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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.09.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930920012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893092001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893092001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-09
- Tag 1893-09-20
-
Monat
1893-09
-
Jahr
1893
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Tabellarischer und Zkffenlsiltz »ach höherem Loris. 0rtra»vkiIaarn (gesalzt), vor cktll ti» Morgea-Ausgabe, ohne Postb«förd»r»»> ^4 66.—, «U Postdesorderaug ^4 70.—v Äaaatimkschluß für Aazeize«; Adeud-AuSgabe: vormittag« 10 llhk. Viorgea-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uh». Eoua- und Festtag« früh '/,S lltzr. Bot de» Filialen and Annahmesteste» so »im halb« Stund« früher. Anzeige» such stell «, di, GgPetztttn» »» richte». Druck uud Verlag vo» E. Pol» t» Lei-»!». Mittwoch den 20. September 1893. 87. Jahrgang. AmMche Bekanntmachungen. Lekanntmachung. Wegen de< aus dem Marktplätze in Leipzig-Neustadt auszu- führeuden Dchleubeobaue« wird vom 26. diese« Monat« ab die Vtarktstrake in ihrer Ausdehnung von der Hedwigstrage bis zur westlichen Fahr- bah» de« Marktplatzes un« diese letztere Aahrdah» für aleu Fährverkehr während der Dauer der Arbeiten gesperrt. Leipzig, am 18. September 1893. H iLObO. Der Math »er Stadt Leipzig. vr. Georgt.Stahl. Sekanntmachung. Wegen Pflasterung de- noch macadamisirten Theilr der Dirch- stratzr in Letpzig-vollmarSdors und Leipzig-Nenschäursclo wird dies« Strotze in ihrer Ausdehnung von der Strotze „an der Rietzschke" bi« zur Toaradslratze da« 26. diese« Monat« a» für allen Fährverkehr gesperrt. Da dir Arbeiten an der Strotze „an der Rietzschke" beginnen, so wird zunächst der zwischen dieser und der Bogistawstratze gelegene Theil der Kirchstraße und, mit dem Fortschreile» der Arbeiten, sodann der übrige Theil derselben von der Sperrung betroffen. Leipzig, am IS. September 1893. Der Math »er Stadt Leipzig. IX. 1S10S. vr. Georgs. Maneck. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom S. August 1893, den Hand- arbeite« Otto Smil Hoffman» betreffend. Leipzig, am 15. September 1893. Der Rath »er Stadt Leipzig, Armen amt, Sdth. II. L. IV, 1391,2918. Ludwig-Wols. Dolge. Liederlwolkwitz. Die »ur Regulirung der hiesigen Täpsergasse, Tauchaer Strotze und Zuckelhausener Stratze erforderliche» Pflasterarbeiten sollen dem Mindestsordernden zur AuSsührung übertragen werden. Angebote mit der Ausichrist „HersteUung von Pflaster- ardettrn in der Gemeinde L>edertmolk»itz" sind portosrei und versiegelt bi« zum 27. September 1893, Nachmittag« 6 Uhr, anher «iuzureirben. Blautet« können gegen Erlegung von 50 ^ tm hiesigen Ge mrindeamt entnommen werden. Liebertwottwitz, am 18. September 18S3. Der Gemeinderath. Dvck. Ortspolizei und Marimalarbeitstag. * In Nummer 463 de« „Leipz. Tagebl." hatte unser Berliner ^"--Korrespondent aus einen in den „Blätter silr sociale Praxis" (Frankfurt a. M., Barr« Verlag) veröffent lichten Aussatz vr. K. Oldenberg'S aufmerksam gemacht, worin der Nachweis unternommen wird, daß die neue Fassung der Gewerbeordnung von 189l der OrtSpolizei das Reckt ^ebe, in ihrem Bezirke einen MaximalarbeitStag für olche Arbeiter anzuorvnen, in deren