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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.09.1891
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18910904018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891090401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891090401
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- Fehlbindung: S. 5663 vor S. 5662
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-09
- Tag 1891-09-04
-
Monat
1891-09
-
Jahr
1891
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Abend-Ausgabe: die bgespaltene Petitzeile 40^L,Reclamen unter dem Redaetiousftrich <4grspalten> 1 ^l, Familiennachrichten und Anzeigen verlorener Gegenstände (Ogespaltrn) 20-^. Größere Schriften laut unserem PrrtS- verzeichaiß. Tabellarischer und Zrffernjatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-An-gabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 7V.—. / Ännahmeschluß fir Znsernie: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgea-AuSgab«: Nachmittag» 4Uhr. Sonn- und Festtag- früh 9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je eine halbe Stunde früher. Inserate find stets an die Er-edtttoa zu richten. M. Freitag den 4. September 1891. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, die Laudtagöwahl betreffend. Tie Listen der in dem I. Wahlkreise der Stadt Leipzig wohnhaften, für die bevorstehende Landtagstvahl stimin- bcrcchtlgte» Personen liegen von Freitag, den 4. dieses Monats, an bis mit Donnerstag, den 10. dieses Monats, — einschließlich de» dazwischen liegenden Sonntags — von Vor- mittag» 8—1 Uhr und Nachmittags 8—6 Uhr, und zwar für die in Alt-Leipzig mit A»Sfchl»f; der Tclitzscher nnd Erlen,traste wohnhafte» stimmberechtigte» im Stadthausc, Lbstmarkt li. Hl. Stock, Zimmer 151, und für die in Lcivjig-Entritzsch und Lripzig-bLohlis ein- schltefzlich der zwei vorbczeichnctcn Strafzeit Alt-LripzigS wohnhaften Stimmberechtigten im vormaligen (ÄcmeindcamtLgebäude zu Leipzig- Gohlis, tttrchplat; 1, I. Stock, für die Belheiligten zur Einsicht an». Einsprüche gegen diese Listen sind nur bis znm Abläufe drS 7ten TageS, von der erfolgten Auslegung der Wahlliste au, also biS mit Donnerstag, den 10. dieses Monat», Nachmittags « Uhr zulässig. Leipzig, den 1. September 189l. Ter Rath der Stadt Leipzig. Ik. 63. vr. Georgi. Clauß. Ter 1. Wahlkreis der Stadt Leipzig »msaszt folgende Straßen und Plätze All-LeipzigS: Auguslusplatz 3d, 4, 5 und 6, Pahnhosstraßc, Barfußgäßchcn, Berliner Straße, Vlücherplatz, Blücherstraße, Böttchergäßchc», Brühl, An der l. Bürgerschule, Burgstrabe, Delitzscher Straße, Eberhardstraße, Erlcnstraße, Eutritzscher Straße, Aercirplatz, Große und Kleine Fleischergasse, Georgen- straße, Gerberstraße, Gewandgüßchen, Gneisenanslraße, Gohliser Straße, Goldhahngäßchen, Goelheslrnßc, Gothijches Bad, Griinmaische Ekaße, Hainslraße, Hallesche Straße, Humboldtslraße, Katharinen- sttaße, Krilstraße, Klostergasse, ttupsergäßchen, Lühr's Platz, Löhr- straße, Aeußere Löhrstraße. Lortzingslraße, Magazingasse, Dlarkt, Naschmarkt, Neukirchhof, Neumarkt, Nicolaikirchhos, Nicolaistraße, Nordplatz, Nordstraße, Packbosstraße, Parkstraße, Parthenstraße, Peterskirchhos, Petersstraße, Psasfendorfer Straße, Plaucnschcr Platz. Plauensch« Straße, Preußcrgäßchen, Reichsslraßc, Ritterslraße, Salz- züßchen, Schillerslraße, Schloßgasse, Schuhinachcrgäßchen, Schul- lrahe, Sporergäßchen, Tkeatcrgasse, Theaterplatz, Theresienstraße, Thoniasgäßchen, Thomaskirchhof, Töpfcrstraße, Userslraße. llniver- siiätsstratze, Wintergnrtenstraße, Porkplatz, Borkslraße und Zöllner- slraße, austerdem sämintlichc Straizen nnd Plätze von Lcipzig- Eutrttzsch und Lcipztg?