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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.04.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-04-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930426029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893042602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893042602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-04
- Tag 1893-04-26
-
Monat
1893-04
-
Jahr
1893
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3012 und wellte Veränderungen seit dem November in dem Stärkeverhältniß der demokratischen und republikanischen Parteien eingctreten sind. Die Wahlen betrafen nur Municipalauiter, bei denen bekanntlich die politischen Rück sichten nicht die allein maßgebenden sind. Deutsches «eich. L Berlin, 25. April. Der Jesuitenantrag des EentrumS kommt auch morgen, obwohl SchweriuStag ist, noch nicht zur Verhandlung Es sind vorher noch einige glcickgiltige Anträge zu erledigen. Das Eentrum hat dabei den besonderen Wunsch geäußert, die Bahn für seinen Jesuiten- antrag frei zu machen. Man wird bezweifeln dürfen, ob dieser Wunsch sehr ernst gemeint ist und ob der Antrag überhaupt in dieser Session noch zur Verhandlung kommt. DaS Eentrum hat bisher nichts gethan, um eine frühzeitige Bcrathung des An trags, die durch sreiwilligeZurückslellung anderer Anträge leicht zu erreichen gewcscu wäre, herbeizuführen; es schien zu glauben, mit dem bloße» Einbringen des Antrags seine Versprechungen an die Wähler erfüllt und seine Pflicht gethan zu haben. Jetzt führt diese Bcrathung auf alle Halle in eine äußerst gespannte Situation als ein neuer Zündstoff hinein. Der Antrag bat übrigens die Form eines Gesetzentwurfs, und eS wird somit bei der ersten Lesung und damit in dieser Session zu keiner Abstimmung kommen. Die Vermeidung einer Abstim mung, die auch im gegenwärtigen Reichstag wahrscheinlich ab lehnend auSsallen würde, mag nicht nur dem Eentrum erwünscht sein, sondern auch manche» Mitgliedern der konservativen und der freisinnigen Partei. — Der heute zum Eommunalstcuer- gesetz gefaßte Beschluß aus Abschaffung der MiethS- steuer (vgl. den Landtagsbericht. Red.) bis zum Jahre 1000 in den vier Städten, wo eine solche heute besteht (Berlin, Halle, Danzig, Frankfurt a. M), ist eine in die Finanz» wirthschaft der belheiligten Gemeinden tief eingreifende Neuerung. Sie ist erst durch den Antrag des national liberalen Abgeordneten Fricdberg in das Gesetz ge kommen und zwar mit der geringen Mehrheit von 4 Stimmen. Bei der gestrigen Abstimmung wurden INS Stimmen gegen und SS für den Antrag ab gegeben. Die Eonscrvativen und die Freiconservativcn stimmten z»m größten Theil, vom Eentrum einige und von de» Naticnalliberalcn ganz vereinzelte Mitglieder für den Antrag. Die knappe, auf einem Zufall beruhende, in den Abstimmungen zweier Tage wechselnde Mehrheit, bei deren Zustandekommen sich alle Parteien einigermaßen spalteten, läßt es zweifelhaft erscheinen, ob dieser Beschluß bei der dritten Lesung aufrecht erhalten werden wird. N Berlin, 25. April. Die neuesten Zahlen, welche von amtlicher Stelle über die Bewilligungen von Alters- und Invalidenrenten veröffentlicht worden sind, ergeben, daß nun mehr auch die Zahl der Invalidenrenten sich er heblich zu vergrößern anfäng». Während im Etat für das Jahr 1802 an Reichszuschuß eine Summe vorgesehen war» welche für mehr als 68 000 Jnvalidcnrcnten- berecktigte auSreichte, waren bis Ende I8S2 nur etwa l8 0»o Invalidenrenten bewilligt. Es war hier also dir Wirklichkeit weit hinter der dem ElatSansatze zu Grunde liegenden Schätzung zurückgeblieben. Dagegen mußte für die "Altersrente etwas mehr auSgegebcn werde», als im Etat angenommen war. Auf das Jahr 1803 ist im Etat ungefähr für den gleichen Zugang wie im Jahre 1802 Fürsorge