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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.06.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189006147
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900614
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900614
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-06
- Tag 1890-06-14
-
Monat
1890-06
-
Jahr
1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.06.1890
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3SS4 dortigen «egieruua und L»»tsch«ft unserer Monarchie > gegennber zu sprechen skr nochwendig fand, zeigen an, daß I der PanslaiviSmuS gerade jetzt eifrig chätig ist, di« Stellung ^ Oesterreich Ungarns aus der Battauhalbinsel zu untergraLeu. LOenn auch Serbien allein zu schwach sei, uui ernste Ber» loickelnugen derben,»führen, so lasse e« sich doch al« Sturm- bccl verwenden, und cS wäre angesichts der Stärke der! xanslawiftischcn Strömung Leichtsinn, im Gefühle der Uebcr- legcu!xit gegenüber Serbien di« notbwcndigen Vorsichtsmaß regeln wider den „großen Gegner" zu versäumen. DaS Bündnis; der Friedensmächte habe seine stärkste Basi- in den > Heeresmassen, welche die Verbündeten zu gegenseitiger Unter- siütung aufbicten können. — Die „Neue Freie Presse' bemertl ,u den Ausführungen des ReichSkrirgSminister« im '.Inssc.mffc der ungarischen Delegation, eS werde gewis; möglich sein, die Summe für die Erhöhung des PräsenzstandcS und auch die lmutcrt Millionen, welche der KricgSministcr braucht, ^ ausrubringe». Die Monarchie sei reich genug, um ihren Nahm und eine Sckutzwchr des Friedens zu befahlen, aber I jede beroischc Anstrengung laste eine Ermüdung und Schwäche nirück. Das nLnziellc Problem, welches durch die Rüstungen ansgcrvllt wird, meint das Blatt, dränge zu einer neuen Organisation der Armee, welche gestattet, mit geringeren Miü.lu die höchsten Resultate zu erziele», eine Vermittelung Miiiben den Beringungen der mililairischeu und der wirth- Ichaillichen s>rajt zu ermöglichen. Vielleicht liege die Lösung ^ in einer Berlürzung der Dienstzeit, gegen welche die Regie rungen fick uoch sträuben, obschon sie eine Nothwendigkcit ^ geworden ist. * Der BudgetauSschuß der österreichischen Dele-! gatiou genehmigt« den Bericht de« Referenten Freiherr!« v. Äalterskircheu mit einigen Abändernngcn, nachdem die udluiig über den aUgcmciuc» Tbeil aus Wunsch de« > .' alurku i» vcrtranlichcr Sitzung behandelt worden mar. Sodann wurce der Voranschlag deö gemeinsamen .«manzmiiii.erinms ohne Debatte genehmigt und der Bc- ceclun gspoße» „Zollgesälle" angenonimen. — Im Hce r eS- ausi usie rer ungarischen Delegation gab der Lkriegö- liiiiii di. Crllärung ab, daß eine Vermehrung der Osficierc tcö , iiedcnSlIandco nicht beabsichtigt sei, doch habe er geczcu den Ilrbcrtritl von iiteserveossicicreii, denen er großes Ver trauen enlgegcndringe, zum activcn Heere Nichts cinzu- wruren. — Im auswärtigen Ausschüsse der unga rischen Delegation machte der ScetionSchef v. Szöayenyi die BiiUluilling ron der Anstellung von Rechtsanwälten bei len brousiil.etei! Dieselbe sei bisher bei den Konsulaten in Petersburg, Okoslau, Sofia und Varna turchgcsührt worden. * Die in Rom erscheinende „Risorma" bemerkt zu den Reken des Grafen Kalnoky in den Delegationen: Die Erklärungen des Grafen .Kalnoky lxlltcn die Lage so wohl bcz: lich der allgemeinen Politik, alö auch der Politik de« Orients auf, dieselben seien, was den Orient anbeträse, mit , .euren zu begrüßen. Graf Kalnoky habe formell die Versu' ri n g!, erucuert, daß die Politik Oestcrrcich-UngaruS, seiuci S! i >e„ Mid Englands nur die Unabhängigkeit der Ba!i..ii..s.::en im Auge habe. Das Vorgehen der österreichi- s>! ., i g.e. . g ermögliche eine vollständige Uebereiastinimung uilt re, >!.,Itt.:ischen tliegiening, deren Progranim die Ent- loickei.u,z r.l t'sutloiialitäte», die Kräftigung und Selbst- tuser Staaten im Einklang mit der Achtung der Vril,..ge sei. ' ' In er, französischen Depntirtrnkammer befragte der Beii'.aii i't ^ ondeau die Regierung über die Maßregeln, well sie mu B melden gegenüber ergriffen habe, die BorraS :.. r le.ue stkcbal ilitirung verhindert hätten. Die in eme . ilieipellalion »mgewandelle Frage wurde auf Antrag des . xiitirlcii ä hcvcncl ans l t Tage zurückgestellt, da der In mini i >. bcl itfS Information einen Antschub begehrte. Eine Inte, sellatu» des Depntirten Delasotse über die Lage re> israiizose» in Tunis wurde aus Antrag Ribot'S gleichfalls leil.gt. Lacrclelle brachte den Antrag ein, BorraS eine Pe-. imu