Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.05.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920504025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892050402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892050402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-05
- Tag 1892-05-04
-
Monat
1892-05
-
Jahr
1892
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
3128 selbst ein Thril der bisher wohlgesinnten Presse nnnmehr über das Cabinet fällt, so muß man säst glauben, daß am 4 Mai sich ein Abgrund öffnen werde, der da« ganze Ministerium mit Mann und Maus verschlinge. Die Befürchtung vor einen, nahen Ende des CabinetS mag auch ein wesentlicher Grund sein für die in diesen Tagen erfolgten Rücktritts erklärungen verschiedener UnterstaalSsecretaire Die Wahrschein lichkeit spricht indessen einstweilen gegen eine solche Wendung. Ueberraschungen sind allerdings nicht ausgeschlossen Auch EriSpi'S letztes Cabinet ist von, Untergang überrascht worden. Plötzliche Aufwallungen deS Temperaments spielen überhaupt im italienischen Parlament eine viel wichtigere Rolle als anderwärts, und eS kann hier Vorkommen, daß die Volks vertreter von dem Frühstück in ganz friedlicher Stimmung nach dem Montecitorio wallen und eine halbe Stunde später ru ihrer eigenen Verwunderung ein Ministerium gestürzt haben. Nach dem regelmäßigen Verlaus der Dinge dürfte das Cabinet Rudini jedoch trotz aller Mißerfolge und Ent täuschungen, die Italien während seiner Herrschaft er fahren hat, den 4. Mai überleben, wenn auch viel leicht mit einigen Abänderungen in, Personenbestande. Denn Niemand weiß etwa« Besseres an seine Stelle zu setzen. Zu einer wirksamen Reform der Finanzlage, die den ganzen gegenwärtigen StaatsverwaltungSapparal und das ganze Steuersysteni umändern, vereinfachen und ver bessern und besonders die Steueieiiikebung opferwillig, gerecht und streng durchführen müßte, ist in der heutigen Kammer nicht genug sittlicher Ernst und patriotischer Mannesmuth vorhanden. Die heutigen italienischen Volksvertreter arbeite» am liebsten mit schwache» Ministerien, die jedem augenblick lichen Drucke nachgebcn, alle mögliche» persönlichen Wünsche berücksichtigen und die politische Beförderung in raschem Flusse halten müssen, lieber die parlamentarische Lage liegt folgende telegraphische Meldung vor: Nom, 3. Mai. In Parlamentskreisen ist inan überzeugt, daß die Regierung in der morgen beginnenden Debatte über ihre Haltung während der Krisis ein Vertrauensvotum erhalten wird. Tie Einen wollen damit dem Wiedererscheinen Crispi's Vorbeugen; Andere fürchte» ein überwiegend piemvntesisches Ministerium; wieder Andere hoffe», es werde R u d in i gelingen, sei» Cobinet in ersorder- licher Werse zu ergänzen. Die Freunde Rudini's wünschen, daß er jetzt Gelegenheit finde, geschickt zu sollen, weil i» diesem Falle seine baldige Rückkehr an die Negierung sicher wäre, während ein volles Mißtrauensvotum ihn leicht jür lange Zeit von der Vildfläche ver schwinden ließe. Bezüglich des Bankgcsetzes ist die Regierung noch immer unentschieden. Sie besitzt die königliche Vollmacht zur Zurück ziehung des Gesetzes, aber in der Befürchtung, damit fich Gegner zu schaffen, wird sie davon keinen Gebrauch machen, sondern sie versucht, ihre Stellungnahme dazu hinauszujchieben, indem sic die Beralhung deS Bankgesetzes hinter die Aiuanzprojerte gestellt hat, welche sie morgen bekannt machen wird. Das bulgarische Amtsblatt, die „Swvboda", gicbt einen Artikel der „Petersburger Nowosti" wieder, in welchem der Gedanke ausgesührt wird, daß die russische Diplo matie einen großen Fehler beging, indem sie ein mit allzu liberalen Institutionen auSgestattctcsB ulgaric nschuf. Diese Institutionen, sagen die „Nowosti", haben viel dazu beigetragen, um Bulgarien Rußland zu entfremden. Die „Nowosti" sprechen