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Vierte Beilage M Leimiger Tageblatt und Anzeiger. L«S. Mittwoch d-n 28. Juli 1888. 8V. Jahrgang. Entscheidungen des Reichsgerichts. (Abdruck ohne Angabe der Quelle wird gerichtlich vrrsolgt.) Eine hochwichtige Au»legung derr ßg. 115 und 146 Nr. 1 oer Neichsgewerbeordnung, die Auszahlung des Arbeits lohns i» Reich-Währung betreffend, enthält da- Urtheil des II. Strafsenat- de- R.-G. vom 18. December 1885 in der Straf sache wider den vom Landgericht au- 8 146 Nr. 1 der Gewerbe- ordnung verurtheilten Kaufmann G. zu E. Der Sachverhalt war folgender: Der Angeklagte, welcher in E. mit fertigen Kleidung-- stacken Handel treibt, läßt einen Theil seine» WaarcnlagerS in der Weise unfertigen, daß er Frauenspersonen, welche einen Neben verdienst suchen, nach Hauie Stoffe verabfolgt, welche diese zu Be- kleidungsgegenständen verarbeiten. Die Lohnzahlung ersolgt nicht bei Ablieferung jeder einzelnen Arbeit, sondern wenn «ach Ablieferung mehrerer Posten sich ein größerer Betrag ergiebt. Zu den so vom Angeklagte» beschäftigten Arbeiterinnen gehörte seit dem Jahre 1882 auch die Frau B. Dieselbe hat de» ihr zustehenden Lohn für gefertigte Kleidungsstücke vom Angeklagten nach Berechnung mit diesem stet» baar erhalten, jedoch stet» sofort nach E »ipsangnahme de» Gelbe» wenigsten- für einen Theil des letzteren aus dem Laden de» Angeklagten Maaren entnommen. Die- war ihr zwar nicht zur Bedingung gemacht worden, sie hatte aber gehört, daß die- der Ge brauch der sSnimtlichen bei dem Angeklagten beschäftigten GelegenhcitS-Arbeiterinnen war, überdie» hatle ihr der frühere Gehlste des Angeklagten, als sie sich zum ersten Mal« um Arbeit bewarb, solche mit dem Bemerken zugesagl: „Sie werde» dann doch auch von u»S Maare nehmen." Die Maaren er hielt die V. vom Geschäft-personale dcS Angeklagten mit d«S letzteren Kenntniß und mindesten- stillschweigender Genehmigung. Ob der Angeklagte auch die wiedergegebene Aeußerung des frühere» Gcschästs- gehilsen gutgeheißen hat, ist au» den, landgerichtlichen Urthelle mit Sicherheit nicht zu entnehmen. Au- den vorstehend dargelegleu Beweisergebnissen hat da- Landgericht entnommen: daß der Ange klagte in den Jahren 1884 bi- 1885 zu E. als Gewerbetreibender den Lohn seiner Arbeiterin, der Frau B., nicht baar in Reichswährung au-gezahlt hat, und au» der 8-146 (146 Nr. 1) Ge werbeordnung Strafe verhängt. In Folge der von dem Angeklagten hiergegen eingelegten Revision hat da- R.-G. da- laudgerichtliche Urtheil ausgehoben und den Ln- geklagte» sreigesprochen. E- sührt au-: Nach Auffassung de-Land gerichts liegt daS Strafbare in dem Verhalten de- Angeklagten darin, daß er der Lohnzahlung unmittelbar und sofort den Berkaus von Maaren an di« Arbeiterin svlgeu ließ. Hätte sich die Arbeiterin mit dem erhaltenen Gelde au- dem Laden entsernt, so wäre auch »ach Ansicht de- Landgericht» gegen einen späteren Absatz von Maaren an die Arbeiterin nicht- einzuwenden gewesen. Die Umgehung der Lorschristen gegen da« Trucksystem würde also auch nach Ansicht de-Landgerichts eine sehr naheliegende und leicht zu bewerkstelligende sein; nur würde der Arbeit nehmer »och in ungünstigerer Lage sein» nämlich durch den mit oem doppelten Gange verbundenen Zeitverlust. Der Arbeitnehmer soll in der Lage sei», über den au-gezahlten Lohn verfügen zu können. Diese Verfügung erlangt er durch o,e Uebergabe der Geldstücke, da die Zahlung ihm Ligen- ,hnm und Besitz überträgt. Er gebraucht seine Bersüguugs- besugniß, indem er sofort da» Geld zum Einkäufe von Maaren verwendet, und gerade diese Möglichkeit sofortiger Verfügung will ihm da» Landgericht entziehe». In dessen Urthcile wird noch daraus Gewicht gelegt, dass das Verhalte» des Angeklagten gegenüber anderen Arbeiterinnen da- gleiche gewesen lei und sich zu einem GeschästSgebrauche gestaltet habe. Die Mehrheit der Fälle ändert nicht- an der rechtlichen Bcurtheilung des einzelnen Falle-, AuS dem Bestehen eines Geschäfts- gebrauch» würde man zwar aus eine stillschweigende Ab- rede des im 8- 117 Absatz 2 der Gewerbeordnung bezcichnetea Inhalt- schließen können; aber solche Abreden sind zwar nichtig, aber nicht strafbar. Vor Allem übersieht aber da- Landgericht, daß die Rücksicht auf die Tendenz eine» Gesetze- und