Volltext Seite (XML)
Urdartion nn- LrptdiN«» Iohannekgafl« 8. Sprrchft«n-kn -er UrdarUon: vormittag, 10-12 Uhr. Nachmittag» 5—6 Uhr. UH» »>»«8»»k>n »!»-! sich die isichl «r»t»»li». «nnnh«» »er f»r »te «Lchftk«l,rn»e N,«mrr drsttmmten Inserate an V«chenla«rn Pi« L Uhr Nachmittags. ««La«»- un» -rfttasenfrützhts '/,v Uhr. Zn de» Filialen für Ins.-^nnalime: Ltta klemm'« Lartim. (Alfrrtz Hahn). Universitätssir-iß« 1, LauiS Löscht» lkitharinenstt. 14 park. u»b KSnigSplatz 7, nur bi« '„S Uhr. ^ 384. Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. AbonrrementSprel- vierteljährlich 4»/, Mk. tncl. Bringerlobn 5 Mk , durch di« Vast bezogen ü M. Ied« einzeln« Nummer 20 Pt. Belegexemplar 10 Pf. Gebühre» für Extrabeilag«» ttn Tageblatt-Format gesalzt! ahne PoslbesörLcrung 60 Mk. Mit Postbeförderung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut »ns. Prrtsvrrzeichniß. Tabellarischeru. Ziffernlay nach höher« Tarif. Krclamen unter dem RedactionSstrich die »aespalt. Zeile 50Ps., vor denFamiliennachrichte» die Ogespaltene Zeile 40 Pi. Inserate sind stet? an die ivrpeSitian za senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pr»enu>ner»»>io oder durch Post nachnahme. Dienstag den 30. December 1890. 84. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, p^rrffeud die Höhe der Beiträge und da» Recht ye-freiwillige» Beitritt» zur Invalidität»- und Altersversicherung. I. Die Höhe der Beiträge zur Invalidität-- und AlterS- rrrsicherung richtet sich nach der Lohnclasse, welcher die ver sicherte Person angehört. Das Gesetz unterscheidet 4 Lohn- claffen, mit den nachcrsichtlichen wöchcntlichcn Beiträgen: Lohnclasse I, entsprechend einem IahreSarbeitSverdienst ti, mit 350 wöchentlicher Beitrag lt -s. Lohnclasse II, entsprechend einem IabreSarbeitSverdienst ron mehr als 350—550 wöchentlicher Beitrag 20 -s. Lohnclasse III, entsprechend einem IabreSarbeitSverdiensl von niehr als 550—850 wöchentlicher Beitrag 24 -f. Lohnclasse IV, entsprechend einem IabreSarbeitSverdienst von mehr als 850 wöchentlicher Beitrag 30 ^s. Nach 2>, Abs. 2 de- InvaliditälS- und AltersversichcrungS- gesetzcS gilt als IabreSarbeitSverdienst für Mitglieder einer SrtS- oder Bctriebskrankencasse der 300sache Betrag de« für idre Krankencaffcnbeiträge maßgebende» durchschnittlichen Lohne« beziehungsweise wirklichen Arbeitsverdienstes; für Lolche aber, welche einer Krankenkasse im Sinne des Gesetze- nicht angehörcn, der 300fachc Betrag dcS orts üblichen Tagelohns gewöhnlicher Tagearbeiker des Bcschäf- lizungSorteS. Hiernach werden 1) von den Mitgliedern der OrtS- krankencaffe für Leipzig und Umgegend, die den 3 höchsten KrankcnversicherungSclassen (I, II und Hl) angchörenden in Lohnclasse IV der Invalidität-- und Altersversicherung, die den nächstfolgenden Classen (IV und V) anzehörcndcn in Lohnclasse IH der Invalidität«- und Altersversicherung, die der VI. Elaffe angchörenden in Lohnclasse II der In validität«- und AlterSverstchcrung, die der VII. KranlenversicherungSclasie angebörenden end lich in Lohnclasse I der InvaliditälS- und Altersversicherung, 2) alle übrigen zur InvaliditälS- und Altersversicherung pflichtigen Personen (mit Ausnahme der Mitglieder von BetriebScaffcn), insbesondere alle nur in privaten Hilfscassen Befindlichen und a>e Dienstboten