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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.10.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189010290
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18901029
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18901029
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-10
- Tag 1890-10-29
-
Monat
1890-10
-
Jahr
1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.10.1890
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Kr-artion und Erprdition Johannesgasse 8. Sprechstunde» der UrdaNion: Vormittag- 10—12 Uhr. Nachmittag- 5—6 Uhr. -Ir n» NU«l-ad, em^eiaadirr M-»»Icri»ie «»cht stch t>e Üicdacuvn nicht »erdiatUch. Annahme der für die «Schstfal-eade Numiiier brstimmten Anje rate an Nochrntagrn bi- 3 Uhr Nachmittag», an La»»- »nv Festtagen früh bis' ,v Uhr. 2» drn Filialen sur 2»s.-A»»at>me: Otto lUrmmS Sorttm. (Alfred Haha), Universität-sirasje 1, Louis Lösche, Kathariaensir. 14 part. »nd König-Platz 7, mir bis ' -3 Uhr. Mbonnem entSpreis vierteljährlich »>/, Mk. iacl. Bringerlohn 5 Mk., durch dt« Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne lliummer Ä) Pf. Belegeremplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilagen <in Taaeblatt-Format gesalzt! ohne Postbesörberung 60 Mk. mit Postbesörderung 70 Ml. Inserate 6 gespaltene Petitzeile L0 Pf. Gröbere Schriften laut uns. Preisverzeichnis. Tabellarischer,:. Zifsernsatz nach hüherm Tarif. Nrllamrn nnter dem Redaction-strich die 4gespalt. Zeile SO Ps., vor denFamtltennachrichtea die bgespaltene Zeile 40 Ps. Inierate find siet- an di« Expedition za senden. — Rabatt wird nicht gegeben.. Zahlung praevumenuicio oder durch Post- nachnahme. 3V2. Mittwoch den 29. October 1890. 81. Zahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Zur Verhütung etwa möglicher Unfälle bei dem Betriebe pneumatischer Bierdruckapparate, deren Windkessel durch Maschincnkraft mit gespannter Luft versehen werden, haben wir als Nacktrag > zu dem ort-polizeilichen Regulativ, die Einrichtung und Reinhaltung der pneumatischen Bierdruckapparate in Leipzig betreffend vom 24. Juni 1881, folgende Bestimmungen getroffen: Wer einen Windkessel für Bierbeförderung durch Maschinen- kraft mit gespannter Lust versehen will, hat diese- Vorhaben dem Rathe anzuzeigen. Windkessel für Bicrdruck-Apparate, gleichviel ob dieselben mit Hand- oder Maschinenkraft gespeist werden, sind in ihren wesentlichen Theilen au- hinreichend starkem Äsenblech, regel recht zusammen genietet, herzustellen, und haben in einem von Personen wenig betretenen Raum eine thunlichst nach allen Leiten hin freie Ausstellung zu erhalten. Dieselben sind mit einem leicht übersichtlichen, controlirbar einzurichtenden Druckinesser, an dessen Scala die Marke für die höchste zulässige Pressung ausfällig angebracht sein muß, sowie mit einem nach gehöriger Einstellung auf die gleiche Pressung unter amtlichen Verschluß zu nehmenden Sicherheitsventil aus zustatten, dessen Belastung eine höhere Anspannung der Luft al- bi- auf 2 Atmosphären Ileberdruck nicht zuläßt. Für gehörige Widerstandsfähigkeit des Windkessels und für fortdauernde gute Instandhaltung desselben bleibt der Benutzer verantwortlich. In zweifelhaften Fällen, d. t. bet Verwendung anscheinend zu schwacher Bleche, oder bei weit vorgeschrittener Abnutzung derselben, ist der vom Rathe bestellte Bierapparat-Revisor be rechtigt, zu verlangen, daß ihm durch eine Seiten des Benutzers durch Anspannung der inneren Windkesselwandungen auf zwei