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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.12.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-12-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189012237
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18901223
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18901223
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-12
- Tag 1890-12-23
-
Monat
1890-12
-
Jahr
1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.12.1890
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o SSSS »«« Revisor» bktd» M^Tnt na, WSM »wisch«» Buch und Rechnung. »« «in« ^ WSM ^ä »wisch«» Buch und Rechnung. Da» kommt 2«^daß in dem Rechnungsabschluß der Fehlbetrag der Volksküche Au'tbrrschuß ausnesuhrl ist, während er nach Ansicht de» Revisor» «« dt« Zuschüsse zu verweise» war. Wir schließen un» der dt» Revisor» an. Dar» kommt ferner, daß nach Bl. 16b »a Acten noch die Bl. 19 d der Acten speciell oachgewiesenen 11« » Schulgelder, welche eingegangen, über weder in der Zahn'schen «ch in der velbig'jcheu Rechnung vereinnahmt sind, noch von der aM,«»» Differenz zwischen Buch und Rechnung in Abzug gebracht «den müssen. Hiernach allenthalben wird sich der letzte Abschluß der Gemeinde. 135^9,35 8». der Fehlbeträge, Ueberschllffe. 9644,80 ^l Besammt.Fehlbetrag der Rechnung. 9644,80 -st Uebertrag. Hiervon ab: 9978,69 -^l Gesammt-Fehlbettag de» Journal», 966,11 ^l Differenz zwischen Buch und Rechnung. Hiervon ab: 42,25 X nachträglich zu buchend« Einnahmen Schulcaffe, bleiben der 323,86 als wirkliche Differenz. Unter Bezugnahme auf die sowohl vom Revisor wie von Helbig hervorgehobenen Schwierigkeiten (wenn nicht Unmöglichkeit) zu einer Hcklärung dieser au» den früheren, vielleicht weit zurückgehendeu Gauiuderechnungen herstammendeu Differenz zu gelangen, erachten wir e« für gerechtfertigl, die Abschreibung dieser Differrnzsumme, sowie die nachträglich« Bereinuahmung der vorerwährtr» 42,2b in der nächsten Rechnung z, beantragen. E» bleivt dann der wirkliche Caffen-Fehlbettag von 9978,69 ul, «liher aus die Stadtcassenrechnung für 1889 (vergl. die Rechnung Al. 140 unter 6) gewiesen und gebucht ist, unverändert stehen. Da» weiter da» Monitum 1 Bl. 16 der Acten betrifft, wonach da Ganzen 71 zuviel gezahlt worden sind, so bitten wir, «» hierbei bewenden zu lassen. Der von der Gemeindecasse verlegte Fehlbetrag der Volksküche in den Jahren 1W6 bis End« 1888 an 124,46 ^l wird von der Frau Larautiu durch die Ctadtcaffe einzuziehen und zu ver rechnen sein. Im Anschluß an die Reviffonkbemerkungen und dir Darlegung de» Einnehmers Helbig glauben wir im Vorstehenden da» Wesent lichste zur Beurtheilung der abgelegten Rechnungen zusammengestellt zu haben. Unter den geschilderten Verhältnissen und weil wir e» für dringend »othwendig erachten, der künftigen RechnungSsührung «ine gesicherte Srundlaae zu geben, können nur uns nur dafür verwenden, daß der Rath die Gemeindecasjenrechnungen von Anger-Crottew darf sammt den dazu gehörigen Specialrechiiungen aut die Zeit vom 1. April 188? bi» zum 31. Tecember 1888 in der durch die Revision derselben gegebene» Gestalt und mit dem vorstehend ausgesührten Abschlüsse per 31. Tecember 1888 genehmigen möge. Rach diesen Darlegungen, die Herr Referent in freiem Vortrage wiedergiebt, werde, da e» sich hier um nicht mehr vorhandene Ge- meindeorgane handle, nichts Anderes übrig bleiben, als die Richtig sprechung der Abrechnungen zu empfehlen, wenngleich sich die Lasiensuhrung und die Rechnungslegung seitens der früheren Ge- meinde Anger-Crottendors in den primitivsten Verhältnissen befunden haben. Der AuSschußantrag: die Abrechnungen richtig zu sprechen, wird einstimmig angenommen md hieraus die öffentliche Sitzung geschloffen. mit dem obligaten Wahrzeichen strenger Pädagogik. Er ließ sich Lieder singe» und Beröchen hersagen, und überall wo er anfrug, wurde ihm wacker Bescheid gelhan. Marschüdungra und Bewegung», spiele folgten in bunter Reihe. Besondere Freude erregte wieder Las reizend« „Erntesestsviel" von Frl. Hartmann, bei welchem ein mit einem Ziegendock bespannter Erntewagen Aller Augen aus sich zog. Dir kleinen Schnitter und Schnitterinnen, Bauern und Bäu«, rinnen spielten ihre Rollen so frisch und ungenirt und sangen so tapfer, daß da» Ganze große Heiterkeit erregte. Nach dem Spielen erfolgte die eigentliche Bescheerung, bei welcher eS an Bilder- büchcrn, Pfefferkuchen und was sonst die Kinderherzen er» freut, nicht fehlte. Wer der Feier beiwohnte, wird gewiß al» eia Freund des Kindergartens von dannen gegangen sein, wenn er eS nicht schon vorher gewesen ist. An dieselbe schloß sich noch die Bescheerung für die 34 Schülerinnen der Dienst. boten-Anstalt an, bet welcher