die Hoffnung aus, daß Rußland ein zweites Mal nicht einen solchen Fehler begehen werde. Mit Hilfe Rußlands sei es den Bulgaren gelungen, aus Kosten anderer, mehr slawischer Nationalitäten, als dies die Bulgare» sind, in Make donien Terrain zu gewinnen. In Zukunft dürfe Ruß land nur den Vollblutslawcn seinen Schutz angedeihen lassen und es müsse die Bulgaren, welche Feinde der großen slawischen Sache seien, definitiv ausgcben. — Es ist nicht das erste Mal, erwidert hierauf die „Swoboda", daßRußland es bereut, Bulgarien befreit zu habe», das es zu seiueni Werk zeuge zu machen hoffte und von dem es nicht wollte, daß cs ein nationaler Staat werde. Die Bulgaren werden diese Gesinnungen Rußlands zur Kenntniß nehmen und aus den selben die Lehre ziehen, daß die russische Politik bekämpfen so viel bedeutet, als in Macedonicn für Bulgarien arbeiten, wo übrigen« die Bulgaren kein anderes Interesse haben, als die Förderung des materiellen Fortschrittes und die geistige Entwicklung ihrer Landsleute. Diese Bestrebungen hängen übrigens nicht van Rußland, sondern von dem Sultan und von den Bulgaren selbst ab. Alle Agitationen und Unter nehmungen in Macedonicn von Nationalitäten, welche mehr Slawen sind al« die Bulgaren, und die Unterstützung, die Rußland ihnen verspricht, werden nur dazu beitrage», die Gefühle der Macedouier für Bulgarien zu kräftigen und den Fortschritt in Macedonicn zu fördern, ganz so, wie dieselben den geistigen und nationalen Fortschritt in Bulgarien geschaffen haben. In diesem Sinne könne Rußland stet« aus die Dank barkeit der Bulgaren zählen. Deutsches Strich. ^ «». Berlin, 8. Mai. Das preußische Abgeord netenhaus hat beute die zweite Beralhung der Novelle rum Allgemeinen Berggesetz vom 24. Juni 1862 begponcn. Die politische Bedeutung der heutigen Debatte liegt in dem Umstande, daß Pnncte von principieller Bedeutung gegen die Beschlüsse der Commission erledigt wurden. Man hat in der Presse der Commission unberechtigter Weise vor geworfen, sie ließe sich von einer lebhaften Animosität gegen die Arbeiter bestimmend beeinflussen; das ist sicherlich nicht der Fall gewesen, von einem derartigen Verkennen der .social politischen Wichtigkeit de« Gesetzentwurfs von Seiten der Commissionsmitglieder kann füglich nicht die Rede sein. Wenn ferner in manchen Kreisen einzelne CommissionSbeschlllsie den Eindruck machten, als wollten sie eine Correctur der staatlichen Untersuchung der Bergarbeiterverhältnisse vom Jahre 1889 darstellen, so hat di« heutige Verhandlung dar- get han, daß da« Plenum deSHauseSnicht gewillt ist. eine derartige Correctur sich anzueignen. Es zeigte sich das besonders bei der Beralhung über die Bestimmungen, welche i» die Arbciter- ordnung aufgenomnien werten sollen. Hier hatte die Commission sowohl die Bestimmung über die Art der Bemessung des Lohne« für den Fall, daß eine Vereinbarung über das Ge dinge nicht zu Stande kommt, als auch diejenige über das Nullen der Wagen gestrichen. Die Notbwendigkeit der Auf nahme dieser Bestimmungen in die Arbeitsordnung hat die staatliche Untersuchung unzweifelhaft Largetkan. Man muß cö daher mit Genugthuung begrüßen, daß die Regierungs vorlage in diesen Puncten, wenn auch nicht den Worten, so doch dem Sinne nach wieder hcrgestellt wurde. Es ist das hinsichtlich der Bestimmung über das Nullen der Wagen das Verdienst des Abg. Iw. Hammacher, der in dieser Beziehung mit dein Handelsministcr völlig übcreinstimmte. — Der An nahme, daß cs möglich sei, de» Landtag vor Pfingsten zu schließen, werden an beachtcnSwcrtben Stellen Zweifel entgegengcbracht; man hält hier »och etwa acht Tage nach Pfingsten zur Erledigung der Geschäfte für erforderlich. Andererseits wird aber doch an der Möglichkeit nnd jeden falls an dem dringenden Wunsche festgebaltcn, die Session vor Pfingsten zu beendigen. Es wird dabei