Athmosphären Ileberdruck auszusührende Wasserdruck- oder auch Luftdruckprobe sowohl Gewißheit über die Diensttüchtigket des Windkessels, als auch über den richtigen Gang der vor- aeschriebenen Sichcrheitsapparate verschafft werde. Etwaige Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Be stimmungen, sowie eigenmächtige Lösung der amtlichen Ver schlüsse und Aenderung der amtlichen Ventil-Einstellungen unterliegen den Strafbestimmungen in ß. 12 des Regulativs vom 24. Juni 1881. Leipzig, den 15. October 1890. Der Rath der Gtadt Leipzig. VHI. 2982.vr. Georgi. Dietrich. Zu der akademischen Feier des Rectorats-Wcchsels, welche Freitag, am 31. dieses Monats, Vormittags 11 Uhr in der Aula der Universität stattfinden wird, beehrt sich der Unter zeichnete die Freunde und Gönner der Universität hiermit ergebenst einzuladcn. Leipzig, am 28. October 1890. Der Rector der Universität, vr. IV. Nuiiilt. Bekanntmachung. Die Leuchtkraft des städtischen Leuchtgases betrug in der Zeit vom 214. bis 21i. dieses MonatS im Argand- brenner bei 2,5 Millimeter Truck und 150 Litern stünd lichem Eousum das 18,8fache der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammenböhc. Das spccifiscke Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,450. Leipzig, am 27. October 1590. Deö RathS Deputation zu den Gasanstalten. Bekanntmachung. Der Preis für den in den städtischen Gasanstalten er zeugten Koks beträgt loco Gasanstalt I und loco Gas anstalt II: sür den Hektoliter Steinkohlen-Großkoks. . 1 35 Z - - - - KleinkokS. . 1 » — - » » » zerkleinerten Stcinkcblen- koks, sogenannten Mci- din'ger Koks 1 - 40 - - - » Brauukoblen-Koks... — - 55 - » - - Stcinkohlenkoks-GruS . — - 25 - Preis bei Abnahme größerer Posten nach Vereinbarung Die Marken zur Koks- und GruS-EnInahme sind gegen Baarzahlung, soweit die Borrälbe an Koks rc. reichen, in den Bureaus der Gasanstalten zu erhalten. Zur größeren Bequemlichkeit des PublicumS liefert die Gasanstalt den KolS auch frei inS HauS Leipzig. Die Kosten hierfür betragen bei jeder Sorte 15 Z für den Hektoliter. Tic Lieferung geschieht dann in plombirten Säcken. Etwaige Bestellungen wolle mau entweder mündlich oder durch die Post in den Bureaus der Gasanstalten oder in der Rechnung- und Casscnvcrwaltung der Gasanstalten, Nittcrstraße Nr. 6, macken. . . Ferner haben wir bei Herrn Ar. Rohr, Sidonicnstraße 5, Herren Beruh. Ara»; äc bo, Südplatz 8, -Herrn I. G. Lteinbvr», Zeitzcr Straße 17, -Herrn 4l. Dumm, Pelerssteiiiweg 21, -Herrn Ar. Günther, Stcruwartenstraße 7 t, Herrn Karl Kappel, in Fa.: <k. G. Wadewitz, Ranstädter Steinwcg 25, Herrn W. Helbig, Tavidstraße 3, -Herrn Albert Tdlemr, Eulritzschcr Straße 19, -Herrn A. A. Güntbcr, Tavidstraße 8. -Herrn Acrd. Grabau, Tauckacr Straße 25, Herrn Robert Rvsrncr. Gustav Adolphstraße 45, Herrn Aritz Barwvlf, Plagwitz Leipzig, ein Lager der säinmllickeu Kokssortcn errichten lassen und kann die Entnahme zu den cbendezcichnctcn Preisen auck an diesen Stellen geschehen, au welchen der KckS ebenfalls in plombirten Säcken gehalten wird. Leipzig, am 28. October 1590. DcS Raths Deputation zu den Gasanstalte» Gtwöllie-Iltrmittlilliig. TaS zur Zeit an die Firma Roller öc Rüste vermietete VerkaiisSaewolbe im Erdgeschoß des der Sladtgemeindc gehörigen HauSgrunkstücks '.Markt Rr. I » soll vom L. April k Je-, an gegen cinbalbjakrlicke Kündigung Dienstag, de» äl. Rone,nber d. Is., Vormittags II Ilkr a»s dem Natbbause, I. Etage, Zimmer Nr. 13, an den Meistbietenden anderweit vernncthet werden. Ebendaselbst aus dem großen Borsaale liegen die Ver mietkilngS- und Berstcigcriiiigsdcriiigilngcii nebst Jnrentarium de- zu vermietkenkc» Gewölbe- schon vor dem Termine Einslchtnabme aus. Leipzig, den 20. October >590. Der Rath der Ltadt Leipzig I». 