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Dabellarischer und Ztssernsatz nach höherem Tarif- Ertd« «Beilagen (gesalzt), »»r mt» d» Vivrge».Ausgabe, ohne Postbrsvrdrrnng 80.—, m»t Postbesörderuag ^8 7V.^-c Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Vtorgen-Auegab«: Siachmittag« «Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,S Uhr. Gei den Filialen und Annahmestelle» je »in« halbe Stund» früher. U«t«tge« sind stets an di» Ertzedttts» zu richten. Druck und Verlag von <k. Pol» 1» Leipzig. Montag den 18. September 1893. 87. Jahrgang. politische Lagesschau. * Leipzig, 18. September. Durch die von unS wiederzezebencn halbamtlichen Mit theilungen über die Gutachten der Gerichtsbehörde» ,n Betreff der Berufung gegen Pie Urtheilr der Strafkammern ist diese, die Oeffentlichkeit seit längerer Zeit beschäftigende An gelegenheit wieder in den Bordergrund der Erörterung gerückt worden. Die Fragen, ob die Berufung über- baupt zu fordern sei, oder ob etwa an Stelle der Berufung eine Aenderung der Borschristen über den Inhalt der Entschcidungsgründe, sowie die Erleichte rung der Wiederaufnahme deS Verfahrens den Vorzug verdienen, soll nicht in den Rahmen der nachstehenden Be trachtung fallen. Die osficiösen Miltheilungen erstrecken sich auch nicht auf die Princwienfrage, sondern aus da» „Wie" im Falle der Wiedereinführung, vor allen Dingen auf die Frage, ob die Berufung gegen die Urtheile der Strafkammern an die Landgerichte oder an die OberlandeSgerichte gehen soll. Bon den 13 OberlandeSgcrichtSpräsidenten haben sich 9, von den 13 Oberstaatsanwälten 10 für di« OberlandeSgerichte erklärt. Für die Landgerichte haben sich 2 ObertandeSgericblSpräsi» dcnten und 1 Oberstaatsanwalt ausgesprochen, während 2 Präsidenten und 2 Oberstaatsanwälte beide Systeme für annehmbar erachten, für ihre Bezirke aber aus örtlichen Gründen den Lantgericylen den Borzug geben. Auch die Oberpräsidcntcn wünschen in ihrer großen Mehrheit die Verweisung der Berufung an die höheren Gerichte. Die Kosten würden in beiden Fällen ungefähr gleich sein. Die Mehrzahl der Gutachten geht von der Ansicht aus, daß die Berweisung an die Oberlandes gerichte für daS rcchtsuchende Publicum, die Zeugen, Sach verständigen u. s. w. nicht beschwerlicher sei, als die Heran ziehung der Landgerichte. Hierüber besteht eine sehr begreifliche Meinungsverschiedenheit. Weniger leicht zu begreifen ist cö, wenn liberale Zeitungen, welche die Interessen deö PublicumS bei der Berweisung an die OberlandeSgerichte wegen der geringen Zahl derselben nicht gewahrt sehen, aus diesem praktisch-ökonomischen Grunde für die Landgerichte rin treten, obwohl sie die inneren Borzüge, welche die Berufung an die höheren Gerichte besitzt, nicht zu bestreiten vermögen. WaS vor allen Dingen für die Wiedereinführung rer Be rufung spricht, ist doch die Wahrnehmung, daß der gegen wärtige Zustand ein Gefühl der RechtSunsichcrbeit erzeugt hat. Diese» soll beseitigt werden und für einen solchen Zweck erscheint das Beste gerade gut genug. Daß den Er kenntnissen der Oberlandc-gerichte ein höheres Bcrtrauen entgegengebracht wird, als denjenigen der Landgerichte, behauptet die Mehrzahl der Gutachten mit unzweifelhaftem Recht. Unter „Appelliren" versteht daS Bolk im weitaus größten Theile Deutschlands die Anrufung einer höheren Stelle. Und wenn man cinwendet, die Berufung gegen die Urtheile der Schöffengerichte geht jetzt an die Landgerichte — der Landrichter ist aber dem Amtsrichter nicht über-, sondern