(Äoh>is. k- Bekanntmachung. Tie Metzbörse für die Lederindustrie in nächster Michaelis- messe wird Dienstag, den 22. September d. I.» Nachmittags von 2—4 Uhr im Saale der „Neuen Börse" hier abgehalten werden. Leipzig, den 21. Juli 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Pücker. Bekanntmachung. Ter Preis für den in den städtischen Gasanstalten erzeugten Kols beträgt loco Gasanstalt 1 und loco Gasanstalt ll von heute an: für den Hektoliter Steinkohlen-Großkoks 1 20 - - - - Klcinkoks — »85 - » « » zerkleinerten Stcinkohlenkoks, sogenannten Mcidinger-KokS 1 - 25 - » « » Braunkohlcn-Koks — - 55 - » « « Steinkohlcn-PcrlkokS — « 60 - - - - Stcinkvhlenkoks-GrnS — - 25 « Preis bei Abnahme größerer Posten nach Vereinbarung. Tic Marken zur Koks- und Grus-Entnahme sind gegen Baar- Izahlung, soweit die Vorräthe an Koks rc. reichen, in den Geschäfts- Isiellcn der Gasanstalten zu erkalten. 1 Zur größeren Bequemlichkeit des Publicums liefert die Gas- lanstalt den ttoks auch frei ins Haus Leipzig. Tie Kosten hierfür Ibctragcn bei jeder Sorte 15 ^ für den Hektoliter. Tie Liescrung »geschieht dann in plombirten Säcken. Etwaige Bestellungen wolle Iman entweder mündlich oder durch die Post in den Geschäftsstellen Ider Gasanstalten oder in der Rechnung»- und Cassenvcrwaltung »der Gasanstalten, Rittcrstraßc Nr. 6, machen. Ferner haben wir bei Herrn Karl Kleine, Herrn Fr. Rohr'S Nachf., Sidonienstr. 5, Herren Beruh. Kranz L (!o., Südplatz 8 und Leipzig-Plagwitz, Gleisstraße, Herrn X (tz. Steinborn, Zcitzcr Straße 17, V'erri, A. Tanini, PeterSstcinwcg 21, Herrn Karl Käppel, Ranslädtcr Steinweg 25, Herrn W. Helbig, Davidstraße 3, Herrn Albert Tdicme, Eutritzscher Straße 19, Herrn F. A. Günther, Davidstraße 8, Herrn Ferd. Grabau, Tauchaer Straße 25/ Hccri, Robert Nünncr, Gustav Adolphstrab« 45, .Herrn Fr. Schnnrbnsch. Windmüblenweg, Herrn Fritz Bärwols, Leivzig-Plagwitz, Nonnenstr. 17, "errn Rudolpl, Heinrich Nachf., Leipzig-Plagwitz. Gleisstraße, Herrn LoutS Köckr, Leipzig-Connewitz, vermannstraße 20, ein Lager der sämmtlichen Kokssortcn errichten lassen und kann die Entnahme zu den obcnbezcichneten Preisen auch an diesen Stellen geschehe», an welchen der Koks ebenfalls in plombirten Säcken gehalten wirb Leipzig, am 1. September 1891. De» Raths Deputation zn den Gasanstalten. Bekanntmachung. Durch Herrn Friedensrichter Pätz sind dem Unterzeichneten Vereine nachstehende Sühnegelder übenviejen worden in Sachen A. H. '/. Fr. H- - I. U. /. A. H. . . I. A. H. '/. C. W. R. EN.'/. FH- - - «. H. « E. . . I. W. W. '/- H. O. ». Sch. '/. B. R. . «. D.N. . . 1 50 2 » — 57 50 Worüber hierntit dankend quittirt wird. L.-Anger, den 3. September 1891. Der Kirchrnbau-Berein zn Lcipzig-Anger-krottendorf und NkuseUcrhanskn. Map Gritbner, d. Z. vors. Bekanntmachung. Ter ossicielle Anfang der diesjährigen Michacltsmesse ällt auf den 28. September, und es endigt dieselbe mit dem 17. Lctober. Während dieser 3 Wochen können alle in- und NNSländischkN Handelsleute, Fabrikanten und Gewerbtrcibcnde ihre Maaren hier vsscnllich seilbieten. Doch kann Ser (tzroszl,anbei in drr bisher üblichen Weise bereits in der z»m Anspacken bestimmten Borwoche vom 21. September an betrieben werde». Tas Anspacken der Waaren ist Len Inhabern der Mcßlocale in den Häusern ebenso wie den in Buden und auf Ständen seil halienden Verkäufern in der Woche vor der Böitchcrwoche gestattet. Zuin Einpackc» ist da» Lfseiihaltcn