viel auf das Herrenhaus antoinmcn, welch«- sich demnächst allerdings einer großen Arbeitslast gegenüber befinden wird. Indessen glaubt man sich der Hoffnung hingcben zu können, auch dieses HauS werte einer beschleunigte» Abwicklung der Geschäfte keine Schwierigkeiten entgegcnstellen. LH Berlin, 3. Mai. DaS Flugblatt, das die hiesigen Anarchisten bei der Maifeier in Friedrichskagen, wo sich die „unabhängigen" Socialisten ein Stelldichein gegeben, ver- Iheilt haben, ist anscheinend in Deutschland gedruckt. Es ist an die „Arbeiter, Arbeiterinnen!" gerichtet, schildert die Aus beutung der Armen durch den Capitalismns, spricht von „Blutsaugern", „Pfaffenbrut" und greift in deftiger Weise die Regierung an. Daß das Flugblatt aus dem anarchistischen Lager stammt, wird durch folgende Sätze bewiesen: „Wir wollen statt aller heutigen Ungleichheit, aller Knechtung, allen Zwanges durch Staat, durch Gesetze nnd Vorurthcile die völlige Freiheit, den gesetzlosen Gesellschaftszustand, die Anarchie. Wir verwerfen jede HerrsckaftSsorm, ob es nun die Herrschaft eines Despoten über die Gesammtheit, einer Classe über die andere ober einer Mehrheit über die Minderheit ist. Jede Herrschaft birgt eine Vergewaltigung, eine Unvernunft in sich." Und weiter heißt es im Flugblatt: „Und dann versteht den Zeitgeist. Mit eiserner Stimme gebietet er: „Proletariat, bereite dich vor, deine Ketten zu zerbrechen, bewaffne dich! Bewaffne dich, eh' cs zu spät ist!" Der Schluß lautet: „Nieder mit der Ausbeuterei, dem Privatcapital! Nieder mit der Heuchelei! Nieder mit jeder Herrschaftsform! Hoch die Anarchie!" — Die socialdemokratische Maifestschrifl und da« Festzeicheu, die Grillenberger'sche Blechmarke, sollen schon am 1. Mai vergriffen gewesen sein. Letztere wurde stellenweise auch extra verkauft, zu 10 das Stück, sie ist aber effectiv nicht 1 werth. Souach haben Grillenbergcr, die Vertrauensleute und die Parteicassc niit diesen Sachen ein kolossales Geschäft gemacht. Die „Unabhängigen" sind weniger gut gefahren, zumal ihnen rasch die noch Vorgefundenen 1200 Exemplare der Festschrift consiScirt worden sind. Der darin enthaltene Maiartikcl ist so aufreizend geschrieben, daß der verantwortliche Retacteur eine hohe Strafe zu gewärtigen hat. Die Untersuchung ist bereits eingelcitet. — Dem Ver leger resp. Drucker der socialdemokratischen „Zeitung deutscher Bergleute" ist der Gewerbebetrieb polizeilich untersagt worden, nachdem die Execution wegen rück ständiger Gewerbesteuer bei ihm fruchtlos ausgefallen. — Die im socialtemokratischcu Fahrwasser schwimmenden Hand lungsgehilfen haben an den Reichstag eine Petition um gesetzliche Festsetzung eine« Normalarbeitstage« für sie cingereicht. — Der Kaiser besuchte mit den beiden ältesten Prinzen gestern Abend da« vom deutschen Kriegerbunde im CircuS <le»z veranstaltete Cöncert für die Errichtung eine« Denkmal- Kaiser Wilhelm s I. auf dem Ktzffhäuscr. Dem Kaiser wurden von den dichtgedrängten Anwesenden wiederholt stürmische Hochrufe unter Absinguug der VolkShymue gebracht. — Der Münchener „Allgrm. Zeitung" wird von hier telegraphier: Es steht fsst, daß der Kaiser Alexander dem hiesigen Hose seinen Besuch angemcldet hat. Der Besuch soll vor der Reise deS Zaren nach Kopenhagen erfolgen, wenn mch ldir Krankheit des Großfürsten Georg, dessen Zu stand bedenklich ist, sich über Erwarten verschlimmert. — Di« conservative LandtagSfraction fuhr in der Beralhung der Programm-Revision fort, und zwar hinsichtlich der Handwerkerfragt. Zu diesem Behufe soll, wie zur Beralhung der Iudensrage, eine besondere Commission gewählt werden. Demnächst wird sich die Fraclion mit der Lage der Landwirthschaft näher be schäftigen, welche ebenfalls im Programm berücksichtigt werden soll. Auch hierfür dürste eine eigene Commission eingesetzt werden. Die Beschlüsse dieser Commissionen