getroffen. Nun dürfte auch im laufenden Jahre die in Aussicht genommene Zahl von Invalidenrenten tbatsächlich nicht erreicht werden, jedoch wird sic höher sein als im Vorjahre. Schon im ersten Viertel des lausenden JahreS sind Uber 1000 Invalidenrenten bewilligt worden. ES ist als sicher anzunehme», daß noch immer viele Berech tigte de» Anspruch nicht erhoben, weil sic nicht wissen, daß sie ein Anrecht auf Invalidenrente haben. Berücksichtigt man auch diese Ansprüche, so kann man aus den Ergebnissen dcS ersten Viertels schließen, daß im laufenden Jahre etwa >0 WO Invalidenrenten werde» neu bewilligt werden müssen. — Wie es beißt, ist der Kaiser während seiner Ab wesenheit von hier über alle parlamentarischen und sonstigen politischen Vorgänge sehr genau unterrichtet Worten. Das .'lnSwärtigc Amt hat enien umfangreichen Depeschentienst mit lkom emgerikbtct. Namentlich wurde derselbe am verflossenen Sonntag, als der Kaiser den Papst besuchte, in Anspruch genommen. — Heute Abend fand beim Reichskanzler ein parlamentarisches Souper statt, welchem die Staalsminister, die Spitzen der Staats behörden, der frühere Justizminister 1)r. Friedberg und zahlreiche Abgeordnete beiwohnten. — Im Aufträge des RelchSpostamt» werden sich Geh. Ober postrath Fritsch, Vortragender Rath in der ersten Abtdeilung der ReichSpojlaints, und Geh. Pvslrath Gra Winkel, Vortragender Rath in der zweite» Abtheitung, zum Besuch der Weltausstellung nach Chicago begeben. — Nach einem Wiesbadener Telegramm der „Kreuzzeitung" ist der Unterstaatssecretair l)r. von Rottendurg heute von dort nach vicrmonatiger Cur abgereist. Cr besucht zunächst Herrn Krupp in Esse», wo er 14 Tage bteibt, dann den Fürsten Bismarck in FriedrichSruh. Sein Amt gedenkt er am 15. Mai wieder anzutrete». — Der Geh. Coinmerzienrath Krupp, welcher während der letztvergangenen Monate fast ununterbrochen in Berlin sich ausge- haltea hatte, ist nunmehr nach Essen zurückgekehrt. — Zu der Auslassung de« .Re ich «an zeig er«" in Betreff des diesjährigen Musterungs-Geschäft», die wir im Wesentlichen mitgetheilt haben, macht die .Freis.Ztg." folgende Bemerkung: „Richtig ist. daß in der bisherige« RecrntirungS-Ordnuag »ine Aushebung auch solcher Leute mit geringen Fehler» gestattet war. Aber »haljächlich hat eine solche Aushebung nur ganz vereinzelt taltgesunden, weil man noch unter den vollkommen Tauglichen ogar Ueberzähiige besaß." — Einer unserer bedeutendsten Eolonialkenner, Herr Ernst Bohscn, erhebt unter Hinweis auf den zwischen Deutschland und Frankreich in Bezug auf das Hinterland von Kamerun 1885 abgeschlossenen Vertrag gegen die fran zösische Regierung die Anklage, daß sie jenen Vertrag verletzt babc, inten» er Folgendes auSsührt: Ter Gouverneur der französischen Eongo - Eolonie, Herr de Brazza, hat Mitte Juli 1802 in dem für unbestreitbar deutsch erklärten Gebiete in Gasa eine militairische Station errichten lasten. Er hat eS weiter für gut befunden, mit dem Sultan von Ngaundere in directe Verhand lungen zu treten. Ngaundere liegt westlich dcS 15. GradeS ö. L. von Gcenwich, also in deutschem Gebiet. Brazza hat ferner dem Gesandten des Sultans von Ngaundere erklärt, daß die Franzosen beabsichtigen, sich in seinem Lande nieder zulassen. Um eine Verbindung zwischen Gasa uud Bania zu ermöglichen, hat Herr de Brazza zwischen diejen Punkten Wege anlrgen lassen. Schließlich hat Herr de Brazza einen seiner Beamten beauftragt, sich nach Ngauudere zu begeben. Zu seinem Schutz sind ihm fünf franzö sische Soldaten mitgegeben, und er hat den Auftrag, von dort nach Hola vorzudringc». Herr Vohsen fragt nun mit Recht: WaS gedenkt unter diesen Umstände» unsere Re gierung zur Aufrecbterhaltung unserer VertragSrrchte zu thu»? Wird sie dulden, daß auf anerkannt deutschem Ge biete die französische Flagge webt, von den