der Mcßlocale i» den Häusern auch in der Woche nach der Zahlwoche erlaubt. Jede frühere Erössnnng, sowie jedes längere Lssenbalten eines olchen Bcrkausslocalcs, ebenso daS vorzeitige Anspacken an den Ständen und in den Buden wird, außer der sofortigen Schließung jedesmal,^selbst bei der ersten Zuwiderhandlung mit einer Geldstrafe bis zn 75 oder entsprechender Hast geahndet werden. Auswärtigen Spediteure» ist von der bauptzollamtlichen Losung des Waarcnverschlusses an bis Ende der Woche nach der Zahlwoch« das Speditionsgeschäft hier gestattet. Leipzig, den 21. Juti 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. ör. Tröndlin. Pücker. Bekanntmachung. Die Lieferung der zu den nächstjährigen städtischen Schleußen- bautcn erforderlichen gußeiserne» SchicnßkllVrckcl soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und die Zeichnung für diese Lieferung liegen in unserer Tiesbau-Verwaltung, Rathhaus, 2. Stockwerk, Zimmer dir. 14, aus und können daselbst cingejehcn oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 75 H, welche auch in Briefmarken cingcsendet werden können, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Liescrung gnßeiscrncr Schlcntzendcckcl tm Jahre 1892" versehen ebendaselbst, und zwar bi» zum 15. September d. I, Nachmittags 5 Uhr einzureichen. Ter Rath behalt sich das Recht vor, sämmtliche Angebote abzulehnen. Leipzig, den 27. August 1891. Des Raths der Stadt Leipzig la. 4562. Straßcnbau-Tkputatto». Bekanntmachung, die Erniicthnng von Wohnräumrn zur zeitweiligen Benutzung als Tchulclassc»,immer in Lcipzig-Lindenan bctrrsscno. Soweit die an den Volksschulen zu Leipzig-Lmdcuau zu Lslern 1892 voraussichtlich neu zu bildenden Schulclastcn in den bestehenden Schulgebäuden nicht untergcbracht werden können, solle» für diese Elaijcn einslweilen Mielhräume benutzt werden. Hausbesitzer, welche geeignete Räume am 1. April 1892 hierzu zur Verfügung stellen wollen, werden ersucht, ihre Angebote unter Bezeichnung des Hausgrundstiicks nach Straße und Hausnummer und unter Angabe der Lage, Zahl und Größe der angebotenen Räume und des zu zahlenden Mierhzinses in unserer Schul- expedition, Kaiharincnstraßc Nr. I, 1. Etage, bis zum 20. d. M. abzugeben. Leipzig, am 1. September 1891. Der Rath der Stadt Leipzig ? orgi. Mannschatz. Bekanntmachung. Nachdem sich häufig die Fälle wiederholen, daß seitens der jenigen Versicherten, welche den Bezirk der Unterzeichneten Lris- krankencasse verlassen, die hier in Aufbewahrung befindliche» Quilinngs- kartcn für die Invalidität-- und Altersversicherung nicht abgehvlt werden, wodurch nicht allein dem Versicherten Zeilveriäumnisic und Ausgabe» an Porti verursacht, sondern auch die Geschäfte der Lasse, soweit es sich um die Jnvalidiiäts- nnd Altersversicherung handelt, dnrch den »msaiigreichen Briefwechsel erschwert werden, so wird zu Vermeidung solcher Uebclstände hiermit wiederholt bekannt gemacht, daß Versicherte im Falle ihres Wegzuges aus dem Lassen- bezirke die Quiitungskartc Nicolaikirchhos 2, 1 Tr., Zimmer 2, in Empfang zu nehmen haben. Leipzig, am l. September 1891. Die Lrtskrankcncasse für Leipzig und Umgegend. Albert Brockhaus, Vorsitzender. Bekanntmachung. Nachdem die kranken- und Bcgräliiiißcasse der Schlosser zn Leipzig und Umgegend in ihrer Generalversammlung vom 14. März dieses JabrcS beschlossen hat, vom 1. September 1891 ab ans die Rechte des ß. 75 deS Krankenversicherungsgcsetze-s zu verzichten, nimmt die Unterzeichnete Caise Veranlassung, die Herren Arbeitgeber darauf hinzuwciien, daß versicherungspslichtige M lglieder