab eine Mehrheit von den Eoiiservativen bi« zur Volk-Partei im Gegensatz zu den „Freisinnigen". Und da verübelt man e« un«. daß wir günstigsten Falle« für da« Unsallgesetz die selbe Eonstellation wie bei dem Kiankencaffengeietz vorans- gesagt haben. Sollten wir un« in dieser Anschauung ge täuscht haben, so werden wir nicht anstehen, freudig «aser» Jrrthum zu bekennen." * Wi« nach der .Hreuz-Zeikung* verlautet, wird der Vicepräsivent de« preußischen Staat-ministerium«, Minister d^ Innern v. Puttkamer, auch diese« Mal i« Reichs tage bei der B-ratbung über die Verlängerung de« Socia- listengefetze« al« Eommiffar de« Bunde<rath« sungiren. * Der .Deutsche Reichs-und Preußische Stank«« Anzeiger" schreibt: „Au« Anlaß der Red« de« Lrrrn Reichs kanzler« über die Latker-Resolutioa sind demselben van der- schiedenen Seiten Zustimmung««Telegramme zugegange«, namentlich auch mit überraschender Schnelligkeit au« Amerika. Alle einheimischen Aeußerungeu stimmen überein in der Be- urtheilung der Nachtheiie, welche die parlamentarische THItig- keit LaSker'S sür unsere Gesetzgebung gehabt hat. Sie Heß«
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