gleichgcordnet —, so «st darauf zu erwidern, daß da» Publicum sich um die Rangstellung der richtkrlichen Beamten nicht kümmert und den Landgerichten eine höhere Autorität beimißt. Daß die Sitze der für die Rechtsprechung in BcrusungSfachen geeigneteren OberlandeSgerichte im Allgemeinen schwieriger zu erreiche» sind at- die LaiidgerichtSfihe, glaube» auch wir, aber wir wundern uns, daß liberale Blätter daraus die Nothwcndigkeit ableite», mit der minder guten Rechtspflege vorlieb zu nehmen. Der preußische Finanzminister scheint stärker Schule gemacht zu haben, als der Erfüllung der höchsten Staatszwecke dienlich ist. Verdienen auS Gründen der Rechtspflege die OberlandeSgerichte de» Vorzug und spricht gegen sie nur ihre geringe Zahl, so erscheint vom liberalen Slandpuncle nur die ei ne Forderung möglich: Vermehrung der OberlandeSgerichte. E« wird von einem Befürworter ter Landgerichte gesagt: „In früherer Zeit gab es auch in jeder Provinz mehrere ÄppellationS- gerichtc: zu den Gründe», auS denen man bei der neuen Organisation ein einziges LberlaudeSgericht für jede Provinz ausreichend erachtete, gehörte der Verzicht aui die Berufung gegen dir Urtheile der Strafkammern " DaS ist eine anSrcicbentc Be gründung ter Notbwenkigkcit, im Falle der Wiederein führung der Berufung die Zahl der Obti laiitcSgerilhtc zu ver mehren. TieKostensrage ins Treffen zu führe», wo cS sich »in die denkbar beste Strafrechtspflege bandelt, hieße denjenigen Reckt geben, welche in der Berivendung unserer öffentlichen Mittel ein Snmplom culturellen Niederganges erblicken wollen. DaS Nützliche mag in finanziell ungiinsligc» Zeilen, wie den heutigen zuriicktrcien; aber hier handelt eS fick um etwas absolut Not kw c n di gcS. Wir sind sehr damit einverstanden, daß daS Gcmcinwesc» bock über dcn „Nachtwäckterslaat" binauSgcwachsen ist, aber sür eine derartige Abschivächung der Nachlwächtcrsnnctirnc», wie sie in dein Verzicht auf eine möglichst gute Einrichtung ter Rechtspflege läge, können wir nicht cintrele». Infolge der für Prag und Umgegend verfügten Aus nahme in a ß r e g e l n wird mal! sich daraus gefaßt mache» müssen, daß die bevorstehende Session des österreichische» Re»chS- rathcS sehr bewegt sei» werre. De»» die Iungczechen, die sich nun in der Presse und in de» Versammlungen, soweit solche zuzelasscn werten, wenn sie mit der Behörde nickt in Eonslict koinmcn wollen, die größte Zurückhaltung aus erlegen müssen, werden von ihrer Iniinunität im Reick«- ralh desto ausgiebigeren Gebrauch mache» wollen, und wir werden daher zweifellos alles Bisherige überhietende Brandreden zu hören bekommen. Tic von mancher Seite ausgesprochene Verniiithniig, daß sich als Eonscqneiiz dcS, Vorgehens der Regierung ein Erstarke» der Allczechen ergeben und daß dann auf dcn Versuch, die frühere Rechte wieder herzustcUcii, zurückgegriffcn werde, halten wir nickt für stichhaltig. Vor Allein ist kaum daran zu denken, daß die Altczechei, wieder zu ihrer früheren Stellung gelangen. Sie haben, soweit man sie überhaupt noch als eine Partei betrachten kann, i» Böhmen dcn Boden verloren und werden ihn kanni wieder zurückzu- erobcrn im Stande sein. Aber selbst wenn dies der Fall ein sollte, wird die Regierung nach Le» gcmachren Er ahrungen wohl kaum die Lust empfinden, sich „och ciiiiiial auf die Altczechcn stützen zu wollen. Ein großer Tbeil der Altczechcn und darunter auch einige Führer sind ja ent weder inö jiingczcchische Lager übergegangen oder habe» die Flinte inS Korn geworfen, und selbst