dieser Lasse nach der Vorschrift des Krankenversichernngsgesetzes binnen 3 Tagen, vom Erscheine» dieser Bekanntmachung an gerechnet, mittelst des voraeschriebcnen Formulars zur Anmeldung zu bringen sind. Bei Nichteinhaltung dieser Meldefrist treten die Nachtheile der 8Z. 50 und 81 des angezogenen Gesetzes in Kraft. Leipzig, am l. September 1891. Tie LrlSkrankenrassc für Leipzig und Umgegend. Albert BrockhauS, Vorsitzender. R. Oie neue Lage und England. Bei der Veränderung der internationalen Lage, welche durch die Annäherung Rußlands an Frankreich bedingt ist, bat England am schlechtesten abzcschnitten, es ist von der Bestimmung über die europäische Politik so gut wie ausge schlossen, weil Frankreich seine Verfügungen ohne Rücksicht aus England trifft. Natürlich bat die englische Flotte durch die Kronsiädter Feste nicht an Bedeutung verloren, sic ist nach wie vor daS Werkzeug, durch welche» England seine Herrschaft zur See auSübl, aber der Schwerpunct der politischen Entwickelung ist jetzt wieder mehr, als noch vor Kurzem, auf daS Festland verlegt. Zur Zeit der Begrüßung Kaiser Wilhelm'- und deS italienischen Kronprinzen i» London bildete das freundschaft liche Berbältniß Englands zum Dreibunde die (Grundlage für »u erkennen gegeben. DaS hatte auf Frankreich einen Übeln Eindruck gemacht und zu erneuten Mahnungen aus England wegen Räumung Egyptens Anlaß geboten, aber England fühlte sich dadurch nicht beunruhigt, eS berief sich auf seine früheren Erklärungen und vertröstete Frankreich auf die Zukunft. Dann kam der Besuch dcö französischen Geschwaders in Kronstadt, und England empfand sofort, daß dadurch seine politische Stellung eine Veränderung erlitt, welcke auf irgend eine Weise wieder eingebracht werden müsse. Die Absicht deü Geschwaders, auf dem Rückwege nach Frankreich Portsmouth zu berühren, wurde deshalb von England benutzt, um seine angebliche Freundschaft für Frank reich möglichst bervorzukehren, aber cs wollte trotzdem nicht die rechte FestesstimmunH Raum gewinnen, die Veranstaltung blieb in den Grenzen höflicher und zuvorkommender Formen, ohne von der Volksstimmung getragen zu sein. Die Spuren des Besuches in Portsmouth sind deshalb schon heute verwischt, während man in Paris damit be schäftigt ist, die Kronstädtcr Feste durch ein Denkmal in Gestalt zweier Frauen zu verherrlichen, welche einander die Hände reichen. Salisbury hat sich beim Empfange der französischen Sceosficicre fern gehalten, um ihn der politi schen Bedeutung zu entkleiden, während doch die englische Politik gerade aus Erzielung eines politischen Erfolges dem neuen Bunde gegenüber gerichtet war. DaS sind Widersprüche, die sich aus der zweideutigen Haltung Englands mit Nothwendigkeit ergeben. Die voll ständige Ne»tralität, verbunden mit LiebeSblicken nach ver schiedenen Seiten, muß früher oder später zu einem unleid lichen und unhaltbaren Zustande führen und der Macht, welche solche Schaukelpolitik treibt, alle Sympathien entziehen. Was hat der Dreibund unter solchen Umständen von England zu erwarten'? Es schien wirklich eine Zeit lang, als wolle Eng land neue Wege einschlagen und sei zu der Einsicht gelangt, daß seine Wcltstellung auf die Dauer erst aufrecht zu er halten sei, wenn eS nicht in Europa nach einer bestimmten Seite hin Partei ergriffe. Schon Sir Randolph Churchill hatte eine solche Anwandlung, als er die Interessen Eng lands und Oesterreick-UngarnS auf der Balkanhalbinsel für solidarisch erklärte, aber es ist bekannt, welch klägliche» Ende dieser Versuch, England au« seiner Lethargie