von 'bilio Fraiies zu gewähren. Der Antrag wurde au . e Strajproeeßeonimissio» verwiesen, die zur Bcratbnng de .lntragv, bctrcsseiid die Entschädigung unschuldig Ber lin! '.Ni. bereits eingesetzt ist. Hierauf trat dir Kammer in die T'.gceerduuug ei». ne mau aus Madrid berichtet, beabsichtigt die o nig, n R e gen > i n M aric Ehristi»r alsbald »ach deni I. ' st- pe-r gegenwärtigen .sbainmersaisou, welcher anfangs e>- ii tvns, sich für längcreZeit nachSau Sebastian > nii. '^'i. dabin wird die Königin in der spanischen -'V.i -sadt vc.bleibcu, da von dem sür einige Zeit in Aus uemme.ie'n Aiiseiilkalt im Lusisihlossr von Aransuez in dftq« Will »LU i, dies« Richtung o»r«»«ll,»,r», welch« m de» Berrmigtru Staate» Land erworben haben, ohne sich dort uiederzalaff««- ZU Leib« gehen. Io» Repräsentanten haus« ist ein« bezügliche Bill einaebracht worden. Dieselbe verbietet LuSländrru überhaupt den Erwerb von Grund und Boden in den Dereiaigteu Staaten. Sie gelaugt« am Montag vor den juristischen Aus schuß de» Repräsentantenhauses. In den beigrsügtrn Erläuterungen wird erwähnt, daß europäisch« Aristo kraten, zumal englische, 2 l OVO 000 Acres Landes in den Bereinigten Staaten besitzen. Mehrere Fälle werde» mitgetbeilt, in welchen in England wohnende britische Untcrtyanen große Ländereien besitzen, von deren Berpachtung sie jährlich Einnahmen beziehen. So besitzt ein Engländer, Mr. Scully, 90 000 Acres in Illinois, von denen er 200 000 Dollar« IahrcSrente bezieht und in Europa verzehrt. Er hat da« Land an Pächter, meist ebenfalls Ausländer, ver geben. Eine ganze englische Familie, die der Scheutet»«, be zieht aus 200» Acres bei Pittsburg tVV VOO Dollars jähr lich rc. — Eine entgegengesetzte Entwickelung nimmt anscheinend die öffentliche Meinung bezüglich einiger Bestimmungen be treffs der Beschränkung der Einwanderung. Der Senat zu Washington hat eineEnquLte veranstaltet. Welche die Harten Le« betreffenden Gesetzes vrüsen soll. Diese Enquate Evmuiisfion ist nunmehr in Eyrcaao anaekommen und hat dort mehrere Personen öffentlichen Charakter« ver nommen. Unter ihnen befand siw auch Herr Hermann Raster, der Ehesredactrur der „Illinois SlaatSzeilung", ein deutscher Achtundvierziger. Er erklärte, daß nach seiner An sicht die Deutschen die wünschenSwrrthrstrn Elemente der fremden Einwanderung darstelle», die Italiener die schlechte ste». Letztere solle man so viel wie möglich aus dem Lande zu halte» suche». Auf alle Fälle aber sei er sür ein Gesetz, ivelche« der DuudeSregieruug da« Recht giebt, innerhalb einer Frist von fünf Jahre» nach erfolgter Landung unliebsame Einwanderer wieder auSzuweisen. Weu» man ein solches Gesetz bade. würde man keine Johann Most« im Lande zu dulden brauchen. Es würde aber seine großen Bedenken haben! ccc relens von DipbtheritiS an diesem Orte ab i wer:.:, mußte. Sonst-Hl die Königin Regent!», wie : . erfreuen sich de« befriedigendsten Gesund- Ulis ciile im englischen E^ttcrhause an den Unter Iccretair Feigusson gelichtete Anfrage, ob die Mit . szen eines Londoner Abendblattes über eine erfolgte - ccc unmü! lbac bevoisiebenre englisch tcnlsche Vereinbarung ä> . die lmztiscbe niid deutsche Cinslnßsphärc in Afrika im e-ientlil wahr seien, erklärte derselbe, über diesen Punct lemie gegenwärtig leine Erklärung abgegeben werden. Er sei t von übeizen;!, daß Lord Salisbury an seinen Eillärnngc» ii w. i : etwas Weiteres könne er nicht sage». — In einer am Donnerstag Nachiniriag im Earlto» Club stau ebabten und sehr zahlreich besuchte» Versammlung der eo» ser vat >vcn Partei wies Lord Salisbury > as die dringende Notbwcndigkcit hin» der von der ' ecstiion versUgtc» Verschleppungstaktik entgegen zu li . ii und schlug zu diesem ^Pvccke eine Abäudcrnng de «'-Ks.tiäil, ordnnng de» Unterhauses dahin vor. das; :« > orlagen, die das Stadium der Bcratbnna in : v . iiiil ^ des UnlcrbanscS erreicht haben, nöthigensallS r- n 'osten Sessicn zur Berichterstattung zurückgeiieltl tv. .:> lIi.ieu Lo»d Salisbury benierlte glcichzcillg, die ! ' ruug sei entschlossen, auf die Gesetzvorlagen über den l nlen, i.iv liber de» Rückkauf von Ländereien i» Irland > .. er die Eiitsliiätigung der Wirtbe, denen die Liecnzc» l ' .en worden sind, »ick't zu verzichten. Die Versammlung '. mit den 'Vorschlägen Lord Salisbnrv'S im Allgemeine» i t linvcrsianden i nk sprach sich mcbr für eine Hrrditscssio» >n-. Sem Vernehmen nach würde die Regierung die A» > > enbeit i» erneute Erwägung ziehe». — Ter Polizeichcs o» e a „ . M o„ r oe, bat seine Entlassung gegeben, i der Minister des Innern »icbrcre von ihm gemachte V. .'lt'töge nicht annahm Wie man ans London berichtet, soll sich Lord ' Uelc» im Aufträge des englischen Auswärtigen Amtes > - lliis >i.il> T iiakim begehe», ui» dort mit einen« HK« lieler der italienischen Rcgicrimg zunächst gewisse Verkehrs elleichlcrniigen «ivischen de» englischen Behörden in Snakim iin? den Halle»«',!'»» in Massauab zu vereinbaren, die >m ' iv bliciis anläßlich der Million des italienische» « eneralS Oal Verme >» London feslgcstcllt wurden De« Ur i «ereil ivird Lord Wolicley die Mission erhalten, Verband li o i-ii mit den Sntaiicscn z» dein Strecke cinznlcitcn, daß der HandclSweg von T nalim über Berber »ach Khartum i ei > Verkehre wieder cii ssiiet lvcrde Da die Mehrzahl der ^. tiilienslämmc durch Hunger und Krankheiten schwer t li .i. l'ml't ist, hofft man, daß dieselben sich z» Verband I.iigl.i mit England bereit zei>..n werden, znnial der Mahdi : r liilbr tvenig Anhänger zählt und sein Widerstand kaum mehr ernstlich »i Betracht kommen könnte Ter deutsche B o t s ck a f t e r in Petersburg, chlvrinitz, ist in da« Ausland abgerrist. >n t u Vcrciuigten Staaten von Amerika will m i w« i!: nndbef'ltzer mehr dulden, welche ibrcn Besitz ienteiiguelle benutzen, um mittelst der letzteren Iauee ein begucmc« Leben zu snhrcn. Zunächst attcr- Älls Friedrichsruh. * Kürzlich ist, wie bereits gestern in jrürze erwähnt, auch ein Correspondcnl deö „Daity Telegraph", Mr. King ston, von dem Fürsten Bismarck in Friedrichsruh zu einer längeren Unterredung empfangen worden. Der Be richt dieses Herrn liegt der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" in, englischen Original vor. Derselbe ist über- schriebrn: „Fürst Bismarck", ab FricdrichSruh datirt vom 7. und 8. Juni und füllt in den Nummern vom lv. und ll. Juni inSgcsammt fünf Spalten in kleiner Schrift. Im Eingang berührt der Berichterstatter zunächst einige Remi- alscenzen a» ein srüheres Zusaniinentnssen in Berliu mit dem Fürsten, die inehr persönlicher Art sind, dann geht er zu einer Schilderung der laiidschasuichcn Umgegend von FriedrichSrnh und zu einer Beschreibung des Schlosses selbst, seiner Architektur, innere» Einrichtung und der zugehörige» iU?trthichastsaulagk,i über. Es folge» Hiera»; einige Abschnitte über die Einsühruna des Correivondenten bei dem Fürsten, über seinen Empfang und di« Ausnahme seitens desselben. Alsdann erzählt Mr. Kingston, wie ihn Sein« Durchlaucht zu einem Spaziergang tn den Wald ausgcsvrdert habe, und giebt tn sehr anssührlichrr Weise LaS Zwiegespräch wieder, welck>eS theilS bei dem Otehen, «Heils bei dem Ausruhen aus einige» Plätzen im Walde geführt wurde. Ei» allgemeineres Interesse bietet die zwischen dem Fürsten und dein engiijchcii Iouriialiilen geführte Unterhaltung erst von dem Augen blick au, wo dieselbe auf die Politik kam. Es handelte sich dabei zunächst um die russischen Nihilisten. Fürst BiSmarck äuherl« sich in nachstehender Weise über dieselben ans die Frage des Berichterstatters, ob eS den» keine Möglichkeit gäbe, den Zaren mit seine» unznsriedencn Unierihanc» auSzmöhiien: „Ter einzige Weg, »ni mit ihnen fertig zu werden, ist, die Gesetze zu verlclstirs»» und sie mit der größten Rücksichtslosigkeit gegen die Nihilisten zur Anweudiing zu bringen. Man darf diesen Böseivichteii nicht »achgeben, die selbst gar nicht wisse», was sie wollen, sondern nur jeden Augenblick bereit sind, die scheußlichste» Verbrechen zu begehen. Sicherlich giebt es viele einsichtsvoll», gebildete, liebenswürdige Rüsten, die maßvolle Reformen wünsche», aber bisher schien es jo, als traten dieselbe» nicht bestimmt genug auf, um aus die am Ruder besindli.he» Staatsmänner irgend welchen Einsliiß zu üben. Was die Massen in Rußland betrisst, so rechnen sie nicht mit. — Die Ueberbildung schasst in Tenlschland inanche Unzufriedene und Mißvergnügte, i» Rußland aber sührt sic zur Ber- sthwörung. Es giebt dort zehnmal so viel junge Leute, die sür die höhere» Laiiibahnen ausgelßldei werden, als Stellen im Staatsdienste vorhanden sind, wo sie kann, ei» genügendes Auskommen, geschweige denn zu Auszeichnung oder zu Wohlstand gelangen tonne». Bietleichi ist c-r a»ch nicht das richtige Shsiem, das Lori sür das Studium und die Vorbereitung ans den Staatsdienst in Geltung ist. Tie Söhne der Geistlichen z. B. habe» meist die Ghmnasial- und Universitälsstudie» »nisonst. WaS habe» sie davon? Wen» sic mit dem Studium durch sind, finden sie in 9 von 10 Fällen leine Stellung und ihr Wisse» ist dann sür sie nicht nur etwas UeberslüssigeS, sonder» cS macht