Betrieben eine der Ge sundheit uachtheilige ArbeitSdaucr üblich ist. Gegen diese Auffassung hat man Widerspruch erhoben und unter Berufung auf den Wortlaut der Gewerbeordnung, auf die parla mentarischen Verhandlungen und die „Motive" behauptet, daß eine derartige Befugaitz allein dem BundrSrath zustehe Ohne unsererseits zu der Streitfrage Stellung zu nehmen kalten wir e« um der Wichtigkeit de« Thema« willen für an> gezeigt, den Artikel Oldenbcrg « im Zusammenhänge wieder- zugeben. Oldeuberg knüpft an einen Leipziger Vorgang an. E« handelt sich um die ArbeitSdauer der Leipziger Pferdebahn kutscher und Conducreure. Der mit der städtischen Gesundheit-, Polizei betraute Medicinalrath vr. Siegel stellte bekanntlich aus Veranlassung der KreiShauptmannschast fest, daß die im Durchschnitt 15—lüslündigc Dienstzeit auch bei Freigabe jedes vierten Tage- in der Thal eine Uebrranstrengung be deute; ehe aber noch die Polizei zum Eingreifen die Zeit fand, hatte die Direktion der Pferdebabn-Actiengesellschast aus freien Stücken die Dienstzeit um mindesten« drei Stunden täglich verkürzt. Oldenberg fährt nun fort: „Welche gesetzliche Grundlage Halle die Polizeibehörde, in diesem Falle dir ttreiSbauptmannsckast, bei ihrem bcabsickligten Einschreiten gegen übermäßige Arbeitszeit? ES soll hier davon abgesehen werden, daß möglicher Weise in diesem Falle geplant war, ohne gesetzliche Grundlage, praeter legem vor zugehen, nämlich mittelst der Drohung, der Pferdebahngesell schaft die BetrirbSconcession. zu entziehen. Ein derartiges Vorgeben gegen inhumane Pferdebahnunternehmungen ist neuerdings mannigfach vorgrkommen und auch z. B. in dem Falle München« in weiteren Kreise» bekannt geworden. Für die uns hier interessirende Rechtsfrage kommt cS darauf an. ob die Verkürzung der Arbeitszeit rechtlich erzwingbar war Sie war das meine« Erachten- sogar auf Grund der damals (l890/91) nock gütigen alten Gewerbeordnung 8- 120 der allen Gewerbeordnung dürft« anwendbar ge wesen sein. Die Dauer der Dienstzeit war nach Ansicht de« zuständigen Arzte« gesundheitsschädlich, und daß die ungewöhnlich lange Dauer der täglichen Dienstzeit bei den Pferdebahnen mit der „besonderen" Natur de» Pferdebahnbetriebea zusammenhängt, scheint mir un bestreitbar. Auch in den Motiven de« Entwurf« der Ge> werbeordnung-novrlle*) heißt e«: ,^Drr BundrSrath bat sich schon bisher auf Grund de« tz. 126 für ermächtigt gehalten, für solche Gewerbe, in welchen gewisse damit verbundene besonder« Gefahren nur durch Beschränkung der täglichen Arbeit-zeit beseitigt oder aus ein erträgliche« Maaß zurückzesührt werden können, für die täglich« Arbeit zeit ei« höchste« Maaß vorzuschreiben, und von dieser Er mächtigung auch z. B. bei Erlaß der Vorschriften über die Einrichtung und den Betrieb der Bleifarben- und Bleizuckerfabriken (Bekanntmachung de« Reichskanzler« vom 12. April 1886, Reichs-Gesetzblatt S. 69) Gebrauch ge macht". Wa« aber für den BundrSrath recht, ist für alle *) Entwurf eine« Gesetze« betreffend dl« Abänderung der Ge wrrbeorduung nebst Begründung. 