solle» dem ElferauSschuß, d. i. dem Gcsammtvorstandc der Partei als Material für den nach Pfingsten einzubrrusenden allge meinen Parteitag zugcstellt werden. — Der Cultusminister vr. Bosse hat, wie in der gestrigen Versammlung des Vereins der Vororte mitgethrilt wurde, auf die Petition deö Vereins bezüglich des Ausfalls des Nachmittagsunterrichts in den höheren Schulen in einem den Petenten günstigen Sinne geantwortet. Er erkenne die Gründe dieses Wunsches an und sei geneigt, seinerseits aus einen vollständigen Ausfall deS Nach mittagsunterrichts in den unteren und mittleren Classen hinzuwirkcn; er habe sich dicscrhalb mit dem Provinzial- Schulcollegium in Verbindung gesetzt und dasselbe aufge- sordert, die geeigneten Schritte zur Durchführung dieser Neuerung zu thun — Wie der Präsident der für die Provinzen Ost-, West- prcußen und Posen zuständigen Generalcomuiission zu Brom berg berichtet, ist die Milwirkung der genannten Behörde zur Begründung von Rentengütern nachInhalt des Gesetzes vom 7. Juli 189l in einem Maße angerufen worden, welches jede Voraussetzung übersteigt. Es sind Anträge auf Er richtung von Rentcngütern bis zum 12. März gestellt worden: In Ostpreußen 2<>2, in Westpreußen 149, in Posen 110, zusammen 40l. Die Grundstücke, welche zufolge dieser Anträge in Rentengüter eingerichtet werden sollen, um fassen 89 429 k>L. * Coburg, 3. Mai. DaS Festmahl anläßlich der Feier der goldenen Hochzeit deS Herzogs und der Herzogin von Coburg-Gotha fand um 2 Uhr Nach mittags in den Räumen des GesellschastSbauscS statt; an demselben betheiliglen sich die herzoglichen Hof- und Staats beamten, da« OfsicicrcorpS deS hier garnisonirenden 3. Ba taillons des 6. thüringischen Infanterie-Regiments Nr. 92, der Magistrat und bas Stadtverordneten-Collegium, sowie zahlreiche Bürger. Die Festvorstellung im Hoftheater begann um 6>/r Uhr mit dem vom verstorbenen Prinzen Albert von Coburg, Prinzgemahl von England, componirten „Ts veum". Sodaun wurde, begleitet von einem lebenden Bilde, ein von llr. Tempcltey gedichteter Festprolog vorgetragen. Hierauf gelangte die dreiactige Oper des Herzog« „Santa Chiara", neu cinstudirt, zur Darstellung. Düsseldorf, 3. Mai. Dem Ersten Staatsanwalt Iae nisch hicrselbst sind, wie die „Köln. B.-Z." schreibt, in den jüngsten Tagen mehrfach Drohbriefe zugegang« unterschrieben „Die Anarchisten Düsseldorfs". * Karlsruhe, 3. Mai. Die Königin Wilhclmine der Niederlande und ihre Mutter, die Königin-Re ge nt in Emma, sind heute Nachmittag in dein Lustcurort Sand im Schwarzwald cingetroffen. Auf der Eisenbahn- Station Buch! wurden die hohen Herrschaften im Namen des GroßherzogS vom Hofmarschall Grasen von Andlaw begrüßt. * Stuttgart, 2. Mai. Bei der gestrigen Prunktafel im Schlosse, an der außer den hier befindlichen Fürstlichkeiten daS Gefolge der sächsischen Majestäten und der Ehrendienst, die Mitglieder der sächsischen Gesandtschaft, die sämmtlichen Minister, die Hofstaaten, Generale und Vertreter der Stadt Tbeil nahmen, brachte König Wilhelm das Wohl seiner hohen Gäste in folgenden Worten anS: „Gestalten Euer Majestät, daß ich Sie und Ihre Majestät die Königin in Meinem Lande und in Meiner Hauptstadt von Herzen willkommen heiß« und Unserem wärmsten Tanke Ausdruck gebe für den sreundlichen Besuch, mit welchem Euer Majestät U»S erfreuen. Ich darf in diesem Besuche die von Mir so aufrichtig getheilte Absicht erblicken, nahe freundschaftliche Beziehungen zu erhallen und nunmehr auch aus Mich zu übertragen, wie sie so lang« zwischen Euer Majestät und Meinem Hause, Euer Majestät Laude und Meinem Laude bestanden haben. Sie fanden ihren großartigen Ausdruck einst auf blutigem Schlachtfeld«, als Euer Majestät Trupp«» Manu au Manu, Schulter an Schulter mit den Württembergern an der Einigung Deutschlands gearbeitet, sür sie gerungen, gekämpft und