Franzosen Wege gebaut werden, und daß französische Emissäre mit den in unserem Hinterland wohnenden Sultanen politische Beziehungen unterhalten'? Ta wäre doch ei» rasches und energisches Eingreifen am Platze. Die Regierung wirb unsere BertragSrechie hoffentlich zu schützen wissen. Es ist jedenfalls nötbig, der französischen Regierung die Verein barung von 1885 ins Getächlniß zurllckzurusen und sic zn ersuchen, wenn sie eö noch nicht gethan, ihre Beamten zur Respectirung des von ihr mit Deutschland abgeschlossenen Vertrages anzuhalten. — DaS Abkommen der Deutschen siidwestafrikanischen Gesellschaft mit dem Syndikat von Lilienthal wegen des Gebiets am Rohoboth, das selbstverständlich in einem besonderen Vertrage besteht, wird zu Ende dieser Woche dem Verwaltungsrath der Deutschen sllewestafrikanischcn Gesellschaft zur Genehmigung vorgclegt werden. — Tie theologische Facultät der Akademie in Münster hat den Abgeordneten Hitze zum Toctor der Theologie kou. caui» promovirt. * Posen, 25,. April. Der Erzbischof Or. v. Stab lew Ski reiste heute Vormittag über Berlin »ach Rom. * ttclsrukirchen. 24. April. In der jüngsten Nummer der hier erscheinenden „Deutschen Berg- und Hüttenarbeiter- Zeitung" klagt die Redaktion darüber, daß eine schreckliche ^ntereffcnlosigkeit der Bergarbeiter dem .alten Ver bände" gegenüber herrsche. Der „größte Hausen" der Berg leute stehe „fchlasmützig und unsympathisch" der Organisation gegenüber. Ohne die Organisation müsse die Lebenslage liumcr tiefer bis zur völligen „Versklavung" sinken. * Aus Westfalen, 24 April. Am gestrigen Sonntage wurden im ReichStagswahlkrciseDortmund-Hörde nicht weniger als 40 Volksversammlungen abgebalteu, 15 von den Sccialdemokraten, 0 vom Eentrum, die übrigen von den Frei sinnigen, Tcmokraten und Nationalliberalen. Im Dorfe Berghofen sprach der Generalsecretair Patzig. Als er AbcntS gegen 0 Uhr mit den Gleichgesinnten das Ver sammlungslokal verließ, wurde er, wie der „Magdb. Ztg." berichtet wird, nicht nur verhöhnt und beschimpft, sondern auch mit Steinwürsen und Abseucrn von Schieß - wafscn empfangen. Berghofen ist ein von der Social- demokratie vollständig beherrschter Ort * Nürnberg, 25. April. Der nationalliberale Eandidat Sachs, dessen Ausstellung sich als Hinterniß des national- liberal-sreisinnigen WahlevmpromiffcS erwies, erklärte seinen Rücktritt von der LandtagScandidatur. Oefterreich'Nugar«. * Innsbruck, 25. April. Die im Landtage nicht er schienenen Abgeordne ten von Welschtirol erhielten eine Aufforderung, innerhalb acht Tagen im Landtage zu erscheinen. * Prag, 25. April. Die Eominission für Bezirks- und Gcmeittde-Augcleacnbcitcn berielh heute das Referat P len er'S, betreffend dieErrichtung eine» KreiSgcricklS in Trautenau. Großgrundbesitzer Trakal legte einen Ab- änderungSantrag vor, wonach die Errichtung eine- KreiSgc- ricbtS in Trautenau wohl befürwortet, bezüglich einzelner Ort schaften jcdcch von einer Zuweisung zu einem neuen GerichlS- spreugel abgeralhen wird. Tie Begründung des Antrags Trakal fuhrt auS, der konservative Großgrundbesitz werde die Bildung eines rein deutschen, geschloffenen SprachengcbietcS niemals zugeben; er stimme mit dem Berichte Plener'S bezüglich TrautenauS nicht überein, weil Plener sich lediglich auf nationale Motive stütze Der LoStrennung einzelner Ortschaften, wo sich erhebliche czechische Minderbeiten befinden, könne der Großgrundbesitz nicht zustimmen. Plener erklärte seine Anträge schlöffen sich den Vorschlägen und Beschlüssen der Abgrenzungscommission des Prager OberlandrSgerichteS und dem Gutachten de« KreisgerichlcS Gitschin-Königgrätz an. Die Generaldebatte wurde sodann geschloffen. * Pest, 25. April. Die Regierung wird morgen im Abgeordnetenhaus« die Gesetze über daS CivilstandS» register und die Judcnrcccptwn vorlegen. Epamie». * Varrel«»«. 