sie geradezu »»glücklich. Sie sind daraus hingcwiesc», Höheres vom Leben zu verlangen, als es ihnen bieten kann, mit ganz wenigen Ausnahmen. Ich habe Schutzmänner in Rußland gekannt, die stuvirl hatten und den Toclorgrad besaßen. Giebt »S etwas 'Narrischeres, ja Grausameres? Solche Leute, erfüllt von Neid und Haß gegen Alles, was hochstehend und glücklich ist, sind sosort sür eine Berichivöenng zu haben. Sie sind nicht in der Lage, auszu- bauen, aber sie haben genug gelernt, um z» zerstöre». Sie sind in scholastischen wünste» erzogen, aber weder politisch noch praktisch. Daher kommt auch mit die Schwierigkeit, sie in irgend einer Branche des össentliche» Lebens zu verwenden. Die constitiitioncU monarchiiche RegiernngSforin ist eine sehr hohe Stufe der politische» Eniwiclcinng, bajircnd aus mancherlei schwierigem Wisse», wie aus manchem RrchlScomproiiiiß — die Engländer nennen es dnS System de-S „Gebens und Nehmens". ES den Händen von Unwissenden, »ur theoretisch Gebildeten, Schwärmern oder mit der Geschichte und Wirklichkeit unbekannten Phantasten anzuverlraucn, wäre pure .'0!1 i.i Tborlicit oder gar gefährliche Schwäche. Für solche Menschen darf es nnr die strenge Autorität geben, die natürlich ebenso gerecht wie bock,herzig und wen» möglich auch wohlwollend sei» must. Ans der anderen Seile erzieht solche uneingeschräiitic Aulorilat ein starr. Beamt,»ihm», dessen Träger im Grunde doch auch mir Menschen sind. Zu viel BureeiikraiiSmuS ist schädlich, aber es ist doch nicht weiie, der Macht des Staates zu enge Grenze» zu ziehen. Ach bi» mit Ahnen der Ansicht, daß dem Parlamentarismus cine zu weitgehende Berechtigung zur Eiumisckunig in die Staalsangeiegcu heiilii z,«erkannt und die Macht gegeben worden ist, die Regierung zu ckiicanircn. An Rußland haben wir das andere Extrem. Die Engländer sind alte Parlamentarier, an daS Parteileben gewöhnt und bekannt mit der Nottnvendigkeit gegenseitiger Evnceiiivnen, w,ii» der Augenblick es gebietet. Tie Rüge» dagegen, wie ich vorhin sagte, wisse» nicht, was sie wollen, weder wann e-S Zeit ist zu warten, »och wann zu handeln. Sie sind auch in der Politik extrem, ohne sie zu verstehen, und sie folgen blind enlwcdcr Dogmen oder Gefühle», wie cs gerade der Augenblick bring!. Für den Moment ist nichts sür sie zu tbun, als sic mit eisernen Ruthen zu zwingen." Bo» dem Nihilistencapitel lvendele sich alsdann das Gespräch der Ar'oeiicrsrage zu. Hier rictüeie Fürst Bismarck, nach einige» jchmeicheüiaii.i! Eonipli menten bezüglich Mr. Burns, plötzlich die Frage an Mr. »ingstv» „Haben Sie schon jemals einen Bankier mit rinrr Million ii» Per möge», der znsneden war, gekannt, oder ebenso einen Gelehrte» .Uiinstler, Anristeii, der von seinem Einkommen und seiner Stellung völlig befriedigt war? Aa, ich möchte weiter frage», habe» Sie nberhaupt einen völlig zufriedenen Mensche» gesunden? Ach will jage», unter den Reichen, den Erfolgreiche», den Hochgeborenen oder Hochgestellte»? Wie soll denn der Arbeiter zuiricdc» sein, dessen Lebe» nolliwendlgenveis« eines von wenig B.rgnugnngen n»d viel Sorgen, von öfterer Entbehrung und seltene»! Genießen ist? Angenommen, Sie zahlen ihm l Lstr. pro Tag; nach 14 Tagen ivird seine Frau einen Extra-Schilling oder zwei per Taogcbrauchen zur Ausichmückung ihrer Irmder oder snr den eigenen Putz, und sie imrd beharrlich aus de» Ehemann ihre eigene llnzusriedenheit ver- pflanzen. Ae mehr die Arbeiter empsange», desto mehr wachsen ihre Bedünnisie. Ich sage nicht, daß die- nicht ncuurUch sei, oder daß sie von anderen Mensch«» tn dieser Beziehung abioeichen, ab« di« Tdatiach- bleibt besteden. Sie wissen, wie erstauniich sich ihre LebeuS- dallung .nnerhalb der letzten 50 Aabre verbessert bat. Haben sie ,e Znsriedcnheit sür einen einzigen Tag errungen? Die begründeten Beschwerden, über welche sic zu Nagen haben, werden aus natürlichem mch «»d a«ch t» tz» AM «leßia» »erb» vor Alle» mögen sie sortsahreu, ihre Lag« ohne Einmischcrug de« Staate» u verbessern, de,» dies« kau» thue» »ur mehr Schaden als Nutze» »ringen, abgeseh«» daoo», daß dadurch «i» nicht wieder gut u machende» Unrecht einer Meng« anderer Leute zugesügt wich, ,ie gerade so sehr Berücksichtigung verdiene», wie di« Handarbeiter. Ich nenne eS ausdringlich und ungehörig, etnrm Arbeiter zu dictireu, wieviel Stunden er arbeite» soll oder nicht, und seine rechtmäßige Autorität über seine Kiuder in Bezug aus die dem Broterwerb dienende» Beschästignnge» zu ustirpiren. Mau sagt, daß ich zuerst da- Beispiel gegeben, »lich t» Deutschland in die