wenn noch ei» Fähnlein übrig geblieben ist, daS de» Name» einer „allczcchischcn Partei" verdient, so ist dock der Unterschied zwischen de» Be strebungen der Alt- und Iungczechen sehr gering. Gerade die Altczechen sind es, die zäh an dem sogenannte» Staate rechte fcstballe». Wenn man nun eben erst eine Feier verbot, die dem Rescripte galt, daS das böhmische Staalürccht a» erkannte, so wird man doch nicht wieder die Unterstützung bei Elementen suchen, die keine» Augenblick auszehört haben, die Fahne des Staatsrechtes zu schwingen. Der auSf'übrende Ausschuß der Nationalen liberalen Föderation Englands hat an sämmtliche liberalen Vereine des Landes, wie bereits kurz gemeldet, ein Manifest er lassen, worin gesagt wird, daß die Verwerfung der Homerule-Bill nicht nur eine neue Wendung in der Ge schichte der irischen Frage, sondern auch in der Entwickelung MI Sein einziges Gut. Roman von B. Corony. (Fortsetzung.) üachtiuL vkrtoi-u. „Paffen Sie auf, jetzt giebt's einen guten Spaß!" flüsterte Franz, heimlich lachend, der Kammerjungser Jenny zu. „Wenn die Alte noch etwas trinkt, dann schläft sie ei», oder ich will nicht gesund hier stehen. Sie kann ja jetzt schon den Kopf nicht mehr gerade halten. Der geht immer wie ein Perpendikel, nach link- und nach rechts." Jenny kicherte und der Bediente folgte mit seltener Be reitwilligkeit einem Winke Nanette'S, die auf ein großes dampsenbcö GlaS Glühwein zeigte. „In Rußland sollen sic was vertragen können. Darf ich nicht noch ein paar Tropfen Arac zusckütten?" fragte er. „Meinetwegen!" erwiderte die Vielbeschäftigte, ihre Auf merksamkeit wieder anderen Dingen znwendcnd. Franz machte den auSgiebiasten Gebrauch von der erhaltenen Erlaubniß »nd brachte den Trank sodann der Harrenden, die wirklich schon rin wenig cingcnickt war, jetzt aber emporsubr und sich un geduldig «rkundiglc, ob daS Bestellte noch nicht fertig sei. „Einen Angenblick Geduld! Wenn die letzten Schüsseln garnirt sind, dann wird « ganz ruhig hier. ES ist gleich so weit", versicherte er. PriSca setzte da« GlaS an die Lippen und that einen tüchtigen Zug. „Etwas stark", murmelte sie, „aber das gicbt Kraft." Nachdem die culinarischen Wunderwerke zierlich geordnet einer reichbesetzten Dicnerschaar übergeben waren, trat eine gewisse Ruhepause ein. Nanctte bereitete da« Getränk sür Frau von Arnheim, übergab eS Franz zur Weiterbeförderung und ging, sich die Stirn trocknend, in« Freie, nm etwas frischt Lust zu schöpfen. Al» der Bediente in die kleine Stube blickte, sah er, daß PriSca, den Kopf auf die verschränkten Arme gelegt, fest eingeschlafen war; vor ihr stand das ge leerte Gla«. Leise lachend machte er Jenny daraus aufmerk sam, drückte die Thür vorsichtig zu und sagte: „Die weck' ich nicht. Dir soll jetzt einmal di« Gnädige oben tüchtig warten lasten und dann dafür gehörig abgekanzelt werden. Ich hav' ihr sch«« laug' wa« zugedacht." „Schaden kann'« ihr auch wahrhaftig nicht", meinte das Kaiiimerzöschen. Die andern achteten gar nickt aus den Vor gang, nur Eva, da» kleine Küchenmädchen, stand dabei unv hörte mit halb neugieriger, halb bedauernder Miene zu I» diesem Augenblick schoß eine Ra'cle, cincr griiiiscckillerii den Schlange gleich, empor. „DaS Feuerwerk gebt loö!" hieß eS. und da gerade nichts zu tbnn war, eilte Alles i» den Park hinan«. Auch Eva wollte fort, aber Franz schob sie zurück und rief: „Einer muß dablcibc» Du brauchst nichts zu seben. Und wenn Du mir die Alte da drinnen etwa aufwcckst, drehe ick Dir den Hals um!" DaS Mädchen