26. April (Telegramm.) Der Gou verneur erhielt mehrere gleichlautende Drohbriefe, daß am 1. Mai sämmtlichc Cafes mit Dynamit in die Lust gesprengt würden. Großbritannien. * Hüll, 26. April. (Telegramm.) Die Behörden wurden von dem Bestehen eines EomplotS, welches bezweckte, einen mit Arbeitern, die dem Syndikat nicht angebören, besetzten Eisenbahnzug in die Lust zu sprengen, unterrichtet. Der Anschlag wurde vereitelt, ebenso wie der andere, die Waarenlager in Brand zu setzen. * Belfast, 26. April. (Telegramm) Die Eonslicte dauern fort. Die Polizei schritt ein. Mehrere der Lärm- machcr wurden verkästet. Gegen Mitternacht war die Stadt rubig. — Die protestantischen Arbeiter auS OueenS- Slanv verjagten ihre katholischen Genossen von den ArbeitS- teUcn. Es kam zu einem hitzigen Kampfe, der mit der Flucht der Katholiken endete. * London, 25. April. Unterhaus. Ter Parlaments-Zecretair deS Colonialamtes, Buxton, erklärte, die Conserenz zwischen dem Gouverneur von Capstadt, Sir Loch, und dem Präsidenten Krüger habe keinen Mißersoig, sonder» nach Ansicht von Sir Loch einen Erfolg gezeitigt: ihre Berathung habe zu einem beiriedigen- den Ende geführt. Ein ausführlicher Bericht dessen, was vorge- älle» fei, befinde sich bereits unterwegs; er hasse bald di» Schritt- rücke über die gesaminle Frage vorlegen zu können. — Im weitere» Verlause der Debatte über die zweite Lesung deS Hastpsiicht- gesetzes zieht Cbamberlain den Gesetzesantrag zurück, welcher den Arbeitern Entschädigung sür alle Verletzungen, die sie sich außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebe» zugczogen, bewilligt — vorausgejetzi, daß dieieiben nicht durch eignes Thun oder Lasten verursacht worden sind. Parlamenisjecrelair Burt erklärte Namens der Regierung, das Gesetz von 1880 gewqhre den Arbeitern große Vorlhefte. Nach einem weiteren Meinungsaustausch wurde die zweite Lesung einstimmig angenommen. Der Staats- secretair deS Innern, Asquit, erklärte aus eine Anfrage, die mili- tairische» Streitkräste in Hüll würden nicht früher zurück- gezogen, bis dieselbe» nicht mehr zur Ausrechterhastung der Ruhe und zum Schutze des Lebens und Eigenthums nöthig seien. Die Localbchörden seien der Ansicht, die Brände in Hüll am Sonntag, von denen einer bis gestern gedauert habe, hätten einen Schaden von 50 000 Pfund verursacht und seien muthwillig a»gelegt. Der Bürgermeister von Hüll Hobe eine Verstärkung von Soldaten und Polizisten verlangt; er habe 25 berittene Lon doner Polizisten heule nach Hüll gesandt. Hierauf verlas Asquith ein Telegramm Morley's über di« Unruhe» in Belfast, batikt von hcuic Nachmittag, wonach gestern Nachmittag 5 PiquetS Jn- santerie bis 10'/, Uhr Abends im Dienst geblieben seien, bis in der Stadt wieder Ruhe eingekehri sei. Die Bewohner des protestan tischen Viertels hätten gestern eine Veriammiung einberuscn, um in derselben in Gemeinschall mit der Polizei Anordnungen zur Aufrecht- erhallung der Ruhe zu treffen. Orient. * Tie russische Presse wird, wie schon gemeldet immer kühler und mißtrauischer in der Bcurtbcilung der jüngsten Vorgänge in Serbien. Die „RuSkaja SckiSn" bezeichnet dieselben mit den Ausdrücken: Pronunciamento, Palast-Revolution, Prätorianer-Herrschaft. Wenn die Prä torianer dabei sind, so muß man fragen, wessen Werkzeug diese blinde Macht ist? Vorläufig wird nur von Milan gesprochen, in dessen Auc^en die Umwälzung vom 13. April ein „Act der Wiedergeburt Serbiens" wäre. Die Ereignisse vom >3. April werten bloß der erste Act jene« Dramas sein, das die Geschichte „die Früchte der Aussöhnung" nennen kann. Auch die „Nowosti" meinen, daß die Vorsicht in der Beurtheilung dieser Ereignisse geboten sei. Hierzu gehören: die Nachricht von der erwarteten Ankunft der Eltern König Alexander s in Belgrad. Welches sind die Beweggründe