Angelegenheiten der Arbeiter zu mischen, und daß ich die Initiative ergriffen habe, eine Art SlaatSsociatismuS einzusührc». DaS ist durchaus nicht richtig. WaS ich getba» habe, tag i» der Richtung der Wohlthälig- kett, nicht t» derirnigen her Einmischung. Ich befürworiete die Beschaffung irgend einer Versorgung sür die durch das Greijenalter geschwächten ober durch Krankheit oder Unfall zur Arbeit unfähig gewordene» Arbeiter." In Fortsetzung seine« Berichts erzählt der Correspoudeut folgende weiter« Aeußrrunaen de« Fürsten BiSmarck zur Arbeiterfrage: ,Lch fühlte sehr wohl. daß. wenn ein Arbeiter i» einer Fabrik durch eine Maschine verletzt, oder wen» eia Bergmann durch eiue Explosion verstümmelt würde, oder tn Folge von Ueberaustrengung arbeitSuusähig würde, etwas geschehen müsse, um ihn vor den, Hungertod« oder vor Mangel und Elend zu schützen. Auch hielt ich es für wünschenSwerth und im Interesse der arbeitenden Elasten, daß die Verwaltung und Ueberwachung der zu LorporationS- «wecken beschafften Geldmittel von den bureautratischeu Beamten auf )ie Arbeiter selbst übertragen würde, gleichwie die- in England bei den WohlthätigkcitSgesellschaften der Fall ist, um de» LorporationS- geist zu stärken uad den UnternehmungSsion uater den Arbeitern zu fördern. Ich wollte sie von amtlicher Einschränkung und Be einflussung befreie», tn ihnen die Neigung zur Selbsthilse fördern und LaS Gefühl männlicher Unabhängigkeit in ihnen erwecken uad ihnen ein Gefühl der Sick>erheit gegen di« Unfälle, denen sie am meisten auSgesetzt siud, d. h. Krankheit, ttrüppcllhum, Greisenatter und bitterster Armuth, geben. Als ich meine Ptäne der Arbeiter- ürsorge zum ersten Mal dem Kaiser Wilhelm 1. unterbreitete, er kannt« dieser nicht sogleich die Tragweite derselbe». Aber als ihm dieselbe voll und klar vor die Auge» trat, nahm er ihn eifrig auf, und in den lepteu Jahres seines Leben- war eS ein LieblingSproject. Niemand nahm ei» höheres Interesse daran oder sorgte eifriger für den Ersvlg dieses PrvjectS, als Kaiser Wilhelm I. Aber aus Arbeitern durch gesetzliche Maßnahme» zu- riedene Menschen werdru zu lassen, ist ein Hirngejpinnst, ein rhaiitasieerzeugniß, welche- sich nicht sesthalten läßt, wenn man ihm naht. Ja, wenu die Zufriedenheit de- Menschengeschlecht- überhaupt erreicht werden könnte, so wäre da- ein Unglück. WaS könnte eS Unglücklicheres geben, als das todte Niveau der allgemeinen Gleichgültigkeit, ein tausendjährige- Reich des univer salen leidlichen Befindens, den Ehrgeiz crtödtcnd, den Fortschritt llihmcud und zu moralischer Stagnation führend! — Liivhl aber giebt eS eine Menge nützlicher Arbeit zu thu» in der Hinsicht, den Arbeiter» technische Belehrung zugängig zu machen; den sie umklammernden Griff der Burcaukratie zu lockern; sie zn cnnuthigen, ich der verständige» Handhabung ihrer eigenen Angelegenheiten zn widmen, sowie ihre Interessen aus gesetzliche», und geordnetem Wege u wahren, anstatt die Arbeitgeber zu bekriegen. Capital und lrbeit sollten die besten Freunde untereinander sein, und sie würden da- auch zweifellos sein, wenn nicht jeder Theil vor dem anderen einen kleinen Bvrtheil voraus habe» möchte. Ties ist natürlich cin- ach Menschenait, und wir dürfe» nicht hoffe», diese je ander» zn ünne». Tie Rechte des Capital- sind nicht weniger reell und respektabel als die der Arbeit. TaS dürfe» wir nicht vergessen." AIS wir de,» Schlosse nahten — jo berichtet der CvreejpvnLent weiter—, äußerte sich Fürst Bismarck sehr günstig über seinen Nach- 'olger, den Reichskanzler v. Caprivi, als „eine» schneidigen Soldaten, einen Mann von beinerkenswerther Intelligenz und mannigsachein Willen, vor Allem, einem vollendeten Gentleman". „Ich bin ge wiß'', fuhr Se. Durchlaucht fort, „daß Caprivi's Ernennung zum Reichskanzler eine absolute Ncberraschung für ihn war, der sie, einem erhabenen und loyale» Pflichtgefühl folgend, annahm, und daß er gänzlich frei von irgend einem Makel »n>tatlhasten versönlichen Ehr geizes ist. Er besitzt einen klare» Kops, ein gutes Herz, eine groß- mülhige tzkatur und bedeutende Arbeitskraft. Alles in Allem ein Mann eisten Ranges." Die Converjatio» führte der Fürst größten- thcils in englischer Sprackx, die er i» außerordentlichem Maße und t» hoher Reinftrit beherrscht und von der er fort und soct kurze episodische Adjprünge in das Deutsche und Französische that. Erwähnt je! »och aus dein Beginn der Converiativii, >vas der Lorrespoudent über die Erscheinung d«S Fürsten, sowie über dessen Aeusicruiigen bezüglich seiner zukünftigen Lebensweise