Frl. Hartmann beherzigenswert-« Worte einleitungSweise an die jungen Mädchen richtete, »n welchen sie dieselben ausfordcrte, ihre Dankbarkeit dadurch zu beweisen, daß sie den Forderungen der Anstalt in allen Stücken nachkämen. Bon den Schülerinnen des Kindergartenseminar» war außerdem eine Ausstellung von Fröbel'jchen Arbeiten arrangirt, welche von den Erzieherinnen und Kindergärtnerinnen in ihrem späteren Berufe zum Ruhen der Familie und der geistigen Entwickelung der Kinder venvendel werden. Tie Ausstellung zeigte, mit welcher Lieb« und Sorgfalt sich die jungen Damen den Aulgaden ihre» Berufe» unterziehen, um dermaleinst tm Kreise der Kleinen verehrte und ge» liebte „Tanten" zu werden. Lnlherstipendium. * Da» Centralcomitb für da» Lutherstipendium» welche» letzteres italienischen Theologiestudirenden der Waldenser und der evangelischen Kirche Italiens («.dies» vraugeliea ä'Itali») »ugedicht ist, hebt in dem von ihm erstatteten Berichte hervor, daß m der Zeit vom 1. Februar 1888 bis Anfang 1890 abermals ein erfreulicher Fortschritt in den Bestrebungen für da» evangelische LiebeSwerk zu verzeichnen ist. Die Gesammtsumme der dafür ein. aelaufeaen Gaben betrug am 31. Januar 1890 einschließlich der Zinsen rund 14 098 Bon nah und fern sind reiche Betrage durch die studentischen LocalcomittS zugeslossen. Aber auch von Vereinen sind für die gut« Sache wieder namhafte Beträge über- mittelt worden. Mt dem Dankt an die Spender verbindet da» Centralcomitb in Leipzig die Bitte, auch fernerhin dem Werke diesen Beistand nicht eutziehen zu wollen, sondern eS durch Beiträge zu unterstützen und immer weiter« Kreise dafür zu gewinnen, damit auch das zweite Stipendium al-bald die erforderliche Höhe von 10000 -sl erreicht. Die Glaubensgenossen in Italien bedürfen, so äußert sich der Be rtcht weiter, dringend der Unterstützung; denn nur durch tüchtig vorgebtldete Geistliche und Lehrer ist es ihnen möglich, erfolgreich für die Weiterausbreitung der reinen evangelischen Lehre zu wirken. Jede, auch die kleinste Gabe, die der Unterstützung des großen schönen LlebeSwerkes zugedacht ist, wird mit Dank entgegen genommen bei dem Vorsitzenden des Centralcomitös, Herrn stuck, tiiool. Dill ner, Leipzig, Dresdner Straße 2, rechts. Interessant ist, was über die seither mit Stipendien bedachten italienischen Studirenden gesagt ist. Seit Oktober 188? stand im Genuffe deS ersten bisher nur verleihbaren Stipendiums (im Be. trage von jährlich 325 Enrico Fornerone(Waldenser). Der. selbe besuchte die Universitäten Leipzig und Berlin, und ist Ende des Eommersemestrr» 1889 nach Italien zurückgekehrt, voll des tiessten Danke» für die vielfachen Anregungen, die er in Deutschland empfangen hat. Das nun erledigte Stivendium wurde sodann, da die „Evangelische Kirche Italien»" keinen Studirenden nach Deutschland senden konnte, abermals an einen Waldenser, BartholomäusPehronel, verliehen. Derselbe ist 1860 geboren in Riclaret (Piemont) al» Sohn eines Land- manu». Er besuchte bis zum 14. Jahre die Schule seines HeimothsorteS, dann 5 Jahr das Waldensrrgymnasium, danach 1 Jahr das Lyceum zu Torre-Pelice. Ebendahin kehrte er, nachdem er 3 Jahre seiner Militär Pflicht genügt hatte, zurück, um sich noch 3 Jahre für das theologische Studium vorznbereiten. Er studirte dann 3 Jahr« an der theologischen FaaUtüt der Waldenser in Florenz. Oktober 1889ging er für 2 Semester nach Etraßburg. Der Besuch dieser Univerfftät ward ihm nur durch da» Lutherstipendium ermöglicht. Er ist nun, nach wohl de standenem Examen, in Catania (Sicilien) al» Evangelist angestellt. Für diese» Wintersemester ist das Stipendium an den Waldenser Giovanni Grill verliehen worden, der seit Michaeli» 1889 bereits in Berlin studirt. Er ist 1865 im Praly» Thal geboren von armen AckerSleuten, dir ihn mit vielen Opfern die Schule besuchen ließen. Er besuchte da» Waldensergymnasium und studirt« dann drei Jahre in Florenz. Ostern 1891 wird das Stipendium nun zum ersten Male an «inen Studirenden der „Evangelischen Kirche Italien»", Daniel Conti, Sohn de» Pastors Conti in Nom, verliehen werden. Derselbe betreibt bereit» jetzt eifrig das Studium der deutschen Sprache, um gleich von Anfang au von seinem Aufenthalt in Deutschland mehr Nutzen zu haben. Schließlich wird noch Herrn Oie. Rönneke, königl. Botschafts- Prediger in Rom, herzlich gedankt für die Freundlichkeit und Bereit- Willigkeit, mit der er unsern Verkehr mit den Präsidenten der beiden evangelischen Kirchen Italien» vermittelte. Weihnachtsbescheerung im Volkskindergarten des Fröbeloereins. N Leipzig, 22. Decembrr. Im .Himmel aus Erden" befand sich gestern Nachmittag, wer der stimmung«vollen, erhebenden Weih, »achttfeier im Bolk<k,ndergartrn des .Leipziger FrüdelvereinS" in der Ulrich-aasse