dieses Paares? Welche Rolle wird Milan spielen? Und was soll man von dem Katzen Eoncrrl sagen, das die triumphirendcn Radicalen dem ergebenen Freunde Rußlands, dein Metropoliten Michael, darbrachten? Nicht weniger interessant vom Standpunct der Interessen der russischen Politik findet das Blatt die dem geschworenen Feinde Rußlands, Gara- schanin, dargebrachlen Huldigungen und die Besuche Dokitsch'S und Franaffovitfch'S bei Garaschanin Es fehle nur noch, daß die Radicalen den Metropoliten Michael von Neuem verjagten und Garaschanin ans den Minister-Prasi- denlenscsscl fetzten. Wenn solche Thatsacken in Serbien mög lich sind, so fragt man sich, warum sollte eine Wiederkehr deS fortschrittlichen Joches nicht auch möglich sein? Auch andere Blatter wittern hinter dem Staatsstreich eine anti- russische Jntrigue. * London, 26. April. (Telegramm.) Nach einer Mel dung des „Daily Telegraph" hat der Sultan dem amerika nischen Gesandten sein Bedauern über den Brand in Marsira ausgesprochen und die Versicherung abgegeben, daß die Brandstifter bestraft werden und die Pforte den Schaden ersetzen wird. Afrlfa. * London, 25 April. Nach Mittheilungen auS Ost-snki wurde der englische Gouverneur de- Nyassalande«, Johnston, Anfang Februar aus einem Zug in den Distric! von Mpwapwa angegriffen, umzingelt und schwer ver wundet. Auf eine nact> Blantyre gesandte Meldung be reite die in Eilmärschen heranrückende Besatzung der beiden auf dem Nyassa-Sec stationirtcn englischen Kanonenboote den Eommiffar und seine Truppe auS einer bedrohlichen Lage. Amerika. " New-Pork, 26. August (Telegramm.) Die ameri kanischen und fremden KriegSfchifse und Caravellen sind vom Port Monroe eingetrofsen. Der Empfang wer großartig. Tie Geschütze donnerten, die Dampspscifen ertönten Eine zahllose Menge versammelte sich am User, während die Schiffe vor Anker gingen. Reichstag. *Zur Ergänzung unseres Reichstagsberichtes tragen wir aus der „Nat.-Ztg " noch Folgendes nach: Finanzminister vr. Miquel: Der Gewährsmann de- Herrn Ahlwardt, Meißner, war bis zum Jahre 1882 Bote — nicht in der Disconto-Gesellschasi, da ist er nie gewesen, sondern in der rumänischen Eiseiibohn-Aciiengesellschast. Ter Mensch will schon von Anfang an zerrisseneSchnststüiie zusammengeliebt, diePapierkürbe durch wühlt und sich vorbereitet haben auf eine andenveite Benutzung. Tos wirst doch schon ein eigenlhümiiches Licht auf den Manu und charotie- risiriieine Glaubwürdigkeit. Dann ist aber festgestellt, daß er die Acten— denn es sind eine Menge Lriginalacienftücke dabei, wieAbg.Atsiwardt de- hauptet hat—einfach gestohlen hat. Tiefe bedielter nun 10Jahre bei sich; denn l882 wurde die ganze Geiellschoft ausgelöst und der rumänisch« Minister Eallindero, setzt in der Verwaltung der Throngntrr in Bukarest, nahm die ganzen Acten mit und bei dieser Gelegenheit ist wahr scheinlich der Diebstahl verübt worden. Wahrscheinlich wartete Herr Meißner nun, bis die Strase sür de» Diebstahl verjährt war. Ta« ist ganz klug. Danach wurde ec Restaurateur, führte eine Menge Prvcesie, darunter einen ScheidungSproceß mit seiner Frau, ging dann nach Kopenhagen, von dort »ach Stockholm, wo er sich in einer Nerven-Heilanfialt befunden haben soll, dann kommt er Nieder zurück, und nun, meine Herren, kann ich Ihnen einen Brief von diesem Meißner an den damaligen Präsidenten Herrn Paasch vor. legen, den ich wörtlich hier nicht verlesen kann, denn er ist so uiisläthlg und voll so bodenloser Lügen, daß eS nicht angängig ist, ihn in öffentlicher Sitzung zu verlesen. Unter Anderin aber heißt es in diesem Briese am Schluß: „Verehrter Herr! wo bleibt die Moral'?" (Heiterkeit). Einige Mal heißt eS auch: „Wo bleibt Deutschland?' „Herr Paasch, ich schrieb vcr- zweifelt, ob richtig, ist mir gleichgiltig." WaS heißt da«? „Bis jetzt habe ich mich