millheilt. Als ich, so schreibt Mr. Kingston, mit dem Fürsten die lange Suite der Zimmer durchschritt, in deren erstem ich empfangen war, konnte ich nicht umhin, das gute Aussehen des Fürsten hcrvor- zudeben und zu bemerken, daß ihm seine neuerliche Ruhe nach de» Mühen des Amte- ersichtlich wodl gcthan habe. „Ruhe", ries er aus, „ja, eine definitive Ruhe. Mel» ossiciellcS Leben ist beendet. Nun werde ich Zeit habe» für einige der Erholungen, die ich dreißig Jahre hindurch vernachlässigt habe. Ruhe ist gut, noch besser ist die Gewißheit, daß ich nicht wieder meine Wohnung zu wechseln habe» werde. Ein Sprichwort saal: „Dreimal umziehe» ist jo ichluiun wie einmal abbrcnncn."" — Ach hatte von einem alten Freunde des Fürsten in Hamburg, den er am letzten Dienstag besucht hatte, gehört, rr habe gejagt, daß er während dcS nächsten Winters in der großen alten Hansasladt Tiiierrinladungen aniiehine» und Theater- Vorstellungen beiwohnen werde. Ta ich wußte» ein wie zurück- iczogeneS Leben er zu führen gewohnt gewesen, als er im Zenilh einer Macht stand, so fragte ich ihn, ob er bei der erwähnte» Ge tegenheit im Scherz oder im Ernst gesprochen habe. „Am Ernst", erwiderte er. „Glauben Sic nicht, daß cS hohe Zeit sür »iich ist, etwa- Aimisement und einige sociale 'Vergnügungen zu genießen?" Ter Schluß des Berichts bezieht sich aus Acußerungen des Fürsten über die inlcruaiionale Politil und die Lage der Tinge in Europa Tic Wiedergabe derselbe» wird in nächster Nummer fortgesetzt werden. Die „Frankfurter Zeitung" leitet ihre Mit tlicilnngcn über den vorstehenden Bericht deö „Daily Telegraph" mit folgender, wie sic selbst sagt, „cigenthüm tichcn Vorgeschichte" der Einladung des Herrn Bcatlye Kingston ein: Die Bczielningcn des Fürsten BiSmarck zu Herrn Kingston sind bereit- sehr alte und Letzterer cnvühnt selbst, daß er schon vor > Jahren von dem Grasen BiSmarck empsange» worden sei. Tie Bezieimngen wurde» in Folge einer scharfen Acußermig unter- brock,cn. Herr Linaswn balle, wenn wir nicht irren, eine von Bismarck erhaltene Nachricht seinen! Blatte telegraphirt, woraus dir „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" ein sehr schroffes Dementi brachte. Ter Eigenthümer des „Daily Telegrapb" mackste dem Corrrspondriilen Bonvnrse, und als Letzterer sich zu BiSmarck begab, erklärte dieser, daß die Nachricht allerdings aus einer trüben Quelle stammen müsse. eit einiger Zeit hat nun Fürst BiSmarck versucht, die früheren Beziehungen wieder anz,«knüpfen, und einem Briefwechsel ist die Ein ladung nach Friedrichsruh gefolgt, wohin Herr Kingston am 3. Juni abreiste." ic „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" giebt die vorstehende Mitthcilung der „Frankfurter Zeitung" gleich falls wieder. Ser Kronprinz von Italien in Deutschland. Berlin, 12. Juni. Nach dem gestrigen Frühstück in der italienische» Botschaft empfing der Kronprinz von Italien in Gegenwart des Bolschaiiecs eine Abordnung der italienischen Colonic von Berlin Das Frühstück währte bis gegen 4 Mir. Tann ging die Fahrt nach Edarlottenburg, »ach dem Mausoleum, ivv der Kronprinz vor den Särgen Kaiser Wilhelm- und der Kaiserin Augusta verweilte, ui» Kränze niedcrzulcgc». — Am Ende des Parkes lag der königliche Dainptei „Alexandra" und nahm de» Kaiser und seinen Gast mit seinem Ehrendienste an Bord. In Spandau wurde dem Kronprinzen eine militainschc Ovation erwiesen. Der Evinnian- dant mit seincm Stade in Paradcanzug kam in einen, Boote, »in sich z» melden. Bon Spandau an waren läng- der User di« Mannschaften der Garnison mit Musik ausgestellt, die de» Kronprinzen mit dem italieniichcn Präsentirinarsch empfing. — Bon Potsdam fuhr der Kronprinz in Begleitung seines Edren- dienstcs, des GencrallieittenanlS v. d. Planitz, de- Majors v. Zitze- Witz, des OrdonnanzossicierS Premicr-LieutenantS von Kaufmann, nach dem nencn Palais zur Tafel. Ihre Majestät die Kaiierin innßt« noch das Zimmer bitten. Ihre Stelle vertrat an Seite Sr Majestät des Kaisers Idre königliche Hobest Prinzessin Heinrich Gäste lvaren »och Prinz .Heinrich. Prinz und Prinzessin Friedrich Leopold, Prinzcistn Friedrich Ferdinand von Schleswig-Holstein- Sonderbnra-Glücksburg, lieber den Familienkreis hinaus waren noch anwesend: der Reichskanzler, der Staatssecretair des A»S- wärlige» Freiherr v. Marschall, der Oberstkämnierer Graf Otto zn Etolberg-Wenigerode. der Lberstschenk Fürst Hatzsetdt-Trachendrrg, der Obcrlrucksteß Fürst Radölin. der commondirend« General de- Ull. «„»aeurpl »«mwl von So«, da» dt» Uwgeönng de« Kaiser« und der