nach dem in Leipzig gelten den ortsüblichen Tagelohn von 2^l für Männer, 1 ^ 33>/, -s sür Frauen in Lohnclasse III oder II eiugcrcihl werden. Die zu einer der 3 niedrigsten Lohnclaffen gehörigen Per sonen können, im Einverständniß zwischen ihnen und ihren Arbeitgebern oder Dienstherrschaften, in einer höheren Lohnclasse versichert werden. Die Beiträge werden gleichzeitig mit den Krankenver- sicherungsbciträgen allmonatlich, erstmalig im Februar t89l, durch Sammler der OrtSkrankencasse gegen Quittung cin- geholt werden. Die Arbeitgeber und Dienstherrschaften baden mit dem Kauf und Ausbringen von Marken aus die QuiltungSkarten, sowie mit den letzteren selbst, wie in ganz Sachsen, so auch in Leipzig Nicht« zu thun; ,S wird daher davor ge warnt, Marken sür die Invalidität»- und AlterS- versiehernng zu erwerben, da solche von dem Er werber nicht benutzt »erde» können. Die erste Beitragswoche umfaßt die Tage vom t. bis 3. Januar 1891, für welche demnach ein voller Wochcnbeitrag cingehoben werden wird. Findet die Beschäftigung nicht während der ganzen Kalender woche bei demselben Arbeitgeber statt, so ist von demjenigen, welcher den Versicherten zuerst beschäftigte, der volle Wochen- bcitrag zu entrichten. H Freiwillig können (ich — aber nur in Lohnclasse II und gegen Zahlung eines (erhöhten) WochrnbeitragS von 28 — versichern: 1) Betriebsunternehmer, welche nicht regelmäßig wenigsten« einen Lohnarbeiter beschäftigen, 2) ohne Rücksicht auf die Zahl der von ihnen beschäftigten Lohnarbeiter solche selbstständige Gewerbetreibende, welche in eignen BetricbSstätten im Austrage und für Rechnung anderer Gewerbetreibender mit der Herstellung und Bearbeitung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt werden (Hausgewerbe treibende), beide Arten von Personen, sofern sie da- 40. Lebens jahr noch nicht zurückgelegt haben und nicht bereit- im Sinne von tz. 4, Abs. 2 dcS Gesetze- dauernd erwerbsunfähig sind, 3) Personen, welche als Versicherung-pflichtige aus dem Bersicherung-verhältniß auSschciden. Wer hiernach von dem Rechte freiwilliger Versicherung Gebrauch machen will, hat im Fall Nr. 1 und 2 mittelst de- vorgrschrirbenen Formulars bei einer der Meldestellen der OrtSkrankencasse sich zu melden, im Falle von Nr. 3 schriftlich seine Absicht zu erklären, jedenfalls aber die Bei träge direct an die Zahlstelle genannter Lasse abzufübren. Leipzig, am 21. December 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. (KrankenversicherungSanit.) vr. Sckmid. Herzog. Holzauktion. Mittwoch, den 7. Januar I8»I, sollen von Vor mittag« 9 Uhr an auf dem Mittelwaldschlage in Abtheilung 30d de- Burgauer Forstrevier«, im sogenannten .Ver schlossenen Holze", dicht am Leutzsch-Leipziger Fahr wege ILO stark« Abraumhausen und ILO starke Langbausen unter den im Termine öffentlich auSbängenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an den Mcislbielenten an Ort und Stelle verkauft werden. Zusammenkunft: an der verschlossenen Brücke am neue» Schlitzrnbansc. Leipzig, am 22. December 1890. De» Rath» Forstdeputativn. Guittnng un- Dank. Anstatt der üblichen Sendnng von Neujahrgrotulaltonen haben an den Vt»ee«tt«S-Veretn kier eingezohli: Herr Eonsut de Ltagre 3 .