2. Auflog«. Berlin 1890, Hey- mau». S«it« 49. Polizeibehörden billig. Ja der That liegt die Anwendung de« y. 120 auf die ArbeitSdauer so auf der Hand, daß man erstaunt, wie diese Eonsequenz so lange fast unbeachtet bleiben konnte. Wie stellt sich nun die Rechtsfrage heute, auf Grund der Novelle von 1891? Unzweifelhaft noch viel klarer, sofern das Ersorderniß de» Zusammenhangs mit der besonderen Natur der betreffenden Gewerbebetriebe fallen gelassen worden ist. Offenbar ist diese neue Formulirung in erster Linie für ie ArbeitSdauer von Bedeutung; den» die Mebrzahl der andere» änitärcn Polizeivorschristen werden ihrer Natur nach mit der besonderen Beschaffenheit der betreffenden Gewerbebetriebe unter allen Umständen Zusammenhänge». Gerade der Pserkebabn- betrieb ist eine Ausnahme, sofern bei ihm die tbalsächliche Länge der täglichen Dienstzeit mit der specifischen Natur des Betriebs zusammcnbängt; aber für die große Mehrzahl der Betriebsarten ist erst durch die Novelle die Möglichkeit der Verordnung eines MaximalarbcilStageS gegeben. Seit dem Inkrafttreten der Novelle vom l. Juni l89l, d. i. seit dem 1. April 1592, kann jede Polizeibehörde au» gesundheit lichen Gründen für jedes beliebige Gewerbe und für jeden beliebigen einzelnen Betrieb einen MaximalarbeitStag für die Arbeitnehmer sest'etzen. ES ist dabei nur ein Bedenken zu erwähnen, mit dem eS eine eigeiilhümliche Bewandrniß hat. Dem H. 120 e der Novelle findet sich der folgende dritte Absatz neu tingesügl: „Durch Beschluß des BundeSralhS können für solche Gewerbe, in welchen durch übermäßige Dauer der täglichen Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird, Dauer, Beginn und Ende der zulässigen täglichen Arbeitszeit und der zu ge währenden Pansen vorgeschrieben und" (was sich von selbst versteht) „die zur Durchführung dieser Vorschriften erforder lichen Anordnungen erlassen werden". Diese Bestimmung setzt den aufmcrtsamen Leser in Erstaunen, weil sie dem BundeSrath eine Besugniß flicht, die schon in seiner vorher ausgesprochenen allgemeinen Befugnis;, die Gesundheit der Arbeiter durch Verordnungen zu schützen (8- 120 u, Absatz 1 und 4; 8- 120e, Absatz 1), mit ciubalien war. Daß hier wirklich rin gesetzgeberischer Lapsus vorliegt, bestätigt sich, wenn wir den betreffenden PassuS der amt lichen Motive zur Novelle prüfen. Es wird dort als Zweck jene« H. l20e, Absatz 3 hingestellt, dem Vimdeseath die Besugniß zur Verordnung eines MaximalarbeilSlagcS auch ohne Zusammenhang mit der besondere» Natur des Ge werbebetriebs zu gebe»; eS empfehle sich, so wird hinzugesügt, eine so tics einschneidende Besugniß nur dem Bundesralö und nickt den Polizeibehörden zu geben. Nun ist aber da« ehe malige Ersorderniß deS Zusammenhangs mit der besonderen Natur de« Gewerbebetrieb« schon in dem maßgebenden all gemeinen 8- 120 u fallen gelassen worden, wie das auch die Motive an der einschlägigen Stelle (a. a. O. Seile 45) ge bührend hervorbeben. 8. t20o, Absatz 3 sicht also gegen Windmühlenflügel. Der Absatz ist in der Thal bedeutungslos. Er war offenbar am grünen Tische entworfen worden, ehe man an die Acnderung de« tz. 120 a dachte, und als man diesen nachträglich formulirtc, vergaß man, jenen Absatz mit ihm in Einklang zu setzen, bezw. zu streichen. Wa« ist nun Rechten«? Der RcgierungSentwurf be zweckte zweierlei: l) die Besugniß des Bundeöratbs zur Regelung der ArbeilSzeit auSzudebnen, 2) dabei aber die Besugniß zur Regelung der Arbeitszeit auf de» BundeSralb zu beschränken. Der erstere Zweck war verfehlt, weil über- slüssig, und