setzte sich nieder und drückte die Schürze an die Augen. Sie durste doch auch gar kein Vergnüge» haben. Der boshafte Mensch! Der armen PriSca will er auch neck Verdruß machen: aber sie aus dem Schlaf rütteln. LaS gebt doch nicht an. Der Franz wird gleich zu grob. Die kranke gnädige Frau, die verliert sicher die Geduld, ja, wie wär'S denn, wenn man ihr da« Getränk, WaS so prächtig riecht, schnell einmal herauf brächte? DaS bat keiner verboten. Bei dieser Gelegenheit ließe sich auch ein Blick in die Zimmer tbun. Es handelt sich ja auch um keine lange Abwesenheit. Bis die anderen zurückkommen, kann ich längst wieder in der Kiicke sein und weiß dann doch wenigsten«, wie cS oben auSsieht. Schnell griff Eva nach einem kleinen Präsentirbrct. stellte da« GlaS darauf und machte sich aus den Weg. Die Neu gierde war nun einmal ihre Schwäche. Da« Schloß schien wie au-gestorben. Alles drängte sich nach jenem Tbeil des Parkes, wo da- Feuerwerk abgebrannt wurde. Auf der Treppe blieb das Mädchen doch wieder zaghaft stehen. Wenn Frau von Arnheim nach PriSca fragen sollte? Und dann ist es auch nicht schlimm, beruhigte sie sich selbst. Dan» sage ick einfach: ich wisse nicht, wo sie sei, wollt- sie aber gleich suchen. Sie ging weiter und erreichte den einsamen Flügel, von Zeit ;n Zeit scheu »mber blickend. Es war ihr »ngesähr zu Mutbe wie einem Kinde, welches etwas reckt Schauer lichcS erzählen hört und da« „Fürchten" wunderschön sinket. Ach, der lange, matt erleuchtete Eorridor! Wie die dicken Teppiche den Schall der Schritte dämpfen! Ja, wohin denn nun eigentlich? — ES war doch einmal von der Eiiithcilnng die Rede gewesen. — Richtig: die ersten zwei Zimmer bat früher die jetzige Baronin bewohnt, die nächstfolgenden Fräu- jcin von DombrowSkv und die beiden letzten waren also die jenigen, wo sich Frau von Arnbeim aushielt. Seltsame Laute drangen plötzlich an Eva'« Ohr. Sie verweilt« wie ange- teS parlamentarischen RegierungSsvstemS bedente und zur sorgsamen Priisniig desselben zwinge. Sieben Jahre lang sei die Homernle - Frage den Wählerschaften unterbreitet gewesen und habe in ter Form de« von Gladstone vor» gelegten Gesetzentwurfs, der »ach einer Debatte von beispiel loser Länge im Parlament die Zustimmung der Mehrheit er hallen habe, seine Lösung gesunden. DaS Ha»S der Lord- babe die Bill, indem eS gegen die unzulängliche Berathnng der selbe» >m Uiilerbansc protestirte, nach viertägiger Debatte verworfen. Eine sieben Iabrc fortgesetzte Besprechung im Lande, die 82Iägige Debatte im Unterbaust, der unzweideutig knntgezcbene Wunsch von zwei Millionen Wählern sollen nichts bedeute» gegenüber dem Willen einiger 400 conserva- tiver Peer«, die nur sin, vertreten und zumeist als Söhne ihrer Väter versammelt sind Bor wenig mebr als einem Iabrc habe da» „Zwangs-Ministerium" (Port Salisbury» a» da» Land appellirk, da» e» verleugnet habe. Trotzdem maßten Lord SaliSbun» und seine Eollegen sich die entscheidende Autorität i»i Lande an, und die herinanenle Tory-Mehr heit ini Oberbause werde gegen die vom Volle gewählte Mehrheit des Unterbaute« auSgespiclt. Anläßlich der großen Versammlungk» zu Newcastle vor zwei Jahren fagic Gladsloiie, wen» Lord Salisburys Drohung auS- csührt werde» soll!