7198. Vr. Georgi. Wagner. ur Bekanntmachung. In Betätigung mildtätigen Sinnes halber im August d. I. u Braunschwcig verstorbene, ehemals hier ansässige Herr Ferdinand Ritterling dem städtischen Krankenkause zur !tusbildung von Pflegerinnen »nd dem St. JohanniShoSpitale ur SiechenbauSsreistellen je 500 .4! vermacht. Wir bringen die- hiermit unter dem Ausdrucke unsere- Tankes zur öffentlichen Kenntlich. Leipzig, den 22. October 1890. 6087 Der Rath der Stadt Leipzig. 1194 vr. Georgi. Lindner. Bekanntmachung. Wegen Einlegung des -HauptwafferleitungSrohre- wird der Täubckenweg von der Wallwitzstraßc bis zur Feldstraße vom 30. dsS. MlS. ab auf die Dauer der Arbeiten für allen unbefugten Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 28. October 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 9081. vr. Georgi. Leistner. Bekanntmachung. Wir baben beschlossen, die Straßen de- SophienplatzeS in da- Eigentum der Stadtzemeinde und zur ferneren Unterhaltung durch dieselbe zu übernehmen. Leipzig, am 18. October 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Nüling. Ib. 5702. Bermiethung. Die zeither an den König!. SlaatSsiScuS zu Zwecken der Steuerregie und als Wohnung vermieteten Räumlich keiten im ekemal. Arankfurter Thorbau», Frank furter Straße Nr. 26, bestehend aus l zweifenstrigen Stube, Kücke und Speisekammer im Erdgeschoß, sowie 2 zwei fenstrigen Stuben, 1 einseustrigen Stube und zwei dergleichen Kammern im oberen Stockwerk nebst Boden, Keller, Holz- u»d Kohlenschuppc», mit einem zugehörigen kleinen Garten sollen vom I. 2<>»"ar k. I. an gegen halbjährliche Kündigung Montag, drn November d. I., Vormittags II Uhr auf dem Rathhause, 1. Etage, Zimmer Nr. 13, an den Meistbietenden anderweit vernilethet werden. Ebendaselbst aus dem großen Borsaale liegen die Vcr- miclhuiigs- und BersteigerungSbcdingungen nebst Jnvcntarium der zu vermietende» Räumlichkeiten schon vor dem Termine zur Einsichtnahme aus. Leipzig, den 23. October 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. In. 7409. Vr. Georgi. Puckcr. Fichteitrtisrig-Btrkllllf. Donnerstag, den 30. October d. I., sollen von Vor mittag 9—12 Uhr am Forstbause Burgaue bei Bahnhof Leutzsch ca. 11)1)1» Bund Atcktcnrcistig, ä Bund 25 ^s, gegen sofortige Bezahlung und sofortige Abfuhr aus freier Hand abgegeben werden. Leipzig, am 27. October 1890. DcS RathS Aorstdeputation. Fuildbtklllliltliilichullg. Seit Anfang der vergangenen Michaclismesse befindet sich als herrenlos ein Ballen mit banmwollcner Waare, signirt: „T. so 8. 3 »7", in Verwahrung des »nterzrichnclen Polizei-Amts. Ta trotz bereits erfolgter Bekanntmachung der Ballen vom Eigen tümer bisher nicht rcclamirt worden ist, wird der Letztere hier durch nochmals ausgesordert, sein Recht, gehörig legitimirt, gellend zu machen, anderniaUS über das Fundobject den Gesetzen gemäß weiter verfügt werde» wird. Leipzig, den 24. October 1890. Las Polizei-Amt dcr Stadt Leipzig. II. 5781. Bretschneider. Ml. Dir zweite Angelegenheit betrifft die Stellung de- arme nischen Patriarchen zur türkischen Regierung. Dieser maßt 'ich eine ähnliche Stellung an wie etwa der Erzbischof von Posen-Gnesen, welcher von den Polen zugleich als Fürst- primaS, als politisches Oberhaupt angcseven wird. Die Armenier verlangen von ihrem Patriarchen, daß er die Sacke des armenischen