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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.09.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-09-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188609148
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18860914
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18860914
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-09
- Tag 1886-09-14
-
Monat
1886-09
-
Jahr
1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.09.1886
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. tUdartion und Lrpkdition Iohannesgaff'e 8. Sprrchstniidrn der Nedarkoin Vormittags 10—13 Uhr. Nachmittags ö—6 Uhr. tzi» ti« NULiiadk cmq^sai'ikrr Manulcririe «»cht sich tic Mctaciiou „,»t »erdlntiich. Annahme der für die nächstfolgende Nummer destimmten Auierate an Wochentage» dis 2 Uhr Nachmittag», ,»> Loi n- und Aesttageu früh dis '/,S Uhr. 2n den Filialen siir Ins.-Ännahmc: Otto Klemm, Ilniversilätsstraße 1. Louis Lösche, Kalharinenstr. 23, p. nur bis '/,L Uhr. ^° 257. tji>',igtr.Tagc!>!iüt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Dienstag den L4. September 1886. Auflage Ävoiuirmrnlsprriö Viertels. 4'/. Mß. incl. Brnigcrlohn 5 Pik., durch die Post bezogen 0 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pi. Belegexemplar 10 Ps. Gebünren siir Extrabeilagen sin Tageblatt-Format gesalzt) obne Postbesörderung :>0 Mk. Mit Postbesörderung 60 Mk. Inserate gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schristcu laut »ns. Preisverzeichnis) Tabellarischer u. Ziffcrnsatz nach hühermTaris Reklamen unter dem RedactionSstrich die Sgespall. Zeile 50Pf., vor den Familiennachrichtc n die Ogespallcne Zeile 40 Ps. Inserate sind stets an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praonumernncko oder durch Post- »achnahme. 8V. Jahrgang: Amtlicher Theil Vtsranntmachung, das Fahren mit BelocipedeS in den Straßen der inneren Stadt betr. Durch daS häufige Befahren der aSphaltirteu Straßen der inneren Sladt mit PclocipeteS sind in letzter Zeit wieder holt Unzuträglichkeiie» herbeigesübrt worden, welche uns ver anlasse», in Ergänzung der Bestimmung in tz. 64 des Straßenpolizeiregulativs vom 14. November 1885 Folgendes anznordnen: Das Fahren mit BelocipedeS in den Straßen der inneren Stadt »st verboten. Ausgenommen von diesem Berbote sind jedoch solche BelocipedeS, welche gewerblichen oder industriellen Zwecken dienen und zum Transport von Waaren, Mustern :c. bestimmt sind. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschrift werden in Ge mäßheit von tz. 366, Zif'cr 10, deS Reich-strafgesetzbucheS mit Geldstrafe bis zu 60 oder mit Hast bis zu 14 Tagen bestraft. Leipzig, den 6. September 1886. IX. 8506/975. Der Akath und daS Polizei-Amt der Stadt Leipzig. Lr. Georgi. Bretschneider. Wttisch, Ass. Ausschreibung. Tie Steinmetz- und Zimmer-Arbeiten für die Großviehschlachthalle und Vas SanitätöschlachthanS der neuen Scblachlliof-Anlage sollen auf dem Wege der öffentlichen Ausschreibung vergeben werde». Die Unterlagen sind vom 8. September d. I. an gegen Zahlung von I siir die Schriftstücke jeder ArbeitSgatlung i»> Schlachthosbau-Bnreau zu entnehmen. Die Angebote sind in der den Unterlagen beigegebenen Vorschriften entsprechenden Form bis zum 20. September v