«, so würde die Frage, ob das and ein fick selbst regierende« sei oder nick», und ob eS eine Macki gäbe, die, zwischen Tdron und Volk siebend, de» constiluiioncUen Mechanismus gänzlich znm Stillstand bringt, vor alle» anderen gelöst werden müssen Jetzt sei die Frage acut geworren: Verbesserung oder Aufhebung des Hause» der Lord«, eine Frage, die binnen Kurzem alle antcrcii in dcn Hintergrund drangen werde. Wenn das OberbanS der Traditio» treu bleibe, so werde e» capiluliren, wenn nickt, so werde die liberale Partei in einen Kampf rinlrelcn, vor dem sie nickt zurückickreckc Zunächst weise sie de» Anspruch der Peer«, eine Auflösung zu erzwingen, zurück und erwarte zuversichtlich, daß die Regierung jene Reformen vornehmen werde, aus die da« Land warte. Für alle echten Liberalen sci die politische Lage sehr ermutkizcnd. Es kann nickt Wunder nehmen, daß die norwegischen Radicalen i» ihrem Kamps gegen die Union auch zu dem Mittel griffen, durch unrichtige Darstellung der Stimmung in Schweden bei den Anhängern der Radikalen falsche Hoffnungen zu erregen. So baden ckwedische Reisende, die in der letzten Zeit Norwegen be uchten, »m die dortige Bolksstiiiimung kennen z» lernen, de» Eindruck gewönne», daß die norwegische Bevölkerung, inso weit sic unter dem Einflüsse der radicalen Führer siebt, gar nicht an die Möglichkeit energischer Gegcnmaßregcln von Seiten Schwedens glaubt. Noch skeptischer zeigten sich die Norweger, wen» man iknen davon sprach, daß Schwede», wen» sich alle anderen Mittel als unzureichend er weisen sollten, nötliigensalls mit de» Waffen in der .s^and die Union vcrthcidigcn würde. DaS Ausfällige a» der Sacke iit nur, daß derartige Meinungen so allgemein in Norwegen verbreitet sink. Fragt man nun die Bevölkerung, wie sie eigentlich zu solchen Ueberzeuguligen gekommen sei, so erhält man fast immer die Antwort: „So steht eS ja in den Zeitungen." Es ist auch richtig, daß i» den Organe» der radicalen Parteiführer »nansgesctzt in diesem >-:innc ge schrieben wird. Diese Taktik erweist sich, wie inan sieht, als sehr zweckentsprechend, de»» ohne Zweifel würde sich der Einfluß der Radicalen auf di« untere» Be- völkeruiigSschichteii sofort verringern, wen» die Wahr heit über die Stimmung i» Schweden bekannt würde. Auch miterliezt es kaum einem Zweifel, daß der von der radicalen Mehrheit de« SlvrtkingS sür diese« Jahr beschlossene wurzelt a» derselben Stelle. Klang da« nickt wie zornige, ungeduldige Rufe? Und welch' ein Pochen und Rütteln an der Thür! Wo war c» denn nur gleich? Tort! Der Schlüssel steckte von außen und Jemand bewegte unablässig die Klinke auf und nieder. Das mußte die Gnädige sein! Die schläfrige PriSca halte ohne Zweifel in Gedanken zugc- schlossen. Diensteifrig eilte caS Mädchen bin, drcble de» Schlüssel nm, taumelte »» nächsten Moment zurück und floh todtenbleich und laut auskreischend, wie von allen Furie» verfolgt, den Eorridor kinab. WaS stand vor ihrem entsetzten Blick, als die Tblir sich öffnete? Eine schauerliche Gestalt, cing:- biillt in ei» weißes, lanaschleppenkcS Laken. Präsentirbrct unv GlaS flogen auf den Teppich nieder. I» wilde» Sätzen stürmte die Erschrockene fort, meinend, de« gräßlichen Wesens auSgestrcckte Hände mit den wic Krallen gebogenen Fingern müßten sie packen, zu Boden reißen und erwürgen. Athcm- loS, keuchend, an allen Glieder» zitternd, wie ein von Hunde» gehetztes Wild, erreichte sie die Treppe, sprang immer einige Stufen zugleich hinab und wagte endlich sich uniziisebcu. DaS Gespenst folgte ihr nicht, cS war verschwunden. Ja, batte sie denn geträumt oder ging wirklich ein so furchtbarer Spuk im Schlosse um? Daß Herz schlug, daß sic cS bis in den Hals hinauf fühlte, und der kalte Schweiß perlte ihr von der Stirn. Nicht« zu hören »nd nicht» zu sehe» — aber