beiwohnte. War da» ein fröhliches Leben und Treiben in der kleinen Gesellschaft, die hier der Segnungen der Liebe theilhastia tverdea sollte. Sehnsüchtig und erwartungsvoll lngten die frischen Ktnderougen noch den Spietaseln, die die-mal wieder so reich mit Baben ausgerüstet waren, oder nach dem buntgeschmückten Tanueubaum, der von den Elevinnen de» Kindergarten-Seminars von Frl. Angelika Hartman» immer so prächtig geschmückt zu werden pflegt. Dt» Frier begann mit dem Gesang» de» Liede« „Stille Nacht, ballige Nacht", worans Frl. Hartmao», die unermüdlich« »nd «wigjnngr Begründerin de- „Fröbelvrreia«", rin« herzlich« An sprache an die versammelten Vorstandsmitglieder und Eltern drr Kinder hielt, in welcher sie nach kurzer Begrüßung und Danke« «orten an den Vorsitzenden de» Verein«, Herrn vr. weck. Brückner, dir Ziele and Erfolg« drr Fröbel'schen Kindergärten entwickelte. Mit beredte» Worten hob sie die Vorzüge de» Kinder garten« in geistiger und leiblicher Beziehung hervor und wußte, wie immer, wenn sie das Wort für Fröbel ergreift, die Zuhörer für ihre Idee zu interessiren. Dann begannen dt« Spiele der Kiuder, deren der Volkrkindergarten >etz» etwa 30 in seine» «änme» anfninuat. Anch Knecht Rupprrcht ließ natürlich nicht ans sich «arte», sonder» erschien in seiner typischen Gestalt Die Aufführung des „Weihnachtsfestes" in Lindenau. —x. Leipzig, 22. Decembrr. E-war eia hoher Genuß, «vrlchrr am gestrigen Abend den Bewohnern Lindenau» bereitet wurde, indem das Lehrerkollegium der Bürgerschule daselbst mit ihren oberen Schülerclasseo (über 350 Kinder) da» „Weihnacht- fest" von Otto zur Ausführung bracht«. Deklamationen wie Gesinge (Soli-, Wechsel- und Chöre) waren von den erren Eantvr Thiel« und Lehrer Heyde mit großer iorgsalt geübt worden, so daß auch nicht ein« einzige Schwankung oder Unebenheit, was im Hinblick auf di« große Zahl drr jugend lichen Milwirkenden immerhin viel sagen will, zu Tag« trat. Auch die Rollen de» St. NicolauS und des Nachtwächter« lagen in den besten Händen. Tie Begleitung (Blüthncr'jcher Flügel) wurde von Herrn Steitmann recht gewandt und gut schattirt anSaeführt. Ueberhaupt herrschte über die ganze Darstellung nur eine Stimme der Anerkennung und deS Lobes. — Da« Stück selbst besteht au» fünfundzwanzig Nummern und zerfällt in zwei Hauptthril«. Der erste Theil behandelt die Zeit vor dem ÄcihnachlSseste (Ruhr der Natur — Beginn Le- Winters — Der erst« Schnee — Schlittjchuh- laus — Christmarkt — St. NicolauS — Wanderung Jojes'S und Maria'S nach Bethlehem und die Hirten bei Bethlehem — Gesang I schweren Foi des Nachtwächters«, der zweite Theil behandelte das Wcihnachtsscst selbst I Verlaus als (Choral vom Thurm — Verkündigung der Engels — Gesang der himm tischen Heerschaaren — Lied vom Wechnachtsbaum — Unterm Weih- nachtsbauin — Ti« Bescheerung — Jubelgefang der Kinder). Dichtung wie Compositivn sind durchgehend« edel und im kindlichen Geiste geschrieben. Ter Besuch war ein überaus zahlreicher, der große Saal des GasthosS zu den „Drei Linden" nebst Nebenräumen war bis aus den letzten Platz gefüllt. ES war dies um so erfreulicher, da der Reinertrag der Ausführung für einen wohllhättgea Zweck bestimmt ist und zwar zum Besten des Unlerstützungssonds sür den Confirmanden - Sparverein. Es soll aus diese Weise armen Sparern — doch Sparer müssen eS sein, das Bestreben, sich selbst zu Helsen, muß bewiesen werden — ihr Guthaben dann bei der Confirmation etwa» reichlicher zu gestalten, damit eS auch ihnen möglich wird, an dem hochwichtigen Tage der Consinnation in einem ansehnlichen Kleide an den Altar des Herrn treten zu können. — Durch derartige Unternehmungen, wie wir sie hier sehen, werden gleichzeitig — und das erscheint un- gar nicht unwtchtig — aus die lieblichste Weise socialistische Theorien in die Praxis umgesetzt, indem die Kinder der Wohlhabenderen e» sich viel Müh« und Arbeit losten lassen, deren Früchte dann ihren minder bemittelten Altersgenossen zu Gute kommen. Da am gestrigen Abend sehr viele, insbesondere Geschäftsleute, abgehaltea waren, beizuwohnrn, so wäre eine nochmalige Ausführung recht sehr zu empfehlen. Die Heilung -er Schwindsucht und die volkswirthschast. Von vr.. I. Bergen. NachtruS »ertöte». Die gesammte Menschheit steht unter dem Eindrücke einer praktisch-naturwissenschastlichen Entdeckung, die sich in ihren nach haltigen Einwirkungen auch noch nicht annähernd übersehen läßt. Dem schrittweise in das Wesen der ansteckende» Krankheiten über Haupt eindringenden Scharfsinn Robert Kochs ist eS beschieden gewesen, das Schlußergebniß seiner an und sür sich bewundcrns- wcrthcn Forschungen vorläufig in einem Puncte zu ziehen. Als er nämlich den Hauptlchrsatz von der Entstehung her Tuberkulose durch ein Kleinlebewesen