Volkes dcr türkischen Regierung gegenüber führe und daß er es nickt dulde, wenn die Armenier unterdrückt und mißhandelt werden. Der Bischof von Erzerum hat eS geduldet, daß in der Kirche nach Waffen gesucht worden ist und bat sich dadurch die erbitterte Feindschaft seiner GlaubenS- genosscn zugezogcn. Tie Sache ist nachher in Konstantinopel Weiler verfolgt worden, indem Armenier einen Ausruhr in der Kirche von Kumkapu in Konstantinopel bcrbei- geführt baben, wobei ein Mordansall aus den Patriarchen verübt wurde. ES hat bisher nicht festgestellt werden können, ob dieser Anschlag ernst gemeint war, ein Theil der Mel dungen läßt durchblicken, daß dem Patriarchen durch den Anschlag nur die erwünschte Gelegenheit geboten werden sollte, die Sache Armeniens in Konstantinopel kräftig zu vertreten. Der damalige Aufruhr ist durch die jetzt erfolgte Verurthei- lung von vier Rädelsführern zum Tode gesühnt worden, Klarheit über den wahren Charakter deS Aufruhrs ist aber auch durch den Proceß nicht verbreitet worden, wenigstens ist darüber bis jetzt nichts verlautet. Bekanntlich ist dcr Entschluß deS russischen Thronfolger-, die geplante Reise nach Konstantinopel auszugeben, mit dem Streit der türkischen Regierung wegen Bestätigung der bul garischen Bischöfe in Zusammenhang gebracht worden, und die Vermutkung liegt nahe, daß der ökumenische Patriarch in Konstantinopel nicht aus eigenem Antriebe handelte, als er den Bruch mit der türkischen Regierung vollzog, sondern daß er dabei russischen Einflüssen nachgab. Wenn die russische Regierung im eigenen Lande der griechisch-orthodoxen Kirche eine solche Machtvollkommenheit einräumt, wie sie beispielsweise den Protestanten in den Ostseeprovinzen gegenüber zur Geltung gebracht wird, so bietet sich der Gedanke von selbst dar, daß die Mitwirkung der Kirchenbehörden auch im AuSIande in Anspruch genommen wird, wenn eS sich um die Gewährung von Gesucken dcr nicht anerkannten und Rußland verpaßten bulgarischen Regierung handelt. Welchen Werth Bulgarien auf die Ernennung bulgarischer Bischöfe in Maccdvnien legt, bat sich aufs Neue bei Eröffnung der Sobranje am 27. October Der Prinz von Coburg hob ausdrücklich in der gezeigt. Abronr Der Kirchenkreit in der Türkei. Die türkische Regierung befindet sich gegenwärtig im Streit mit dem griechisch-ökumenischen Patriarchen wegen der Ernennung bulgarischer Bischöfe in Makedonien und mit dem Patriarchen von Armenien wegen angeblich dem armenischen Belke vorentbaltencr Neckte. Der Streit mit dem ökumenische» Patriarchen TionysioS V. hat sich bis zu dem Grade verschärft, daß die griechisch-orthodoxe Kirche von dcr heiligen Synode im Einverttäiitniß mit dem Laienratbe in Verfolgung erklärt worden ist, so daß in Folge dessen die griechischen Kirchen in Konstanlinopcl geschloffen worden sind. Der Hauptstreilpiinct ist die Anerkennung der bulgarischenKircke durch die türkische Regierung. Die Berlrcter dcr griechisch-ortho doxen Kirche sind inllcbcrcinstimmung mit dem Sviiotalbeschluß vom Jahre 1872 dcr Meinung, daß eS nur eine griechisch- orthodoxe Kircke im türkischen Reiche gebe und daß die bulgarischen Bischöfe und Kleriker Schismatiker sind, also eine zu Unrecht von der Gesammtkircke getrennte Seele bilden. Wolle die türkische Regierung diese Serie anerkennen, so müsse in den betreffenden Berakben (BestäligungSurkunden) ausdrücklich bervorgehoben werde», daß die bulgarischen Biscköse nicht der orthodoxen Kircke angckören, »nd der Unterschied müssc auch in dem priesterlichcn Ornat äußerlich