I. Mittags t2 Uhr an die Nuntiatur auf dem Nath- hause abzugebc». Wir behalten unS die Auswahl unter den Bewerbern bez. auch die Tbeitung der Arbeiten sowie die Ablehnung jämmtlichcr Angebote vor. Leipzig, den 6. September 1886. Der Rath der Stadt Leipzig. In. 5155. vr. Georgi. Gringmuth, Aff. Anctions-Vekimntinachnng. Donnerstag, de» 18. September 1888, Vormittags von 9 Uhr an sollen auf dem Bauplätze Schenkciidorf'strage Nr. 33 allbier 1 Bretterbude mit 2 Fenstern, 2 Brettertischcn und 1 lange Bretlertafel. 85 Stück 6ellige Sckaalbrcttcr, 3 Schock eiserne Mauerklammer». 1 Waagescheit, 2 mit Blech beschlagene. 4 bez. 5 Meter lange Stäbe. 5 neue Leiter» niit 19, 23, 25, 32 und bez. 33 Sprossen, 1 hölzerner Banwinkcl, 3 große und 3 kleine Bau- schnurcn, t Waffcrschlauck, 1 dergl. zum Wiegen nebst zwei Gläsern, l großer Manerhammer mit Stiel (genannt Bnffcket). 1 großes, hölzernes Dafferfaß mit eisernen Reisen, I zweirädriger Kalkwagen, 3 Kasten karren, 1 Steinbock, 3 Effenklötze. 1 große und 1 kleine Kallbucht, 1 Kalkkrücke. 207 Stück neue, kieferne Psostc», 58 Stück neue, kieferne Schoßriegel, 2 Mancrböcke, je l Meter hoch, 67 Stück gebrauchte Maucrpfosten, 20 Stück Stempel mit Strickhölzern, 48 Stück ge brauchte halbe Cchoßriegcl, 36 Bogen, 1t.450 Stück Mauersteine, 6 Stück Maßlatten, 32—34 Hektoliter Baukalk, 18 Meter Bauplanke, t.50 Meter hoch, mit Schnellen und Klammern, und 2 Fuhren Mauersand an den Meistbietende» gegen sofortige baarc Bezahlung öffentlich versteigert werden. Leipzig, den II. September 1886. Der Rath der Stadt Leipzig. Ick.23177. vr. Georgi. Christoph. Vkkmintimchiliig. Die Leuchtkraft deS städtischen Leuchtgases betrug in der Zeit vom 6. bis zum 12. dieses Monat» im Argaud- drcnner bei 2.5 Millimeter Druck und 140 Litern stündlichem Eonsum daS 16.86 fache der Leuchtkraft der deutschen Normal kerze von 50 Millimeter Flamm cnhölie. DaS specisische Gewicht stellt sich im Mittel aus 0.426. Leipzig, am l3. September 1886. DeS Raths Deputation zu de» Gasanstalten. MaontmchMß. 2m Monat August a. o. gingen beim Armenamte hier ein: 3 .E — Sühne von Clara S. in Sachen Herrn stanf- mann Curt R. 1 - 50 deSgl. in Sachen R. G. 1 B — VeSgl. - - G. V. R. 3 » —- B desql. von H. in Sachen Frau K. 3 — B LeSal. - A. H. in Sachen St. 5 e — B von E. S E. H. 7 - 50 B - Frbr. I. L Co. 3 - — B Sühne in Sachen P. H./.R. S. z durch Hrn. 5 - — B B B » S. L. l. E. T- 1 Frieden»- 2 - — B B B « H. 9k. /. E. I. f richler 6 B — B B B - A. K. S. G- 1 Nagel. 3 B —- B B B « K. /. M. Z B — « B B . L. T. 2 B — B B B - F. W. 2 B — B B B . L. ,. T. durch Herrn 2 » — B B B . G.G. -/- W. Friedensrichter 5 B — B B B - F- '/- «. G A Iauckion. 2 B — B B B - St. G. 2 B — B B B . P. G. 1 B — B B B , R. B. 62 — -s Sa. Dankend quittiet Leipzig, den 10. September 1886. Der Rath der Stadt Leipzig. (Ar«ne»a«t.) Winter. Iunghiihnel. Wegen Reinigung der Lokalitäten deS Unterzeichneten ilmteS wird Dienstag, den 14. und Mittwoch, den 15. d. Mts. nur Vonnittags von 8 bis 1l Uhr rrpedirt. Die in den StandeSamtSlocalitäten befindliche FriedhofS- expedition und Caffe ist auch nur während vorgevachter Zeit geöffnet. Leipzig, den 12. September 1856. DaS König!. Sachs. EtandeSa«t. Veklnilitnillchlmg." Die Lieferung von 288 gußeisernen Schleußen- »eckeln soll an einen