geblutet haben. Daß solch enges Zusammeugeheu auch in Werken deS Friede»- für alle Zelt statthabeu möge, ist Mein lebhafter, Herz- licher Wunsch, in dem Ich Mich mit Euer Majestät «tu- weiß Eure Majestät bitte Ich nunmehr, Unseren herzlichen, warmen Will- komm entaegenzunehmen, und Sie, Meine Herren, fordere Ich aus, re Gläser zu erheben und mit Mir in den Ruf einzustunmen: re Majestäten der König und die Königin von Sachsen sieben hoch!" Der König von Sachsen erhob sich hierauf und sprach mit bewegten Worten seinen und der Königin Dank au- für den schonen, sreundlichen Empfang in der württem- bergischen Hauptstadt und sür die herzlichen Worte König Wilhelm'«. — Ministerpräsident Mittnacht erhielt vom König von Sachsen den HauSorden der Rautenkrone. * München, 3. Mai. Am Ende de« ersten IahreS- viertels 1892 standen noch zehn Inhaber de« eisernen Kreuzes erster und 198 Besitzer de« eisernen Kreuzes zweiter Classe im activc» Dienste der bayerischen Armee. — Die socialdrmokratische „Münchener Post" beginnt heute eine Artikelrcihe: „Die bayerische Regierung und daS Bcrsamm- lungSrecht der Frauen". In dem heutigen Artikel führt sie aus, mit Ausnahme Mecklenburgs seien in ganz Deutschland nur in Bayern die Frauen rechtlos im Sinne de- Vereins gesetzes. Oesterreich-Ungarn. * Wien, 3. Mai. General Graf Hartenau wird morgen zur Cur nach Karlsbad reisen, wo er die Wohnung beziehen wird, die mehrere Jahre hindurch Prinz Georg von Preußen innehatte. — Die angekündigte Reise des öster reichischen Finanzministers vr. Steinbach nach Pest unter bleibt. An Steinbach'S Stelle wird SectionSches v. Nirbaucr aus dem österreichische» Finanzministerium in Pest eintreffen, um mit den Organen des ungarischen FinanzministerS die cndgiltige Lesung der den gesetzgeberischen Körperschaften vor- zulegenten Gesetzentwürfe und Motivenberichte zu erledigen. — Mit Bezug auf die zu gewärtigenden Forderungen der österreichischen KricgSverwaltung für HcereSzwecke, sowie auf die Angelegenheit der Währung-Herstellung wird der „Voss. Ztg." aus Pest gemeldet: „Zu Beginn der nächsten Woche finden in Wien die Berhand- lungcn über das gemeinsame Budget und die Forderungen der Heeresverwaltung statt, alle bisherigen Nachrichten waren somit verfrüht. Es ist wahrscheinlich, daß der ttriegsmiuister mit stärkeren Forderungen austritt, es ist gewiß, daß beide Finanzminister denselben entgegenireten werden, umsomehr, als aus anderen Gebieten, nameotlich im Eisenbahnban, gerade jetzt Opfer gebracht werden müssen, welche ausschließlich militairischen Zwecken dienend, für beide Finanz- vcrwaltungen eine große Verlegenheit sind. Nach der Rückkehr der Minister wird die Regierung da- Abgeordnetenhaus ersuchen, die Budgetberalhung zu unterbrechen, um die Balutavorlagen zu er- ledigen, deren Annahme hier gewiß ist; man zweifelt hier nicht, daß ihre Durchführung auch in Wien gesichert ist Die Frage des SilbercourrantS wird jetzt nicht berührt, deren Lösung soll erst später, vor Jnangrisfiiahnie der Baarzahlungen, gelöst werden." — Das Abgeordnetenhaus verwies den Gesetzentwurf über die directen Perionalsteueru an den Steuerreformausschuß. welcher durch die Neuwahl von weiteren 12 Mitgliedern auf 36 zu erhöhen ist. Die Regierung legte eine» Gesetzentwurf vor, betreffeud den Bau der Murthalbahn. Der Abgeordnete Doetz interpellirt« wegen Maß- nahmen gegen unsittliche Annoncen io de» Zeitungen. Frankreich. * Paris, 3. Mai. Die Panik hat nun auch Mont- lutzon, wohin Ravachol überführt, ergriffen. Schon melden sich einzelne Geschworene krank. Alle haben bereit- Droh briefe empfangen. Die Regierung selbst geht sogar so weit, nicht den Transport Ravachol'S von dem nur 50 w eutfernten Gefängnisse nach dem Gerichtsgebäude zu wagen. ES wird deshalb ein verdeckter Gang, welcher Gesängniß und Iustiz- aedäude verbinden