cS könnte gefragt werden, ob nicht schon LcSbalb auch der zweite Zweck für nicht erreicht gelten müsse. Der zweite Zweck ist aber jedenfalls darum verfehlt worden, weil er, obgleich in den Motiven ausgesprochen, doch im Gesetz über haupt keinen Ausdruck gefunden hat. Mit dem Augenblicke, wo die Besugniß deS BundeSralhS, die Arbeitszeit zu regeln, in ihrem ganzen Umfange schon in den tz. l20u ausgenommen war, mußte eS in ß. I20s lauten: „Nur durch Beschluß deS BundeSralhS können" re., wenn die Besugniß der Poli zeibehörden nach dieser Seite abgeschnitten werden sollte. Da da« Wörtchen „nur" im Gesetzteste fehlte, so kann von einer Minderung der in tz. t20u den Polizeibehörden ge gebenen Besugniß durch jenen drillen Absatz von l20s keine Rede sein. Soll der Absatz überhaupt jetzt noch irgend einen Sinn haben, so kann cS nur der sein, de« Nachdrucks halber auch für den flüchtigen Leser außer Zweifel zu stelle», daß der BundeSrath die Arbeitszeit regeln dürfe. Aus kiese Be- sugniß de« BundeSrathS gründet sich ja ein großer Theil deS schon damals theilweise beabsichtigten Vergebens, raS jetzt durch die großen Enqueten der arbeitersialistischen Reichs- conimission über die Arbeitszeit der Bäcker, Eonditvrcn, Müller u. s. w. vorbereitet wird. Zn diesem Sinne einer emphatischen Wiederholung wird besten Fall« die Mehrheit de- Reichstags den Absatz ausgrsaßt haben, während der andere gesetzgebende Faclor eine klare Vorstellung von dessen Sinn überhaupt nicht besaß. ES ist somit die Besuaniß, einen MaximalarbeitStag vor zuschreiben, zum Ueberfluß wiederholt worden nur für den BundeSrath, nicht für die Polizei, aber dieser Umstand er schwert nur die Durchsichtigkeit der Rechtslage, er berührt nicht die Besugniß der Polizei. E« gebt übrigen« auch an dern Berichte der NeichStagScommission*) hervor, daß in dieser Eommission ohne Widerspruch die Meinung zum Aus druck gekommen ist, schon in 8- 120»—c sei die Regelung der Arbeit-zeit mit enthalten. Dir den Polizeibehörden somit gegebene Besugniß zum Verbot gesundheitsschädlicher ArbeitSdauer ist so folgenreich, daß sich ihnen eine neue Aera sccialpolitischen Wirken« damit öffnet. Schon der Umstand, daß der BundeSrath gegenwärtig durch Regelung der Arbeit-zeit im Bäcker-, Müllcrgewcrbe u. s. w. die Aufmerksamkeit auf sich zieht, wird auch für die Polizeibehörden di« Frage auf die Tage« ordnung bringen. Das Eingreifen der Polizeibehörden wird natürlich durch dir Eoncurrenz mit dem Bunde«ratbr keineswegs überflüssig, auch wenn der BundeSrath eine sieberhaste Thätigkeit ent wickeln sollte. Der BundeSrath wird vor der Hand mehr al» genug zu thun haben, wenn er die über da« ganze Reich verbreiteten Gewerbe regelt. Ausgabe der Polizeibehörden ist es, dir nur örtlich vorkommeubrn Gewerbe zu regeln, sowie ") Drucksachen der ReichStaz«. Session 1890 92» Nr. 190, Seit, 53. 