auf die Möglichkeit einer Umgehung der Vorschriften di: Ausdehnung einer Strasvorschrist über den klaren und unzweideutigen Wortlaut hinaus nicht zu rechtfertigen vermag. Freilich wird mau bei Au-lequng zweiselhaster Gesetzesbestimmungen von der Ansicht au-gehen dürsen, daß das Gesetz seinen Vorschciltcn habe Geltung verschaffen und die Umgehung nicht der Willkür der Betheiligten habe überlassen wollen. Allein diese Auslegungsregel versagt im vorliegenden Falle schon de-halb, weil kein > Zweifel darüber bestehen konnte, daß die wirthschastlichen Folgen, welche» die Strasvorschrist in 8- 146 Nr. 1 der Gewerbeordnung Vorbeugen will, auch in anderen Fällen, a>- den dort vorgesehenen, eintreten können, der Gesetzgeber also, wenn er gleichwohl der Strasvorschrist enge Grenzen gezogen und darüber hinaus an verschiedene Handlungen und Abreden nur civilrechtliche Folgen geknüpst hat, offenbar von der Erwägung geleitet worden ist, daß eine Ausdehnung der Strasvorschrist aus alle uur denkbaren Fälle, welche mit den in 8. 115 der bezeichneten wirthschastlich aus gleicher Linie stehen, zu Beschränkungen der BerkehrSsreiheit führen würde, welche sich uach- theiliger erweisen könnten, als die Erscheinungen de- sogenannten Trucksystems. Ander- läge der Fall, wenn der B. zur Be dingung gemacht wäre, sofort für den baar bezahlten Betrag Maaren zu entnehmen und mit Rücksicht daraus an genommen wäre, daß die Baarzahlung nur zum Schein er- folgte, während da« wirklich beabsichtigte Recht-geschäft uur Bezahlung in Maaren gewesen wäre. Die« verneint aber da- Landgericht. Die B. war berechtigt, für den erhaltenen Lohn auch Waareu nicht zu kaufen; sie täuschte dann nur eine Erwartung de» Angeklagten und setzte sich dadurch vielleicht der Auflösung de« Arbeit-Verhältnisses aus; dieser mittel bare Zwang aber, welchen da- Landgericht urgirt, ändert nichts au der! Hatsache der Baarzahlung. Au- diesen Gründen mußte die Aushebung de» angefochtenen Urtheil- und in der Sache selbst die Freisprechung de- Angeklagten erfolgen. Verkehrswesen. —r. Die anhaltend gnte Witterung kam dem Verkehre auf den Sächsischen Staat-bahne» am vergangenen Sonntage vor trefflich zu statten und kann man wohl mit Recht die Behauptung ausstellcn, daß dieser Verkehr außer au den Pfingslseicriageu noch an keinem Sonntage diese- Sommer» erreicht worden ist. In allen Thcilen unsere» SachsculandeS machte sich die Reiselust des Publi- cums durch erhöhte Frequenz der Eisenbahnzüge bemerkbar, denn nian wollte einen so schönen Sonntag, ohne einen kleinen Ausflug unternommen zu haben, nicht vorübergehen lassen. Allein die fahrplanmäßigen Züge genügten zum Theil keine-weg-, den kolossale» Andrang zu bewältige». So war man bc,sp>el-weise in Dresden gezwungen, aus dem Böhmische» Bahnhose 27 Extrazüge abzulasjen, die- sich säst gleichmäßig zur Hälfte auf die Tharandter und Schanbauer Linie vcrtheilen, ferner hatte der Leipziger Bahn hof den Verkehr von 16 und der Schlesische Bahnhof den Verkehr von V Extrazügen zu verzeichnen. Der Leipziger Bahnhoi wurde insbesondere wegen de» Radeburzer Sängerseste- sehr stark sowohl von Festtheilnehmern als auch von anderem Publirui» srcquen- tirt, die in Radebeul aus die Secundärbahn übergingen. Wa- eine derartige Bahn und ihre Beamten an solchen Togen zu leisten haben, davon kann man sich nur ein Bild machen, wenn man die beschränkten Verhältnisse dieser Bahnen kennt. Doch ist Alle» gut und glücklich von Statten gegangen, da- Publicum wurde sowohl in fahrplan mäßige», als auch in mehreren Extrazügen seinem Bestimmungsorte, der Feststadt Radcburg, zugesührt. Alle Personenwagen, alle nur irgend disponiblen Güterwagen und offenen LowrieS wurde» in Verkehr gesetzt und insbesondere die letzteren vom Pnblicum gern benutzt. Aus dem Geschäftsverkehr. k Mit der warmen Jahre-zeit konimea regelmäßig Gäste in» Hau», welche man sich recht gern bald vom Halse schafft. Zu diesem Zweck ist da- wirksamste, in seiner Wirkung bisher unerreicht dastehende Mittel Audel'S überseeisches Pulver zu empiehle». Dasselbe tödtet sicher und schnell alle lästigen und schädlichen In- sectcn, ist absolut giftfrei, wa- nicht von jedem Jnseetenvertilgungs- mittel behauptet werden kann und nicht zu verwechseln mit gewöhn- lichem