Einbildung war die grauenvolle Erscheinung nickt gewesen. Von Fieber geschüttelt, stürzte Eva in dcn Park hinan«. Ihre erste Absicht, den übrigen Dienern das Abenteuer zu erzählen, blieb unauSgesührt. Die Furcht, gescholten ;» werden, hielt sie davon ab. In der Küche hatte sich noch Niemand wieder eingefunden Die Arbeit war ja jetzt bis aus weiteres gethan und man konnte fick, hinter den Gebüsche» versteckt, den Genuß gönnen, dicin allen Farben schimmernde» Fcucrbälle, welche fortwäbrend in die Luft stiegen, zu beob achten. Zuweilen kani wobt Jemand und holte die« »nd da«, aber Niemand siel cS ein, sich um daS Mädchen zu bekümmern, welches erst, blaß und übernächtig aussebend, in einer Ecke saß, dann aber ebensaUS in den Garten schlich, und Niemand dachte an PriSca. Tic Thür der Kammer war immer noch zu, da« bestellte Getränk verschwunden, man meinte daher, eie Dienerin habe sich längst wieder z» Frau von Arnheim begeben. DaS war jedoch nicht der Fall. Die durch Nacht wachen Erschöpfte schlief so fest, daß eS eine- Kanonenschusses bedurft hätte, um sie zu wecken. Da« Fest hatte seinen Höhepunkt erreicht. In da« Knistern Wegfall der BataillonS-Uebuiigeu nur deshalb vorgeschlagen winde, nm der Bevölkerung die Meinung dcizubringcn, daß von Seilen Schwedens gar keine Gefahr vorhanden sei. Andererseits aber ist cS auch zweifellos, daß ein großer Tbeil der norwegischen Bevölkerung seine Haltung sofort ändern würde, wenn er Uber die wahre Stimmung i» Schwede» unterrichtet wäre. Dieselbe ist nämlich in Wirklichkeit im ganzen Lande dermaßen erregt, daß der kleinste Zwischenfall genügen würde, um eine Epplosion hervorzuruf'en, und thatsächlick bereitet man sich in Stockholm aus alle Fälle vor. Man ist in den schwedischen RegierungSkreisen auch darüber genau unter richtet, daß die höheren Ossicicrc de« norwegischen HrereS fast vbiic Ausnahme unionSfrenndlich sind, dieser Umstand dars nicht unterschätzt werden, obgleich unter den niedrigeren OfficicrSclasscn radikale Elemente anzutreffen und die Unter- ossicicre wie auch die Maniischast fast auSnabmSlo« für die rakicale Sacke gewonnen sind. Mit allen diesen Factoren rechnet man in Stockholm und richtet sich danach ein, fest entschlossen, die Union nicht zerreißen zu lassen. So unangenehm auch die an und für sich unstatthaften »nd iiiigerkchiscrligten Erörterungen berühren mußten, welche die anlidunastisckc und confuS rakicale Presse in der rumä nischen Hauptstadt an die Antwort deS Kaiser« Franz Josef I. auf die Loyalitäts-Kundgebung der rumänisch- ortbodoxen Geistlichkeit Siebenbürgens zu knüpfen für gut befunden hat. so darf doch leider auch die Thalsache nickt verschwiege» werden, daß eine bedauerliche und in ihren Gründe» noch nicht aufgeklärte Lücke ter telegraphischen Be richterstattung von Wien »ach Bukarest viel dazu dciaetragcn bat. um überhaupt »ur die Möglichkeit eine« Mißver ständnisses der FriedenSworte de« über jeglichen Evu- fessionS- und Natioiialitärsbader erhabenen Monarchen aus- kommen zu lassen. Der elektrische Trabt Halle nämlich nur die vorerwähnte Antwort des Kaiser« auf die An sprache de« Bischofs Metianu de» Bukarester Blattern r»it- gciheilt, hatte aber die Worte, welche der Kaiser unmittel bar vorder an Bischof Pavel gerichtet hatte, und welche, wic bekannt, ein nicht »lißznverstchenkc« Unheil Uber die unter dem Schlagworte des Patriotismus verübten chauvi nistischen Straßendemoustrationen enthielten, nicht zur Ver öffentlichung gebracht Mit Recht rügt daher der mit