< Herr Lharle« de Ltagre 3 Heer Bernardo Sala 3 »>, Herr LnciuS 3 I Ivhr 3 ^l. Herr Lapl. Schmittmann 3 Herr Lapl. de Laisall« 3 ^l, Herr Pflugmacher 3 ^!, Herr Psr. Lapl. DeMschnraiin 3 >l Bekanntmachung. Auf Grund von tz- 5 deS OrtSslatutS vom 16. April dS. I»., die Errichtung einer städtischen Lchlachtvieh- »erstcherungSanstalt am städtischen Vieh- und Schlacht- Hofe betreffend, und entsprechend den bei dem bisherigen betriebe der Anstalt gemachten Erfahrungen, haben wir be- chlosscn, die für die Versicherung der Schlachlthicre zu er hebende Prämie vom 1. Januar des nächste» IahreS ab fest zusetzen wie folgt: a. sür Rinder wie >iu laufenden Jahre auf 5 d. für Schweine aus 0,80 .L Wir bringen dies hiermit zur Kenntniß der Betheiligten. Leipzig, am 23. December 1890. I». bE Der Rath der Stadt Leipzig. 1772. vr. Tröndlin. Lindner. Bekanntmachung. Nachdem vom Königlichen Finanz-Ministerium anläßlich der Einbezirkung weiterer Vororle in de» Lladlgemeindebezirk Leipzig und der Erstreckung des hiesigen Lrtsschlachtzivaiigs aus die ncu- anzuichließenbe» Stadllheile die Aufhebung de« Uiitcrsteucranits zu Lindenau, sowie der im ehemaligen Thorhaui« an der Frankjurler Straße hier bisher noch bestandenen Fleijchübergangtslenerhcbcstclle mit Ende diese« Monats beichlosjeii worden, so ist vom 1. Januar 1891 ab die Tchlachtsteucrcrhcdung sür dt» gesammten künftigen Leipziger Stadtbezirk ausschließlich der Schtachlsteuer-Einnahm« un städtischen Cchlachthoke zugewiesen. Dagegen wird die Ucbergangsabgabe von veretnSländischem fteuerpffich- tigen Flrischmrrk, soweit solches auf der Otsrilbahu hier «in- gehl, durch die hierzu bestimmlen Controlebeamten an deu hiesigen Bahnhöfen, soweit die Einbringung im Poftverkchr erfolgt, sür den veftellbezirk »es kaiserlichen Paguet-Post amts Nr. 18 an der Haspitatftrastc hier durch die dort mit uiitergkdrachie hauptamtliche Poslzoll-Exvedilion, und bis aus Weitere- sür den veftellbezirk des Kaiserlichen Postamts Leipzig-volkmaradors durch den Schlachlsteuer-Einnehmer Strudelt in Neu-ScUerhausen, Wurzener Straße Nr. 46b, für den vrstelldezir» des Kaiserlichen Postamts Leipzig- Ncuschüncteld durch den Fleischsleucr-Etnnehmer und Lotterie- Colleclcur Hüttner in Leipzig-Neustadt, Hedwigstraße 4, I., sür die vrstelbezirke der kaiserlichen Postämter zu Leipzig-btohlt«, Letpzig-Lindruau und Leipzig-Plagwitz durch die hierum beauslragte» Beamten derselben, im klebrigen aber durch die Schlachtsteuer-Einnahme im Schlachidose und durch die beim Königlichen Hauplzollaact« — Bahnhofstrabe 17 — bestehende Linnahmeslelle erhoben. Zur Ausstellung von FieischtranSportscheinen endlich sind alle vorgenannten Hebestellen und Fuiictionaire, sowie die in die Schlacht- Hallen des SchlachthokS und in die städtischen Fleischverkaufshalle» zu dieser Dienstleistung jeweilig befehligte» Stcueraussichlsbeamtc» ermächtigt. Leipzig, am 29. December 1890. Königliche- Hanpt-Zoll-Amt vr. Rudert. Diebstahls-Bekanntmachung. Gestohlen wurden laut hier erstatteter Anzeige: 1) Eine silberne Ankor-Rcmontoir-Uhr mit Goldrand, Sekunde und geriefter Rückseite mit Schildchen, am 21. b. M.; 2) 2 Leldrnckbtldrr, 39 52 cm groß, in einem ca. 8 cm breiten, mit blauem und grünem Plüsch ansgclegten geschnitzten Kork rahmen, sowie L m Zwirn-tztarSinrn, am 21. d. M.; 3) ein Winteruberzicher von braunem Stoff, mit