Jnsectenpulver, sondern e- ist eine tausendfach erprobte Spe- cialität, von besten wahrhast au-gezeichneter Wirkung sich Jeder- mann durch einen Versuch leicht überzeugen kann. Die Anwendung ist einfach, der Ersolg sicher. Gericht über Moden- und Stoff-Neuheiten. AuS den Wochenberichten der „Leipziger Monatsschrift für Textil-Jndustrie". (Verlag von Metzger, Mittig, Martin L Eomp.) * Leipzig, 23. Juli. Ein gewisser Styl in der Moderichtnng läßt sich für nächsten Winter nicht seststellen. Die Mode per- horreScirt nun einmal alle- Unisormr, Gleichmäßige. Ein steter Wechsel und Wandel ist ihr Element. Die nun hinlänglich beschrie benen Streifen und Carreaux müssen in de» Hintergrund treten, die Mod« sucht nach etwa- Neuem, Originellem, woran sie sich fesseln kann. Der Geschmack der eleganten Welt nimmt selten da- aus, wa- für die große Menge sabricirt wird. Fabrikanten be- schästigen sich schon seit lange mit Versuchen, um einen seiten Anhalt für eine neue Moderichtung zu gewinnen, die womög lich für den nächsten Sommer vorlheilhast verwerthet werden kann. Hunderte von Versuchen sind gemacht worden, die wir unser» Lesern nicht vorenthaltcn wollen; welche die ersolgreicheren sein werden, getrauen wir uns heute noch uicht zu entscheiden, doch so viel steht schon fest, daß wir zu abgesetzten Mustern übergehen, daß die Blumeumnsterung in den Vordergrund tritt, daß Vorwürfe, die in Punkten, Dreiecken. Würfeln, Nägeln, Hufeisen ihre Wirkung finden, daß serner große Pomoadonr-BouquclS in wechielvollcr bunicr Aus führung, sei eZ in Stickerei, Färberei oder Druck, oder in seinen Brochs-Zeichnungen die herrschende Richtung am wirksamsten zum Ausdruck bringen werde». Wir gehen vollständig zu glatten und selten Geweben über, jede rauhe Webart ist vollständig aus» flejchlossen, alle bunten Noppenesfecle sind außer Eours ge- letzt. Man wird sich damit begnügen, die Musterung in bunter, aber harmonischer Farbenstellung anzubringea; sehr schwierig ist die Farbensrage zu beantworten; von verschiedenen Seite» wird de- hauptet, daß da- im letzten Sommer getragene Gelb noch lange » cht genug ausgebeutet ist, um bereit- wieder zu verschwinden. Jedenfalls werden die matten Farben die H-rrschast behalte», man glaubt, daß ein Helle- Aprikosenrosa, welches schon jetzt in den fashwnablen Badeplätzen die in der Mode tonangebende,, Damen tragen, zn den Modefarben gehören wird; außerdem glaubt ins», daß Biscuit und jene- dunkle Apselsinenroth, welche- unter dem Namen „Poatac" bekannt ist, zu den belleblelesten Farben gehören wird; als dunklere Töne nimmt man Schn'sergrau, Grün und jene- Blau in Aussicht, welches zwischen Porzellanblau und Saphyrblau ranglet und welche- die Franzosen mit dem Namen „blsu liosroa" be zeichnen. Man wird zu Farbenzusammenstellnngen jene braune Nüance benutzen, die un- an das eigenthümliche Braun der Baumrinde rriuaert, und diese Farbe wird in Verbindung treten mit Wasserblau, mit Theegrün, Loinbinationcn von Blau und Lila, ja felbst von Rosa und Roth werden nicht zu den Seltenheiten gehören; Weiß mit Gold wird siir elegante Stoffe unbedingt eine der bevorzug testen werden, man wird Meß bisweilen auch durch Mohngelb ersetzen. Mit Kreuzstich durchstickte Brache-, jaspirte Stosse ml seidenartigem Glanz, von welchem sich Würsel, Bombcnniuster abheben, werden ebenso modern sein, wie die gold-, silber- und stahl- »mschlungenen Lupfenmuster. Wir haben in unserem letzten Berichte bereit- diejenigen Stoffe erwähnt, welche in ihrer Musterung indische und türkische ShawlS nachahmen; der Ausbeutung dieses Geschmack- widmen sich die hervorragendsten Dessinateure. Man hat einige gelungene Borwürfe, welche die zarten Schlangen - und Zickzacklinien dieser Desstniriing auf einfarbigem Grund in buntem Durcheinander zum A»-druck bringen, bereit- zur Ausführung ge bracht und verspricht sich von ihnen einen durchschlagende» Ersolg. — In jüngst erschienenen Stossnenheiten erscheint uns er- wähnenSwerth ein gespitzter Mohairplüsch mit Frisü-Mustcrung, ein kleingclockter Astrachan aus Mohair hergestcllt. In Regen- mäntelstosfen liegen einige Artikel vor, die stark verlangt werden; sie sind in buntem, aber nicht auffälligem Geschmack sabricirt, und zeigen als Musterung verschwommene Cacreaus in Cheviot- Appretur. Carrirte