erkennbar geiiiacht werden. Dessen hat sich die türkische Negierung bisher geweigert, und deshalb ii'l die griechisch- orthodoxe Kircke als iin Zustande der Bcrsolgung befindlich erklärt worden. Tie anderc», das Erbrecht und die Schul aufsicht betreffenden Streitfrage», sind uiilergcordiictcr Natur, ihretwegen würde eS wahrscheinlich nicht zum Bruch zwischen Staat und Kirche in der Türkei gekommen sein. ronrcde hervor, daß dcr Berath deS Sultans an die bulgarischen Bischöfe in Makedonien ein Beweis deS Wohl wollens und deS Wunsches deS Sultans sei, daß sich daö bulgarische Bolk in dcr bisherigen Weise weiter entwickeln möge. Die türkische Negierung hat in dieser Angelegenheit bisher eine an ihr ungewohnte Festigkeit bewiesen, und eö liegt kein Grund zu der Annahme vor, daß hierin eine Aenderung cintrcten werde. Die armenische Patriarchenfrag« liegt wesentlich anders. In Armenien wollen die revolutionairen Elemente der Be völkerung die Kirche als Schild sür ihre politischen Zwecke benutzen, und die höhere Geistlichkeit wird mehr getrieben als sie treibt. ES ist nickt möglich, zu erkennen, ob die Klagen, welche seit geraumer Zeit aus Armenien nach Europa dringe», taS Werk eine: Partei sind oder dcr Ausdruck eines im ganzen Bolle gefühlten NolhstandcS. DaS Eigeiithümliche an dieser Klage ist, daß sic stets auf dem Umwege über London oder über St. Petersburg an die Ocsfcittlichkcit gelangen, von Seilen dcr Armenier selbst liegen nur die bekannlcn Begebenbciten von Erzeruin und von Kuiiikapn vor, aus deren Bcrlauf aber nur große Gereiztheit der Bctheiligten erkennbar ist. Bestimmte Beschwerden über Druck oder Rcchtsvcrweigerung sind nicht vorgebracht worden. Nun ist eS ja bekannt, daß die türkischen Paschas keine Vorbilder sür höhere BerwaltungSbeaiiilcii sind, »nd Mussah Bcy hat seine Verbannung gewiß vollauf verdient, aber andererseits ist eS nnzweisclbaft, daß Sultan Abdul Hamid von den wohlwollendsten Gesinnungen sür alle seine Unter- thanen beseelt ist und gewiß Alles llmt, was er thun kann, um ihr Loos zu verbessern. Er hat daö Armenien gegenüber dadurch bewiesen, daß er trotz der revolutionairen Kund gebungen in Erzerum und Kumkapu eine Eommission zur Untersuchung dcr Verkältnisse in Armenien ernannt Kat, welcher auch der armenische Patriarch angekört. Der Sulla» macht kein Hebl daraus, daß er die Armenier zu seinen treuesten Unterthanen rechnet, also wird er nicht zulasscn, daß ibncn Unrecht geschieht, wenn cS überhaupt im Bereiche seiner Macht liegt, eS zu verhindern. Bei dcr Verschlagenheit dcr russischen Diplomatie ist cS außerordentlich schwierig, wenn nicht unmöglich, den Irr- gangen ihrer Ränke und Schlicke zu folgen »nd sie auf frischer Thal zu überraschen, wenn sie wieder irgend einen Haupt schlag vorbereitet. Ter Kirchcnstreit in der Türkei Kat offen bar eine geheime EnlstcbungSursachc, welcher die bulgarische Bisckofssrage und die armenische Bewegung nur als Anhaltö- punct gedient haben, um die Türkei nickt zur Nnke koinuicn zu lasten. Abdul Hamid befolgt allen diesen Agitationen gegenüber die Politik der Zurückhaltung und dcr Nicht einmischung, ohne dabei irgend eine Schwäche zu zeigen Zu weilen Kat diese Politik eine Gestalt angenommen, wie bei der Entwickelung dcr bulgarischen Frage in ivrcn AnsangSstadicn, welche die Zuruckkaltung als zu weit getrieben erscheinen ließ. Ter Erfolg hat aber gelehrt, daß die Türkei damit weit mehr erreicht hat, als wenn sic nach irgend einer Seile kin Partei ergriffen hätte. Sie halte damit »ur der russischen Politik