54. auch diejenigen Gewerbe zu regeln, bei denen eine gesundheits schädliche AuSdebniing der Arbeit-zeit nur örtlich vorkommt. Die Polizeibehörden können außerdem durch ihr örtlichc- Vorgchcn eine spätere allgemeine Regelung durch den Bunde-- ratb vorbcrcilc». Noch vo» einem anderen GcsichtSpunct ist eine ArbcilS- tbeiliing zwischen BundeSrath und Polizei geboten. Alle diejenigen Gewerbe, die nicht vorzugsweise für den localen Absatz producircn, werden besser der oundcSrälhlichcn Nczlc- mcntirunz Vorbehalten, weil hier jede örtlich verschiedene Regelung die Eoncurrenzbetingungcn empfindlich verschieben würde. Denn wenn man auch mehr und mebr einzusehen beginnt» daß Verkürzung der Arbeitszeit keineswegs nothwentig Mintcrniig der Renlavilität deS Betrieb- bedeutet*), so gilt diese Wadrbeit doch leider nicht allgemein. Die OrtS- polizeibehörden werden datier in der Hauptsache ans die Gewerbe mit örtlich begrenztem Absatz, also namentlich auf da- Handwerk ihr Augenmerk zu richten haben. Tie Regelung der Dienstzeit »n Pserdebahnbetriebe, von der unsere Erörterung auSging, scheint aus den ersten Blick hicrber zu gehöre». Es erbebt sich indeß biergegen ei» Bedenken. Nach ibrem 8- 6 ist die Gewerbeordnung aus den Eisenbahnbetrieb nickt anwendbar; das Recht, die Arbeit-zeit zu regeln, erstreckt sich also auf Eisenbahn- Arbeiter nicht. Nun fragt eS sich, ob die Pferdebahnen zu de» Eisenbahnen gehören. Zur Zeit, als die Gewerbe- orvnung entstand, gab eS Pferdebahnen in Deutschland erit wenige. Al« 1890 9l die Leipziger Polizei gegen die Leipziger Pferdebahn-Gesellschaft vorging, war die Frage stniüg. Seitdem scheint man mehr zu der Ansfassung zu neige», die Pferdebahnen seien als Eisenbahnen zu be handeln, also vo» der Gewerbeordnung eximirt. WcnigstenS hat die preußische Negierung unlängst dieser Auffassung Aus druck gegeben. Mir scheint diese Auffassung mit tz. 37 der Gewerbeordnung nicht vereinbar. Aber wie dem auch sei, bei der Unsicherheit der Rechtsfrage werden die Polizei behörden sich besser zunächst nach einer anderen Richtung wenden. Die Ueberarbeitung der Pierdebabnbediensteten ifl zwar ein öffentlicher Scandal trotz der vor einigen Jahren vielfach erzielten Besserungen; bei einem Theil der Berliner Pferdebahnen z. B. sind die Kutscher und Eonducteure noch schlechter gestellt a!S i» Leipzig vor dem Eingriff dcr Polizei. Aber man wird sich hier vor dcr Hand »nt den bündigen Versprechungen de« Herrn von Berlepsch begnügen müssen, das dem Reichstage demnächst der Entwurf eine« Special- gesetzt- für die Arbeiter de- VerkebrSgewerbcS vorgclegt werden solle. Im eigentlichen Handwerk findet sich dagegen für den polizeilichen Eingriff dcr weiteste Spielraum. Ich möchte hier bcrvorhcben, daß eine Beschränkung der ArbeilSzeit sogar dem Arbeitgeber keineswegs in allen Fällen unspmpatbisch sein wird. Ebenso wie eS in der Großindustrie vorkommt. Laß Arbeitgeber gern ibren Arbeitstag verkürzen würden, wenn nur die Eoncurrcnten eS auch tbun, und daß sie dafür selbst den gesetzlichen Zwan>^ begehren, ebenso kommt da- auch im Handwerk vor. würde» viele örtliche Ver einigungen dcr Barbierprincipale (sitzt weist Innungen) es zweifellos auf das Lebhafteste begrüßen, wenn sie eine» MaximalarbeitStag bekämen. Die Barbierbcrren und namentlich ihre Gehilfen babcn eine» Arbeitstag von ganz außerordentlicher Länge. Durch Rücksicht aus den Kunden fang steigern sic sich gegenseitig die ArbeilSzeit in die Höhe, ähnlich wie da- im Tclailbanrel geschieht; frühere Verfucke, durch Verabredung die ArbeilSzeit zu retnciren, sind an eben dieser Klippe gescheitert, gleichfalls wie im Detailbandel, und cS wird mit Bedauern empfunden, daß die Innungen nach dieser Seite keine ZwaiigSbcfngniß