auszurütteln, genommen hat. Churchill hat cingeseheu, daß eine solche Wendung der englischen Politik bei seine» Landsleuten nicht populär ist, daß bei diesen die handelspolitischen Interessen den politischen vorangeben und daß man deshalb die Politik der unbedingten Neutralität und Nichteinmischung jeder Partei nahme verzieht. Tie Folgen solcher Politik lassen nicht auf sich warten, die Sympathien des Dreibundes für England sind auf den Nullpunct hcrabgcsuiiken, und die Gruppe Frankreich-Ruß land geht ihre eigenen Wege, welche England keineswegs zum Nutzen gereichen. Seit einigen Tagen geht die Nachricht durch die Presse, daß Rußland und die Türkei einen Vertrag dahin abgeschlossen habe», daß der Weg durch die Dardanellen den russischen Kriegsschiffen offen siebe, daß dagegen daS Verbot der Durchfahrt den anderen Mächten gegenüber auf recht erhalten bleibe. ES ist möglich, daß die Nachricht falsch ist, aber in England wird sie ernst genommen, und die. „Times" saßt ihr Urtbeil darüber dabin zusammen, daß durch solchen Vertrag die Räumung Egyptens auf unbe stimmte Zeit vertagt werde. DaS ist eine sehr wohlfeile Art, über eine für England so ernste Angelegenheit hinweg zu- kommeii, denn England würde Egypten so wenig räumen, wenn die Dardanellen russischen Kriegsschiffen verschlossen blieben, als das geschehen würde, wenn die Kanonen der Dardanellen bei der Durchfahrt russischer Kriegsschiffe schweigen. England zeigt auch bei diesem Anlaß wieder, daß die Mächte des Festlandes sichEngland gegenüber alles erlauben dürfen, eS sei den» daß England die Macht in Händen hätte, ihnen die Spitze zu biete». An Afrika, wo da- der Fall ist, läßt England keine Gelegenheit vorübcrgchcii, um seine Ueberlegenheit zur Geltung zu bringen, aber in Europa genügt es, eine Thal sache zu schaffen, um England zu ihrer Anerkennung zu zwingen. Die Schließung der Dardanellen hat lange Zeit als eine der Grundlagen gegolten, auf welchen das europäische Gleich gewicht beruht, die Sicherheit der Türkei in ihrem Dasein als selbstständige Macht erschien dadurch gewährleistet, aber daran hatten die englischen Staatsmänner nicht gedacht, daß Rußland, welches den Pariser Vertrag vom 3l. März 1856 zerrissen und sich den Zugang ins Schwarze Meer erzwungen bat, auch eines Tages sich die Dardanellen öffnen könnte. Die Nichtigkeit der Nachricht vorausgesetzt, kommt eS dabei wesentlich darauf an, ob die Türkei sich zu diesem Zugeständ niß auS eigenem Antriebe berbeigelassen hat und sich ihre Rechte vorbchält, falls Rußland von der eingeräumten Be- fuzniß einen zu weil gehenden Gebrauch machen sollte. Die Hauptsache bleibt immer, baß die Türkei die Macht in Händen behält, die Durchfahrt von Schiffen durck die Dar danellen z» verhindern, und daß sie sich dieser Macht nicht bedingungslos begiebt. Nach Lage der Verhältnisse kann daS nicht anders sein, »nd deshalb ist England gar nicht in der Lage, dagegen Einspruch zu erhebe», und die anderen Mächte werden sich hüten, einem englischen Widerspruch gegen die Leffnung der Dardanellen für russische -Kriegsschiffe sich anzuschließe». Englanv bat sich deS Rechtes beheben, auf europäische Verhältnisse noch ferner Einfluß zu üben, nachdem eS rund heraus erklärt bat, daß eS bei allen internationalen Ver wickelungen nur seine eigenen Interessen zu Rathe ziehen, aber niemals für das Interesse anderer Mächte eintrelen werde. Nach solcben Erklärungen haben die übrigen europäi scheu Mächte alle Ursache. England gegenüber genau dieselben Grundsätze für ihre Politik in Anwendung zu bringen, und Deutschland