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Zweite Beilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. ÄS 2. Sonntag den 2. Januar 1887. 81. Jahrgang. vir frcm-!»Indischen Gfficiere in der türkischen Armee. * E« dürft. wohl von allgemein??» Interesse sei», die IM Dienste der Türkei sichende» srrmdläadischea Ossieirre einmal Renne polsiren zu lassen. Der seiner viellnng und Bedentnng »ach hervorragendste all dieier Osstciere ist ohne Frage von der Boltz Pascha, der den Brad eines UnierbesedlehaberS im Beneralftab bekleide», Jnlpecior sämmilicher M>liiairi<t>»Ien und Mitglied der Armee-Reorganisation«. Commission ist. Er Hai da- UuterrichlSjyftem der Miliiairschule in Aoaftaatiaopel vollständig resormirt »ad von ihm rühren säst olle der Reorganisation«. Commission vorgelegie» Projecte brr, währen» di« üdrige, Mitglieder sich zumeist daraus beschränke», ihre Me nungea adzugebrn. Be, Beginn seiner Ihäiigkeii i» türküchea Diensten hott« voa der Bol» Pascha gegen viel« Iningur, z, kämpsen. Die von ihm ausgearbeileieu Pläne kamen dem Tuliaa nie »» Gesicht und die Zäglioge der Miliiairschule worden voa dem Direktor dieser «»statt selbst zu einer Art Streik «egen ihn an- gestiftet. lleber diese» Vorgang sührte von der Goltz persönlich Klage beim Sultan und knüpfte daran die Erklärung, daß er im Fall, eiuer Wiederholung ähnlicher Vorkommnisse den türkischen Dienst verlassen würde. Der Sultan ertheilte in Folge dessen die strengsten Besehle. der Thäligkeit Goltz Pascha'« keinerlei Hindernisse mehr in den Weg zu legen. Lamtzhöwuer Pascha ist der Jvfaaterie-Justructor der tür- kischea Armee. Unter seinem Vesehl stehi die Mehrzahl der in kkoaftantinopel befindlichen Jnfanterie-Balailloae und er sührt da« Inspectorat über die gelammte Jusanterie. Seine Bestrebungen zur Ausbildung diese» Dheile« de« oltomauischen Heeres haben bereit« zu sehr befriedigenden Ersolgen gesührt. Namentlich sind grobe Fortschritte in der äußeren Haltung der Jnsanterie-Lruppe» wahr- zunehmen. Dem Artillerie-Jnstructor Ri stow Pascha ist e« gelinge», ei» de« »ruesten System nachgebildeie« Anillerie-Modell-Regiment zu schaffe». Ristow Pascha, der «bensallS eine« der Hauplmitglieder de« Artillerie-Lomitd« in Lophanä ist, wurde vor einiger Zeit nach den Dardanellen geschickt, um die dortigen Besestigungt-Arbeiten zu leite» u»d den Unterricht der Artillerie-Druppen zu überwachen. Hobe Pascha ist Eavallerie.Jnstrurtor der Armee. Gegenwärtig ist er namentlich mit der Prüsuiia de« in der türkischen Armee ein- zusühreadeu Repeiirgewehre« beschäftigt. Hobe Pascha ha» von allen In lüriische» Dienste» stehenden deutschen Generälen die vorzüglichste Stellung bei Hose. Gchilge» Pascha ist Mitglied de« Intevdmeturrathe«. Ihm ist die Ausgabe der Reorganisirung der Armecverwaltung »«gewiesen. E» ist die« ei» überau« schwierige« Werk, da in einer so unregel mäßig besoldete» Armee, wie die türkische, die Erzielung von Er- sparüissen säst ei» Ding der Unmöglichkeit ist. Der General-Ingenieur der türkischen Armee. Blum Pascha, der gltichj'itig mit dem Grasen Moltke nach dem Orient gekommen war, ist vielleicht derjenige sremde General, der sich schon am längste» ft» türkischen Dienste befindet. Blum Pascha ist al» eia anßerordentltch tüchtiger Ingenieur geschätzt und ist bi« zum häutigen Lage ungeme» Ihütig, Die meisten Befestigungen iu der Türkei find Blum Pascha zu verdanken. Strecke? Pascha ist einer der läbiqsten Artilleristen der otto manische» Armee, welcher er schon ungesähr seit SV Jahren ongehirk Er war e«, der vor dem letzten Krieg die Artillerie >n den Bilajei« von Luna (Donau) und Adrianopel eiaepercirt hatte. Die groben Ersvlae der türkische» Artillerie bei Plewao sind mit Recht ihm zu geschrieben worden. Strecker Pascha stand zwei Jahre laug an der Lp tze »er ostrumelischen Miliz. Szechtnyi Pascha kam vor IS Jahren »ach der Türkei, um die türkisch« Feuerwehr zu «rgauislrea. Er erhielt sosort den Rang rin«« Obersten und wurde 1880 Brigadegeneral. 