über allen Zweifel sichcrgestellt hatte, da drängte sich sofort di« weitere Frage aus, ob es denn niemals möglich sein werde, dieses in den meuichlichen Körper eingedrungenen unendlich kleinen, aber seiner ungeheueren Massenhastigkeit wegen unendlich gefährlichen Feindes Herr zu werden. Tie Schwierigkeit der Lösung dieser Räthselsrage lag. wie mau leicht begreift, in der Zahllosigkeit der Angriffspunkte, welche dieser mörderische Tuberkel- bacilluS in unserem Organismus zur Verfügung hat. Die einfache, logische Erwägung mußte zu dem Bekenntnisse schmerz lichster Resignation führen, denn es blieb ganz ausgeschlossen, gegen den Tuberkel als solchen angrifsöweise vorzugehen, ohne gleichzeitig nicht auch den menschlichen Körper zu vernichten. So stand denn die gesammte ärztliche Welt trotz des endlich erkannten Grundes von der Entstehung der Schwindsucht ihr dennoch machtlos gegenüber. Man versuchte wohl hie und da, mit Schutzmaßregeln gegen die Verbreitung des eigentlichen KrankheitsträgerS anzukämpsen, und eS steht sogar außer Frage, daß die vorgcjchlagenen Anordnungen, wenn sie in allen ihren Theilen befolgt werden sollten, einen sehr großen Nutzen stiften werden; allein an eine Heilung jener ver heerendsten aller Krankheiten war vorerst doch nicht zu denken. So lange nämlich die Lösung der Ausgabe in dem Sinne gestellt blieb, daß es sich um eine unmittelbare Vernichtung aller in unseren Körper eingedrungenen Batterien handle, mußte sie al» eine von Haus aus unmöglich erscheinende gelten. Wie aber, wenn man daraus ausging, jene Eindringlinge innerhalb unseres Körpers unter so vcrävderte Lebensbedingungen zu bringen, daß sie nach und nach tKrkümmern mußten? An diesen Punct setzte Koch'S Forschergenie ein. Von bestimmten Grundvor stellungen ausgehend, unterwarf der ungewöhnlich scharfsinnige und dabei unentwegt, aber besonnen vordringend« Mann diel« Batterien den verschiedenartigsten Versuchen, um endlich dahinter zu kommen, wie sich die genannten organisirten Wesen gewissen Stoffen gegenüber verhalten würden. Auf diesem Weg« nun fand Koch sein Mittel, um einen erfolgreichen Kamps um das Dasein mit jenen Bacillen in unserem Körper aufnehmen zu können. An einer großen Anzahl von Vcrsuchsthicren, die im Dienste drr Wissenschaft und der leidenden Menschheit geopfert werden mußten, wurde die Richtig keit der folgenschweren Entdeckung erprobt, bis sie als eine unbe- dingte gelten durste. Schließlich wurde die Anwendung bei erkrankten Menschen gewagt, und das Unternehmen gelang über alle« Erwarten Ohne daß man sich übertriebenen Hoffnungen hinzugeben braucht, kann man schon jetzt auf Grund der bereit« gewonnenen Erfahrungen behaupten, daß es Koch'S begünstigtem Genius gelungen ist, dem weiteren Vordringen einer Krankheit, welche in mannigfachen Formen die gesammte Menschheit heimsucht, «inen wirksamen Damm ent gegenzufetzen. Indessen soll uns diesmal die rein medittnische Seite der Frage weniger als die volkswirthschastliche beschäftigen. In unserer aus die Ausnutzung aller natürlichen Kräfte gestellten Gesellschaft hat man sich allmälig daran gewöhnt, den Werth eine« jeden menschlichen Daseins zifserngemäß sestzustellen. Solch eine Rechnung mit benannten Großen hat an und sür sich nichts sür unser menschliches Gefühl Entwürdigendes; es wäre vielmehr nur eine zimpferliche Sentimentalität, wenn man sich gegen eine Thatsache sträuben wollte, die nun einmal nicht au» der Welt zu schaffen ist. Und diese Thatsache lautet, banal ausgedrückt, daß Leben Geld koste t. ES sragt sich nunmehr, wie viel kostet solch »in DurchschnitlSleben, au» wrlchen Einzelposten jetzt sich solch ein individuelle- Budget zusammen, wie verhalten sich die Einnahmen und die Ausgaben eine- solchen zu ein ander, wie sind sie mit einander in Einklang zu bringen. Aus alle diese Fragen ziebt die Statistik eine annähernd sichere Antwort. Sie hat auf ihre Weise den Werth de» Leben» zu ermitteln versucht. Sie bat den ziffernmäßigen Nachweis geführt, wie groß das aus die Erziehung, Ernährung und Ausbildung ausgewendete Lurch schnittsanlagecapital eine» Menschen ist. Später soll dann die Ver zinsung dieses Anlagekapital- in Form von «rbeitterträgnifsen beginnen. Diese Verzinsung setzt indessen die volle Arbeitsfähigkeit de» Menschen voran», d. y. der Mensch muß gesund sei». Jeder Krankheitsfall erscheint somit al» rin Lopitalverlust, und dieser Cnpitalvrrlvst «nß »» s, stärk» sei», i« öfterer er sich wiederholt und aus je wettere Zeiträume er sich erstreckt. Verheerende Vo kS- krankheiten bedeuten also, vom volkSwirtkffchaftlichen Standpuncte au« bettachtet, sehr schwer« Schädigungen an allgemeiner Arbeit», käst, an allgemein»«, Wohlstand. Die Nachwirkungen der- artiger Schicksal-schläge sind