den Bukarester RegierungSkreisen in engster Fühlung stehende „Timpnl" diese Berichterstattung, indem er zugleich, wic be- rciiS telegraphisch kurz gemeldet, mit Worten rückhaltlosester Anerkennung die Tbatsache scststellt, daß die Ansprachen de« Kaisers euic Bürgschaft des Friede»- für alle Nationalitäten LcS habsburgischen Nachbarstaates enthalten. Deutsches Reich. ss Berlin, 17. September. Die Eonscrenzen der Eom- missare der BundcSstaalc» über die neue» NeichSstcuer, entwürfe werde», wic wir bereits früher inilgetbcilt haben, geheim gcsübrt. Wenn trotzdem über die Ergebnisse der Be- ralbnnge» Miltbeiliiiigkn i» die Presse gelangen, so beruhen dieselben weniger ans tbatsächlichc» Unterlagen, als aus willkür liche» Eombiilalioncii. Man wird daher gut Id»», solchen Mit- tbeilnngen mit größter Vorsicht zu begegne». Wie sckrdazu Anlaß rcrliegt, crgiebt u A. der Umstand, daß in der Presse be hauptet worden ist, cS solle der Gesetzentwurf über die Tabakfabrikat st euer ohne jegliche» Vciratk von Sach verständigen sertiggestellt werden Thatsächlick ist die Hinzn- zicbung von Sachverständigen langst beschlossen und deren Anhörung bereit« sür den 18. September in Aussicht ge nommen. Hieraus erhellt auch, daß die Mittheilung, der Raketen nuschle sich da« Knallen der Edampagnerpfrovfen, weithin vernahm man die rauscuenken Klänge der Musik. Zu immer herrlicheren Gebilde» vereinigten sich die leuchtenden Kugeln. Bald waren cS strahlende Blnniengcwindc und Kränze, bald funkelnde Kronen, die mit dem Glanz der Sterne wetteiferten »nd sich in dem stillen klaren Teiche spiegelten, während die farbigen Lampen feenhafte« und doch mildes Lickt über de» ganzen Park verbreiteten. Da stammle es auf i» furchtbar grellem, purpurrothci» Schein und ein sprühender Funkcnregcn siel aus dcn freien Platz vor dem Schloß nieder. An dem Fenster de« Abnen- saaleS empor leckte cS in blendender Lobe, glimincndc, zu Asche zerstiebende Fetze» Stoffe« wirbelte,>, vom Nachthauch getragen, hinab unk sanken in die dustenden Blumenbeete. DaS heitere Lacken, da« kosende Geflüster, die bewundern den AuSnise waiikcllen sich plötzlich in einen einzigen Schrei des Entsetzens. »Der Abneiisaal brennt!" tönte es wirr durcheinander. „O seht, auch in jenem Ziinmcr wird cS gräßlich bell! lind jetzt dort!? Trägt eine ruchlose Hand vor aller Augen daS Verderben weiter oder verbreitet sich daS Feuer mit so rasender Schnelligkeit?" ,,Uni Gotte« willen, das Kind! Bringt daS Kind inS Freie!" schrie Konstanze. „Und die Mutier! Rettet sie!" „Nur Fassung!" ries Gisbert. „Wir werden dcS FenerS Herr werte»! Es scheint »ur ein auf »nbcgrcisliche Weise entstandener Gardinciibrand zu sein Schnell ans Werk! Gebt das Signal! Und jetzt, vor Allem das Kind und die kranke Frau an« dem Hause geholt! Bleibe Du hier, Kon- strnzc. Tu vermagst ja nicht zu helfen." „Nein, nein!" wehrte sic abz „die Angst tötet mich! Kurt! Kurt! Wo bleibt Hanna mit ihm? Warum bringt sie ihn nicht hierher? Ist ihr vielleicht schon der Weg verlegt?" „Die Elsäficrin stand vorhin hinter dem Gebüsch dort!" rief cincr der Diener im Vorübercilc». „Gerechter Gott! Die Gewissenlose! Sie hat das Kind allein gelassen!" Alle» stürmte dem Schlöffe zu. Da stürzte ihnen die Wärterin dcS .Kleinen bleich mit gerungenen Händen und krampfhaft schluchzend cntge,ien. Die Baronin wankte. „Todt?" rang iS sich ächzend von ihren Lippen. „Nein — hoffentlich nicht, aber fort! — Ta» Bettchen, in welchem er ruhig schlummerte, ist leer." (Schluß folgt.) ,