großcarrirtkin Hellen Futter, Sammetkragen, einer Reihe Knöpfe und Kettchen- Henkel, eine Merrschaum-Cigarrnlspitzc, einen Hirsch und einen Hund darstellend, am 25. d. M.; 4) ein Winterkbcrzirhrr von braunem starken Stoff, mit schwarzem WollatlaSsutter, dunkelbraunem Sammetkragen und Billct- täschchen, ein kleines weiß'kidene- Taschentuch, ein Paar braune roth- und weißgesütterte und ein Paar hellgelbe Glaröhandschiih, am 24. d. M.: 5) ein neuer Winterüberzteher von blaugrauem Stoff, mit geriesten übersponncncn Knüpfen, dunkelblauem Sammetkragen, Sammelhenkcl und dunklem, mit blauen, braunen und gelben Streifen versehenem Futter, am 26. d. M.; 6) ein Leinwand-Ballen, signirt: „6. v. 9161", enthaltend biaugcdriicklc Lcineiiwaarc». am 24. September d. I.; 7) ein LciuwandbuUc». signirt ,.NI' >8480", mit 9 Dtzd. Inte- tztckk», einseitig bedruckt, 70,70 cm, 7ü/7b cm, 137 cm und I50cm groß, am 22. d. M.; 8) eine Kiste, signirt „r. ck. II 432". enthaltend Sardinen <n Del. und zwar 50 8 Tosen mit der Marke „?icnie", lO 2 Tosen mit der Marke Dominante«" und 10 4 Tosen mit der Marke X „8»vp>guet", am 20. d. M.; 9) rin kleiner Leiterwagen, braungcstrlchen, vierrädrig, mit Deichsel, eisernen Achsen und Holzboden, am 23. d. M.; 10) ein Lpazierftock von dunkelgrauem sogen. Königsholz, mit starker Eisenbeinkrücke und silbernem Ring mit der Inschrift: „II. 8ti«ker, acv. v. ck. komati», 3. Xov. 1890", am 24. d. M.; 11) et» visampelz mit dunkelgrünem Tuchübcrzug, Biber- aufschlägen und übersponnenen Knöpfen, rom 27. bis 28. d. M.; 12) ein K«rb, signirt: 8. L 0<m>p. 13194", enthaltend 18 Flasche« lkhampagner mit der Eiiquctte: „Oarte noire kr. Ltrupn L 6«mp., Iteünui", am 24. d. M.; 13) eine Wanne mit EichenhoOboden, Riegel und Vorhänge- schloß, enthaltend »» Stückchen vntler, gezeichnet: „ItiNeruut. Aüldacb" und bezw. „liiltcresnt diicüer-Orau^Iivit/." ai»I8. d. M.; 14) ein schwarzer kanimgarnrock mit schwarzem Clvthsuiier, einer Reihe übersponncner Knüpfe und Stoffhenkel mit deu Luch- staben „U. k. am 27. d. M. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder den Thäier sind ungesäumt bei unserer Ertminal- Abtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 28. December 1890 Das Polizei-Amt »er Stadt Leipzig. Bretschnrider. W. königliches Gymnasium. Anmeldung sür dir Lfterausnahme. Anmeldungen sür die Oslerausnalimc werden vom 10. bis mit 13. Januar täglich von II bis 1 Uhr im Gymnasium entgegen- genommen. Bei der Anmeldung ist das letzte Schulzeugniß des Auszunehmen- den <die Michaeiitcenliir) vorzulegen Die Ausnahnieprüsung soll Montag, den 6. April, von 8 Uhr an stoitftnde» Tic geietzlich vorqeschriebeneu Zeuanine (Tauszcugniß oder Ge- burtsichcin, letzter Iinps'chcin und Schulzeugniß von Lsienü sind bis spätestens Sonnabend, den 4. April, a» den .Unterzeichneten Rector eiazuienden. Leipzig, am 24. December 1890. Dr. Richard Richter. Produktenbörse zu Leipzig. Wegen des Hohen Neujahrs-Festes wird — statt Tien-tag, den Januar den 5. Zanuar 18S1» iroductenbvrse abgeballen werden. Leipzig, den 27. December 1890. Tie 2. «bthrilung dcS Vörsenvorstandes. k. Kcbmlckt, Vorsitzender. Rückblicke auf das Jahr 1890. m. Zu den merkwürdigsten Tbaisachen der Geschichte dcS IahreS 1890 geboren die Veränderungen, Weiche die Be ziehungen