jo rasch nicht zu verwinden; sie »eigen sich in den unvermeidlich gewordenen Mehraufwendungen für di« Armen-, Kranken- und Waisenpsleg«. Je gesünder ein Geschlecht und je arbeitssähiaer, um so geringer die allgemeinen Leistungen au» öffentlichen Mitteln, die doch nun einmal zum allergrößten Theil« au» den Laschen der stcuerzahlenden Bürger sich zujammensetzen. Wer also zur Verbesserung des Gesundheiis- zustondr» eine» Volle» beiträgt, der erweist ikm zugleich auch einen ungemeiu große» wirthschastlichen Dienst Vielleicht ist der gesammte» Menschheit noch nie eine gleich große Wvhlthat erwiesen worden, al» durch hkr Entdeckung diese» Heilmittels. Von welch einer eingreifenden Wirkung die planmäßige Anwendung des Koch'schen Heilverfahren» aus den allgemeinen Gesundheitszustand werden muß, daS ergiebt sich aus der statistischen Thatsache, daß die Tubercnlose jahrau», jahrein mehr Opfer fordert, al« alle an steckenden Kraakheittn, die Cholera mit inbegriffen, inSaesammtl WaS ober diesen Ausfall an geistiger und körperlicher Leistung»- kaft noch viel empfindlicher macht, ist der Umstand, daß die Tubercnlose unverhältnißmäßig viele Menschen in ihrer vollsten Rüstigkeit dahiorasft. ^Dirse Faktoren muß man in die Gleichung einsetzen, wenn eia annähernd richtiges Eraebniß herauSgerechnet werden soll. Ob e» möglich sein wird, die Tuberculoie beim Menschen in einem ähnlichen Grade einzuschränken, wie e» beispiels halber mit der orientalischen Beulenpest geschehen konnte, mag zwelsel hast sein. Unglaublich ist r» von vornherein durchaus nicht, daß e» gelingen könnte, di« durch den Tuberkel-Barillu» hervor- gerufenen äußerlichen und innerlichen Krankheiten au« der Welt zu schaffen. Allein, wie dem auch immer sein möge, an einer ungemein großen Verbesserung der gegenwärtigen Verhältnisse in der an gedeuteten Richtung ist nicht zu zweifeln. Selbst in dem Falle, daß da» Koch'sche Heilverfahren sich gegenüber den weit vorgeschrittenen Formen der Lungenschwindsucht inacbtlo- erweisen sollte, wird dasselbe von ungeheuerem Einfluß aus die Heilung der Ansangs ftadien der Kranlyeit sein. Und zwar in zwiefachem Sinne. Ein mal dadurch, daß da» Koch'sche Mittel ganz außerordentlich viel zur Sicherstellung der KrankbeitSdiagnose in zweiseidasten Fällen bei- trägt nnd sodann durch den unmittelbaren Einfluß, den da« Heil verfahren auf die tuberkelbaltigen Körvergewebe ausübt. Man kann sich also den mulhmaßlichen Verlauf dieser in Wahrheit die ganze Menschheit ivteressirenden Angelegenheit so Vorsteven, daß unter den Einwirkungen drr Koch'schen Schwindsuchisheilmelhode die hoffnungslos schweren Krankheitsfälle allmälig oussterbeu werden, weil sie einen »mgleich geringeren Zugang haben dürsten. Indem man nämlich nunmehr in den Stand gesetzt ist, das Mittel gegen die AnfaagSstadien der Lungenschwindsucht rechtzeitig in An Wendung zu bringen, wird man die Entwickelung der eigentlich schweren Formen aber mehr und mehr Verbindern. Um einen solchen einen möglichen, >a, als einen wahrscheinlichen voraus zusehen, dazu bedarf es indessen keinesfalls einer irgendwie unstatt haften Vertrauensseligkeit. Im Gegentheil, in einer derartigen An nahm« spricht sich vielmehr eine große Vorsicht aus. Ganz gewiß werden noch viele Jahre vergehen müssen, bevor die Folgen der Koch'schen Großthat sich werden bemerkbar machen können. Allein sie werden eintreten. Das ist unwider leglich. Diese Folgen werden sich zeigen, sowodl in der Ver Minderung drr Erkrankungs- und Todesfälle als auch in der Erhöhung der DurchschnittS-Lebensdauer. Es wird sich hier wiederholen, was sich nach der Einführung drr Jenner'schen Schutzpocken-Jmpsung hcrausgeslellt hat. Die nächsten Geschlechter waren langlebiger geworden Da in unserer Zeit di» Wissenschaft des Zahlen», also die Slaiistik, ungleich besser entwickelt ist als ehedem, so werden sich anch die herbeigeführten Beränd'rniigcn rascher und genauer feststellen lassen. Die Lebensversicherungen, die zabl losen Krankenkassen, die KrankenhauSverwaltungen werden in verhältnißmäßig kurzen Zeitabschnitten gesicherie Anhalts puncte znr richtigen Veurtheilung der betreffenden Verhältnisse dar zubitten in der Lage fein. Je mehr es gelingen sollte, den Bereich des Tuberkel-Würgengel» einzuschränken, um so mehr verringert sich da» Geschäftsrisiko der genannten BersicherungSgesellschasten; in demselben Maße müssen sich die Prämienzahlungen vermindern. DaS sind mathematisch feststehend« Annahmen. Auch diese Seite der Nachwirkungen darf nicht außer Acht gelassen werden. Je ge ringer nämlich die für eine Lebensversicherung aufzubringenden Ausgaben sind, desto leschter wird sie abgeschlossen. Mit der Er Weiterung diese» Versicherungsgebietes erhöht sich aber in einem bestimmten