von Revolver» frei gehalten, nun aber will ich mich nicht mehr enthalten: ob richtig, ist mir gleich- giltig!" Dies sind gesäbrliche Elemente, es »st bedenklich, sich mit ihnen einzulaffen. (Sehr richlig!) Herr Ahlwardt ist auch gefährlich. (Heiterkeil.) Sie halten Treue gegen Niemand! Wenn man aber im Denljcheu Reichstag sich mit solchen Leuten beschäftigen soll, so ergreift Einen ein moralücher Ekel (Sehr richtig!) und man weist nicht, ob es nicht doch gerathen wäre, zu erwägen, wie man sich gegen diese Dinge schützt. Ich habe die Sache ausführlich dar- gelegt, weil ich die Gelegenheit benutzen wollte, hier im Reichslag weingstenS die Wahrheit sestzustellen. Früher in der Zeit der Pamphlete bin ich mit Verachtung solchen Behauptungen grgenübcr- getreken, ich war dabei in guter Gefelljchast, böchfl ehrenwerthe Leute wurden ebenso angegriffen. Ich war damals Privatmann. Heute bin ich das nicht mehr. Ich werde solche Leute heut« unerbittlich vor Gericht ziehen, möge» sie nun Plagiatoren sein oder die Er findungen selber mache». (Beifall.) Reichsschatzsecreiair Frhr. v. Maltzahn: Aus den Inhalt der vom Abg. Ahlwardt vorgelegten Acten und auf die Angelegenheit der rumänischen Bahnen einzugehen, kann ich mir ersparen. Ter einzige Pnnct aus denselben, der die ReichSfinanzvrrwaltnna be- rühren könnte, die Angelegenheit des der rumänischen Eisenbohu- grsellschast gegen Bürgschaft deS Hauses Bieichrodcr und der Discontogesellschast gewährten Darlehns, ist vor dem königlich preußischen Herrn Finanzminister Ihnen soeben klargeieat worden Ich muß Sie aber einen Augenblick zurücksühren zu dem Ausgaags- vunci dieser ganzen Verhandlung. Der Abg. Ah.wardi bat ferne heutigen Ausführungen damit begonnen, daß er gewisse Acnßerungen aus der ReichstagSfitzung vom 21. März d. I. oerlesen hat. Er sagte dabei, er bade überhaupt nicht die Aeußeruag gethan, daß Coulissen-Verhandlungen bei Gründung des Jnvalidensond« statt- gesunden hätte». Das widerspricht den Thaiiachen, gerade diese Behauptung Hai er gethan (Heiterkeit), zuerst allerdings tn der Sitzung vom 18. März d. I. (Hort! Hört!) Er sagte: „Das—nämlich den JnvalibcniondS nur so zu bemessen, daß er sich bis Erledigung seiner Ausgabe aufzchrcu solle —, das hat die Regierung hier vor- geschlagen, natürlich nach Verhandlungen hinter den Eonliffen. mit den großen Börsenjuden, die nicht erlauben wollten, daß Vlc Regierung große Eapilaiien in die Hände bekäme. Dos sind die Verbandiungen hinter den Coulissen." Diese Behauptung geiha» zu haben, bat der Abgeordnete heute ausdrücklich abgeleugnet, er nimmt die Behauptung damit zurück Ich berufe mich aus de» stenographische» Bericht. (Sehr richtig!) Aber auch in der nächste» Sitzung ist er aus dieselbe Behauptung zurückgekommen. Er hat da, sprechend von der Gründung des Invaiidrnfonds, gesagt: „Ja, das ist wohl selbstverständlich, daß solche Abmachungen hinter den Loulissen nicht osffciell stattgesunden haben. Sie mögen in diesem Fall uiigesähr so stattgesunde» haben, wie die, von denen man in Paris wer weiß wie viel spricht." Da» war rin« Wieder holung der Behauptung aus der Sitzung vom 18. März, und diese Acußerung Ahlwardt'» war es, aus weiche ich am 21. März hier eine, zuletzt auch in der Wortfaffung scharfe Zurück- Weisung zu geben mich verpflichtet hielt. Nun, aus die übrigen Anssührnngen de» Abg. Ahlwardt will ich jetzt nicht «ingehen. Tie Verhandlungen der Commission werden zeigen, wie unbegründet sie sind. Nur ein Wort, damit auch dieses nicht unwidersprochen in das Land hinauSgehk, über das Aniehen, welches angeblich das Hannover. dem Impulse folgte „nd mit der Wahrheit hcrauSsubr, statt sic höflich zu umgehen. Eine» vernichtenden Blickes gewärtig, sah er nach ihr hin, aber sie nickte nur, als ob sie, was den Hochmulh betreffe, völlig niit ihm