PopliaS in den großen schotti>chen Mustern bilden ein immer neue- und gesuchte- Material für Unterkleider. Al- neu haben wir ferner noch anzusühren einen sehr hübschen indischen Baststoff, der gemustert wird durch breile. aus schmalen zusammengesetzte, Plüschstrcisen: eine neue in Ausnahme kommende Farbeiicombinatioa bildet Häliotrope mit Oliv. veri>nt«»rttl»er «et-etrnr Petnrtt» tthse In ketvlt» stttr de» «liftteulchc» >pl»i«1l»r 1-r. id»o»r Paul t» » VolksMÜHschastliches. All» für diese» Theil bestimmten Sendungen sind zu richten an den verantwortlichen Rrdactenr deffelbe» tt. G. LlUl» ta Leipzig: Das Reichs-Lisenbahnamt und die bayerischen Eisenbahnen. (AuS der „Allgemeinen Deutschen Eisenbahn-Zeitung". Leipzig. Verlag von Eduard Strauch.) Fast unmittelbar nach dem jüngsten große» Unfall bei Würzburg tauchte unter den falschen Gerüchten, wie sie bei großen Ereignissen und ttnglücksiälleu an der Tagetwcduung sind, auch die Meinung ans, daß da» ReichS-Eijeabahnamt insofern einen Theil der BeraatWortung mit trage» als eS seine controlirend« Thätigkeit nicht auch aus di« bayerischen Eisen- bahnlinicn ausgedehnt habe. Daraus sah sich das ReichS-Eii'en- bahnamt genöthiat, zu erklären, daß eS sich mit dem Würz burger Unfälle nicht zu besaßen habe, da seine Befugnisse sich nicht über Bayern erstrecke». Hiergegen sind wiederum Einwendungen gemacht worden, aber, so wie die Dinge für da» Rrichs-Eijenbahn- amt liege», mit Unrecht. Die Hauptaujgabe für diese» Amt ist bekanntlich, daß e» al» Organ de» Reiche» die ordnungsmäßige Aus führung der aus da» Etsenbahnwejen bezüglichen Reichsvorschriften und di« Wahrung der dahingehenden Reichsinteresje» überwache. Wie, d. h. ans welchem Wege uno mit welchen Mitteln die einzelnen Bahnve, Wallungen jene Vorschriften autführen. darnach fragt das Amt nicht, weil die Einmischung in die Berwallung nicht zu dessen Obliegenheiten aehört. In diesem Umstand« mag e«, nebenbei erwähnt, liegen, daß man de», Rcichs-Liscnbahnamte nachsagt, sein« Machtbesugniffe seien nicht ausreichend. Dem sei wie ihm wolle. Lin» steht fest, daß da» ReichS- Eisenbahuamt, will es de» Ausgabe» gerecht werden, die ihm zn- stehen, alle Verhältnisse der deutschen Eisenbalmverwaltnugr» genau kennen muß. Dazu grhärt direct« Einsichtnahme in die einzelne» Verhältnisse, eine entgegenkommende Bericht erstattung seilen- der einzelnen Verwaltungen, was ja wohl jetzt allgemein geschieht, und eine umfassend«, genaue Statistik. Die Ergebnisse dieser Thätigkeit sind e», welche dem Reichs- Elsenbahnamte die Handhabe zur Anregung einheitlicher Gestaltung der deutschen Eisenbahu-Betrieb-einrichtnngeu, soweit da- Reichs- interesse dabei in Betracht kommt, bieten. Das Hauptmittel, ivelche- den, Reich--Eiscnbahnamte hierbei zu Gebote steht, ist di« Statistik. Wer jemals einen statistische» Jahresbericht de» Amte- über die deutschen Eisenbahnen durchgesehen hat, der weiß, wie umfassend und gründlich da- Material hierzu gesammelt und gesichtet ist. Da mag wohl manchmal di« Beantwortung einer einsigeu Frage Wochen-, ja monatelange Zeit und Mühe in Anspruch genommen haben, aber oft schon allein durch den Umstand, daß die Frage überhaupt gethan wurde, ist die Ausmerksamkelt der einzelnen Ver waltungen erregt und der Zweck der Frage bald erfüllt worden. Nur Bayern steht infolge seine« Reservatrecht- dem Reich», eiienbahuamte noch fern und beiheiligt sich weder an einer Reich», siatisilk. noch leistet eS sonst Beiträge an dasselbe. Weit entfernt, deshalb sage» zu wolle», daß Bayern» Bestre- bnngcn, seine Betriebseinrichtungen den Ersordernisse» der Zeit und Rotbwendigkeit anzupaffen, nicht vielleicht dieselben wären, als wenn es sich dem Reich-eisenbahnamte anlchlösse, so läßt sich doch nicht das Ausfällige verschweigen, welch«- in d«r gänzlichen Fernhaltung liegt. Es ist dabcr nicht zu verwundern, wenn die öffentliche Meinung im übrigen Deutschland bei dem Würzburger Unsalle Anlaß nahm, sich über Bayern- Rbschließnng au-znsprechen, wobei allerding- iheilweise insosern falsch geurtheilt wurde, al- Manche da- Reich-eiienbahn- amt dasür vernntwortlich machen wollten. Nach dem oben Ge- sagten bat abrr dasselbe keinerlei Vollmacht, wie bei den übrigen Bundesstaaten, so auch bei der bayerischen Slaat-bahnverwaltung irgend welchen directe» Einfluß geltend zu machen, und e- hängt somit lediglich von der bäuerischen Regierung ab, ob sie gesonnen ist. die eigentbümliche Lücke au-zusüllen, welche bi- beute in der Statistik d.