Sinne die Behaglichkeit unseres Daseins; denn die nagende Sorge um die ungewisse Zukunft unserer Angehörigen büßt etwas von ihrer Spitze ein. So fügt sich Glied an Glied in der Kette der segensreichen Folgerungen, welche sich ans dieser Koch'schen Entdeckung mühelos herleiten lassen. Wie noch jede große nalur wissenschaftliche Forscherlhat nicht bloS den Schatz unserer Erkennt niß vermehrt, sondern auch das irdische Wohlbefinden erhöht hat, also ist e» auch mit dieser jüngsten Entdeckung der Fall. Aus echt naturwissenschaftlichem Grunde hat sie sich allmälig oicsgebaut, und sie ist wie wenige unter ihren Vorgängerinnen dazu berusen, uner- meßlichen Segen über die gesammte Menschheit zu ergießen. Nalur wissenschaftlich« Wahrheiten fallen nicht mit den politischen Völker, grenzen, nicht mit den Sprachgebieten zusammen; sie gehören vielmehr allen Völkern an. Sie kommen Allen zu Gute und ver letzen Niemanden. Wenn aber schwarzgallige UnheilSverkünder mit Schrecken an die unvermeidliche Uebervöikerung zunächst unseres europäischen Erd. thciles denken und in dieser Koch'schen Entdeckung nur eine weitere Quelle für dle gesteigerten socialen Leiden der arbeitenden Volks classen erblicken, so vermag freilich keine menschliche Gewalt solchem müßigen Spiel« einer «inseitig geschäftigen Einbildungskraft Halt zu gebieten. Allein diese unglücklichen Gemtithcr, denen nur in einem pessimistischen Dunstkreise wohl ist, vernachlässigen einen Umstand, den nämlich, daß die unerschöpfliche Natur noch andere Mittel ln Bereitschaft zu setzen wissen wird, um den Menschen die Wahrheit de» Worte» immer wieder handgreiflich zu machen: ,,E» ist dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen". Wir aber haben vollauf Grund, un- de» Errungenen zu freuen und der unermeßlichen That Koch'S einen ungemessenen Dankeszoll abznttagea. Lrystall-Palast. Ltrcn« varlätö. * Am ersten Weihnachtsfeiertag beginnen die Kunstler-Bor stellungen in der Alberthalle; die neue Tirection des Krystall Palast«» hat die-mal Alle» ausgeboten und hervorragende Specialitäten auf dem Gebiete de» Varlätä-Theater» gewonnen. In erster Linie ist die Familie Benedetli zu nennen, welche al» Akrobaten und in ikarischen Spielen Außerordentliche» leisten und welch« mit zn den Besten ihre» Genres gehören sollen. Hoch oben in der Lust am Trapez wird die junge italienische Signora Cbelli ihre Künste auSsähren und wie überhaupt auch hier gerechtes Aus- sehen erregen. Lin« Athletengruppe, bestehend o»S Herrn Ballazzo, Miß Adele und einem Hunde, ist gewonnen worden. Herr Ballazza nennt sich den stärksten Mann von Westdeutschland und Holland, und sehen wir dessen Austteicn mit Spannung entgegen. Bon zwerchfellerschütternder Wirkung sollen die Vor- sührungen der beiden ExcentriqueS Herren Ardcl und West sein. Eine gnnz neue sensationelle Production führt der Künstler Herr G. Brasellq aus freistehender Lester au«; wir werden über diese Nummer Nähere- nach Besichtigung derselben berichten. Der musikalisch« Llown Ubbs, welcher ohne Instrumente nur mit dem Munde arbeitet, ist ebeosallS eine Nummcr, welche das Auditorium zum Lachen auretzen wird. Da» Gebiet der heiteren Muse und de» Gesanges wird auch dt« deutsche Sängerin Fräulein Eäcilie Laroto, welche jüngst in Berlin, Wien, Hannover rc. großen Beifall zu ver zeichnen doite, vertreten. AlS schon Bekannte begrüßen wir die Geschwister Neumonn, welche ihr Repertoire durch neue Nummern bereichert haben. Ein Komiker darf bei einem Programm nicht schien, und somit hat denn dir Dtreclion den Geiangskomiker Herrn Paul Jülich ebensall» gewonnen. Alles in Allem ist daS Programm ein äußerst amüsante» und vielversprechendes, so daß wohl dicicm Unter nehmen der neuen Dtreclion ein Erfolg zu veriprechen ist. Die Eröffnungsvorstellung findet am ersten Weihnachissciertag statt. Gerichtsverhandlungen. A-»t»liche» Landgericht. L»raska««er I. * Leipzig, 22. Tecember. I. Der bisher unbestrafte Maurer Johann Gottlob Abmann, geboren am 17. August 18:16 in Görlitz, hat sich wegen Verbrechen» gegen 8. 176, Absatz 3, des Reichs strasgesetzbuch» in zwei Falle» zu verantworten. Ta ein SiltliGketts verbreche» ia Frage kam, wurde die Verhandlung bei geschlossenen Thürr» geführt. Aßmann wurde sür schuldig beiiindcn und unter Aauahm» mildernder Umstände zu 1 Jahr »Monaten Gesäng- «iß »erurtheikt, dt» bürgerlichen Ehrenrechte wurden ihm ans 3 Jahr« aberkannt. II. Ein keineSwea» empschlen-werthe» Dienstmädchen ist die achtj'hnsädrige Auguste Emilie Eckermann au« Sangerbausen. Eie ist trotz ihrer Jugend bereits mehrfach wegen Tiebslabls bestraft und mag wobt auch sonst in ihrem Dienstbuch« zwar viele, aber keineswegs gute Zeugnisse gehabt haben, wenigstens hat sie im Sommer dieses Jahres, um ein besonders schlechtes Zeugniß auS der Wett zu schaffen, idr Dienstbuch einfach verbrannt. Tie Pvlizei- bebörde hat ihr allerdings sür diese ingeniöse Idee 4 .