einverstanden sei. Dann reichte sie ihm die schlanke, kühle Hand und sagte: „Verzeihung, mein Herr! Ich fordere Erklärungen von Ihnen, zicbc Sie fast zur Verantwortung und bin Ihnen doch den wärmsten Dank schuldig." Davon wollte er höstichcrwcise nicht- wissen. Es sei Menschenpflicht gewesen, sie auf den Felspfad ausnitrksam zu machen und ihr das Warten in der Bucht zu ersparen, meinte er. „Ach ja, die- fürchterliche Warten", nickte sie. „die Un geduld der Kinder, die Angst der Unseren daheim, meine eigenen GewiffenSbiffc — mein Herr, wenn ich mir da» Alles auSmale, so möchte icb e« in meiner Macht haben, Ihnen gleich wieder eine Gefälligkeit zu erweisen " „Daß Sie zu den Menschen gehören, die keine Ver bindlichkeiten dulden können", entgcgncle er lächelnd, „brauchen Sie mir nicht zu sagen. In diesem Falle existirt nun nicht der Schallen einer solchen, allein nilr eine Gefälligkeit zu erweisen, steht Ihnen darum doch frei." Zu dem ersten Thcile seiner Rede hatte sie die Stirn ein bischen krau« gezogen, aber jetzt sragte sie ernst freundlich: „Was soll icb Ihun?" „Mir, wenn Sie nichts dagegen haben, einmal daS Bildchen zeigen. daS ich in der Höhe vorhin zum Thcile habe entstehen sehen." Ohne jede» gezierte Sträuben, ohne die geheuchelte Be scheidenheit, hinter der sich bei solchen Gelegenheiten die Eitelkeit versteckt, suchte sie unter den vier Ekizzenbüchern. die sie herausgetragen hatte, das ihre hervor, schlug e» aus und reichte eS ihm Er war auf schablonenhafte Damenarbeit gefaßt und hielt für den Bedarf ein paar HöslichkcitSpbrasen in Bereitschaft, was ihm aber entschlüpfte, war ein Ausruf des Staunen», der Bewunderung. Cr sah eine Aguarellskizzc, wie sic kühner hinzuwerfen kein Künstler im Stande ist Nirgend» auch nur eine Spur von ängstlicher Tislelci, von sklavischer Nachäffung der Natur in den kleinen Dingen, auS denen sie ihre großen Meister werke zusammensetzt. Einzelbeiten waren überall nur flüchtig angedeutet Das Charakteristische de- Ganzen wicderzuzeben, in dem Beschauer den Eindruck des Erhabenen wachznrufen, den in der Natur selber die srlsige Küstenlandschaft auf die Menschcnseele machte, war die Malerin bestrebt gewesen, und das war ihr wunderbar gelungen. Jeder Strich schien Mittel zu diesem Zwecke, jedes säiarf aufgesetzte Licht war am Platze, kein Schatten durfte fehlen, wo sie ihn hin- gelagert batte. Waldstedt betrachtete das Bild sebr lange und sebr auf merksam. Wenn etwa- daran au-zusetzc» gewesen wäre, so hätte er eS entdeckt, aber, war ibm auS der Seele gemalt. „Meisterhaft!" lautete sein Endurtbeil „Meisterhaft?" wiedcrbolle sic, ei» biSckrn spöttisch die Lippen kräuselnd. „DaS klingt stark nach Schmeichelei." „Aber eS ist ernst gemeint", versicherte er. .Hundert mal habe ich gewollt, WaS Sie da gekonnt haben, mein Fräulein." „Ab — Sie malen auch?" rief sie mit mehr Leb haftigkeit. „Ich handhabe mitunter den Pinsel — kann e« leider Gölte- noch immer nicht lassen, trotzdem ich mir nun schon so manche schöne Reise-Erinnerung durch ein schlechtes Bild verdorben habe." „Sie werden sich verleumden, mein Herr." „Ach, wenn ich mich dieser Illusion nur bingeben dürfte, aber — eS gebt nicht an. ich weiß zu genau, was aut ist, bade mir da- Auge an allzu vortrefflichen Mustern geschärft. Erlauben Sit, daß ich Ihnen meine Schwächen an Ihren Vorzügen demonstrire: Die Felsen, die bei Ihnen so trotzig- kübn, so scharfkantig, wildzackig emporragen, ganz wie in der Natur, und dock nirgend» eine barte Linie zeigen, wären bei mir in jeder Linie hart geworben. Die Schatten in den Spalten und Klüften, die bei Ihnen da» Luge eialaden, tief einzudringen in da« gebeimnißvolle Herz de« Berge«, hätten sich bei nur wie düstere Schranken vor den Blick gelegt. Da« durchsichtig plätschernd« Wasser hier wäre bei mir zum festen