kann davon keine Ausnahme machen. Lord Derby berief sich einst im englischen Parlament darauf, daß Fürst BiSmarck ihm gerathen habe, nach Egypten zu gehen. Es war schmachvoll für einen englischen Staatsmann, sich für eine von ihm verfügte und gebilligte Gcwaltthat auf die Zuftimliiung eines auswärtigen Staatsmannes zu berufen, lußerdem war diese Berufung unwahr, und dadurch wurde ^künsi.'ieGestciltung der politischen «-rbältnisse. Deutsch- ^-'englische Handlungsweise "nur um so unverantwortlicher Zuneigung und Freundschaft für England und Oesterreich- st-hl England alle.», w.e eS chm gebührt. Ungarn hatte sein Eiovrrstaudmb zu dieser Haltung io Fiume Leipzig, 4. September. * Der Empfang, welcher Kaiser Wilhelm gestern Donnerstag in Horn zu Theil wurde, war ein überaus herzlicher. Kaiser Franz Josef, König Albert, Prinz Georg von Sachsen, Erzherzoge Karl Ludwig und Franz Ferdinand- Este, Graf Kalnoky, der KricgSministcr und der Landesver- theidiguiigöminister hatten sich dazu eingefunden. Der Kaiser war in der Gencralscampagne-Uniform, der König von Sachsen und der Prinz Georg von Sachsen waren in den Uniformen ihrer österreichisch-ungarischen Regimenter. Der Sondcrzug Kaiser Wilhelm's lief 7 Uhr 47 Minuten ein. Der Kaiser, in Paradeuniform des österreichisch-ungarischen Husarenregimcnts, entstieg rasch dem Hossalonwagcn als Kaiser Franz Josef ihm cntgcgeneilte. Die verbündeten Monarchen umarmten und küßten sich dreimal. Hierauf begrüßte der Kaiser Wilhelm in wärmster Weise den König von Sachsen, den Prinzen Georg von Sachsen und die Erzherzoge. Nach Vorstellung deS beiderseitigen Gefolges fanden, auözeichncnde Ansprachen beider Kaiser an Caprivi, Kalnoky und andere Persönlichkeiten deS beiderseitigen Gefolges statt. Ungeachtet der militairischen Kürze trug die Begrüßung den Charakter der allergrößten Herzlichkeit, wie sic nur va möglich ist, wo zur politischen Ver bündung die wärmste persönliche Freundschaft hinzulritt. Nach der Bewillkommnung stiegen beide Majestäten »u Pferde und ritten, der deutsche Kaiser zur Rechten des Kaisers Franz Josef, unter dem Jubel der Bevölkerung in die Stadt, wo die Begeisterung beim Anlangen der Kaffer an der Triumph pforte den Höhepunct erreichte. In der ganzen Stadt sandeii ununterbrochen enthusiastische Kundgebungen seitens der zahlreich anwesenden Bevölkerung statt. Nach dem Ver lassen der Stadt ritten Ihre Majestäten der Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Joseph gemeinschaftlich nach der im Süd west gelegenen Türkcnwiese, aus welcher die Erzherzoge Albrecht und Wilhelm, Graf Flemming, der Chef des General stabs und die Oberleiter der Manöver mit der ersten Cavallerie-Division und der 49. Infanterie-Brigade der erlauchten Gäste warteten. Se. Majestät der Kaiser Wilhelm begrüßte dir Erzherzoge auf daS Herzlichste, ebenso den Generalstabschef huldvollst und besichtigte alsdann an der Seite deS Kaisers Franz Joseph die Truppen, welche die Ehrenbezeugungen feldmäßig leisteten. Nach der Revue ritten die Ma>estaten gemeinschaftlich in das Manöverfeld. Die Stadl ist auf das Festlichste mit deutschen, österreichischen, preußischen und sächsischen Fahnen geschmückt. Vom Bahnhof aus hatten bei der Ankunft der Majestäten die Veteranen den Festweg entlang Spalier gebildet. Die Begrüßung der Majestäten durch die Bevölkerung war eine äußerst herzliche. * Der Glückwunsch, welchen der Kaiser Wilhelm von Kiel ans telegraphisch dem Kaiser Franz Josef von Oesterreich zu dessen Geburtstag am 18. August übersandte, batte folgenden Wortlaut: „In treuer