äl Geldstrafe auierlegt. Am 27. November verließ sie, obwohl sie weder Erivar- nisse besaß, noch einen andern Dienst in Aussicht hatte, ihren bisherigen Dienst. Am folgenden Tage begab sie sich in daS Stellenvermittetungsgeschäst der Fra» B. im Böttchergäßchcn. Sie mußte dort etwa» warten und setzte sich neben eine Frau Sch. Diese batte neben sich ein Handtäichchen liegen, in welchem die Eclermann Geld vermutkete. Sir öffnete heimlich das Täschchen und stahl daraus das Portemonnaie mit 4 50 Frau Sch. merkte aber, noch ehe die Eckermann das Zimmer verlassen hatte, daß sie be stohlen worden sei und bezeichnet« die Eckermann atS Diebin. Diese leugnete anfangs, augrbtich weil so viele Leute im Zimmer Ware», bei einer Durchsuchung ihrer Kleider wurde jedoch daS gestohlene Portemonnaie gesunden. Bei der Angeklagten hatten di« Be- stimmungen über Rückfallsdiebstahl Anwendung zu finden, daS Gericht billigt» ihr aber nochmals mildernde Umstände zu und ver- urtheitte sie zu 5 Monaten Gesängniß. III. Der Kellner Konrad Fripschka, geboren am 6. No- vember l867 in Ederrdors in Miltelsrankcn, war am 14. September auslsitssweise im Gaslhos zu Meusdorf als Kellner beschäftigt. Am Abend rechnete er nicht ab, sondern brannte mit der ganzen Tages- «innabme von 69 50 ^ durch. In Leipzig bezahlte er zunächst seiner Logiswirthin 10 dann fuhr er nach Halle, wo er eben- fall» Logisschulden in Höhe von 24 und 8 .4i bezahlte und ging dann nach seiner Heimath. Zuletzt bat er in Nürnberg gearbeitet, dort wurde er verhaftet. Fritzschka ist bereits wiederbolt vorbestraft wegen Diebstahls und Unterschlagung; er erhielt sür die gegenwärtige Unterschlagung 4 Monate Gefängnis) zuerkannt. IV. Der l« einmal Wege» Betrug» und Unterschlagung vor- besttaste Zimmermann Friedrich Otto Beyer, geboren am 10. No vember 1869 in Oetzsch bei Oelzschau, war im Mai d. I. arbeiis- lo» und ohne Paariinttel. Um sich Cigarren, deren Genuß er sich nicht versagen zu können schien, aut recht billige Weise zu ver schaffen, ging er zu dem Cigarrenfadrikanten R. in Markranstädt und verlangte sür den Bäckermeister Z. in Oetzsch, einem Bekannten R'S., »in Kistchen Cigarren. Zur Bekräftigung legte er einen von ihm selbst geschriebenen Zettel folgenden Inhalts vor: „Herr R.I Ich möchte Ihnen bitten, Sie sind so gut und schicken Sic mir durch diesen Mann 100 Stück billige Cigarren zur Probe mit. Bezahlen thue ich sie, wenn ich reinkomme. Achtungsvoll W. Z, Bäckermeister in Oetzsch." Eine gewisse Bescheidenheit Bcyer'S ist immerhin nicht zu verkennen, er batte nur billige Cigarren ver- langt und er erhielt auch 100 Stück zum Preise von 2^l 50aus- gchandigt. Beyer hatte sich aber heute wegen schwerer Urkunden- tätschung und Betrugs zu verantworten. Bezüglich des erst genannten Verbrechens billigte ihm der Gerichtshof mildernde Um- llände zu und erachtete eine Gesünguißslrase von 3 Monaten sür eine angemessene Ahndung. Ter Gerichtshof bestand aus den Herren LandgerichtSdirector Oberilistizrath Votiert iPrasid.), Landgerichtsratden Bieter, Itr. von Abendroth, Leonhardt II iind Assessor Ehrig. Die Anklage führte Herr Staatsanwalt Waldenburger. Strafkammer Vl. I. Wegen versuchter Erpressung wurde der am ll. März 1864 in Merseburg geborene Malergehilse Gregor Ernst August Stritzke zu 3 Jahren Gefängnis, verurtheilt. Mit Rücksicht ans die der Anklage zn Grunde liegenden näheren Umstände wurde die Ver handlung unter Ausschluß der Leffenltichkeit geführt. Stritzke hatte an eine Dame einen Brief geschrieben, in weichem er derselben drohte, ein von ihr angeblich begangene» und mit schwerer Strafe zu ahndendes abscheuliche« Verbrechen, von dem er Zeuge gewesen sein wollte, zur Anzeige zu bringen, wenn sie nicht einen Geldbetrag an einem bestimmten Ort hinttrlege. In der Erwägung, das, Stritzke die ganze Geschichte rein au» der Lust gegriffen bat und mit Ruck- sicht aus die Gemeinheit und Planmäßigkeit, mit welcher er de» Er- pressnngsversuch zur Ausführung brachte, hielt der Gerichtshof eine nachdrückliche Strafe sür geboten und wars eine solche in der an gegebenen Höhe auS. II. Es mag einer Mutter wohl schwer ankommcn, gegen ihren eigenen Sohn Sttafanttag wegen Diebstahls zu stellen, wenn der Sohn aber von der Beschaffenheit de» am li>. Juni 1869 in GohliS geborenen Handarbeiter» Gustav Adolf Wols ist. dann ist eine nach drückliche gerichtliche Bestrafung sehr am Platze. Wolf ist ein arbeitsscheuer Mensch, der selbst durch eine aus Anordnung seines Vormundes erfolgte vorübergehende Unterbringung in der Arbeitsanstalt zu Möckern nicht gebessert wurde Wolf hatte seiner