Koffert» und der Ehrendienst. * Spandau, 12. Juni. S« Majestät dor Kaiser nah» hente vormttt^ mit dem Kronprinzen von Italien »nd de» Prtn- ea aa de» kriegsmäßigen Schießen der Mtlttatrschießschule Lheil. )ei demsrlbe» bildeten di« Offiäerr, welch« sänuatltch mit Gewehren versehen waren, zwei Züa», die Stamm-Mannschasteu einen Reserve- zua. Am Echlnß der Üebnng fand Parademarsch statt. Hieraus nahmen di« Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften die verschiedenen ltzewehrarten und Pulversorten in Augenschein. Inzwischen hatte Se. Majestät das 4. Garde-Regiment zn Fuß und da» 3. Garde- Grenadier - Regiment „Königin Elisabeth" alarmier» laste». Die Regimenter waren in kürzester Zeit feldmarschmäßig anSgeröckt und desnirten im Parademarsch vor Sr. Majestät dem Kaiser und dein Kronprinzen von Italien. Später wnrde daS Frühstück im Casino der Milttatrschießschule eingenommen, woraus dt« Herrschaftru nach üotsdam znrückkehrten. * Potsdam, 12. Juni. Z« Ehre» deö Kronprinzen von Italien fand heut« Abend 7 Uhr im Marschallsaal« de» hiesigen Stadtschloste« bei Ihren künigl. Hoheiten dem Prinzen und der iirinzejsin Friedrich Leopold ein Famtltendiner statt. Links von Ihrer künigl. Hoheit der Frau Prinzessin Friedrich Leopold, welch« die Mitte der Tafel einnahm, saß S«. Majestät der Kaiser, recht« der Kronprinz von Italien. Der Prinz Ruprecht von vaster» nahm ebenfall« an dem Familirndiner Theil. - Potsdam, 12. Juni. Heute Abend 9'/- Uhr fand in dem «enhast erleuchteten Muschelsaale de« Renen PalatS zu Ehren des »ronprinzen von Italien eine musikalische Abeuduntrrhal- tnng statt. Ihr« Majestät di« Kaiserin wnrde von dem Kronprinzen von Italien geführt und nahm an einem der tm Vordergrund« aus- >estellten kleinen Tische zwischen dem Kronprinzen von Italien und xm Prinzen Ruprecht von Bayern Platz: der Kronprinz von Italien saß znr Rechten Ihrer Majestät. Se. Majestät der Kaiser trug dir Uniform deS 1. Garde-Reglment« zu Fuß. Nach Schluß des Loncrrt« wurde der The« eingenommen. jtz. Berlin, 12. Juni. In der Arbeiterschutzcommissiou de- Reichstage- wurde heute die Vcrathung dcS 8- 120 der Novelle nr Gewerbeordnung (Fortbildungsschulen) fortgesetzt. Abgg. >r. Lieber (Lentrum) und vr. Kropatscheck beantragen, den Unterricht am Sonntag Bormittag zu untersagen. Aba. v. Kleist- Retzow beantrogt folgenden Zusatz: „Die Gemeinde-Fortbildungs- chnle find die jungen Leute »ur bann zu besuchen gehalten, wenn ie keine vom Staate anerkannte Innung»-, Fach- oder Fortbil dungsschule besuchen." Adg. v. Stumm erklärt sich gegen den obligatorische» FortbilLung-nnterricht überhaupt. Geh. Rath Loh mann bittet um Ablehnung aller Anträge. DaS größte Hinderniß ür den Fortbildungsunterricht sei der Mangel de« Verständnisses ür den Werth dieses Unterrichts und dieser Mangel sei nicht nur bei Arbeitgebern und Eltern, sondern auch bei Gemeinden zu be klagen. Die Regierungsvorlage treffe das 'Richtige. Bet der Ab- limmnng wird der cr,t« Theil d«S Antrag- Kropatscheck: „Bor und während deö Gottesdienstes am Sountag Vormittag darf der Unter richt nicht ertheilt werden", abgelehnt. Der zweite Theil de« An trags Kropatscheck: „An Werktagen ist der Unterricht in die Arbeits zeit der jungen Leute zu legen", mit 15 gegen 10 Stimmen an- enommen. Dagegen stimmen u. A. die Freisinnige» Schmidt- Iberseld und »raus«, sowie Abg. Haehnle (Bolköpartei). — Hierauf folgt die Berathung deS 8- 126, welcher zu derselben Materie (LehrlingSverhättniffe) gehört. Dl« Regierungsvorlage enthält keine Abänderungsvorschläge zu de» geltenden Bestim mungen. «bg. vr. Hirsch beantragt folgenden Zusatz zu dem Paragraphen: „Der Unternchiner hat für dt« Erhaltung der Gesundheit der Lehrlinge Sorge zu trage«, insbesondere durch eine geregelt«, nicht übermäßige Arbeitszeit und dnrch Beschaffung geeigneter Arbeit«, und Schlafräume." Die Socialdemokraten beantragen folgenden Zusatz: ,Ln häuslichen Dienstleistungen, sowie zu Arbeiten, die mit dem Berus nicht in direkter Beziehung stehe», ist der Lehrling nicht verpflichtet. Dir täglich« Arbeitszeit des Lehrling- darf 10 Stunden, ansschließlich der Pansen, nickst überschreiten." Geh. Rath Lohn, ana macht daraus anfmerksam, daß da-, wo- der Antrag Hirsch will, be^it« an anderer Stelle der Vorlage vorhanden sei. Aber auch mit dem Antrag Bebel könne er sich nicht befreunden. Die Handwerker aus dem Laude müßten doch berechtigt sein, ihre Lehrlinge auch zu audcrcn Dienstleistungen zn verwenden. — Tie Bcrathnng wird Sonnabend fortgesetzt. Aus dem Reichstage. preußischer