-S Re>ch--Eisenbahnamtc- bemerkbar ist, indem dasselbe seine sänimtlichen Ausstellungen „mit Ausschluß der bayerische» Siaat-bahnen" bekannt geben muß. Es ist da- Hauptersorderniß eine- glatten und ungehinderten Verkehr-, daß seine Einrichtungen ans möglichst ansgedehntem G«. bieie möglichst einheitliche sind, und von diesem praktischen Standpunkte au- dürfte zu hoffen sein, daß sich die bayerische Ver waltung dem Rcichs-Elsenbahnamte um so eher anzuschließen bereit lein wird, als bei der eigenen Stellung de- letzteren politisch« Be denken kaum entgeqensteyen dürsten und die in Bayern bevorstehende Trennung der Post von der Eisenbahn von selbst daraus hinwrtst Der «tschte». * Leipzig. -7. In«, «u» Anlaß de- Brondunglöck« am hiesigen Bayeriichen Bahnhof« wird die in den besonderen Besinn- inungrn de- Loealgtltertoris- Theil ll. geordnrte Abnohmesrift >ür die ans dem genannten Bahnhof« «»kommende» Stückgüter »nter Vorbehalt nochmaliger Kürzung für den «edürsnißfall di< ans Weitere- «ns sechs G«schüft-st»»h«» mit d« Bestimmung herabgesetzt, daß die innerhalb dieser Frist nicht abgenommenen Stückgüter — mit Ausnahme der Seite 10 de- Locai-Gütertaris- verzeichncte» TranSporlgegenständc — den Adressaten bahnseits gegeü Erhebung der Rolltaxe auch dann zugerollt werden, wenn die Empfänger erklärt hüben, daß sie ihre Güter selbst oder ohne Ver mittelung der Bahnverwaltung abrollen wollen. jM- Leipzig, 27. Juli. Wie im vorigen Jahre deutsche Banken durch einen Betrüger geschädigt wurden, welcher Prima-Wechsel, ausgestellt von ersten Bankhäusern New- UorkS auf ihre Korrespondenten in London, verkauft hatte, während die Secunda-Wechscl bereits in London eineassirt waren, so ist der gleiche Versuch, wie eS scheint mit Ersolg, vor acht Tagen in Norwegen gemacht worden, und zwar ebcnsalls mit von New- ?)orker Bankhäusern auSqestellten Primen und Secnnden; soweit bi- letzt bekannt, scheint es sich um mehrere Appoint- zu handeln. Der Betreffende heisst Joseph Mertens »nd bezeichnet- sich als ei» Kaulmann au- Charleston, South Carolina. — Zur Warnung für die Baukwel» theilen wir Diese- hierdurch mit. ch Plaue«, 26. Juli. Zn der gestrigen Eorrespoadrnz, die Bildung eine- ,. Bezirk-Verein-der Spiritusinte re ssenten de- BogtlandeS" betreffend, ist noch zu bemerken, daß die Bildung des Vereins 14 Besitzer, bez. Pächter von vogtländischen Rittergütern mit Brennereien Vornahmen und daß Herr Ritterguts- Pachter Bocke aus Geil-dors alt Vorsitzen der (nicht Bicevorsitzender), Herr Rittergut-Pachter Gnäupel aus Liebau al» stellvertretender Vorsitzender und Herr Rittergutsbesitzer Hüttner aus Pick als Schrift führer gewählt worden ist. Weimar, 26.Juli. An der Rastenberg-Aroßrudestedter Bahnstrecke sind die Erdarbeiteu in den Fluren Großrudestedt, Schloßvippach, DielSdors, Markvippach sertiggesteltt und in den Fluren Sachsenhausen und Wohlsborn in Angriff genommen worden. Vom 25.-27. Juli wird die lande-polizeiliche Begehung auf der Schlußstrecke Großbrembach, Guthmannshausen, Mannstedt, Hardis- leben erfolgen, mit der alsbald die Erdarbeiten begonnen werden, da eS von besonderer Bedeutung, daß diese Strecke in kürzester Zeit vollendet werde. — Die Bahnstrecke Berka-Blankenhain ist in ihrem Bau wesentlich vorgeschritten. Die Gleise sind bereits vom StaatSbahnhos bi- zur Haltestelle Nohra serliggelcgt, so daß diese Strecke auch schon von Locomotiven für den Baubetrieb befahren wird. Man hofft, daß bi- Ende August die Locomoti« bis Berka gelange» kann. Berlin, 26. Juli. Die „B. B.