1888 Division« general. Szechänvi Pascha ist Oberbesehlshaber der au» zwei ganz militairisch eingerichtete» Regimenirrn bestehenden ottomanische» Feuerwehr und gehört aub rdem zur kaiserlichen Garde. SzechHuyi Pascha hat sich durch die Organisation de« Feuerwehrrorp« in Kon stantiuapel große Verdienste erworben. vitali« Pascha war Küher Oberbefehlshaber der ostrumelischeo Mili». Gegenwärtig gehört er der Gendarmerie an und ist «djutaut de« kaltan«, bei welchem er in höchster Gunst steht. Leeoa Pascha hat al« Ingenieur iu der französischen Armee de» Krimkrieg nnd de» Siebziger Krieg mitgemacht. Er kam zur Zeit der Inangriffnahme der ostrumelischen Eisenbahubauten nach der Türkei, um al« Ingenieur in die Dienste derselben zu treten, trat aber bald daraas in die türkische Armee al« Oberst ei» and wurde zum Lehrer der bautechnischen Befestigungen an der Kvnstan. tiuopeler Miliiairschule eruauut. Er bekleidet seit 18SS den Rang eine« General«. Drehs sö Pascha wnrde vom Sultan au» Frankeich berufen. Er war ehemal« Haupimann in der französischen Armee, wurde al» solch«^ anläßlich de« Aufenthalte« de« Sultan« Abdul Aziz in Paris, vom Kaiser Napoleon 111. dem damaligen Prinzen Abdul Hamid zur Verfügung gestellt. Als Abdul Hamid den Thron bestieg, lud er Drehffä eia. nach Konftantinopel zu komme» und bewog ihn zum Eintritt in dir türkisch« Arme«. Dreyssö ist hellte Marscholl; er steht andauernd in höchster Gunst beim Sultan. Wood« Pascha fing hier seine Laufbahn al« Instruktor der hiesige» Marineschule an. Lr wurde bald daraus zum Liceodmiral ernannt »ab ist i» letzter Zeit mit der Uebecwachung der Torpedo- schole betraut worden. Oberst Teoustai» du Manoir war vor dem ostrumelischen Handstreich Bicecommandant de« Generalstabe« in dieser Provinz: gegenwärtig ist er Oberst in der Gendarmerie. Oberst Blnut trat gleichzeitig mit Baker Pascha in türkische Dieufte. Er ist einer der l3 Oificiere, welch« di« Regierung zur Reorganisation der Gendarmerie rngagirte Alle seine College», mit Ausnahme eine« Oberste» BriScoe. der gegenwärtig In ipector der Alepponer Gendarmerie ist, verließen den türkischen Dirnst, al« ihr Loutract zu Ende war. Blunt hat indessen den seinigea erneuert. Nachstehende fremdländische Osstciere der türkische» Arme« find auch zum J«Iam übergetretea: Fezzi Pascha (Kollmaan). ein ehemaliger ungarischer General, emigrirte nach der 48er Revolution nach dem Orient und trat als Paschq tu die türkische Armee ein. Fezzi Pascha hat sich im Krim kriege bei der vertheidigung v°» Kar«, sowie ouch im letzte- Kriege gegen Rußland sehr aiie ezeichnet. Mahmud Pascha (Freund), ei» geborener Galizier, waudcrte nach Pr uugarischeu Revolution nach der Türkei an« und trat hier in die Arme« eia. Mahmud Pascha, der lange Zeit pomon» xr»i» beim Sultan war, fiel vor einige- Jahren wegen einer gegen die Montvnegriaer verlorenen Schlacht in Ungnade and wurde iu die Verbannung geschickt. Der Sultan begnadigte ihn jedoch bald wieder und jetzt steht Mahmud ebenso in Gunsten wie ehedem Mahmud wird hier allgemei» „Madjorli" Pascha (der ungarische Pascha) geaanut. Ahmed Nuri Pascha (Zur Helle) ist ei» ehemaliger Militair Attach« der öfterreichisch-ungarischen Botschaft in Koaftautinopel. Nachdem derselbe den österreichischen Dienst verlassen halt«, trat er in die türkische Armee al« gemeiner Soldat ei». Da er säst jeden Metten Mona» um eine Rangstufe stieg, war er »och drei Jahren Oberst und wurde kurz daraus zum Pascha ernannt. Znr Helle ist