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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.05.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930508020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893050802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893050802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-05
- Tag 1893-05-08
-
Monat
1893-05
-
Jahr
1893
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Thiele Mittler in Rolbenmvor bei Mecklenburg v. 7/11. 82; au« Planen (Bo»»l>: an V Dick, BiSmarcksir. in Dui-burg v. 6 12. 82; aus Leipzig- Plagwitz: an Frau Minna Ltepke in Evdtkuhncn, postlagernd v. 15 ll. 82; au« Leipzig: an Kanatz Davanzi Uygnier in Maros« ParaSchatz (Ungarn) v. 8/11. 82, an Frau Schreiner Dittrich in Hannover voin >4/1. 83, an Frau Franziska Krcuzberg in Sanaer- stauien vom 30 12. 82, an Frl. Josepbine Horn in Possendorf v. 2l I. 83, an Wilhelm Schmidt junior in Magdeburg, Oranienstr. 3, v. 28 ll. 82; aus AhreiifrirdcrSdors: an Frau Jda Lehmann, Strümps- Wirker in Ehrenfriedersdorf. v. 18/1. 83; au« Lripjig-Rcntznttz: an Emil Kluge in Leipzig, Georgenstr. 33. H., v. 13 1. 83. tgel«n»rt«>l aus Leipzig an Frl. Lamilla Petcrsen in 7Utona (Elbe), griedenssir. 20. v. 20. 12. 82 mit 10 »i-I«!'« mit augvixel»«»»«-»» Au» Leipzig: unter Lhissrr L. Leipzig, hautpvsllagernd v. 26.,8. 82; aus Grlmma: an ä. 3 UO in Dresden, Räcknitzsir., postlagernd v. 29. 11. 82; au» Zwickau (Sachsen): an Larl Seifert, Adr. L. M Monsanto in Hambura, Neuerwall 48, II., v. 30. 1. 98; au« Lelpzig-Aeudnitz: an Josef Sauer beim Dragoner-Regiment Nr. 2 in Theresienstadt (Böhmen) v. 2. 2. 83; an William Hajck in Schönau (Sachten) postlagernd, ausgeliesert bei der Vad»p«st Bretlau-Verltu am 5.12. 82. Au« Leipztg: an N. Stör- ichann In Rosario (Argentinien) v. 23./II. 81 über 20 ^l 35 /H. an Pöschel in Dre«den v. 10.8. 82 über 7 », an TönneS- mann in Düsseldorf v. 11.9. 92 über 7 ^t 50; au« Chem nitz: an gieijchermeister Otto Llaußncr in Lbersrohna v. 8./1. 83 ober 3 60 -H. h'mvitvie. Aus Chemnitz; an Max Löbel, Adr. Klarner in Mürzzuschlag Nr. IIS (Steiermark) v. 24.10. 82; au» Aue (Vrzgrh.>r an Frl. Anna Seidel in Chemnitz, po,ilagrrnd v. I3./11. 82; au» Aeichenhach (Bogtl): an Bruno Schulze au» Berlin 0. in Lschatz, postlagernd v. 5. ll. 92. Die unbekannten Absender der vorbrzrichneten Sendungen werden diermit ausgesordert, ihre Ansprüche binnen 4 Wochen, vom Tage des Erscheinen» dieser Bekanntmachung an gerechnet, bei einer Post- anstal« des Ob«r-Postdirection».Bezirk» Leipzig geltend zu machen. Wenn sich innerhalO dieser Frist zur Empfangnahme Be rechtigte nicht gemeldet haben, werden die Seid- und Post-An- we,sung»beträgt du Post-UnterstvtzungScassr überwiesen nnd dir in den Sendungen befindlichen, zum verkauf geeigneten Gegenständ» zum Besten dieser Lasse öffentlich versteigert werden. Leipzig, 5. Mai 1893. Der «atferltche Ober-Vofttzirect-r, Geheime Ober-P«strath Walter. Wehm. Politische Tagesscha». * Leipzig. 