-Z." schreibt; Dl- Actien der Bo chumerArtie »gesell schast für Berg bau und Guß st ahl- sabrikation zeigten zu Anfang der heutigen Börse eine recht feste Tendenz, sür die man in dem vorhandenen DeckungSbedürsniß einen genügenden Grund finden zu können vermeinte: sehr bald nahm indeß da- Angebot so starke Dimensionen an, daß der Cour- pro- centweise wich und sich im Verlaus der Börse bi- aus 100'/, er- mäßigte. Den Anlaß für diese starke» Verkäufe gab das Gerücht, daß der Bochumer Verein eine große Anzahl von Arbeitern zn ent lassen gezwungen sei; et lag in dieser Beziehung keineswegs eine bestimmte Nachricht vor, bei dem gegenwärtigen schlechten Stand der Eisen-Jndustrie könnte aber allerdings eine Verringerung der Aebeits- kräste kaum Verwunderung erregen, wenn auch die Ziffer von 1000 entlassene» Arbeitern, die man heute nannte, übertrieben sein mag. Die Börse unterhält sich so lange schon über die rückgängigen vcr- hältnisse des Bochumer Vereins, über die schlechic» Preise, die ibm gezahlt werde», über den Mangel an Arbeit übcrbaupt, nicht blos a» rentabler Arbeit, daß eine Einschränkung dcS Personals eben nur eine unvermeidliche nnd selbstverständliche Conscquenz der oben ge schilderten Bcrhälinissc wäre, die im Cour» schon lange escompttrt ist. klebrigen- laitten die Berichte vom Eisenmarkt (trotz oder in Folge de« Schutzzoll»?) im Allgemeinen nach wie vor schlecht, und diese Tbatsache sührt thalsächlich immer wieder neue BcrkLnser an den Markt, welche den Cour» von Bochumer Gußstahl-Actien auch jetzt noch sür koch aniehen. »— Schlußlchei».Stempel. Der Berliner StenerfiSkal hat verlangt, daß Schlußscheine eine» Makler-, welche den Vermerk tragen, daß die Courtage an einen anderen Makler zu zahlen ist, al- zwei Geschäfte betrachtet und mit doppeltem Stempel versehen werden muffen. In den betreffenden Fällen ist der Stempel nachträglich riugezogen, trotzdem von den Betroffenen dagegen unter Itiarlcgnng de» Sachverhalt» remonstrirt ist. Die Angelegenheit muß de-halb tm Proeeßwege zur Erledigung kommen und sind die Nettesten der Kaufmannschaft ansgesordert, sich gutachtlich zu äußern. Da« Gut- achten geht dahin, daß in oben erwäbnten Fällen nur ein Geschäft vorliege, da dasselbe im Ans-ade-Au-gleich unter de» einzelnen Maklern der mit dem verlaus de» betreffenden Papier» betrauten Maklergrupve gemacht sei. *— SpiritnSbrenneril und SvtrituShaadel haben bekanntlich im Jahre 1885 schlechte Geschälte gemacht, besonders aber die Brennerei. Die sehr gute Kartoffelernte de» Jahre- 1884 und die überall» große de» Jahre» 1685 boten zwar bei säst voll ständig fehlendem Export von Kartoffeln dem Brennereibelrieb so reichliche» Material, daß fümmtlich« Brennereien in vollster Thötig- keit waren. Aber die Preise gestalteten sich so schlecht, daß die Lage der Spiritu-industrie immer kritischer wurde. In Berlin und anderen Handelsplätzen schwollen die Lager mehr au. Die Netteste» der Berliner Kausinannschast beziffern in ihremJahreS- berichte die Production vom 1. October >884 bis 30. September 1885 aus 351.824.500 Liter (gegen 361,700.000 bez. 320.250,000 in den beiden Borjabren). Der Spiritti-export beziffert sich in den selben Zeiträumen 1884/1885 aus 8st.795.000 Liter, 1883/1884 aus 98,370 400 Liier, 1882,1883 aus 73,355,700 Liter. Die Production von 1884,85 war demnach um 9,900,000 Liter kleiner als im Vorjahre, der Export um8.600.000Literkleiner, es waren daher sür den inländischen Conlum 1,300,OM Liter weniger vorhanden. Die Zufuhren Berlins zu Bahn und Wasser betrugen 56,OM,OM Liter gegen 49,000,OM im Vorjahre. Nach obigen Zahlen läßt sich Deulschlands Export aus 90 Millionen Liter veranschlagen. Rußland und Oesterreich exportiren zusammen ca. 50 Millionen Liter, der Export der übrigen Staaten mit Ausnahme Amerika» ist von keinem Belang; Belgien exportirt ca. 4 Millionen Liter meist nach Spanien, und England ca. 12 Millionen Liter größlentheil» nach seinen eigenen Colonien. Bon den 140 Millionen Liter der drei hauptsächlich exportirende» Staaten hat Spanien im Jahre 1883 64 Millionen Liter bezog-», woran Deutschland allein mit 45—50 Millionen Liter belheiligt ist. Außerdem richtet sich der deutsche Export noch nach Frank, reich, der Schweiz, Italien und in kleinerem Maße nach Afrika und Asien. Zu diversen industriellen Zwecken und zur Essig- sabrikation hat der Bedarf nach der dasür gewähr!