Mutter, der Handelssrau W., schon manche trübe Stunde durch seinen lüderliche» Lebenswandel bereitet, hatte die selbe auch schon vielfach bestohlen, das eine Mal sogar um einen Geldbetrag von 600 Die Mutter hatte dein ungcralhenen Sohn immer wieder verziehen, bis ihr bei einem abermaligen Diebstahl am 2l. October endlich der Geduldsfaden riß und sie den unver- besscrliche» Menschen anzcigte. Wols war um di« angegebene Zeit arbeitslos und wohnte nicht bei seiner Mutter. Am Abend de« 20. Lclober schlich er sich in da» Wohnhaus derselben und brachte die Nacht im Keller zu. Am Vormittage des nächsten DagcS holte sich W. den Schlüssel zur Wohnung seiner Mutter, welche ihrem Geschäfte nachgegange» war, heimlich auS der Wohnung einer audercn Frau und öffnete mit demselben die Wohnstube seiner Mutter. Dort sprengte er de» Schrcibsecretair aus, indem er Le» Slubcnschlüsscl zwischen die Klappe hineinschvb und diese lossprengtc. Aus dem Sccretair eignete sich W. einen Geldbetrag von 53 .st an, mit dem er nach Buttstädt fuhr. Nachdem er das Geld durch- gebracht hatte, kehrte er nach Leipzig zurück nnd stellte sich hier der Polizei. Ti« Mutter Wols'S Halle am Tage nach dem Diebstahl Strafantrag gestellt, Wols wurde nllmnehr wegen schweren Dieb stahls zur Verantwortung gezogen. Der Gerichtshof billigte dein Angeklagten Wols mildernde Umffände zu und verutthciltc ihn unter Anrechnung eines Monats der Untersuchungshast zu 1 Jahr 6 Monaten Gesängniß und 3 Jahren Ehrverlust. III. Der Handarbeiter Karl August Thiele, geboren am 6. Tecember 1854 inGroßvoigtSberg bei Nossen, zuletzt!» Grimma wohn haft, stahl am Spätnachmittage de« 18. Juli von einem aus Grödrncr Flur gelegenen Felde des Gutsbesitzers L. etwa drei Metzen Kar- tosseln, die er in seiner Schürze mit fortnahm. Während er die Kartoffeln, 28 Stücke, ouszog, war er bereits von Weitem von den Sühnen L.'S beobachtet worden und wurde später von ihnen ver- folgt. Er wars die Kartoffeln bet der Flucht weg. Als die Beiden von der Verfolgung nicht obstanden, wars Thiele mehrfach mit Steinen ans den zunächst hinter ihm her Lausenden. Tie Auf forderung, stehen zu bleiben und behuss Nameiisfeststcllung mit zum Gemeindevorstand zu kommen, becmlwortetc Thiele mit der Drohung, daß er die beiden Gebrüder L. mit dem ousgeklappten Tasche». Messer, das er dabei in der Hand hielt, stechen wollte, wenn sie ihn anariffen. Tie Verfolger ließen sich dadurch auch abhaltcn, die Festnahme Thiele'S vorzunehmen. Thiele hatte sich nun heute wegen Genußmittclentwendung und Nüthigung zu verantworten. Nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme erachtete jedoch der lßerichtshos den Dhalbestand der Nüthigung als nicht vorhanden, da sich Thiele bei der gebrauchten Drohung in vermeintlicher Nothlage desuiiden haben konnte, eS erfolgte daher bezüglich dieses Puncte» der Anklage Freisprechung. Ungünstiger gestaltete sich jedoch die Sache sür Thiele bezüglich des anderen TelictS. Während nämlich die Anklage nur GcnußinittelcntivcndliNH angenommen hatte, wurde in der Hauptverhandiung scstgestellt, day die Quantität der gestohlenen Kartoffeln (drei Metzen) eine so große war, daß die Enlwendung derselben sich als Diebstahl qualifittrte. Ta aber Thiele bereit» zwei Mal wegen TiebsiahlS und ein Mal wegen Hehlerei vorbestraft ist, so mußten die Rücksallsbestimmungen An wendung finde». Mit Rücksicht aus den Heringen Wertd de» ge- stohlenen LbjectS »nd daraus, daß es der erffe im Rückfall begangene Tiebstatfl ist, billigte der Gerichtshof Thiele inildernde Umstande zu, und erkannte aus die geringste gesetzlich zulässige Strafe von 3 Mo naten Gesängniß. IV. Das Strasregister de- am II. Juli 1849 in Kamenz geborenen Handarbeiters Karl August Thoma» ist ein ziemlich umsangreiches, er ist allein vier Mat wegen Rücksallsdicbstahl« bestraft worden. In neuerer Zeit beschäftigte sich Thomas mit Lumpenbandet. Am 25. November kam Thomas mit seinem Liiiuveiisacke den Grimmaischcn Eteinweg entlang und sah ein Geschirr batten, dessen Führer nicht anwesend war. Im Nu halte Thomas die Situation ersaßt Aus dem Kulscherbock« tag eine noch zikiniich neue Pferdedecke im Werlhe von 6 .sl, Thomas langt« sich dieielbe herunter, ging damit in den Hof des nächsten Hause» und steckie sie dort in seinen Lumvensack. Soweit wäre nun die Sache sür Thomas ganz gut gewesen, er halte aber einen unwill kommenen Beobachter seiner Manipulationen gehabt, welcher den Besitzer de» Wagens, der inzwischen zurückgekommen war, von dem Ticb- stahle in Kenittniß setzte. Thoma« wurde hieraus angehallen und zur Anzeige gebracht. Der Gerichtshof billigte dem unverbesserliche» Dieb« zwar noch einmal mildernd« Umstände zu mit Rücksicht auf
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