der Mächte zu einander erlitten baden. Diese jscrändcrungen erstrecken sich di« auf den Dreibund, und c« chien eine Zeit lang, als ob dieser Bund durch die zwischen Italic» und" Oesterreich-Ungarn cingctrctcnc Spannung er- chüttert sei. Der IrrcdentiSnins hat ini Königreich Italien mmer bestanden; Männer, welche von der'Wiedervereinigung Triests und TrienIS mit dem italienischen Mnttcrlande träumten, hat eS in dem von Victor Emanucl und Garibaldi gegründeten Reiche immer gegeben, sic wurde ai« eine italienische Eigenlbüm lichleit angesekcn und von Oesterreich Ungarn bei Abschluß des Bündnisses mit Italien in Kauf .zcnommen. Aber die Irredc» tisten führten ein heschauliches Dasein und traten wenig i» der Ocffentlichkcit hervor. S« hestand ein Netz von Vereinen, welche über ganz Italien verbreitet waren zu dem Zweck, den Gedanken an die Erwerbung Triests und TrienIS für das Königreich Italien wack zu erhalten, sic hatten ihre Zusammen künfte und feierten ihre Jahrestage, aber der Gang der Politik der Negierung blich davon unberührt. In dieser Beziehung trat gegen die Mitte de« Jahre« 1890 eine bemerkenswerthc Veränderung ein; der IrredentiSmus wurde zum Stichwort für die Wahlen, seine Anhänger strebten nichts Geringeres an, als durch eine radicale Kammcr- mebrbcit den Dreibund zu sprengen und Triest und Trient schlimmsten Fall« Oesterreich - Ungarn mit Ge walt zu entreißen. Dabin war cS durch die Duldung der Oberdank- und Barsaiitt - Vereine gekommen, und cS trat jetzt an die Negierung die Notbwendigkcit heran, diesem tollen Treiben durch Auflösung der Vereine ein Ziel zu setze» und Oesterreich-Ungarn den Beweis zu geben, daß die Regierung den Willen und die Kraft besitze, die über wucherte Bewegung in ihre Schranken zu weisen. Unzweifel haft hatte die Regierung mit der Ergreifung strenger Maß regeln zu lange gezögert und dadurch bci dcm Papstlhuin und bei den Franzosen Hoffnungen erweckt, welche der Grund lage entbehrte». Aber auch die guten Beziehungen zu Ocsterrcick» ° Ungarn waren dadurch sänvcr erschüttert, und wenn nicht EriSpi mit dem vollen Ernst anfgctrclcn wäre, welche die Lage erheischte, so wäre ein vollständiger Umschwung in den gegenseitigen Beziehungen der Mächte die Folge gewesen. Wir haben bei diesem Anlaß gesehen, welchen hervor ragenden Platz das Papstthum noch heule als politische Macht einnimmt, obwohl cs über keinen Landbesitz verfügt. Die römische Curie glaubte die Zeit sür die Wiederherstellung der weltlichen Macht deS PapsllhumS gekommen und setzte alle Hebel in Bewegung, um die dem Frieden feindliche Strömung zum Ziele zu führen. Daö später, aber glücklicher weise noch rechtzeitige Einlenkcn der italienischen Regierung machte die Hoffnungen der Curie und eines TbcileS der Franzosen zu Schanden, cS folgte die Rede CriSpi'S in Floren; am 8. Oclober und die Wahlen zur italienischen Kammer, welche eine starke, aus den Namen der Regierung gewählte Mehrheit ergaben; der tolle Spuk, welche Irredenlistcn, Kleri kale und die verwandten Kreise in Frankreich vereinigt batte, um Verwirrung anzuricblen, verstümmle, und beule erscheint der Dreibund fester a'.S je zuvor. Die ösicnilickie Aufmerk samkeit ist aber dadurch in verstärktem Maße ans die Un- sertigkcit der Zustände in Italien gelenkt worden, und eS