habe». Freilich würde die Polizei nur die Arbeitszeit der Gebilfen beschränken können, aber auch damit wäre den Prinzipalen an manchem Orte und noch mehr den Gehilfen gedient. Es muß freilich berücksichtigt werden, daß die Barbierarbeit infolge der vielen Pausen keine sehr anstrengende ist; aber ein gcwiffe« Mindest- maaß von Freizeit zwischen Dienst und Schlaf liegt doch auch im Interesse der Gesundheit, namentlich an Orten, wo die Gehilfen wenig außer dem Hause zu tbun haben. (Daß die Leipziger Barbier-Innung ihren Mitgliedern für die Sonntage den GeschästSschluß vorgeschriebe» bat, sei an dieser Stelle anerkennend hervorgehoben. Red.) Da« Bedürfniß eine- MaximalarbeitStageS tritt im übrigen im Handwerk so mannigfach hervor, daß man in Berleflenhcil ist, welches Beispiel man herauSgreisen soll. Um wenigstens ein» zu nenne», erinnere ich an da« S ch n r i d e r h a n d- werk. Die Verhältnisse liegen überdies trotz Hewiffer durch gehender Grundzüge örtlich so verschieden, daß vielleicht die dringendste» Fälle nur einer genauen örtlichen Sachkunde zugänglich sind. Hauptsache bleibt e- natürlich immer, an Ort und Stelle nackzuforschen, wo sich eine Gelegenheit zum Eingriff biclel. Vielfach werden die Beamten dcr Gewerbeinspcciion, von denen >a auch bisher die Anregung zu polizeilichen Arbeiter- schutzbestimmiingen in erster Linie auszugehen pflegte, sich als geeignete AuSkunstSpersonen darbieten; ihr GejchäslSkreiS ist ja jetzt auch a»f da- Handwerk erstreckt worden. Hauptsäch lich aber wird man sich an die Aerzle der Arbeiterversiche- rnng-cassen halten muffen. Daß vor Erlaß einer Verordnung die betroffenen Arbeitgeber gehört werden, versteht sich von selbst. Aber auch die Arbeiter sollte man fragen. Ter Ein druck einer solchen Verordnung aus die Arbeiter selbst würde dann viel günstiger, die Durchführung viel leichter sein, wenn sie da« Gefühl bekommen, bei der Verordnung mitgewirkt zu baben. Auch für die bloße Festsiellung de« Thatsäcklichen ist es nicht ganz gleichgütig, daß beide Theilr. Arbeitgeber und Arbeiter befragt werden. Man sieht da« z. B. auS den er heblichen Differenzen, die sich in einem neuerlichen Falle gerate in Bezug auf die ArbeilSzeit zwischen den Eriiiitle- lungen der Fabrikinf'pection und den Angaben eine« Arbeiier« ergebcn baben oder auS der neuen amtlichen Erhebung über die Arbeitszeit im deutschen Bäckcrgewerbe. Zum Schluß will ich bemerken, daß mindesten« in einem Falle eine Polizeibehörde von der fraglichen Besugniß schon Gebrauch gemacht hat und zwar eine preußische. Die mir *) Breniano: Neber da» Verbältniß von Arbeitslohn und Aebeit». iAt »ur «rbcllsleistung 2 Auslage. Leipzig 1893. «erlag von duncker L Hinudlo» bei der Correctur dieser Zeilen zugehenden Jahresberichte der preußischen Fabrikinspection für l892 erzählen auf Seite 160 vo» einer Maschinenfabrik der Provinz Sachsen» die wegen andauernder Ueberhäusung mit Auslrägcn eine große Zahl von Lehrlinge» Tag und Nacht beschäftigte: „Da alle gütlichen Vorstellungen nicht halfen, so wurde eine polizei liche Verfügung aus Grund deS 8- 120" (soll heißen l20c) „dcr Gewerbeordnung bcrbeizesübrt, wonach diese Arbeiter nicht länger als 12 Stunden beschäftigt werden und die Tag- und Nachtschichten wöchentlich adwechscl« sollten."" Deutsches Reich. 