Unternehmer in Accord vergeben werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Lieferung liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung. RathhauS, II. Etage, Zimmer Nr. 14, auS und können daselbst eingesehen resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Lieferung gußeiserner Schleußendeckel" versehen ebendaselbst und zwar bis znm 27. d. M. Nachmittag« 5 Uhr einzureichen. Der Rath behält sich daS Recht vor, sämmt- liche Angebote abznlebnen. Leipzig, am ll. September 1886. DeS RathS der Stadt Leipzig Ib. 3366. Straßenbau - Deputation. Sieb-ahls-Bekanntmachung. Gestohlen wurden vier erstatteter Anzeige zufolge: 1) ein Filzhut. schwarz, Halbdach, mit schwarzem Tuchflor und braunem Futter, darin die Firma . I-eisekiax hier", auS dem rothen «aale i» der Ceutralhallc am l.dss. Mts.; 2) ein 2rüdriger Handwagen m» 2 LangbSumen, dunkclgelb gestochen, recht- mit der Firma „Gemen-, IVivkIer" versehen, auS dem Hosroume in Nr. 50 der Windmühlenstraße, vom 2. bis 3. dis. MiS.; 3) ein Paar Schaftstiefeln, rindkedern, ziemlich neu, mit ein fachen Sohlen und Siisiabsäpe», auS der Arbeiierbude des Schlacht- Hof-Ncubaues, am 4. dsS. MtS.; 4) ein Paar weiße englische Lederhosen, am linken Bein etwas descct, au» der offenen Kellerabtheilung eines Neubaues an der Bisiuarckstraße, vom 4. bis 6 dsS. MiS.; 5) ca. 1v bis 18 in div. Münze, aus einer Bude lm städt. Freibade am Schleußiger Wege mittelst SindrnchS, vom 5. bis 6. dsS. Mts. Nachts; 6) ein Iaquet, fast neu, von blau- und braunkleincarrirtem Stoff, mit einer Reih« schwarzen Hornknöpsen, im Henkel die Firma „C. Heller in Lindenau", eine ebensolche Weste mit Umlegekragen, ein weißleinenes Taschentuch, „o. I-." gezeichnet, ans einer Wohnung in Nr. 33 der Riitrrstraße, am 12. dss. Mls. Nachmittags; 7) ein Vaarbktrag von 30 Al in einem Holzkästchen. bestehend in einer Doppelkrone und 3 Fünfmarkscheinen, auü einer Wohnung io Nr. 12 der Gerbcrstraße, am 13. dss. MtS. Nachmittags; 8) eine silberne ikylindernhr mit Secundc und Nr. 47,391, obne Goldrand, aus einer Promenadenbank am Rabenfleinplatz mittelst Taschendiebstahls, von, 12. bis 13. dss. MiS. Rachls. Etwaige Wahrnehmungen über den «erblieb der gestohlenen Gegenstände »der den Thäter sind ungesäumt bei uoserer Criminal« Abtheiluug zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 13. September 188«. Das Palizet-Amt der Stadt Leipzig. Bretschneider. vr. S. Nichtamtlicher Theil. Zur bulgarische» Frage. Gestern sollte die Sobrcmje in Sofia zusanimentreten, um in geheimer Sitzung über die Lage deS Landes und seine Zukunst zu bcrathen. Eine Täuschung, welche bei Erlaß der fürstlichen AbschicdSproclamation noch bestand, ist bereits gründlich beseitigt, die russische Regierung hat Widerspruch gegen die Behauptung deS Fürsten erhoben, daß Rußland die Verpflichtung übernommen babe, die Unabhängigkeit Bulgariens zu achten und sich jeder Einmischung in seine inneren Angelegenheiten zu enthalten. Man weiß nicht, ob Rußland sich blcS dagegen verwahrt, dem Fürste» gegenüber eine solche Verpflichtung eingegangen zu sein, oder ob cs über- baupt keine Schranke in seiner Behandlung der bulgarischen Angelegenheiten anerkennen will. DaS Letztere ist da» Wahrscheinlichere, Rußland wird handeln, wie eS seinen Interessen am meisten