8. Mal. Wie die Parteien, welche die Mehrheit de» aufgelösten Reichs tags auSmachlen, den W«hlk««pf zu führen gedenken, das läßt sich an ihrer Presse bereits erkennen, „vorwärts" und „Freisinnige Zeitung" erklären übereinstimmend baS allgemeine Wahlrecht in Gefahr, obwohl keine Partei das selbe befehdet und seine Aufhebung dulden würbe. Herr Richter verspricht noch, für da- Ansehen deS Reichstages rinzutrcte». Als ob dieses jemals so tief gesunken gewesen wäre, wie in dem geschlossenen Parlament, welche- der agitatorischen Skrupellosigkeit de- Herrn Richter sein Dasein verdankt. Das „Berliner Tageblatt" will „feststrllen", daß die Verständigung gesckeilcrl sei, weil die Regierung sich in Bezug ans die gesetzliche Festlegung der zweijährigen Dienstzeit hartnäckig gezeigt bade. In Wahrheit aber war zugestanden, was die Hintermänner de- Blatte- am Freitag verlangten: gesetzliche Festsetzung für die Dauer der Präsenzerböbung. Am Sonnabend traten sie aber mit der Forderung nach dauernder gesetzlicher Festlegung hervor. Darauf glanble dir Militairvcr- waltung nicht eingehen zu dürfen, da sie nach fünf Jahren hätte in die Lage komme» können, die erhöhte Präsenzstärke nicht wieder zu bekommen, die verkürzte Dienstzeit aber stri- behalten zu müsse». Das Stärkste indessen leistet Herr Richter, indem er schreibt: „Der deutsche Michel soll wieder einmal außer Gott auch die Franzosen und Russen fürchten lernen zum Ruhen und Frommen de-Militair-Vlat»". Wir dürfen u»S hiernach darauf gefaßt machen, morgen zu hören, die HeereSrefor», sei nur geplant, um nock mehr Junkern eine Bersorgung in drr Armee zu bieten. (Lin Parteigenosse Richter», ein Herr Jordan, hat diesen Zweck schon vor Monaten als den einzigen drr Militairvorlagc bezeichnt. Ucber die in der tzrntfchsrriftimigrn Fraktion infolge ihrer Abstimmung über die Militairvorlagc eingelretriien Spaltung berichtet heute da« „Berl. Tagebl." Folgende-: ,.Di« Scheidung der druischfreisiunigrn SieichStogSsraction in zwei nahezu gleich» Hälften ist in dem Augenblick, da wir dies schreiben, »in« vollzogene Th arische. Am heutigen Montag tritt »Ine Commission von sechs Mitgliedern zusammen zur friedlichen VluScinanLersktzung über die gemeinsame» Angelegen heit»». Diese Eommissioii besieht einerseits ans den Ab geordneten Richter, vr Herme» und Hugo Herme», andererseits aus den Abgeordneten Bambergrr, Barth und Schräder, zu denen sich noch der Abgeordnete Hin»» gesellt als einer der bisherigen Leiter des ikahlbnreau» der deulschsreisinnigen Partei. Gelingt diese freundschaftlich« Aus- «iaaiidersetzung, woran bei dem beiderseits vorhandene» guten Willen kau», zu zweisein, so werden beide Theile der bisherigen deutschsreisinnigen Fraktion in der bevorstehenden Wahlcampagne fiebrn einander, aber nicht gegen einander overivrn. Di« Tonstitniruag der au< dem bisherigen FracfionSvrrbande aus- geschiedenen Mitglieder zu einer eigenen Partei dürste vielleicht schon im Laus« des Dienstag erfolgen, und die neue Partei könule sich dann ungesäumt mit einem eigenen Wahlrus an die Wühler wende». Innerhalb der Fraktion — dies se< besonders bemerkt — ist der Bruch durch «inen Antrag dichter Hcrbeigesnhrt worden, der die- jenigen Fractlonsmitglieder, welche für den Antrag Hnrne gestimmt hatten, au- dem Fractwnsverbande auSzuschlirben beantragte, weil dies» Abstimmung mit der politischen Gesammihaltung der Partei nicht in Einklang zu bringe» sei. E« wurde, nachdem dieser Antrag Richter vorlag, noch vom Abgeordneten Lirchow der Wunsch ausgedrückt, drin er witderholt Ausdruck gab,, mail möge t» wenigsten« erst einmal versuchen, ob nicht doch »in Wabi- aufruf zu formnliren wäre, der »inen gewissen Ausgleich zwischen den beiden Flügeln der Partei