Mitglied de« türkischen statistischen Bureau«. Oberst OsmaoBey (FarkaS) ist ein ziemlich «»bedeutender Osficttk, dem am allerwenigsten beiondere Bildung nachgelagt werden kann. Wie so bei ihm die Qualificokion für einen Lehrer der kan zökischen Sprocke au der Konstonftnopeler Miliiairschule entdeckt w»rdr, ist aller Welt rin Seheimniß wvhnlichei, Verhältnissen entsallen durchschnittlich aus eitler^ Tag 3354 Telegramme. * Leipzig, l. Januar. Bon der könlgl. KrriShaupt- mannschast ist die Beschwerde der Herren Kramer Bühle! und Genossen gegen di» Beschlüsse der Kramerianung. die Auslösung dieser Innung betreffend, abfällig beschieden j worden. »» * Leipzig, 1. Januar. Herr Rechtsanwalt P. H. Koch! in Leipzig ersucht uns auf Grund der Bestimmungen deS^ PrcßgcsetzeS um die Ausnahme folgender Berichtigung: * Leipzig, den 3l. Tecember l88S. An die Redaktion de« Leipziger Tageblattes Lachsen. * Leipzig, k.Januar. Während der durch den großew Schneefall in den Tagen vom 2l. bis 2S. December herdri- aesüdrteu Unterbrechung des Eisenbahn» unv PostverkchrS sind bekanntlich dt« Teleqrophenanstalten in ganz enorme» Weise dom Publicum benütz« worden. In welcher Weise der Verkehr bei dem diesigen Telegrapheuamt während der genannten Tage sich steigerte, darüber hat dir kaisrrl. Ober- postbirection unS in darikenSwerther Weise folgende Miltbei- lunq zugehen lassen: Es wurden befördert am 21. December 7665. am 22 December l0.30l. am 23. Drcember UI.S2Ü. am 24. December lv.Sgl und am 25. December 48lt, u» Gauzeu also 43,628 Telegramme in fünf Tagen. Vater ge» „In der ersten Beilage zu Nr. 363 Ihrer Zrituug findet sich eine Notiz, Luazenau. den 27. December. de« „Rochlitzer Ber einigten Wochenblatte" entnommen. Im Aufträge deS Baumeister Lüde io Plagwitz, welcher die Lunzenauer Schule baut, theile »ch Ihnen aodurch I mit, baß die in fraglicher Notiz enthaltrueu Behauptungen allenthalben den Thalsachen nicht entsprechen, und baß ich gegen den Lersasser bez. Berbrriler derselben Strafantrag stellen werde. Gemäß 8. 11 de« Reichsgesetze» über die Presse bitte ich Sie um Ausnahme dieser Berichtiguog in Ihre Zeitung. Hocbachtend Rechtsanwalt Koch." Wir bemerken zu dem Vorstehenden, daß wir. gleich einer Anzahl anderer sächsischer Blätter, di« betreffende Notiz iu gutem Glauben dem ..Rochlitzer Bereinigten Wochen blatt«" entnommen haben, und könne» nur unser Bedauern darüber aussprechen, daß sich da« genannte Blatt m diesem Falle at« so unzuverlässig erwiesen hat. Die Redaktion brS „Leipziger Tageblatt«»". - Manche Besucher der Wereschtschagin - Aus stellung im großen Becker'schen Neubau am AugustuS- platze scheinen zu übersehen, daß zwei Hauptstücke der Aus stellung. nämlich die beiden Kolossalbitder: „Einzug de« Prinzrn von Wale«, de« künftigen Kaiser« von Indien' und da« „Gebet de» Großmogul« in seiner Privat moschee zu Delhi", sich in der darüberliegenden dritten Etage befinden. Schon eine« dieser beiden Bilder allein würde der Gegenstand einer Aussehen erregenden Ausstellung sein können. Hier bilden sie nur einen kleinen Theit de« Ganzen. »— Wer gern nach Rom reisen möchte, um die reichen Sehenswürdigkeiten der ewigen Stadt kennen zu lernen, dem ist jetzt hier in Leipzig Gelegenheit dazu geboten. Da« Kaiser-Panorama deS Herrn Fuhrmann (Grimmaische Straße 24). welches sich eine« wachsenden Zuspruchs zu er freuen hatte, enthält in dieser Woche die herrlichsten Ansichten vom Capitol, dem Vatikan, den Katakomben, der welt berühmten Bibliotek u. s. w. Alle» tritt hier mit vollendeter Schönheit vor unsere Augen, als wenn wir un« an Ort und Stelle selbst befänden, und wir kommen dem Wunsche vieler Leser entgegen, wenn wir aus da« Kaiser-Panorama auch an dieser Stelle ihr Interesse lenken. -- Zu