ist gut, daß es geschehen, denn aus diese Weise wird eS voraus« jtchilich möglich sein, Wiederholungen der jüngsten Vorkomm nisse zu vermeiden. Die Kehrseite der in Italien beobachteten Ereignisse tritt uns in der Haltung Rußlands entgegen. Wenngicicb diese Haltung nach wie vor eine zweideutige ist, weil die Rnstnnacn Rußland« sich mit friedlichen Äbsichlen für die Zukunft nicht vereinige» lassen, so ist wenigstens das Streben Rußlands unverkennbar, den europäischen Frieden vorläufig nicht zu stören. In dieser Beziehung ist der Besuch des russischen Thronfolgers beim Kaiser Franz Joses das wichtigste Ereig niß. Dieser Besuch bildet den Abschluß der Vorgänge, welche mit der Anwesenheit Kaiser Wilhelm s bei den Ata növern um Narwa beginnend und in der Begegnung Kaiser Wilhelm'S und Kaiser Franz Josef « in Rohnstock ihre Fort setzung fanden. Es ist unverkennbar, daß Rußlands Absichten für die nächste Znkunst friedlicher Art sind, denn die aus wärlige Politik stimmt mit den dynastische» Beziehungen über ein, die Balkanpolitik Rußland« Kat andere Wege eingeschlagcn. Rußland liegt nicht mehr auf der Lauer, um jede Gelegenheit ru benutzen, welche sich zur Brandstiftung ans der Balkan- Halbinsel darbietct. Bulgarien wird in seiner ruhige» Ent wickelung nicht gestört, eS baut Eisenbahnen und unterhält gute Beziehungen zur Türkei und zu Oesterreich; in Serbien trete» Regentschaft »nd Regierung dcm Versuche der Königin Natalie, Zwietracht zu stiften, energisch entgegen; der Auf- stand aus Kreta ist trotz der Bemühungen der griechischen Actionspartei unterdrückt worden, und in der rumänische» Kammer hat sich der Minister des Auswärtigen nicht gescheut, offen zu bekennen, daß die Interesse» Rumäniens eines Tages ein Bündniß mit Oesterreich Ungarn nölhi.z machen lonnlen. Alle diese Vorgänge werden von Rußland mit Gleichmull) Angenommen, als ob cS die Lcbcnsrcgungcn selbstständiger Staaten wären. Bisher war man daran gewöhnt, Rußland in allen die Balkaiibalbinscl betreffenden Angclcacnncilcn die Stimme de» Cchntzbcrrn erbeben zu hören DaS ist eine Veränderung von großer Bedeutung, weil die Zukunft immer unsicher und zumal Rußland nicht in der Lage ilt, auf mehrere Jahre im Voraus Verfügung zu treffen, die Ereignisse könnten da leicht einen Strich durch die Rechnung machen. Deutschland ist auch in dcm jetzt zur Neige gebenden Jahre bemüht gewesen, ein möglichst festes Vcrbältuiß zu England anzubahncn, aber diese eifrigen Bemühungen haben weniger Erfolg gehabt, als erwartet wurde. Wir haben Helgoland zurückgewonnen, das ist sebr erfreulich, aber damit ist auch Alles gesagt. Die Politik, welche auf der gegenseitigen Hilfeleistung von Heer und Flotte bcrubt, ist in der Theorie ebr schön, aber praktisch ist damit sehr wenig anzufanqc». England ist als Weltmacht in der Lage, den europäischen Än- gclegenbeitcn nur einen Tbeil seiner Aufmerksamkeit zu widmen, und das deutsche Heer würde erst in dem Augenblicke sür Eng land werlbvoll erscheinen, wenn ihm eine Landung feindlicher Trnvpen drohte. Der Fall ist seit langer Zeit erwogen worden, aber die Geschichte kennt seit Wilhelm dem Eroberer kein Beispiel, daß eine feindliche Landung gelungen wäre, 'shilipp ll. wurde durch Sturm daran verhindert und Napoleon l ist nicht einmal bis zum