soll, errichtet, welcher Ravachol'S Ueber- führung sichern soll. „GauloiS" veröffentlicht ein Interview mit einem leitenden Anarchisten, welcher erklärte, die Anarchisten leugneten absolut den Mörder, deu gemeiaen Ver brecher Navachol, und da ihm die Seine-Geschworenen mildernde Umstände zuerkannt hätten, hätten die Anarchisten daS Gleiche gethan für seine aufopfernde Propaganda. Des halb würden sie Ravachol vom Tode zu retten wissen. Pini, der angebliche Anstifter des Vcry-Attentate-, befindet sich woblbchalten in London. — Die jüngsten Wahlergebnisse bestätigen den ersten Eindruck. Die Republikaner gewinnen 10 Platze, die Conservative» haben ihre Plätze festgehalien. Wilson ist in Loches gewählt. In Toulon vereinigten sich mehrere Stimmen auf Ravackol. — Die Wahlen in Algier sind re publikanisch ausgefallen. — In seinem heutigen Leitartikel sagt der „Figaro", die Mächte müßten sich vereinigen zur Verfolgung der Anarchisten. Der „Rappel" verlangt, daß, weil daS Volk ruhig sei, die Regierung unausgesetzt für die Verbesserung deS LooseS der Arbeiter wirken müsse. — Der CultuSminister Ricard hat dem Bischof von Nancy, Msar. Turrinaz, wie man weiß, auf Grund der letzten Broschüre desselben zeitweilig da« Gebalt entzogen. Auf diese Maßregel antwortet der Bischof mit einem Briefe, worin eS heißt: . Ich könnte siegreich die Hauptursache seiueS Ruins war. Sie war einst eine berühmte berüchtigte Schönheit, welche, wie Fama sagte, viele Männer aus dem Gewissen habe. Der Name der schonen Frau Heloise PrterS war in vieler Leute Mund gewesen, und eS gab Manche, welche sich ihrer noch erinnerten, als sie hier ihre Roll« fistelte. DaS war nun freilich lange her . und Ebre, Ruf, Wohlstand, Jugend und Schönheit waren ihr versunken im Laus der Zeilen. Auch aus ihre Tochter hatten sich die gefährlichen Eigenschaften der Mutter vererbt, sie war eine Zeit lang ein beliebte« Modell sür Maler und Bildbauer, solltejctzt verblüht sein, überhaupt die berückende Schönheit der Mutter nie besessen haben. „WaS in aller Welt", sagten die ehrsamen enttäuschten Mütter mit entrüstetem Kopsschüttcln, „hat ein solcker Mann, wie der Doctor WelSlcr, in der kleinen Sckfteßgasse bei den verrufenen Peter« zu suchen? Sollte man es für möglich ballen, daß der mit seiner strengen Tugcntmiene aus solchen Schleichwegen geht? Aber die Männer! die Männer! Traue Einer den Männern! Sie halten eS ja wohl für gar kein Unrecht." Aber nicht bloS daS Zischeln der enttäuschten Mütter hielt diese« Gerede aufrecht, au« authentischen Quellen ward be stätigt, e« sei sicher, Doctor WelSler verkehre viel in der Keinen Schießgaffe. Ob die Eltern etwa« davon ahnten? Schwerlich. Wer wollte ihnen gerade dergleichen sagen — und der Sohn selber sicherlich nicht. Man war beim Dessert. Die Gencralin batte wiederholt von der enormen Praxi« de« Sohnes geredet, welche ihn mehr und mehr jeder Geselligkeit entziehe, und der General lachend gemeint: „Laß gut sein, Alte, einen Salonhelden machst Du au» dem Erich so wie so nicht, der ist Dir unter den Händen ander« gcrathrn, als Du e« gewollt. Hast ja genug an ihm berumgefeilt und probirt. Er muß bleiben, wie er ist, ein ungeschliffener Diamant." Man belachte das Wort, drückte dem Vater die Hände wegen eine« so tüchtigen Sohne«, uud dem alten wohlbeleibten Herrn glänzten die listigen und die von dem schweren OKLteau a'Vquew gervlhrtrn Wangen „Ah. da kommt er Loch noch!" An« dem Diutterhrrzrn brach der volle Iubelruf, und die ganze Gesellschaft wandte sich nach dem Einlretrnden. Eine kräftige, breit gebaute Gestalt, ein mächtiger, von dichtem schwarzen Haar umrahmter Kopf, kaum eine Spur von Aehnlickkeit mit den Eltern — aber doch — der breite Mund und die Kinnbildung erinnern an den Vater, und die guten Augen hat er von der Mutter Sie blicken in diesem Augenblicke beinahe so