dem am lO. ds». stattfindcnden großen Masken bälle (6r»nck Val parü vt masgue) im Krystallpalaste werden bereit» umfassende Vorbereitungen getroffen. Derselbe wird sich diesmal in den prächtig renovirten Sälen und Lo calilätrn deS Etablissement- besonders glanzvoll gestalten. BorzugSbillelS sind schon jetzt im Bureau de- KrystallpalastcS zu entnehmen. — Im Krystall-Palast finden auch heute zwei große Künstler-Vorstellungen unv zwar im oberen Tbeater saale statt. Die Jnstrumentatistin Miß Carry, die Cosim», Soubrette Frl. Reimann und der Wiener GesaugShumorist Herr Stein treten heute zum zweiten Male auf. I Leipzig. 1. Januar. Gestern Vormittag stieß em Dirnstknrcht in der Langen Straße beim Borüberfahre» an einen Milchwagen unv riß ihn um. wobei der Milchinhall vr- loren ging. — Ein beim CircuSbau beschäftigter Hand arbeiter wurde gestern Nachmittag beim Abladen von Bau hölzern von einem derselben in» Gesicht getroffen und erbeb lich Über dem rechten Auge verletzt. Er mußte in der Samariterwache ärztlichen Beistand suchen. — Ein Berg arbeiter aus Schönefeld glitt heute Morgen in der Dresdner Straße au« und zog sich beim Hinstürze» der- art schwere Verletzungen zu. daß er ins Kranken haus gebracht werden mußte. — Die vergangene Neu j a hrS- nacht ist in so lebhafter Weise, wie selten gefeiert worben, unv e« hat sich die alte Gewohnheit, hervorragenden Spec tatet zu machen, diesmal ganz besonder» gezeigt. Es bat an Excessen nicht gefehlt und vielfach haben Schutzleute dagegen einschreite» müssen. Wo eü nur einigermaßen a»gi»g. hat man die Leute gewähren lassen, in sehr vielen Fällen aber gegen geradezu unsinnige» Ausireten einschreiken müssen, und e« sind, wie man unS milthcilt, wegen groben ExcesscS und Ungehorsam« gegen die dieSsallsigen Ruhegebote der Schutzmänner nicht'weniger als 43 Personen polizeilich arretirt und zur NamenSseststellung nach und nach dem Naschmarkle zugezührt worden. Früh in der vierken Stunde hatte sich ein fremder Fleischergeselle im Brühl an einer Schlägerei hervorragend betheiligt und war deshalb von einem Schutzmann zurecht gewiesen worben. Dieser Geselle fand e» sür gut. sich an dem Schutzmann zu vergreisen, ihn zu packen, zu Boden zu werfen und aus ihn loSznschlagen. Dafür wurde er aber fcstgenommen und aus dem Naschmarkt zur Hasl gebracht. * Sellerhausen, 1. Januar. Am gestrigen Abend traten d«e Wiener Sängerinnen zum ersten Male im hiesigen Schützenhause aus Der Ruf. der ibnen au» andern Stäblen vorauSgeeilt war, ist ein allenthalben be grvndeter. Ihr Auftreten hat etwa» AnmutbendeS und wird wesentlich gehoben durch die Grazie und Eleganz ihrer Be wegunaen, sowie durch die prächtigen Kostüme unv die reichen, woblzeschulten Stimmmittel; e« ist nicht zu viel behauptet worden, wenn man die auS zehn Damen bestehende und von Herrn Golhon-Grüneke diriqirte Gruppe al- eine der hervor ragendsten Spccialitäten Wien« bezeichnet. Am künsligen Donnerstag veranstalten die Wiener Sängerinnen im ge, nannten Etablissement zwei Coucerte. — Plagwitz. t. Januar. Die Sammlung zu einem Weihnachtsgeschenk sür daS Personal der Pferde dahnlinie Plagwitz-Leipzig hat die ansebnliche Summe von 535 ergeben und haben davon erhalten 15 Eontroleure je 4 17 Eonluckrure je 12 2 Conducteure je 10 1 Couducteur 5 13 Kutscher je 12'/, 4 Kutscher je 1V',, 3 Kulscher je 5'/, 2 Raumer je IS und ^,Rä>,mrr 5 ^k 0, * Lindenau. 