«» Steuer- bonificatton 1884/65 ca. 13 Millionen Liter betrogen, derselbe dürfte aber ivesenllich böher anzunehmen sein, da die Denaturirunq mit nicht unbedeutenden Koste» verbunden ist und der kleine, aber häufige Bedarf e» deshalb verzieht, lieber etwa» mehr sür nicht deaattirirte Waare zu zahle» und öfter nach Bequemlichkeit zu kaufen. Auch gicbt es gewerbliche Zwecke, für welche denaturirler Spiritus nicht verwendbar ist. Die Preise sind, wie bekannt, bis aus 36 X pro Hectoliier reinen Alkohols herabgesunken. Während de- öster reichische» Kriege- im Mai 1866 war der Preis einmal vorüber gehend 38.2, i»i December 1857 38.8.4t; die sonst niedrigsten Preise waren in den Jahren 1842 32.29 und 1848—1850 33.29.41. aber bei einer um ei» Drittel geringere» Maischraumsteuer: dieselbe» würden jetzige» Preise» von 37'/.—38'/, .4i entspreche». Der Bericht schließt mit folgende» Worten: „Die Preise sind so niedrige geworden, daß sie de» Landwirthe» keinen Nutzen bringen, und werden sich dieselben der Nothwendigkeit nicht mehr verschließe» können, daß eine, wenn auch nur mäßige, Einschränkung de» Kartossclbaues und des Brennereibetriebes durchaus geboten ist. Wäre eine solche Beschränkung und vielleicht ein früheres Aufhören deS BrenncreibctriebcS im Frühjahr z» erwarte», dann würde man wieder Bertraue» zu dem Artikel gewinnen, und damit würden mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auch bessere Preise sür denselben wiederkehre»." — Die „Nordd. Allg. Ztg." bemerkt dazu: Wie bekannt, verfolgen die in verschiedenen Produclions- gedieten (Pommern, Sachsen re.) gebildeten Brennercigenossenlchasteu das Ziel einer Einschränkung der Production, dabei sollen sie aber auch die Brenner von der Abhängigkeit befreien, in der sie sich der Börsenspekulation gegenüber befinden. Al- Mittel hierzu dient die Errichtung von Lagerhäusern der Genossenschaften. *— Ein Fachblat», die „Deutsche Gerberzeitung" in Berlin, tritt in ihrer Nummer vom 25. Juli d. I. wieder den etwa noch be stehenden Vorunheilen bezüglich der qualitativen nnd quantitativen Leistungsiäbigkeit der deutschen Lederindustrie entschieden ent gegen uiid hebt hierbei hervor, daß eS dieser Industrie lediglicki an prei-werlbe» Gerbstoffen und dergl. gebricht, um auch dieselbe» niederen Prodnctionskosten wie da- Nu-Ia»d aus die Preisbestim mung wirken zn lassen und allen Mitbewrrb auf dem inländischen Markte au- dem Felde zu schlagen. Die pekuniären Berhällniffe unserer ausländischen College», so fährt da» genannte Fackblait fort, sind durchaus nicht glänzender, und wa» Intelligenz, Fach- kenntniß und Fleiß «»betrifft, so stehen unsere Fabrikanten wie Arbeiter mindestens aus derselben Stufe. Wer jetzt da- AuSland und Deutschland bereist, wird sich hiervon überzeugen können. Als ein thatsächlichcr Beweis, welchen guten Ruf die deutsche Lederindustrie selbst im sernstcn Ausland« hat, zeig» uns die Anwesenheit eine» sehr bedeutenden japanischen Leder fabrikanten in Deutschland. Derselbe macht zur Zeit in Begleitung eine» seiner Landsleute, welcher in Folge seines längeren Aufent halte- i» Berlin al- Dolmetscher sungirt, eine JuftructionSreis« durch deutsche Ledersabriken. So besuchte» diese Herren bereit- die Lederfabriken von Karl Tröger in Plauen, Heinrich Knoch in Hirsch berg, Mayer Michel und Deninger »n Mainz re. und waren vor wenige» Tagen in Aachen anwesend. Hier besichtigten sie die Treibriemenlabrlken von Georg Wnpvermana (Epecialität: geleimte Riemen), Conrad Hencken ör Lo. (Specialität: imprägnirte und metallgare Riemen, di« Lederfabrik von Bernhard Günther (Spe- cialnät: Riemen und Kratzenledee), die Lederfabrik, Kratzensabrik und Nähnadelfabrik von Hugo Heusch und die Maschinenfabrik von Fecken-Kirsel (Special,«ät: Maschinen für Treibriemensabrikatlon). Bon hier au- hatten sie die Absicht, mich Mühlheim »e. weiterznreisen. Daß sie von dem Resultat« dieser Jnstrnctioo-rels« besrtodigt. dasür dürste ihre Absicht, riaen deutschen Werksührer nach dem ferne» Japan zu cngagireu, ein beredter Beweis sein. «—Nach der eben erschienenen schweizerisch«! Statistik des SvecialverkrhrS der Schweiz mit Deutschland im Jahre 1885 ergeben sich 249.3 Millionen Francs Einfuhr und 157.6 Millionen Franc- Ausfuhr. Diese Angabe» erheischen indessen einige.Erläuterungen. I» obigen Summen deS EpecialvectehcS zwischen beiden Ländern sind nämlich sehr erhebliche Quantitäten von Maaren inbegriffen, welch« in der Schweiz oder in Deutschland nur eine Zeit lang gelagert kaben. schließlich aber weiterspedirt wurden und daher al- Transitgüter zu betrachten sind, wenn eS daraus ankommt, nur den Auslauich nationaler Erzeugnisse zwischen der Schweiz und