darslelle. Dies« versöhnliche Anschauung Lirchow'» fand aber kein Echo, und da eine Anzahl derjenigen Abgeordneten, welche selbst gegen den Antrag Huene gestimmt halten, die politische Un- diitdsamkcit nicht zum Parteivrincip erhoben sehen möchte, so stimmten folgend» 22 Frnctton«mitgli»der gegen den Richter'ichen Antrag: Haencl, Bambergrr, Barth, Brömel, Rickert, Schräder, Tohrn, Hinze, Gutfteisch, Wilbrandt. Funck, Pachnick», Althau», Seelig, Horwitz, Goldschmidt. Fauilleton. Lady Sibylle. Roman von L. Schroeder. Hochdruck »erbeten. I3j (Fortsetzung.) 12. Capitrl. Sie hatte noch allerlei Weisungen zu geben gehabt und war als die Leste zurückgeblieben. Neben dem Fuhrwerke, das die Speisen hlnausbefördrrt batte, stand sie jetzt und nabm von einem drr Dirnrr ihren Mantel in Empfang. Sic fühlte Waldstedt kommen, mehr als sie ihn sah. Sick nach ihm um- zuwrnden, wagte sie nicht, denn di« fatale Röthe, die seine Näbe icrc-mal heraufbtschwor, brannte ihr schon wieder auf der Wange; sie batte auch Angst, daß rr ihr dir unterdrückten Tbränen au- den Augen laS. „Ich bitte Sie, nicht auf mich zu warten, mein Herr!" stieß sie nun in unsicherem Tone hervor. ,Hören Sir oicht, wie die Kinder nach Ihnen rufen?" „Die Kinder sind wohl aufgehoben", antwortete er» „und daß ich Sir hier allein lasse, Lady Sibylle, können Sie nicht von mir verlangen." Damit begann rr, sie sorgfältig in ihren Mantel zu hüllen. „Hier hinten bängt eine Art Kapuze", erwähnte er beiläufig. „Wie wenn wir die über das reizende Hütchen zögen?" Sie kielt ihm still, wie ein Lamm. ES nützte nicht», sich ibm zu widerseHen, und »n Grunde ging e« ihr ja auch gegen de» eigenen heitzen Herzensdrang. Ein Weilchen — ein kleine« Weilchen mit ihm ganz allein zu sein, Süßere« ließ sich ja nicht träumen! Die Uebrigen batten längst da« Thal erreicht, al< fl« dir Höbe verließen. E» war arg und e» ward immer ärger mit dem Unwetter. Blitz und Donner wechselten in kurzen Zwischen räumen miteinander ab und der Sturm peitscht« heulend den Regen vor sich her, über da» Meer. Da Sibylle ängstlich bemüht schien, einen Fuß breit Luft zwischen sich und ihrem Begleiter zu lassen, so hatte dieser Müde, den Schirm über sie zu halten. „Sir werden naß", bedauerte rr. Wenn Sie meinen Arm aiinehmen wollten?" Der Vorschlag schreckte ste noch rin Stückchen weiter von ibm fort. „Danke!" stammelte sie „Mir kann die Nässe nicht» mebr anhabrn, ich bin jetzt vom Scheitel bi» zur Sohle wasser dicht. Vitt«, versuchen Sie, fick, selber zu schützen." „Mit einem Regenschirm?" lackte er. „Da« wäre da« erstemal, soweit ich mich erinnere. Schließen wir da» unnütze Möbel." „Nein, nein!" protestirte sie und hatte, bevor er sich dessen versah, ihre Hand in seinen Arm geschoben. „Es ist ja kein Regen, r< ist ein Wolkenbruch! Sir würden im Nu durchnäßt sein — sich zu Tode erkälten!" Er lackte wieder. „DaS bat keine Gefahr, aber cs ist besser so. Es hat nun doch einigermaßen den Anschein, als ob Sie mir vergeben hätten." „Vergeben?" stieß sie erschrocken hervor. Ihre Hand machte Miene, ihm zu rntschlüpfen, aber er ließ sie nicht. „Ja vergeben", wiedeil,olle er, „denn daß ich irgend etwa» gesündigt bade, ist klar. Worin jedoch meine Missethat bestellt, darüber zerbreche ick mir vergebens den Kops. Kommcn Sie mir zu Hilfe, Lady Sibylle!" „Ich — ich weiß nicht, wovon Sie reden!" „Aber ich weiß, daß Sie mir eine ganze