schüchtern, wie die der Genrralin. D«r Doctor verbeugt sich kurz und linkisch nack allen Seiten, drückt «it der »«behandschuhten Rechte« — über di« Lucke ist di« ledern« Bekleid«- halt über-»streift — Einigen aus der Tafelrunde die Hände und nimmt rasch den ihm von der Mutter eifrig bezeichneten Play ein, neben Fräulein von Linden. Sie werden einander erst vorgestellt, sie sehen sich beute, in der Nähe wenigstens, zum ersten Mal. Man hat »hu ihr rin paar Mal aus der Ferne gezeigt, sie auf ihn aufmerksam gemacht, eS ist öfter von ihm die Rede, auch im Hause deS Onkel» — sic hat jetzt vollauf Muße, ihn in Ruhe zu be trachten. Er nimmt sich noch nicht die Mühe, fich mit ihr zu beschäftigen, »r hat noch allerlei Fragen der Mama und Anderer wegen seine- verspäteten Kommen- zu beantworten, mit der Unterbringung feiner Handschuhe, dem Dervorzieben seines Taschentuches, dem Putzen seiner Brillengläser zu thun, und er führt da« Alle- in einer etwa« unbeholfenen Weise au«. Die Schüsseln sind zu Ende, nur der Cbampagner perlt noch im Glase vor ihm, und seine Nachbarin bietet ihm lächelnd von der EiStorte. die gerade präsentirt wird. Er sieht ihr bei der Gelegenheit zuerst in da« Gesicht und denkt bei sich: „Aha! As» wieder eine Neue." Daß die Mama seine Tischnachbarinncn sehr sorgfältig wählt, weiß er. Nun, Diese scheint wenigstens nicht solch rin leerer GraSaffc » sein, wie die Meisten, ein kluge-, sympathische- Gesicht. " ie EiStorte wehrt er mit der Gedeckt eine« wahren Schau der» ab. „Ick dachte eS mir wohl", sagt Fräulein v. Linden, „Sie hätten besser gethan, zur Trüsfelpastete zu kommen. Soll ich dem Diener einen Wink geben, daß er Ihnen noch srrvirt?" Er sieht sie befremdet, dann belustigt noch einmal an. „Woraus schließen Sie eigentlich, daß mir die Trüffel- Pastete besser als die EiStorte behagt?" sagt« er. „Ich danke Ibnen, ich bin überhaupt kein Feinschmecker, habe schon ge speist zu einer Zeit, wo ich Hunger uud Muße zum Essen batte" „So, ich glaub« e« Ihnen. Wenn man eine Stunde später zum Diner kommt, kann man auch kaum erwarte», noch satt zu werden." „Ich kam nur noch, um der Mama eine« Gefalle» zu thun." , „Sehr schmeichelhaft für un«, die wir nicht d,e Mama sind." Er zerschneidet eben rin Stück Käse und ist im Begriffe, e« zum Munde zu führen, er hält inoe und blickt sie noch einmal an. „Die Leute, welche mich keoaro, wisse», daß sie an meiner Gesellsckaft nicht« verlieren." „Hm — weil Sie nur Wenigen dir Ehre erweisen» sich aufzuschließrn uud auSzngeben." .^Verzeihung» gnädige« Fräulein, woher kennen Sir mich eigentlich?« .Bi« vor zwei Miauten vom Hörensagen, jetzt au- ganz bestimmten Eindrücken " Sr fixirt fie u»d lächelt. Sie findet, daß diese« Sicheln die etwa- harten Züge ungemein verschönt. „In den Menschen» welche nach dem ersten Eindruck zu beurtheilen sind, steckt recht wenig. Ich habe von Jhuen, gnädige- Fräulein, noch recht unbestimmten Eindruck." „Ich glaube wirklich, ich muß da- al- ei» Eompliment nehmen", lacht sie, und ihr Lachen klingt offen und herzlich. Die Generalin sieht befriedigt zu den Beiden hinüber, sie kennt Erich s Mienen, wenn er angeregt und interesstrt ist. Um seinen Mund liegt ein behagliche- Schmunzeln, er streicht die Butter recht dick auf den Pumpernickel und kaut herzhaft. „Es war eigentlich kein» beabsichtigt", sagt er, „Sir können e« aber immer so nehmen. Jedenfalls ist die Thatsache richtig." Sie kommen jetzt lebhafter in« Gespräch. DaS Mädchen hat Gedanken, Kenntnisse und Interessen und versteht sich einfach anSzudrücken. Sic berühren da nach und nach allerlei weitablirgcnde Gebiete. Sie hat als mutterlose Waise neben den, geistig bedeutenden Vater gelebt und viel gelesen, mit Nutzen, mit verständniß. Ah! der junge Maler Linden, der kürzlich „DaS Gretchen in der Kirche" ausgestellt, ist ihr Bruder» sieht ihr auch