Deutschland, und »war den Au-tausch zum Zweck de- Gebrauch- un eigenen Lande, ln- Auge zu fassen. Als solche jremde Artikel können, Ibcils ihrer Natur nach, theil« nach Schätzungen von Fachleuten, erkannt werden: Roher Kaffee, rode Baumwolle, Petroleum, Tabak, The«, Rohseide, Floretseide, Orgauzine, Trame, edle Metalle, roh« Chappe re. Der Werth der Einfuhr dieser Maaren beziffert sich aus 14,654,715 FrcS., jener der Au-suhr aus 12.394,184 FrcS. Zicbt inan die Summe dieser Artikel ab, so bleiben noch als deulsch-schwcizeriicher Specialverkehr 234.6 Millionen Franke» Einfuhr und 145.2 Millionen Franken Ausfuhr. Selbst verständlich werden diese Summen immer noch viele andere Maaren in sich schließen, welche weder in Deutschland oder in der Schweiz erzeugt oder bearbeitet, noch dort consumirt oder in Gebrauch ge nommen worden sind, deren Erniittelung aber theilS unmöglich, thcilt außerorventlich schwierig und unsicher wäre. - Mit dem 1. August d. I. wird die beschränkte AbfertigungS- besugniß des Haltepunctes Tzschecheln — zwischen LottbuS und Sorau gelegen — aus den allgemeinen Frachtstückgutverkchr erweitert. <5 Der Jahresbericht der Handelskammer sür den Kreis Thorn kann über die Verhältnisse von Handel und Industrie des dortigen Bezirkes nicht günstiger berichien als im Vorjahre. Die Erhöhung der deutschen und russischen Zölle, die andauernden uno immer mehr zunehmenden Schwierigkeiten de- Grenzver kehrs, das Verbot der Viehemsuhr aus Rußland, die Aus weisung russischer Unterthanen aus Preußen haben zur Folge gehabt, daß der Geschäftsgang »och unbedeutender geworden ist, als in den letzivergangenen Jahren, namentlich in Getreide, Holz und Exporte». Nach Rußland war der Absatz kaum nenoenswertb, sämmllichr offene Geschäfte der Stadt, die früher sür ihre Maaren au den Bewohnern der russischen Grenzdistrictc zahlreiche Abnehmer fanden, sind säst jetzt nur aus den Bedarf der Bewohner und der Umgegend der Stadt angewiesen. Nun zeigt aber schon die Lage von Tborn, wie es aus die Verbindungen mit dem ruisilchen Gebiete von Natur angewiesen ist und jede Störung oder Beschränkung des Verkehrs sich sofort höchst fühlbar macht und von den einschneidendsten Folgen begleitet ist. Ten Verkehr mit diesem Lande einsetiränke» oder ganz ausheben — wie dies der Fall ist — bedeutet nicht« Andere-, als Tborn die Bedingung sür die Existenz seine- früher blühenden Handels entziehen. Die Landwirthe des Bezirke- haben eine gute Ernte gehabt, die Getreidevreüe waren jedoch so ungcwShiiliiii niedrig, daß sie in seinem Verliällniß zn dem Erwerbsgrund der Guter und zu den WiethschaftSkosten stände». Ein Theil der Gutsbesitzer war schon früher genöthigt. Credit i» erheblichem Maße in Anspruch zu nehmen und als eines der Geld institute — die Ereditgesellschast von K. G. Hirschseld L Co. in Culmsee — zusammenbrach, wurden auch vielfach größere Besitzer in Mitleidenschaft gezogen und andere Geldinstitute zur grüßten Vorsicht und Einschränkung bei Gewährung von Credit ver anlaßt. Mehrere größere Gutsbesitzer geriethe» ln Concurs. Einen sehr nachtheiltgen Eindruck ni achten die Agitationen, welche unbedachtsamer Weise die Lage der Landwirthe als eine über die Maßen gesährdete schilderten, fortwährend StaatShilse forderte» und damit den Real- und Personnlcredtt der Landwirthe schädigten; über die Folgen, die ja eintreten mußten, dürsen sich jetzt die Landwirthe nicht beklagen. Einzelne Geldinstitute habe» in zu weit getriebener Vorsicht die Discontirungen sehr beschränkt oder von unerfüllbaren Bedingungen nbhängig gemacht; daß dadurch die Lage des Handel- und der Landwirlhschaft noch übler gestellt und dem eigenen Interesse nicht genutzt wurde, scheint unzweifelhaft. In ganz besonder- schwieriger Lage besanden sich die Bewohner der Nirderuug, welch» außerdem noch mit den üblen Folgen de- Eis ganges und deS Hochwasser» zu kämpfen haben. Sonach ist eS erklärlich, daß sich die Landwirthe noch mehr haben einschränken müssen, al« in den Vorjahren, und daß eS Bielen trotzdem nicht möglich war, ihren älteren Verpflichtungen gerecht zu werden. Bon Neuanschaffungen konnte keine Rede sein. Für dir Geschäftsleute kam demnach nur der Absatz an Bewohner der Stadt in Be- tracht, bei dem ober dir Toncurrenz den Nutzen schmökerte. Boa