Stunde lang ge zürnt baden." „Sie irren!" „In solchen Dingen irrt man sich nicht." „Ich — war schlechter Laune." „Ohne Grund? Da- sieht Ihnen nicht ähnlich." „Wenn — wenn mich nun Jemand geärgert hätte?" „Jemand Anderer?" „Dann hätten Sie doch mich armen Kerl Ihren Zorn nicht entgelten lassen?" „Wer weiß?" „Nein, nein! Solcher Ungerechtigkeit sind Sic gar nicht fähig." Sie schwieg, und er dacktr bei sich: „Jemand Anderer könnte allenfalls Eberubin gewesen sein, denn wa« der dein gräulichen Frauenzimmer in Gegenwart ihre» vertrauensseligen Esel- von einem Gatten alle» in die Augen zu blicken wagte, war nicht danach, seine Braut zu ergötzen. Braut? Bah! die ist und wird sic nie! Diese« Mädohen sich an de» jungen Narren wegwerfen? Thorbeit!" Und dann wunderte er sich nicht wie gestern über die gute Meinung, die er nunmehr von ihr batic, er fand sic ganz natürlich. Ebenso gewiß wie diese» Mädchen zu bochmülllig war, jemals einen Mann unter ihrem Range zu beiratllen, wenn sie ihn auch noch so leidenschaftlich liebie, ebenso gewiß war sie zu stolz, um sich auS bloßen StandeSrücksichlen mit Seele und Leib einem Manne zu schenken, den sie nicht liebte. Wenn ihn etwa« wunderte, so war e< die», datz sie ihn beim ersten Anblick durchaus nicht entzückt hatte. E« niochle seinen Augen ja schwer geworden sein, den Kern ihrer feinen, vor nehmen Schönheit an« der häßlichen Hülle de« Anzug« zu schälen, obgleich da» Kattunkleid nnd der große Hut an und für sich kaum reizloser gewesen sein konnten, wie der Gummi mantel, au« dem sie eben jetzt wir aus dem vorlbeithaflesten Rahmen blickt«; aber wie war es möglich, daß r» für da« sanft Maager, Alexander Mcner, Siemens, kKoch, Berting, Lorcnzeu. ES sieht »och nicht fest, ob alle die llier Ge nannten sich sofort der neuen Partei anschticbe» werden, da einzelne derselben sich idre Entschließung noch vordedielten. andere wiederum überbaupt nicht geneigt sind, ein neues Mandat an- zuiiklnnen. Für den Anirag Richter stimmten die Adgcordncien Richter, Träger, Birchvw, Munckel. Schneider, v. Reill- nitz, Müller, Kaussmanii, Wvllmer, vr. Hermes, Hugo Hermes, Vr. Hirsch, Dan, Harmcning, Schmidt- Elberfeld, Sambammer, Irschke, Bollratll, Jordan, Knörcke u. A. Man wird wobt darauf rechnen können, daß die witdliberalen Abgeordneien Langerfeldt und Thomson, ebenso wie der in Italien weilende Abgeordnete Ebertn, der i» Elncago befindliche Abgeordnete Witte und der aus Urlaub abwesende vr. Baumbach sich der neuen liberalen Fraktion an- schließen werden, so daß dieselbe vernuilhlich i» einer Stärke von 24 oder 25 bisheriger Abgeordneter in ihrem Wahl- ausrus vor die Wähler trete» dürste. Herr Richter batte, wie auS seiner „Frei). Zlg." bcrvor- gcht, nur aus dir Abtrennung der 6 Mitgliedes gerechnet, die für den Antrag Huene gestimmt llattc». Ein friedliche« Nebcncinandcrgellcii der neuen Partei mit der alten scheint er übrigens selbst nicht zu erwarten, denn er bemerkt: „Aber auch für den Wahlkainpf selbst darf dir freisinnige Partei nirgend eine» Zweifel darüber bestehen lassen, daß der Antrag Huene zwischen ihr und ihre» bisherigen sechs Fractionsgenoisen das Tischtuch zerschnitte» hat, un beschadet persön licher Achtung und srcundschastlichcr privater Beziehungen, welche ein langjährige» politische» Zujammenwirke» auch in solchem Falle fortbesiehen läßt." Wie die Fraktion der Freisinnigen, so