1. Jauuar. Di« große patriotische Kund k«b»ug der Leipziger Bürgerschaft bat auch in zwierem Ott bei allen Leuen, welchen da« Wohl unsere« deulschen Vaterlandes am Herzen liegt. ungrtheiltcn Beifall gesunden und vielseitig ist der Wunsch verbreitet, e» möge auch hier und in den anderen Vororten ein solcher Ausdruck de« volkSwillen» zu Stande kommen. LebbosleS Befremde» erregt e«. daß bie Redaclion unsere« Wochenblattes, obgleich sie behauptet, aus dem Slaudpunct der Regierung zu Nehen und di« «nveränderle Annahme der Milftairvorlage zu wünschen, doch an der großen Leipziger Versammlung im Krystallpalast mäkelt und erklärt, .sie sei kein Freund der artiger Kundgebungen, di«, wen» man sie öfter« wiederhole, bald ihre Wirksamkeit verlieren würden". E« wird bei solcher Sachlage wohl Nicht« Andere« übrig bleiben, al« baß die Leipziger Bürgerschast in znkünstigen Fällen erst bei der Redaclion de« diesigen Wochenblattes ansragt, wie diese über die drireffende Angelegenheit denkt. Grimma. St December. Um zur Beseitigung de« iu hiesiger Gegend äußerst fühlbaren Mangel» an land- wirtbschastlichem Gesinde beizulrageu, hat der Agent Uhlrich in Grimma kürzlich eine I4lägige Reise nach Nieber- und Obcrschksien hiü an die russische un» galizische Grenze unternommen. E- ist ihm auch gelungen, mehrere Hundert männliche» und «eidliche* Dienstpersonal zu «lethea. — Der Handaßbeitee Külbel in Frohßueg ging in den letzten Tagen «ach dem Grersenhamer Gehölz, um einige Cdristdäumchen zu hole«. Am Abend war er noch nicht wieder heim, er wurde gesucht bi« spät in die Nacht und am Freitag srüh wurde da« Suchen sorlgefetzt. Man fand wobt seine Bäumchen, sein Bert und seinen Strick, aber ihn selbst nicht. Die Sucher kehrten schon zurück und glaubten den Unglücklichen im Schnee begraben, al« plötzlich der Sohn auSries: Hier liegt der Vater I Dieser aber lebte noch, körte die rettende Stimme und richtete den Kops in die Höhe. Mchr aber konnte er nicht» er war starr und steif gefroren, sah blau und brau» au« und konnte nur mit Mühe einige Worte stammeln. Die Suchende» nahmen ihn aus ihre Schulter» und trugen ihn mübsam durch de» meterhohen Schnee nach Hause. Gegen 2V Stunden hatte er im Schnee gesteckt und durch unaufhörliche* Bewegen sich de« Schlafe« erwehrt und dadurch den soust sicheren Tod ferogehalten. Einige Glieder hat er trotzdem erfroren. — Der HauSsLUtchter Schlegel in LheeSdorf bei Rochlitz ist am Mittwoch Nachmittag gegen 5 Uhr aus der Straße nach Sachsendors zu nach langem, mühevollen Suchen al« Leiche gefunden worden. Schlegel scheint an dem Unglücks« abend in der Dunkelheit an seinem Haus« vorbeigeirrt und dann liegen geblieben zu sein. Gegen 46 Leute au« TheeS« dors und den Nachbarvölkern hatten sich am Mittwoch aus gemacht. ihn zu suchen. Peuig. 3l. December. Die ZeitungSmittheiluug, daß der Steuerausseher Mühlbach au« Penig diesrr Tage im Schnee umgekonimen sei. bewabrheitet sich glücklicher Weis« nicht. Drr geachtete Beamte erfreut sich de» besten Wohl befinden«. Meerane. SO. Drcember. Heute früh wurde im Promenadenweae nach Seiseritz in der Näbe drr Oschatz'schen Kesselschmiede«» ein junger, gutgekleideter Mensch im Schnee liegend erschossen ausgrsundest. Der Entseelte, dessen Gesicht stark mit B>ul behaftet war, wurde al» der 25 Jabre alle Klempner Robert Mühlig von hier erkannt. Derselbe arbeitete einige Zeit in der Armoturrnsabrik von Knape hier und kehrte am vergangenen TienStag von Gera, wo er zu letzt in Arbeit stand, nach hier zurück. Jedenfalls bat Schwer inuth den Unglücklichen in de« Tod getrieben. Der Verlebte stand vier Jahre bei den Husaren und soll während seiner Dienstzeit schon einmal einen Selbstmord versucht haben. Auch erzählt man. daß eine Schwester desselben sich vor einigen Jahren ebenfalls freiwillig den Tod gegeben hat. — Durch da« seit mrhrerrn Tagen stattfindende Thauwetter hält sich der Schnee nicht mehr aus den Dächern, sondern stürzt herab und bringt Gefahren mit sich. So fiel gestern Mittag von einem höher gelegenen Dache aus den mit Oberlicht versehenen ArbeitSsaal der Schuhfabrik von Baumann L