in die Hände gearbeitet und eine Entscheidung kerbci- aesührt, die besser ans unbestimmte Zeit hinauSgcschobcn bleibt. Die Lage auf dcr Balkanhalbinscl hat sich in den letzten Jahren nach dcr Richtung der Unabhängigkeit der kleinen Staaten entwickelt, obgleich kein Grund vorlicgt, den Triumph dcr Sacke Bulgariens als nabe bevorstehend anzu- scbeii, wie die Thronrede des Prinzen von Coburg bei Eröffnung der Sobranje besagt. « Leipzig, 29. October. * Wie mehrere Blätter berichten, soll da- preußische Staats Ministerium in seiner Sitzung vom Freitag zu einer endgiltigen Entscheidung über den von Sachsen und Baden unterstützten Antrag Bayerns aus Aufhebung der Bicbsperre nicht gelangt sein. Herr von Lucius habe den Antrag sehr entschieden bekämpft. Er finde für seinen Standpunct ausgiebige Unterstützung beim ReichSgesundkeits amt, dessen Bertreler daraus Hinweisen, daß die Seuche» gesabr nickt aus der Well geschafft werde mit dem Verlangen des bayerischen Antrages, das Rindvieh unmittelbar in die Schlachthäuser zu importirc», da der Ansteckungöstoff nickt allein vom Vick, sondern auch von Händlern, Transpor teuren u. s. w. einaeschleppt werde. Wenn die- der Fall ist, o kann auch die Ansteckung geschehen, ohne daß daö Vick clbst über die Grenze kommt. Dieser Grund scheint also nicht stichhaltig zu sein. * Dem Bulideörathe war eine Eingabe zugeaanacn, welche sich auf die Bestimmung einer UeberganaSzeil sür An wendung der neuesten Borschriften über die Prüfung dcr Zahnärzte bezieht. Ter Bundesralb hat diese Eingabe absckläglich beschicken, da oknekin dem BunteSratbe die Be ugniß zustchl, von den ZulassungSbedingungen in Ucbercin- limmung mit der zuständigen Landes-Centralbehörde zu entbinden. * Die radicale Presse ist bekanntlich scharf gegen die Beschlüsse der Delegirten der köheren preußischen Lehranstalten zu Felde gezogen. Ten eigentlichen Grund dieses Vorgehens gesteht nunmehr die „Frankfurter Zeitung" offen ein; eö ist der demokratische Aerger über die entschiedene Abwendung der Intelligenz von den vormärzlicken radicalcn Schrullen uiid Tkvrheiken einer versunkenen Zeit. Alan höre: Die Gymnasiallehrer haben sich von dem Volke und von den Volksparlcien getrennt. Der Militarismus, die kriegerischen Er folge, die GeschichtSsälschung, wie sie auf unseren Universitäten und in unseren modernen GesckichtSwerkcn getrieben wird, haben die Grundrichtung ihres Wesens verdorben. Sie bilden lieber den Schwa»; der „vornekmen" Gesellschaft und der Räthe erster bis fünfter Classc, als den Kops des ehrenfesten, tüchtigen BüraertbumS. Ter Titel „Reservelieutenant", daö herablassende Wort, da- freundliche Zunicken dcr Herren in der Honoratiorenstube dünkt vielen von ihnen schöner als das dankbare Aushorchen, der warme Beifall in der — natürlich radicalcn — Volksversammlung oder im Bürger- Vereine. * Ter Fürstbischof von Prag, Graf Franz v. Schön- born, Cardinalpriestcr und Primas von Böhmen, ist in Berlin cingetroffcn, um sich den kaiserliche» Majestäten vor- zustelleii. Er ist eine stattliche, schöne Erscheinung, 46 Jakre alt, war ursprünglich österreichischer Officicr und Kal den 66er Feldzug niilgemacht, wie er auch noch jetzt die da malige KricgSinetaiUc zu tragen pflegt. Erst später widmete er sich dem geistlichen Ltande, in dem seine Familie so viele koke Würdenträger z» verzeichne» hat. Als Cardinal Prinz Schwarzenberg 1585 starb, war er der Selilinardttcctvr des fürsterzbischöslichcn Seminars zu Prag und als Nachfolger deS Prinzen Schwarzenberg bestieg er sodann den