Versuch gelangt. Ein Bündniß mit England durch Beitritt desselben zum Dreibund ist nick't zu erreichen, weil England freie Hand behalten will, also bewegt sich Alles, wa- diese Macht im Kriegsfälle tbn» wird, innerhalb dcS Kreises seiner eigenen Interessen, welche je nach dcm Lause der Ereignisse wechseln. Europa steht am Schluffe des IahreS 189» auf dem Pnncte, daß cS dcni kommenden Jahre mit voller Zuversicht auf Erhaltung des Friedens ciitgegenschen kann, aber die alleinige feste Grund lage deS Friedens bildet auch heute noch der Dreibund. * Leipzig 30. December. * Unter der Ucbcrschrist „EinComptabilitätSgesetz" chrcibt die „Kölnische Zeitung": Der Antrag deS Abgeordneten Eugen Richter, von der StaatS- regtermig Auskunft über die feit 1867 errichteten Ftdetcommisse uiid die dafür erhobenen oder erlassenen Stempelgebühren zu verlangen, ist durch den dem früher» Minister Lu ein» v. Ball. Hausen zu Tbeil gewordenen Erlaß der Stenipelgebühren bei Gründung eines Fideicommisses veranlaßt, obgleich derselbe nicht erwähnt wird. Es ist nicht zu leugnen, daß diese Thatiache und die Erörterung anderer ähnlichen Gebührenerlässe, die begnierten Leute» zu Theil geworden sind, t» weilen Kreise» höchst unlieb- ames Aussehen erregt haben, ebenso ist aber auch bekannt, daß die Gründung des Fideicominisscs selbst aus einen Allerhöchsten Wunsch zurückzustthren ist, alS dessen Folge die Slempelfrei- heit betrachtet werden muß. Wir bezweifeln bei dem Charakter des früher» Minister« nicht, daß der ganze Vorfall, der dadurch, daß einem aeliven Minister ein Gebuhrennachlaß bewilligt wurde, etwas recht Unliebsame« erhielt, vermieden worden wäre, wenn er nick» selbst von dem Rechte der Krone zu einem solchen Erlasse vollständig überzeugt gewesen wäre und wenn dieser Fall allein dastände. ES ist dabei zu berücksichtigen, daß die Verleihung einer Auszeichnung unter der Bedingung der Gründung von Fideievm- niissen dem Geehrten ganz beträchtliche Lasten aiiserlegt. Mag man indessen über den besonderen Fall denken, wie inan will, für die Haltung des Abgeordnetenhauses kommt es nur darauf an, ob die Krone ein Recht zu dem Erlasse hatte oder ob eine ander- weitige gesetzliche Regelung dieses Rechtes erstrebt werden muß. Nu» unterliegt es nach dem bisher bekannt gewordenen acte», mäßigen Material keinem Zweifel, daß die Krone den Erlaß von Gebühren u. s. w. seit dcm Zustandekommen der Versassung stets als ihr Recht in Ansornch genommen und ansgcübt hat. Nus die zur Begründung desselben oorgebrachien Ausführungen kommt es weniger a», inag man eS nach Analogie des Begnadigungsrechts betrachte» oder wie die Regierung von der Anschauung ansgehen, daß der Krone alle diejenigen Rechte verblieben seien, welche keine Beschränkung durch die Verfassung oder spätere Gesetze erfahren haben. Ensscheidend ist die Tbatsache, daß die Krone dieses Recht fortgesetzt unbeanstandet auSgeübt »nd daß auch der Landlag davon Kemilniß gehabt bat, ohne Widerspruch zu erhebe». Dafür zum Beweis diene» Verhandlungen des Landtages bereits ans dem Jahre 1858, in denen scstgesteul wurde, daß der Fideicomniißsteinpet meistens wesentlich unter de» gesetzlichen Satz herabgesetzt oder ganz erlassen sei. Ebenso erkannte der Abgeordnete Lasker am 30. Januar >872 an, daß die Krone das