Malz eine so schwere Masse von Schnee, daß da» mehrere Zoll starke GlaS tdtal zerschlagen wurde und mit dem Schnee >n de» A'beilSraum hereinstürzte. Unfehlbar wären Menschen hierbei in Lebensgefahr gekommen, hätte sich der Vorfall nicht während der Mittagspause ereignet. Buchholz, 36. December. Große Schirsemassen stürzten gestern von dem Dach eine« Hause« in der KarlS- baderstraße und verschütteten di« Insassen eine« au« Tbum stammenden Schlitten» so vollständig, daß derselbe au« dem Schnee berauSgrfchaufelt werden mußte. Von der Wuchl de» SchneesturzeS zeigt der Umstand, daß der Schlitten zum Theit zertrümmert wurde. — In Stollberg wurde «ine empörend« Rohheit auSgesührt Der in der Niederstadt wohnhafte Schubmacher Hermann Wohlgemulh schickte sein« IS jährige Tochter nni «inci» Austrage nach der Oberstadt. Al- da« Mädchen vor der Wohnung eines gewissen Michael vorübergeht, tntt Vieser plötzlich auS der Hausthür heraus, ergreift da« vorüber gebende Kind und sticht dasselbe mit einem langen eisernen, icharse» Instrument iu die linke Schulter dergestalt, daß die Svitze des Instrumente« aus drr andern Seite wieder heraus, lritt. Glücklicherweise ist vir Lunge de« Mädchen» nicht ver letzt wurven und man hofft deSbalb, baß da« Kind wieder genesen werde. Michael, der diese Tbat nach allgemeiner Annahme nur au« boshaftem Uebcemulh auSgesührt, wurde selbstverständlich sosort zur Arrrtur gebracht. — Inder von dem Bezirktvererae gegen den Mißbrauch geistiger Getränks in Bautzen errichtete» Volksküche sind wäbrcud de« ersten Monat« ihre« Bestehen«, vom 26. No» vrmber bi» 2V. December 1886, 1843 Portionen warme, 734 Portionen kalte Speisen. 1666 Portion«» Kaffee, N22 Portionen Warmbier und 726 Liter einfache« Bier verabreicht worben. Die Consumcnlen waren zumeist HandwerkSgehilsen, Bau- und Fabrikarbeiter, sowie Geschirrsührrr. — Der Nabruug«besitzer Johann Henke au« Schwarz nauSlitz bci Bautzen, welcher sich kürzlich trctz de« Un welter« von letztgenannter Stadt nach seinem Wohnorte be, geben wollte, dort aber nicht anlangt« und seit dieser Zeit vermißt wnrde. wurde am 28. December unweit des Torfe« Preuschwitz im Schnee erfroren ausaefunven. Henke ist verhciralhet und Later von 8 lebenden Xinden». ^ Dre»den. 31. December. Ähre Majestät die Königin von Sachsen hatte bei ihrer letzten Anwesenheit in Sybillenort bereit« Vorkehrungen iür eine Brschcnkung von Arbriterpersonal getroffen. E» würben sllr diese Be schenkung 72 Dienstleule und Arbeiterfamilien au- den Ort- schasten Sibyllenort und Domaschine auSgewähtt, Die Feier selbst fand am 24. d. M. in der Reitbahn des Schlosse- zu Sibvttenort statt; sie wurde durch eine liturgische Andacht und eine feierliche Ansvrache seiten« de« Pastor« Katterne au« Raak cingeleikt; 1« Knaben erhielte» vollständige Tuch nnzüge. außerdem empfingen 28 anvere Kinder Stiesel oder Schubmerk. Dir Anzüge sowohl als da« Scduhwerk waren in Sibyllenort gefertigt; di« Besorgung der übrigen Geschenke halte sich Ihre Majestät Vorbehalten und langten dieselben, in 72 Packekrn geordnet, in den letzten Tagen vor dem Feste an. Jever der Empsänqer erbielt ein mit seiner Adresse ver- iebenr« Packet, welche» Kleidchen. Röcke. Strümpfe, Secken. Hemden. Schürzen und andere nützliche Sachen mehr, und außerdem auch äne Anzahl Pfefferkuchen enthielt. Die reich« Beschenkung erregte große Freude. s Dreßden, St. December. Drr diesjährig« Dresdner Tesindemarkt, welchrr heute früh in den Lokalitäten de« ..Vollhause«" in der Neustadt seinen Anfang nahm, zeigte durch seinen schwachen Besuch recht deutlich, daß diese« lieber« bleibsel au« aller Zeit von Jahr »u Jade mehr an Be deutung verliert. Verändert« wirlhschastlich« Eiorichlungen aus den größer« Ritter- und Kammergvtern, die