58. Berlin, 19. September. In Berlin erregt man sich weit über die Kreise der Betbeiligten hinaus über die Ber- fjügung de- Polizeipräsidium-, wonach die Kaffee häuser im Allgemeinen nur bis 2 Uhr Nackt- und solche, die von einem notorisch unanständigenPudlicuni srequentirt werden, nur bis Mitternacht offen gebalten werden dürfen. Die Sache bean sprucht in der That ein größere-Intcreffe,vor Allem dcsbalb.weil die Maßnahme nicht von der Polizc, aus Grund praktischer Erwägungen angcorvnet, sondern aus Befehl deS Minister« de» Innern getroffen Worten ist, dcr seinerscilS wiederum, wie wenigste»« angenommen wird, nicht aus eigener Initiative gebandelt bat. Tie Neuerung trifft, wie angetcutet, Locale sehr verschiedenen EbaraklerS. Da- anständige Berliner Kaffcehau« unterscheidet sich von andere» anständigen Gastwirlbschasten höchsten- dadurch, daß es in vorgerückter Nachtstunde für Gäste offen steht. Es dient zumTkeil dem harmlose» Vergnügen,nament lich der Fremden, die sich nickt selten mil Frauen und Töchtern in später Stunde dort einfinden, tbcilS befriedigt cS in der ungeheuren Stadt niit ibre» zahlreichen, bis in die tiefe Nacht arbeitlicisckeiidcn Berusszwcigcn ein Bedürfniß. DaS Polizei präsidium weiß eS wohl, aber der Minister deS Innern scheint e« nickt beachten zu dürfen, daß in Berlin eine große Anzahl von Personen erst spät Gelegenheit findet, sich von abspanncnder geistiger Arbeit zu erholen. Die vornehmen Kaffcebäuser ent» fprecken diesem Zwecke auS verschiedenen Gründen besser, als die geräuschvollen, qualmigen .^Kneipen". Warum dieser Theil de« Publicum- in seiner ja nicht gewöhnlichen, aber durch die Verhältnisse bedingten Lebensweise gestört werden soll, ver- stebt man nicht. Und noch weniger, mil welchem mora lischen Rechte man die Besitzer anständiger Kaffee häuser in ihrem Erwerbt empfindlich schädigt. ES ist in dcr Thal schwer, der Auffassung entgcgenzutretcn, daß wieder einmal an- halber Kcnntniß der Zustände zu einer verfehllcn Maßregel gegriffen worden ist. Hin sichtlich der Kafsecbäuser mit schlechtem Publicum — sie bilden in Berlin die Mebrzahl — läßt sich selbstverständ lich weder aus da« Interesse der Besucher, noch aus da« der Unternehmer Hinweisen. Aber auch hier besteben starke Zweifel gegen die siilenpolizeilichc Zweckmäßigkeit dcr Maß regel. Sollte man Gewicht daraus legen, daß kein Kaffeehaus im Stande ist, bedenkliche Elemente ganz fern zu balle», so möge man sich daran erinnern, daß da- auch der Ver waltung der Berliner Hosbübncu noch nicht gelingt. Wenn man überhaupt administrativ im Geiste der lex Heinze Vor gehen will, so würde es sich empfehlen, statt in Berlin, z. B. in Potsdam anzufangen. Die dortigen einschlägigen Verhältnisse sind in aiißerpolizeilicken Kreisen, welche sich für solche Dinge intercssiren, genauer bekannt als die Berliner. " Berlin, 19. September, lieber die Vorgänge de» Jahre« 1875, die durch das von uns bereits erwähnte (flrlicken'jche Buch neuer dings aus die Tagerordnung gesetzt worden ist, bringt die Zeit schrift „Nation" eine ganz überraschende Mitlheiinng, die dem ungenannten Gewährsmann schon iin Jahre 1875 unmittelbar nach Beieitlgung der KrisiS von gut »nlerrichteler Seile mitaetheilt worden ist. Danach hätte Fürst Bismarck, al» er die un- vermuthet raschen Fortschritte der