Recht besitze, gewisse Tinge, die gesetzlich oder verwaltungsmäßig geordnet sind, in einem ein zelnen Falle anders zu ordnen, oder bestimmte Verstöße gegen Gesetze gutzuheißen, voni Recht der Amnestie, der Gnade bis herunter zu den Remissionen bet Verträgen. Es handelt sich also um rin dein Landtage wohlbekanntes unbeslriltenes Kronrecht. In einem wichen Falle aber kann man nicht nähere Gründe oder statistische Nachmessungen über dessen Ausübung verlangen, sondern höchstens über eine anderweitige geietzlici>e, »nler Zustimmung der Krone zu »ressende Regelung verhandeln, wenn die Frage einer solchen bedars. Tic Stelle aber, an der diele Sache zum Austrage zu gelangen Hai, ist zweiselios ein bereits seit Langem auch aus andern Gründen vom Landtage verlangtes Complabililätsgesetz oder ein Geikp über die Einnahmen und NnSgabc» des Staats. AIS dem Reichstage in den 70er Jahren ein solches Gesetz wiederholt vor gelegt wurde, ist auch über diele Frage verbände» worden; auch in Preußen ist das Eomptabililätsgesetz die Stelle, a» der die Regelung diese» Kronrechl» zu ersolgeu har. Es würde uns sreuen, wenn der vorliegende Fall dazu dieute, die Vorlegung eines solchen Ge setzes zu beschleunigen. * Zugleich mit der Volkszählung in den ciS- leitbanischen Ländern wird am 3l. December 1890 auch in den Ländern der ungarischen Krone eine Zählung, wenn auch nach etwas anderen Grundsätzen, stattfinden, auf deren Ergebnisse man gespannt sein darf. Wahrscheinlich wird sich ein stärkeres WachStbnm der Magyaren und eine schwächere Zunahme der deutschen, slowakischen, rntbenischcn, riiinäiiischc» und serbischen Bevölkerung, wenn nicht vielleicht gar eine Abnahme einzelner Voltsslämmc Herausstellen. Die »lagyarischcn Comilalsbeamten werken schon dasür sorgen, daß alle diejenige» Bewohner, die ei» wenig magyarisch sprechen können, dem herrschenden Stamme zngezäblt werden. Jetzt sind die Magyaren nur 6 Millionen Köpfe stark und bilden die Minderheit der Bevölkerung, während die l 800 000 Deutschen, die 1 800 000 Slowatcn, die 350 000 Nnlbcnen, die 2 100 000 Nnmäncii unk die 7ooooo Serben zusammen die Mehrheit bilden. Daß das Verhältnis; bald ein umgekehrtes werde, ist bekanntlich der leitenschaslliche Wunsch aller magvarische» Patrioten. Wer mit den ein schlägige» Verhältnisse» Ungarns vertrant ist, wird zugeben müssen, daß seit der letzte» Volkszählung im Jahre 1880 die magyarische Sprache sowohl an kc» Sprachgrenzen als auch im slawischen, rumänischen und dcnlschen Sprachgehwle größere Fortschritte gcmgchthat.alSmancrwaNcnkonnte. DicMaßrcgcln der Regierung aus dem Gebiete dcS höhere» wir dcsVolksschiil- wcsens und der Verwaltung haben ihre» Zweck crsüllt. So wird in viele» cliemalS zum größeren Tbeil deutschen Slädte» das kenlsche Element zur Berenlnngsloligkeit herabgckrückl erscheinen, z. B. in Mariatberesiopel, 'Neusatz. Fünskirchen, Stein am Anger. Sttihlweißenburg, Arad. Groß Wardein, Nciisobl, Lciilschaii, Kaschau.Barlsclk.Kirchkrans, All Vnblau. EpcricS n. a. Einzelne tteine deutsche Sprachinseln, die nur aus ein paar Orten bestehen unk sich durch Zuzug vo» außen her nicht verjüngen tonnen, werten wahrscheinlich ganz ver schwunden sein. Das Dcnlschthnin in Oscnprst, 188» noch l2oooo Kopse statt, wird, da es schon seil geraumer Zeit