Einstellung von sogenannte» Stallschweizern anstatt der Mägde, die An- Wendung zahlreicher landwirthichastlicher Maschinen haben so bedeutende Einsiüsse ans die Beschäftigung deS gelammten männlichen wie weiblichen Dienstpersonals auSgeübt. daß wahrscheinlich da« Angebot »no die 'Rachsrage sür lanbwirth- schaskliche ArbeilSkräste in Zukunft in einer audern als der bisherigen Weise eine Regelung finden dürste. Die Mehrzahl der diese Märkte besuchenden Knechte und Mägde sind auS der sächsischen und preußischen Nicverlausitz. die Oekonvmen zumeist au- den ackerbaulreivciideu.Umgebuugcn von Meißen, W>l«brusf, Nossen, Lommatzsch. Riesa. Großenhain. Frei- bera n. j. w. Diesmal waren gegenüber de» letzten beiden Jahren nur die Hälfte, im Vergleich zu noch küheren Jahren kaum der vierte Theit Ticnstsucheuder anwesend. Weibliche Arbeit-kräste waren beule nur ganz vereinzelt am Platze; doch erwartet man solche noch iür den morgende» Tag. Diejenigen, welche gute Zeugnisse auszuweiscn Halle», fanden schnell ein Unterkommen, während alle Urbriqen noch ver geblich einen Herrn suchen. — Der Markt findet morgen seine Fortsetzung in Heldig'S Etablissement am Theaterplatz — Am nächsten Montag wird der ReichStagSabgeordnete sllr Drelren-Rrustabl, Herr Oberappellalion-rath Klemm, im Brrgrestauraut zu Cossebaude über die Tbätigkcit der bisherigen NeichStagSscssion seinen Wählern Bericht erstatten. — Während der vergangenen Woche mußien im König reiche Sachsen über l50 Gerichtsverhandlungen au-aesetzt werden, da die Parteien. Zeugen rc. durch die LenehrSstvckuiigen am Erscheinen verhindert worden waren. vermisch tes. »— München. 29. December. Unter der dcaSjährigen allgemeinen Verspätung der Weib nachts packele hat auch Prinz Ludwig, der voraussichtliche Thronfolger, zu leiden gehabt. Ein ihm von unserem Kronprinzen als Weihnachts geschenk übersandter prächtiger Degen ist erst altern ein- getrofsen. Derselbe, ein Meisterwerk Berliner Air»sifle>ßeS. trägt aus der Klinge die in Gold geätzten Worte: ,Lk>cdrlch Wilhelm, Kronprinz de« deutschen Reiches und von Preußen, seinem lieben Freunde Ludwig, Prinz von Bayern — Inner halb deS Königreich« Bayern sind in verflossener Woche nicht weniger als acht Personen im Schnee erfroren.. — Pari«, 29. December. Seit Jahrzehnten hat Frank reich kein so schlechte« Weinjahr gehavt. wie 1886. E» wurden nur 25,663.466 Hcktoliler geerntet oder 3'i, Mill. weniarr al» 1885 und ltV, Mill. Hektoliter weniger ol der Durchschnitt de« letzte» Jahrzehntes beträgt. Zu den Verheerungen ver Reblau» und de« Mehlthauc« kam diese« Jahr die ungünstige Witterung wäbrend der Zeit der Rebenblülhe und de» TraubcnsatzeS. Im Uebrigen ist der gewonnene Wein besser alS im vorigen Jahre. Der Verbrauch hat sich de-haib kaum verminbert. indem in jeder Weise Ersatz für den Ausfall de« Herbste« geschossen wird. Während der ersten t l Monate de« Jahre« wurden 9,438,666 Hektol. Wein ' eingesührt, davon 5,t87.6V6 au» Spanien und 1,697.660 auS Italien. Voriges Jahr betrug die Einfuhr nur 8,83l.660 Hektoliter. Diese« Jahr wurden 2,688,660 Hektol. Wein durch Zusatz von Wasser und Zucker aus die Trester gewönne», 2.812,000 Hrklot. wurden auSTrockenbeercn (Korinlben. Rosinen) hergestelll. Da kommen schon im Ganzen 40 Mill. Hektoliter sür den JahreSbedars herau«. Den meisten Wein briugt da» Departement Hrrault mit 2.905.126 Hektolitern hervor, dann folgt Aude mit 2.372.900. Da- Giro«»« - Departement, welche» die Bordeauxweine erzeugt, kommt erst an fünfter Stelle mit 1.