HeereSnendildung in Frank reich sah, aus Betreiben Mollke'S di» französische Negierung vor eine EntwassnungS - Forderung stellen wollen. Da» Ziel war natürlich die Erhaltung de» Friedens, doch war rS »»merhin möglich, daß dadurch ein neuer Krieg zum AuSbruch kain. Nu» soll, als die Erwägungen über diese diplomatische Aktion schwebten, die Kaiserin A ugusla an die Königin von Eng land und an den Kaiser von Rnsfland eigenhändige Briefe geichricöe» haben, in denen sie diese dringend bat, allen ihren Einfluß auf den Kaiser Wilhelm auszubieten, um ihn gegen die Pläne de« „Blul- menschen" sestzumachen. Aus diesem Wege erfuhr Gortschakow von den Dingen und zwar in ganz unrichtiger Fassung. Ter ganze diplomatische Feldzug aber war von vornherein verdorben. Man wird dem Gewährsmann der „Nation", — so schreibt hierzu drr „Hamb. Lorr." — beistimmen können, wenn er meint, daß »ch bei dieser Version die Widersprüche in den verschiedenen Darstellungen jener Vorgänge aus- Einfachste erklärten. Aber aus verschiedenen Gründen möchten wir seiner Mittheilung doch rrheblichen Zweifel enigcgcnjetzcn. Wir wollen darüber wcgsehen, daß er selber 18 Jahre lang mil seiner Kennlniß eines so inninen Details der Zeilaelcbichte zurückgehallrn hat. Srhr viel ausfälliger ist eS, daß die Kaiserin Augusts bisher noch von keiner Seite al bte treibende Kraft bei der Entwickelung jene- ZwiicheiüalleS genannt worden ist. In dem abwleqelnden Artikel der „Norddeutschen All gemeinen Zeitung", in welchem die Sache gewisieruioßen ihren Abschluß sand, wurde allerdings „daS Pvlenthum in der Presse eine Lügenliga von Ultramontanen, Baissier» und einigen Unlerröcken" für di« Allarmgerüchte verantwortlich gemach!, worunter man schon damals «inen Hieb auf sehr hochgestellte Tomen ver- mnthete. W«»n aber wirklich die Kaiserin August» in solcher W«ise, wie e» hier dargeslellt wird, einen diplomatischen Feldzug deS Reichs kanzler» gekreuzt hätte, dessen Ziel die Sicherung de- Frieden» und zwar eine» dauernden Frieden» war, so würde Fürst ViSmarck zweifellos mit näheren Andeutungen nicht zurückgedalten haben. Ter frühere Reichskanzler hat erst vor nicht langer Zeit 1)r. HanS Blum gegenüber sich lehr eingehend über diele Episode ausge sprochen. Wenn der Gewährsmann der „Nation" Recht hätte, <o wurde Fürst Bismarck sicherlich kein Blatt vor den Mund genommen baben. Er hätte dazu ein doppelte« Recht gebabt; einmal, um sich dcr schwere» Anschuldigungen zu erwehren, welche gerade wegen jener Vorgänge gegen ihn »lhoben worden sind, und dann auch, weil ihm ein so groß angelegter diplomatischer Plan 'mag man ihn nun billigen oder nicht) verdorben worden war. Weiterhin ist noch zu bemerken, daß die Kaiserin Auguila jene Vrieir geschrieben haben soll, alS über da« Vorgehen gegen Frankreich „die Er wägungen schwebten". Nun weis, man aber, daß »ach dem Erscheinen de- „Krieg in Sicht-Artikels" wochrnlana ln de» verschiedensten Blättern, die in bekannten Beziehungen zur Regierung standen, kriegerische Artikel erschienen, ln welchen dorgeleg« wurde, daß man die gesühr- lichen Rüblingen Frankreich« nicht mit Ruh» anseben dürfe. Tab da» Ziel der BiSmorck'Ichen Politik damals war, Frankreich zu einer Abrüstung oder Loch zu einem Einhalten aus dem Weg« ür
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