bat auch die dc» Ccntrum» am Abend »ach der Auslösung eine Sitzung abgchalkc», in der über die Abstimmung der Parteimitglieder verhandelt wurde. Ob diese Sitzung denselben AuSgang für da- Ernliuni genommen bat, den die Sitzung der Freisinnigen für diese Fraction »abi», ist aus de» unö vorliegende» nttramontanen Blättern noch nickt zu ersehen. Der EcntrumSthurin wird nicht in zwei Halsten auSeinantersallc», so viel steht fest; denn die große Mehrheit um Lieber hält vorläufig zusammen, und erst der Ausfall der Wahlen wird ihre weiteren Schicksale ciniaermaßen erkennen lassen. Aber ebenso fest steht, daß eine Bresche in de» „Thurm" gelegt ist und daß die Mitglieder, die für den Antrag Huene gestimmt habe», der „Fraction Lieber" nicht mebr angeboren, ob sic nun jetzt formell ihren Austritt erklären, oder sich überhaript nicht wieder wählen lassen oder endlich nach einer Wiederwahl sich vom Eentrni» fern halte». Es ist sehr zu brachte», daß der Besitzstand de« EentrumS in Schlesien hierdurch ernstlich in Frage siebt. Auch der bürgerliche Porsck, einer der begabtesten Männer drr Partei, der sogar bei drr Nackfolge Windtborst'S als FractionSsübrcr in Frage lam, hat mit den adligen Schlesiern gestimmt, und außerdem sink die polnischen Wähler in Schlesien durchaus mit de» übrigen Polen auf Seiten de« Herrn v. Huene. Kurz, die Spaltung und daher sehr wesentliche Schwächung der beiden größten Parteien de« bisherige» Reichstage« sind zwei Factorcn, welche schon jetzt fcststchcn und für die Neuwahlen eine weit tragende Bedeutung haben. Au- dem AnSlandc liegen über die Haltung des auf- lclösten deutschen Reichstag« und die möglichen Folgen dieser galtung auch heute bemerkenSwcrthe Stimmen vor. So Weibliche, süß Träninerischc, das ihr so herzgewinnend in den Mundwinkeln lag und au« den Augen blickte, blind gewesen sei» konnte, so blind, daß rr hätte schworen möge», c« >ei gar nicht dagewcscn, sei nachträglich erst in ihr Antlitz gekommen. So dachte er und bewies damit, daß er trotz manniafachcr Erfahrungen, die er gesammelt, noch immer nickt geschickt war, fick gewisse Symptome zu deuten. Daß er selbst im Begriffe stand, sich ein bischen zu verlieben, wußte rr gleichwohl, und c« war ibm im Grunde nicht unangenehm, denn eS lieferte ihn, den schlagendsten Beweis, daß rr über eie fatalste Episode in seinem Lebe» glücklich hinaus war, und eS brachte Abwechslung in dir gegenwärtige Langeweile Gefahr war ja bei der Sache nicht. Gefabr — das lelirte ibn die PrariS — war nur bei Frauen, die ein klein wenig Tcnsel in ibrer Komposition batten, nnd Lady Sibnllc hatte nicht einmal ein bischen schelmischer Laune und leichtfertiger Munterkeit in der ihren. Nein, er ging übermorgen, nachdem die Abwechslung in drr Langeweile selber langweilig geworden, so vergnügt davon, wie er gekommen war, da- stand fest. Hätte er nun ahnen können, mit welcher Wonne, welchen seligen Träumen »nd Hoffnungen ste ihm auf dem Wege ent- gegenkam, den rr so leichtfertig wandelte, er wäre »nigekebrt — unbedingt, denn er war ein Ekrcnmann, aber daß die Sacke, die ihm so unverfänglich schien, Sibylle verhängnißvoll werden könne, kam ihm nicht i» den Sinn. Ganz gewiß seklte eS ibm nickt an Eitelkeit, doch von der Gcckeabastigkcit. die sich überall für unwikerstedlich hielt, war er noch scdr weit ent fernt. In sorgloser Heiterkeit also gab er sich dem Reize deS