und aufrichtiger Freund schaft sende Ich Dir zu Deinem Geburtstage Meine innigsten Glück- und Segenswünsche. Gott schirme und erhalte Dich auch ferner zur Freude Deines Hauses, sowie zum Heile Oesterreich-Ungarns »nd seiner Völker." -Nach einem Londoner Drahtbericht erfährt die „Trutb", daß Kaiser Wilhelm die Königin Victoria eingeladen habe, nächstes Frühjahr vierzehn Tage auf Schloß Stolzen fels am Rhein zuzubringen. DaS schloß und dessen Garten würden jetzt wesentlich verschönert, das Innere deS Schlosses neu auSgeschmückt. DaS Journal „Trutb" hat sich nicht immer in seinen Mittheilungcu als zuverlässig erwiesen. * Dem „Berliner Tageblatt", das ein eifriger Vorkämpfer für die Zollfreiheit deS Getreides ist, geht aus Pest eine Meldung zu, daß die deutsche NeichSregierung in Ungarn, Rumänien u. s. w. große Kornankäufe vornehme. An diese Meldung schließt nun daS genannte Blatt die Bemerkung, daß man durch die etwa eintretende „Ermäßigung der Zölle ein Steigen der Weltmarktpreise" erwarte. Diese Aeußerung ist daS 1'nuctum euliens der Geschichte. Es ist darin auSgedrückt, daß, wenn die von freisinniger Seite geforderteZollermäßigung eintritt, diePrcise steigen und damit gewisse Leute profitiren und weiter hat eö keinen Zweck. * Mit dankenöwcrther Aufrichtigkeit enthüllen die in Zürich erscheinenden socialdeniokratischen „Jahrbücher für ^ocialwissenschaft und Socialpolitik" daS Verfahren, welches den socialdemokratischen Hetzern für ihre Wühlarbeit auf dem Lande anempsohlen wird. In einem Aufsatze: „Die Agitation unter den Bauern erhalten die socialdemo kratische» Bauernapostel Anweisung, auö welchen GcsichtSpuncten sie ihre Evangelien predigen sollen. Zunächst wird der Bauer als ein roher, gefühlloser und selbstsüchtiger Mensch hingestcllt. „Bei keinem Stande der Welt", so beißt eS wörtlich, „ffl die Selbstsucht so entwickelt» wir bei dem Bauernstände. Eine über daS Thierische hinausgebende Liebe der Eltern zu den Kindern, welche sich auf mehr erstrecken würde als ihre Äufziebung und Pflege m den Jahren der Unbehilflichkeit, kommt beim Bauer selten vor. Sein Besitzthum geht ihm über alles, eS ist ihm theurer als Weib und Kind. Muß sein Sohn Soldat werden, so ärgert eS ihn hauptsächlich deswegen, weil er an seiner Stelle jetzt einen bezahlten Knecht halten muß." Diese „grenzenlose Selbstsucht" werde den Bauer verhindern, Locialdemokrat zu werden. Deshalb müsse dem Bauer klar gemacht werden, daß die socialdemokratische Partei seine materiellen Interessen bester zu fördern im Staude sei als die anderen Parteien, damit so der Bauer „wenigstens den stillen Beobachter spielt, der uns nicht entgcgentritt". Der ver schuldete Bauer soll auf den StaatScredit verwiesen und zugleich gegen den Steuer-Executor ausgebctzt werden! Wo die mündliche Agitation nicht möglich sei, muffe die schriftliche eintrcten: durch Zeitungen, Kalender und ErbauungSbücherl „Erbauungsbücher", heißt eS wörtlich, „hätten den Vortheil, daß sie vom Bauer mit einer gewissen Sorgfalt gelesen werden und er Dinge, die im Erbauungsbuche stehen, leichter glaubt als andere. Die Kunst bestände nur darin, ein Er- bauungSbuch ru schreiben, daS, erbaulich beginnend, unvermerkt aufreizend wurde. Auch wäre eS nicht „ohne", in bereits be stellende Erbauung-- undGebetbücher einige Bogen socialistischcn Inhalt-hineinzuhrsten. Diese ErbauungSbüchcr wären gewisser maßen da» Gegenstück zu den Bauernzeiluugen, die letzteren für di« intelligenteren, di« «rsterea für die noch in drr »Nacht
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