>08685 Hektoliter», d. h. weniger al« in Frankreich allein Bordeauxwein getrunken wird. Dabei wird noch mindesten» eben so viel auSgesührt. Algier hat dagegen seit Menschengedenken die beste Weinernte gehabt, indem «4 1.569,300 Hektoliter erzeugte, gegen kaum 1 Million i» Jabre 1885. Auch hat eS schon 398.600 Hektoliter »ach Frankreich geschickt. — Pari«, 29. December. Nach einer Mittheilung de« Amt-blatte» giebl eS augenblicklich in Pari» 4174 mit allen Z>ug»isseo und Diplomen versehene weibliche und 1506 ebenso ausgerüstete männliche, in der Provinz 8567 werb liche und 4922 männliche, in ganz Frankreich also 12,741 weibliche und 6428 männliche, zusammen 19,169 Lehramt», Eandidaten, die aus eine Anstellung in öffentlichen Volks schulen warten. Paris hat jährlich ungesähr l20, da« ganze Land höchsten« >600 Stellen zu vergeben, man siebt also, baß die schon heule vorhandenen Bewerber mindesten« zehn Jahre lang warten müßten, um alle befriedigt zu werben. Dabei berücksichtigt die Statistik de- AmlSblatle« natur gemäß bloS diejenigen geprüften Personen, welche sich that- säcklich um «in Schulamt beworben haben. Neben ihnen aiedt e« ohne Zweifel noch Tausende, die rbensall« die Fähigkeit für eine Anstellung besitzen, e« jedoch bisher unter lassen haben, eine solche in aller Form zu verlangen, weil sie wissen, daß ein derartiger Schritt zur Zeit aussichtslos ist. Die französische Demokratie hat bas Vorurlbeit der seudal- anstokralischen Gesellschafter beibehalten, daß Handarbeit ent ehrt. Ter Bauer, der Tagelöhner, der Handwerker glaubt, den Ausstieg seiner Nachkommen aus der gesellschaftlichen Stufenleiter nicht ander« sichern zu können, als indem er zu nächst sein Kind stuviren läßt, damit eS irgend ein SlaalS- aml ober Acmtchen erlange. Daher die Unmasse der über flüssigen Beamlen und Schreiber, die noch immer Hundert- lausenbe von „Declassirten" übrig lassen. Daran« ergiebt sich ein erdrückende« Staatsbudget, eine Verminderung der natio nale» Production lind — ein allzeit bereite« RevolulionSbeer. da» sich an der Gesellschaft sür Leiden rächen will, die nicht sic, sondern die Thorhru der Ellern verschuldet hat. — AuS Neapel wird un» gemeldet, daß die Arbeiten de« neuen SladttheilS aus dem Vomero rüstig voranschreiten. Dierftg große Wohnhäuser erheben sich bereits auf jenem reizen den, Neapel überragenden Höhenzuge, und ein Theit derselben ist schon vermielhet. Die Banca Tiberina. welche jenen Skadttheil erbaut, hat soeben die Concurrcnz sür Anlage von zwei Seil bahnen ausgeschrieben, welche den Vomero mit der Untcistadt verbinden sollen. Al- AuSgangLslatiouc» sind Monlcsanto und Parco Maraherita gewählt. Jede Linie wird 800 Meter lang sein. Ter Bau soll innerhalb eine» Jahres beendet werden. Außer den Personenwagen sollen Wagen ä Bolle- gebaut werden, mittelst welcher Wagen und Pserde befördert werden können. Der FabiprciS soll nicht mehr als 10 Cente- simi sür die Person betragen. — lieber ein angebliches Andenken an Capital» Cook liest man >m „Melbourne ArguS" vom 18. Novbr. er.: »Sydney, 17. November. Capital» Thomson, dom Dampfer »City os Melbourne", hat dem Secrrkair de« OueenSland'schen ZwkigvcremS der geographischen Gesellschaft die Enldcckung von Etwa» gemeldet, wa« er sür rin von Capitain Cook während bcssen Besuche« de« Endeavouiflusse« errichtete« Steindenkmal hält. Während die »City os Melbourne" am 9. v. aus den Postdomvser »Jumna" wartete, begaben sich Capitain Thomson mit dem Hon Lyttellon unv zwei anderen aus die Suche nach dem Strinbausc», den sie auch aus einem 1000 Fuß über tem Meeresspiegel belegenen Hügel fanden. Nur die beiden ersten Herren erreichten den Gipset. Der Sleinhausen war augenscheinlich seil seiner Errichtung unbe rührt geblieben.. Rund herum stand Hobe« Grat, und mitten durch «ine Seite de« Hausen» war ein Baum gewachsen, wa« da« Herabsallen einiger Steine verursacht Haft«. D»e Ent decker fällten den Baum und verbrannten da« Gra» um den Steinhaufen."