Augenblickes bin. Ein Gang durch Sturm und Regen war an und für sich schon danach angctban, ihn mit übermiitbigem Behagen die voll« Lebenskraft rmpsinten zu lassen, die in ibm war »ind — nun dieser Gang i» Gesellschaft eine« reizende», schütz- »nd hilfsbedürftigen Wesen» — Schutz- und biljs- betürflia, so nannte er sie im Geiste und so erschien sic jetzt auch. Da« rnbige Srlbstbcwußtsein, da« sie i>» Allgemeine» auSzeicknetc, war ihr abhanden gekommen. Fast demütbig hielt sie den Kops gesenkt, fast ängstlich schmiegte sich die Kobe, schlanke Gestalt in sich selbst zusammen und immer wieder strauchelte drr sonst so sichere Fuß, immer wieder mußte Waldstedt ihren Arm fest an sich pressen, um sie vor dem Fallen zu bewahren. „E« sind dir glatten Steine", stammelte sic entschuldigend, „der schlüpfrige Boden!" Aber eine innere Stimme strafte sie Lügen. Sie wäre unter anderen Umständen über die glatten Steine, den schlüpfrigen Boden mit derselben elastische» Leichtig keit lsiiigeschritten, wie über den Teppich ibreS Salons „In etwa« hat auch da« allerliebste Schubwerk schuld", versicherte er, ,.r- giebt den Füßen gar keinen Halt." Sein bewundernder Blick suchte di« feinsten Füße, die ihm je vor- schrcibt die Wiener ,N. Fr Presse", die sonst immer eine Bcrtbcidigcrin der dcutschfreisinnigen Fraction de» deutschen Reichstags war, am Schluffe eine« neuen Artikel-: „Wem der Wadikamps zu statten kommen, ob er die Mehrheit von heute erneuern oder eine andere bervorbringcn wird, Las weiß beule sicherlich weder Graf Laprivi noch der Abgeordnete Richter. Aber wie dem auch sein mag, an Deutschland, an seinem äußeren Prestige und seiner inneren Ruhr ist Schweres aesündig» worden. Und Europa fühlt es mit stillem Grauen, denn eine starke Säule wankt ta seinem Gefüge, wenn Deutschland aufhört, wasscngewaltig, mächtig und innerlich seslgrschlossen zu sein, wenn «» die großen nationalen Traditionen abstreist, die r» emporgchoben haben zum Hüter des Friedens und der Lultur. DaS nltrainontane Wiener „Vaterland" kann nickt nmbi», der dcntschcn EonIrumSpartci den Wunsch auS- znsprcchen, sie möge der Gefahr entgehen, sich von populären Strömungen »nd Slimmungon zu weit sortreißen zu lassen; eine Partei, die einmal im Fahrwasser der Popularität sei, könne durch fortwährende Eoncessionen an populäre Wünsche wenigsten« den Anschein radikaler Neigyngen erwecken und dadurch die Fühlung mit den RegicrungSkreisen in einem Grade verliere», dag diese die Partei nicht mehr zu den erhaltenden Parteien zäblcn und auf sie in Folge dessen keine Rücksicht mehr nehmen würden. Und au« Pari» meldet der Telegraph: „Ter „TempS" sagt, die Nachricht über die Auslösung des Reichstages verbreitet, obwobl sie erwartet wurde, in Deutschland und Europa jenen leichten Schauer, der historische Ereig nisse begleitet Das Blatt bezeichnet die Haltung des LrntrumS a>» sehr geschickt. (!) — Der „Jour" bemerkt, die Berhältntsse i» Deutschland erinnern an dir tröstenden Wort« Gamdrtta'S von der linmancnten Gerechtigkeit der Ding». — Der „Ganlois" giebt der weitverbreiteten Ansicht Ausdruck, daß die ' Rcichsveriassung von 1871 in den letzten Zügen lieg« und der Kaiser entweder das Parlament abschafsen, oder den wirklichen und vollständigen Parlamentaris mus annehmen müsse." In der Lchweiz ist der kaiserliche Bestich noch in Aller Mund und die in reicher Fülle vorliegenden