Spiegel geworden Die Wolken, dir da so duftig über Jbre Landschasl binweden, sähen sich bei mir an, wie au« weißem Papier geschnitzelt. Die Lust —" „Mein Herr, mein Herr", unterbrach sie ihn lachend, »jetzt bin ich ganz fest überzeugt, daß Sie sich verleumden! Eine Sacke, die man so gut versteht, kann man so schlecht nickt anSsühren — das ist ganz unmöglich. Aber wie dem auch sei, ich bin Jbnen sehr dankbar — Sir baden mir durch Ihr günstiges Nrlheil eine große Freude gemacht." Sie war ordentlich ein biScken warm geworden. Ihr Auge Halle Glanz bekommen, ihre Wange Farbe. Es sieht wahrhaftig auS, als wollte sie von ihrem Picdestal heruntcrsteigen, dachte Waldstedt in seinem spöttischen Sinn. „Nock eine Frage!" hob sie in erwartungsvoll bebendem Tone wieder an „Gesetzt den Fall — nur gesetzt den Fall — daß ich gezwungen wäre, mir meinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen, sollte ich wohl — durch Ertheilung von Malunterrickt —" „Ohne Zweifel, mein Fräulein! Ich für meine Person würde mich als der Erste in die Liste Ihrer Schüler ein- schreiben!" „Gewiß?" „Ganz gewiß!" ,L> das ist herrlich" stammelte sie. „Mein Herr» Sie macken mich glücklich." Ihr Antlitz strahlte ibn dabei so freudeverNärt an, daß er nun zu guterletzk beinabe in Versuchung gekommen wäre, sich zu fragen: „Ist sie eigentlich schön?" aber nachgerade drängte doch die Zeit. „Nun. dann dinterlasse ich wenigsten- eine freundliche Erinnerung", sagt« er lächelnd, „denn was die Kletterpartie betrifft, so haben Sie mir so recht noch nicht vergeben." „Die Wahrheit zu gesteden", entgegnete sie zögernd, „ich mag nicht gerne daran zurückdenken. Ich seb« im Geiste immer eine- von den Kindern in den Abgrund stürzen — da« ist eine Schwäche, die Sie mir nicht übel nehmen dürfen " „Wenn Sie mich nur nicht sür einen Gewissenlosen halten, der freventlich mit Menschenleben spielt?" »O gewiß nickt", rief sie an», „ick halte Sie sür einen Mann von ungemein starkem Selbstvertrauen und — und — ja, ick weiß e« selber noch nickt recht!" „Wollen Sie über den wichtigen Punct Nachdenken", lachte er, „und mir Bescheid geben, wenn wir uu« ans dieser Erden- kugel zum zwoeten Male begegnen?" Sie antwortete nicht. Sie blickte ein bischen überrascht, daß er nun den Hut zog, rin bischen, als begreife sie nicht, daß eS so plötzlich zum Abschiedncbmen kommen sollte. „Aus Wiedersehen also, mein Fräulein!" „Leben Sic wohl, mein Herr!" Sein Ton war scherzhaft, der ihre ernst. Er wandte sich um, winkte den Kindern, die in der Ferne zwischen den Ginsterbüschen Verstecken spielten, mit der Hand einen letzten Gruß und schritt an der Berg kante entlang in derselben Richtung, die er vorhin ein- gehalten hatte. (Fortsetzung solgt.) Chicago. WeltauSstellungS-Briefe von Karl Böttcher. (Origiualberichl unsere» Lpecial^orrespondenten.) Nachdruck wrtokL XVI „Allah ist daS Licht des Himmels und der Erde!" ... Zum ersten Mal in Amerika, daß ein arabischer Priester diesen Ruf von der Spitze eine» Minaret- herunterschmettert — herunterschmettert in die „Straße von Kairo", indcß die beimgebende Sonne die weißschimmernden Gebäude aoglühi und andcrlhalo hundert Egypter, daS Gesicht nach Osten ge wendet, ihre GebetSübuagen verrichten. Ich will aus der Ausstellung einig« fremde Völkerschaften besuchen und bin zurrst unter die Leute vom Land der Pyramiden gerathen.... Gestern sind fie hier am Michigan-See angekaogt. Die Straße mit ihren Harem», ihrer Moschee, ihren MinaretS wartete schon mehrere Stunden .... Plötzlich, gegen Mittag, große Bewegung. Da unten, neben dem benachbarten „Deutschen Dorf", kommen sie dahergezogen, ganz eingebüllt i» einen Glorienschein von Stand wir in ein Stück Lidvi'chc Wüste. Alle haben eine tüchtige Urberfracht orientalischer Froh
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