Laudtag. *Berlin,1l.Juni DerBerichtderverstärktenUrlterrichtS- co,nmission deS Abgeordnetenhauses Üb« de» Ge- etzentwurs, betreffend die Schulpflicht, erstattet von dem Abg. Höppner, ist soeben erschienen. Der Gesetzentwurf ist der Kommission mit nicht sehr erheblichen Aenderungen mit 16 gegen K Stimmen angenommen worden, kommt im Plenum aber nicht mehr zur Bcrathnng. Das Abgeordnetenhaus nahm heute den Gesetzent wurf über das Notariat in der vom Herrenhause abaränderten Fassung on blae an und erledigte einige Wahlprüfunaen ewic Petitionen ohne besondere« Interesse. Unter den üblichen Förmlichkeiten wurde alsdann die letzte Sitzung in dieser Session geschlossen. Der Schluß de« Landtag« ersvlgt morgen Nachmittag drei Uhr in einer vereinigten Sitzung der beiden Häuser und zwar, wie man annimmt, durch den Bicrpräsi- dcntcn dcS StaatsministeriumS v. Boetticher. Aus München. O> München, 12. Juni. Seit einiger Zeit konnte dar Gerücht von der bevorstehenden Pensionirung des Generalarztes und Univer- itätsprosessorS GcheimrathS vr. v. Rnßbaum wegen Versagens seiner körperlichen Kräfte nickt mehr zum Schweigen gebracht werden. Leider bewahrheitet sich nun dasselbe vollständig. So klastisch »nd frisch der Geist de» berühmten Ehirnrgen noch ist, so wenig widerstandsfähig zeigen sich die körperlichen Kräfte. N»ß- bauin ist völlig taub, nahezu lahm, dabei leidet er noch an hoch- gradiger Schwäche der Augen und Atrophie der linke» Hand. Scho» länger — noch unter Minister v. Lutz — schwebte« Verhandlungen, ilm zur Ausgabe seines Amte- zu bewegen, welche jedoch, weil vielleicht zu schroff geführt, scheiterten. Der Nachfolger v. Lutz', Iw. v. Müller, hat die heikle Ausgabe mit weit glücklicherer Hand ungefaßt und einer befriedigenden Lösung «utgegen- geführt, v, Nußbaum willigt in seine Pensionirung, erbtttet vielmehr difte nun selbst, doch wird sie vorläufig noch eire zeitlich begrenzte sein, da er von der Ruh« eine erhebliche Besserung seine- Zustande- sich erhofft. Lultusminifter von Müller würde übrigen- auch iin andern Fall die Angelegenheit mit aller Energie betrieben lxibcn, da er von der anerkennenSwerthen Ansicht nusgeht, der diri- girendc externe Arzt des Krankenhauses, der auch Patienten ohne deren Willen unter die Hand bekomme, müsse nicht nur i« Vollbesitze der geistigen, sondern auch in dem der physischen Kräfte sein. Tie Entscheidung des Prinzreaenten auf da- Gesuch Niißbcimn's dürste noch heute erfolgen. — Herr von Müller wird in seiner Eigenschaft als llultusminister im Lause der nächsten Tag« noch einigen hiesigen Lehranstalten und hierauf de» Universitäten Würz- bürg und Erlangen einen Besuch abstatte». WEgen Wiederbelebung de- »rzbischöslichenStuhle« inBamberg ist maßgebenden OrtS noch nicht Las Geringste geschehen und sind alle gegentheiligen Meldungen grundlos. Nachdem wegen vorgerückter Zeit die Angelegenheit daS nächste Consistortum in Rom nicht mehr beschäftigen könnte, ist der Zeitraum bis zinn folgenden Lviisistorinm ein so genügender, daß die Personensrage mit aller Muße behandelt uad erwogen Werder- kan», z. Z. aber noch nicht einmal In« Auge gefaßt wurde. Ebenso grundlos ist da« Gerücht über l-estnndene Rücktriltsgelüste Minister von Riedel'S in Folge der jüngsten Allerhöchsten Handschreil-en. Die Entscheidung des Prinzregenten in Sachen de« jüngste» MinisterwechjetS wnrde den Ministern Vormittag« nach 9 Uhr be kannt, und schon vor Nachmittag- 1 Uhr — also nach e «Wa tt ber drei Stunden — waren dtesrlben im Besitz« der Aller- höchsten Handschreiben, deren eine- bekanntlich den Fjnanzmlnistcr in aiiSzeichntndster Weise ehrte. — Ob ber Landtag zu einer kurzen Herdstieision beruseu wird, läßt sich z. Z. noch nicht übersehen, dürfte jedoch höchst wahrscheinlich der Fall sei l. Wenn ja, würde di» Emberusung lediglich ans Veranlassung deS Krieg-minister» erfolgen, der indeß ei» diesbezügliches Verlangen noch nicht in Aus- sicht gestellt hat. Sollte die deutsche Militairvorlage für Bayern außerordentlich« Credit« erheischen, würde die Einberufung aller- ding« nothwendig. Im andern Falle würde eS wohl bei der bis- hengen Praxis der nachträglichen IndeumilätSerlbiilnng der Volk«- vertretniM sei» Bewenden hoben. — Da« Besmden v. Lutz', da« gestern Bormittag zu den schwerste» Befürchtungen nnr zu bc- gründet« Veranlassung bot, hat sich tm Lauft de« gestrigen Abend« und der Nacht überraschender «eift wesentlich gebessert, so daß die Aerzte einige Hoffnung ans weiter« Fristung bä Lffftttö habe«
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