Aeußcrungen der Presse au« allen Gegenden de- Atpentandc» geben ohne Unter schied der Parteien in übereinstimmender Weise der allge meinen Befriedigung AnSdrnck, Pcichviel ob die Einen mebr die politische oder intcrnalionalc >scite deS Empfanges betonen und die Ankeren lieber bei Einzelheiten verweilen. Ein» der hervorragendsten Blatter betont, daß die würdevolle, vor nehme Schlichtsten, mit welcher das Kaiscrpaar sich den Ver treter» der Eitgenosscnschasr präsentirtc, auf Einen Schlag die Snmpalhie deS Volke« eroberte. Ein andere» leitende« Organ ist überzeugt, daß der deutsche Kaiser, von dem begeisterten Empsang des befreundeten italieni schen Königspaares nnd eine« zu Schutz und Trutz verbün dete» Voltes noch tief i» dor Erele ergriffe», den einfachen sterzlichc» Gruß de« republikanischen Volkes nicht unterschätzen werde Dafür bürge sei» Verständniß unserer Zeit und ihrer Aufgaben, wie seine Kciinlniß der demokratischen Einrich tungen der Schweiz, welche die Achtung anderer Institutionen und ibrer Träger in sich schließen. Der BundeSrath, so lesen wir in einem Blatte der französischen Schweiz, hat dem Kaiser Wilbclm einen srcuntlichcii Empfang bereitet und recht daran gcthan. Der Kaiser hätte auch, wie andere Louveraine c« tbun, incognito durch da« Land reisen gekommen in lichtblauen Scidenstrllmpfcn und zierlichen Promcnadciischubcn, »nd im Tone scherzhaften Tadel« setzte er hinzu: „Für die Nässe scheint eS auch nickt wenig empfänglich. Ick meinte dock, Sie seien vom Scheitel bis zur Sohle wasserdicht?" „Die Sckul,c hatte ich ganz vergessen", gestand sie und gab sich alle Mühe, sie seiner Beobachtung zu entziehen, allein eS gelang ibr nicht. Ter Wind leistete seiner JndiScretion zu viel Vorschub. „In Ihrem Interesse", sagte er, „möchte ich wünschen, wir wären bald unter Dach. Wohin gebt eigentlich dir Reise?" „Die Uebrigen werden sich nach OnkhaycS geflüchtet haben " „Aber ich meine, wir hätten da« hübsche Landbäuschen dort näher." „Nickt wahr, eS ist hübsch?"' ries sie mit einem sonnigen Ansstrablcii der Auge». „Ich habe heute Morgen eine ganze Weile bewundernd davor gestanden." Sic nickte ein paar Mal lächelnd vor sich bin. DaS be- dentcle so viel, wie: Wußte ick'S nickt, daß er eS bewundern würde?" Laut sagte sic: „Ich möchlc eö Ihnen einmal im Innere» zeigen. ES ist nämlich mein üigentstum." „O dann muß ick eS unbedingt sehen", erklärte er und wollte die Richtung dakin rinschlagen. Allein ibr Fuß stockte, sie sah ihn zweifelhaft von der Seite an. „ES ist doch nickt verschlossen?" fragte rr. „Nein, nein, eS ist bewohnt" antwortete sie, „aber —" der Gedankenstrich stand für: „Ob ich eS wem wagen darf »lik ibm so ganz allein?" „Nun?" „Sic wisffn — der Bach", stieß sic unter heißem Errothen hervor, „er fließt quer über den Weg." „Der Back?" lackte er. „Es ist mebr Steingrröll wie Wasser darin! Sic werden gleich sehen!" Allein, als ste nach wenigen Minuten den Back erreichten, schien er gar kein so verächtliche» Hinderniß. Die Regenstuthen vatte» ihn ansckwcllen machen und allzu schmal war er auch nicht an dieser Stelle. „E- wird nicht geben", bedauerte sie. „Warum nicht? Wenn Sie mir gütigst gestatten wollten, Sie binllberzutrage» —" „Unmöglich!" ries sie au», batte im Nu seinen Arin fahre» lassen und war weit von ihm gewichen (Fortsetzung folgt.)
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