ähnlich, schöne Raffe, schöne« Ge schwisterpaar! Sie reden von Verantwortlichkeit, von Zurechnungsfähigkeit, von Geisteskrankheit und Verbrechen, von Gehirnwindungen, von Angeborenem und Unerzogenem, vom Weben uud Spinnen heilvoller und unheilvoller Faden. Er ist zerstreut geworden. Da- Gespräch schwirrt lebhaft durcheinander an der Tafelrunde. Niemand kann jetzt sagen, daß er seiner Nachbarin besondere Beachtung schenkt oder ihr Aufmerksamkeiten erweise, und doch hört er nicht- vou dem, was die Anderen reden. Di« Tafel wird aufgehoben, man wünscht einander „Gesegnete Mahlzeit", er bietet Fräulein von Linden seinen Arm uud führt sie in da- anstoßende Gemach. Die Generali» tritt zu ihnen. „Sie haben einen schlechten Platz gehabt, meine Liebe", sagt sie zu der jungeo Dame, „ich hoffte, Erich sollte Sie gut uutrrhaltrn, aber er kam so spät —' „Ich war sehr zufrieden, gnädige Frau — Wenige- graügt oft, um Gedanken anzuregen —" Ja, Sic sind auch eine tiefere Natur, me« Erich ist kein fleißiger Redner, er muß erst eia Verständniß finden —" „Nein, so war r- o»cht", lacht Fräulein von Linden, (»der Herr Doctor hat mir zu denken gegeben, nicht ich ihm. E- gelang mir nicht einmal, für rmr kurze halbe Stunde seiur Aufmerksamkeit zu fesseln — er war sehr zerstreut zuletzt " „Zerstreut", wiederholt der Doctor gutlaunig, „wenn Sie wüßte», «a» Sie mir mit der Wiederhol»»- de« Worte« bei der Mama «richte» — übrig»- — diesmal ch»» Sie mir unrecht, ich war nicht zerstreut, Sie hatten nur un wissentlich Dinge berührt, die mich gerade heute absonderlich bewegten." Er reicht ihr die Hand und sieht kindlich gutmüthig aus, gar nicht verschlossen und unnahbar. „Willst Du schon wieder gehen, Erich? Du bist ja eben erst gekommen", sagt die Mutter, uud ihr Gesicht wird lang »or Enttäuschung. „Ich muß fort, Mama, gewiß — ein nothwendiger Gang — wirklich, ich kann nicht." Er sagt es hastig und wendet sich auch schon, er wünscht offenbar keine weiteren Fragen und Bitten. Die Genrralin seufzt. „Warum ist er nicht mehr der kleine Junge von ehemal-, den ich in meinem Schooß und ans meinem Arm halten konnte", sagt sie naiv. „Ich wußte immer, daß da- meine schönste Zeit sei. Sie glauben nicht, welch' ein süße-, entzückendes Kind er war, so rosig und 'kräftig, so zärtlich und anschmiegend." Fräulein von Linden lacht und sieht gerührt auf dieses exotische Exemplar einer liebenden Mutter. „Seien Sie doch stolz, daß er so groß und stark geworden und Ihnen so nabe geblieben", meint sie. „Wie vielen Müttern wird e» nicht so gut. Sie hatten wohl noch keinen ernsten Kummer seinet wegen zu verzeichnen." „O doch, weil er eiu einsamer Junggeselle bleiben will." Fräulein von Linden sieht dem Scheidenden, der noch von verschiedenen Gruppen angehalten wird, nach, und denkt bei fich: „Möge er vir nie anderen Kummer machen. WaS mag rhu gehindert haben, daß er bi- heute noch nicht dir Rechte gefunden?" » * « Der Doctor steht unten in der mit schönen Gyp-abgüsseu gezierten Vorhalle und läßt sich von dem Diener den Mantel um die Schulter legen. Er schaut nachdenklich in da- dickte Schneetreiben hinaus. Da- fällt ja so massenhaft und rast los vom Himmel, al- wollte e- Alles unter seiner weißen, weichen Decke begrabe» Sein Coup- steht vor der Thür, der Kutscher, welcher ihn, den ersten der fich entfernenden Gäste, schon erspäht, lenkt au- der Wagenreihe und fährt dicht vor die Rampe. Da- Hau- liegt an der Parkstraßr, von dem überdachten, saulengezierteu Portal führe» Stufen hinab zu dem Eiseugitter, da- den Vorgarten abschließt. Dir Anlagen der Bürgrrwiese jenseits de« Fuhrwege« biete» de» Auge eine ebene eintönige Schnrefläche, au« der di« kahle», weißbereiften Bäume, einige dunkle, schwer mit Schnee belastet« Tannen hervorragen. (Fortsetzung solgtI
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)