fürstbischos- lichcn Stiikl zu Prag. Am 21. Mai v. I. wurde er zum Cardinalpriestcr ernannt. Einer seiner Brüter ist dcr gegen wärtige österreichische Justizmiiiister. Dcr verstorbene Kaiser Wilhelm hat ihn wiederholt mit großer Aufmerksamkeit aus gezeichnet und auch jetzt wird er mit allen Ehren begrüßt werden. Dcr Kaiser Kat ihn am TicnStag empfangen und ihn zur Hoftafel gezogen, die am TicnStag Abend zu Ebrcn deS Königs von Belgien stattfand. Der CultnSministcr v. Goßler gicbt dem Cardinal gleichfalls ein Festessen. Graf Sckönborn hatte Ende der Woche den Fürstbischof Kopp in Breslau besucht und war dann zum Besuche deS Bruder- seiner Mutter, deS allen Grasen Brübl, des bekannten HcrrcnhanSmitglictcS, »ach Schloß Psördlcn in dcr Lausitz gereist. * Ter „Reichs- und Staat--Anzeiger" bringt die Ge nehmigung deS Kaisers, daß der regierende Gras zu Stolbcrg-Wernigerode den fürstlichen Titel führen darf. Die königliche Ordre lautet wörtlich: Se. Majestät der König haben in Anerkennung der Tbatsacke, das; die von des Römischen Kaisers deutscher Nation Carl's VII. Majestät dem Grasen Friedrich Earl zu Stolberg und seine!» ganzen Hauie unter dem 18. Februar 1742 bewilligte Erhebung in den Reichssürslensiaiid a»ch ans dessen älteren Bruder den Ol rasen Christian Ernst zu Stolberg und dessen Nachkommenschaft sich erstreckt hat und nur wegen damals obwaltender Bedenken dcr letzteren sür ilm in dein ausgcserligie» Diplom nicht zum Ausdruck gelangt ist, Allergnädigst zu genehmigen gerubt, das; als Nachkomme des Grafen Christian Ernst und gegen wärtiges Haupt dcr gestimmten älteren Linie des Stolbergücken Hanies der Graf Otto zu Stolberg-Wcrnigerodc und seine Nachkommen erster Generalion den »ach vorgeichriebener Ordnung wener vererblichen sürsliichen Tilel und das Prädical „Turchlauchl" führen dürsen. * * * * Prinz Ferdinand eröffnete am Montag in Sofia die Sobranje im Beisein dcr Prinzessin Clemeittine, sowie der zur Synode versammelten .Kirchensürstci, mit einer Thronrede, », welcker cS, wie wir wiederholen, heißt, der Prinz werde die Politik dcr letzten drei Jakre, welche sich segensreich erwiesen habe sür die Wohlfahrt und den Fortschritt des bulgarischen Volkes, fortsctzc». Als bisher erzielte Erfolge fuhrt die Thronrede an: den Ban dcr Baku Jamboli-BurgaS, die Neuorganisation dcr Armee, die Einführung einer vcrvoll kommiictcn Bewaffnung, die Borstudic» sür eine Bahnlinie Sosia-Tirnowa und den Abschluß von Handelsverträezeii mit Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Frankreich und dcr Lckweiz. Ein besonderer PaffuS ist den BcralS des Sultans, betreffend die bulgarischen Biscköse sür Makedonien, gewidmet, durch welche der Sultan eine» offenkundigen Beweis tcS Wobl wollenS für taS bulgarische Volk, sowie de» Wunsches er brachte, dasselbe den Weg rer Entwicklung und des Fort schrittes weiter verfolgen zu scben. Tie Rübe des Landes während dcr Abwesenheit des Prinzen, die Snnipatkic, welche derselbe im AnSlande für das tapfere Verhalten des bul garische» Volles bei der Regelung seiner Autonomie vor- gefunren habe, gewährten ihm die Ueberzeiigung, daß dcr Tag des endgiltigen Triumphes der gerechten bulgarischen Sacke nickt fern sei — Sowobl beim Erscheine» wie beim Wcg- gebci» wurde der Prinz lebhaft begrüßt. — Tie Sobranje wählte den bisherigen Präsidenten Slowlow und ebenso die frühere» Vicc-Präiidenlen wieder * Nach einer Meldung des „Rcntcr'schen Bureau-" an- Athen hat die Opposition bei den Wablen die große
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