entspricht und sich dabei Lurch keine Rücksicht einschränken lassen. Zn England faßt man die Sachlage in Bulgarien dahin auf, daß Europa über die fernere Gestaltung der Geschicke Bulgariens Beschluß zu fassen babe. während d,c öffentliche Meinung Rußlands dahin geht, daß Bulgariens Zukunst eine ausschließlich russische Angelegen heit fei. Deshalb bat auch die Antwort des Zaren an Len Fürsten Alexander so laute Zustimmung in Rußland erregt, denn sie stellt die Entscheidung des Zaren über das, waS ge schehen soll, in Aussicht: „Ich bebalte mir vor zu thun. waS mir LaS geheiligte Andenken meine« Vater-, die Interesse» Rußlands und der Friede deS Orients zu thun gebieten." Diese Worle sind der Grund, aus welchen Rußland baut, neben ihnen sinken alle Wünsche der Bulgare» und alle diplomatischen Vorschläge der Mächte zur Bedeutungslosigkeit herab. WaS der Zar thun will, da» wird er selbst entscheiden, alle- Andere find werthtose Redensarten. Da« .Journal de St. PLterSbonrg" beutet an, in welcher Weise sich die Thätigkeit Rußland- in Bulgarien jetzt entfalten wird. Die russische» Agenten in Bulgarien sind angewiesen, der Bevölkerung mitzutheilen, daß die taiserlicke Regierung bereit ist, ihren ganzen Einfluß auf- zuwenden, um die Parteien mit einander zu versöhnen und die Ruhe wieder herzustellen. Sie werde kc-hatb eine Re- gierung unterstützen, welche in legaler Weise eingesetzt sei, e« verstehe, nicht Parteiinteresien. sondern die Interessen de« allgemeinen LandeSwohlcS wahrzunehmen und sich bemühe, der Uneinigkeit ein Ziel zu setzen, unter welcher Bulgarien schon zu viel gelitten habe. Darnach ist zu erwarten, daß die russische Partei zunächst die Gesetzlichkeit der bestehende» Regierung bestreiten wird, wie da» ja bereits privatim geschebcn ist. Daß die Regentschaft ibre Gewalt au- der Hand deS Fürsten Alexander empfangen hat. kann ihr in Rußland nicht zur Empfehlung, sondern nur zum Schaden gereichen! Von Stambulow und Mut- kurow erwartet Rußland keine Förderung, sondern nur Be kämpfung seiner Bestrebungen »nd deSbalb wird die russische Partei geradeso aus Beseitigung dieser Personen bedacht sei», wie sie aus die Entfernung de» Fürsten Alexander hingcarbeitet hat. Rußland duldet von Bulgarien nicht Widerstand, sondern fordert unbedingte Unterwerfung. Da« ist es, wa» da» amtliche russische Organ meint, wenn eS von der Beendigung der Uneinigkeit spricht. Ruhe und Ordnung kann »ach russischer Auffassung in Bulgarien »ur herrschen, wenn Negierung und Volk den Kaiser von Rußland als ihren eigent lichen Herrn betrachten. DaS ist nun freilich gerade DaS, wovon die große Mehrheit des bulgarische» Volkes durchaus NichiS wissen will, sie will vielmehr von Rußland vollständig unabhänig sein und bleiben und die Oberbcrrschast der Türkei nur so lange dulden, als sie sich in milder Form zu erkennen giebt, daß man sie nicht bemerkt, wie kaS bisher geschebcn ist. Rußland wird deshalb in Bulgarien nicht leichtes Spiel baden und jeder neue Gewaltschritt kann nur eine neue energische Abwehr zur Folge haben. Zankow wird sich ver geblich bemühen, den Bulgaren die Segnungen der russischen Freundschaft klar zn machen, der Kamps für ihre Unabhängig keit ist daS Veriiiächtniß, welches ihnen der scheidende Fürst in seiner von Rußland so schnöde zurückgewiesenc» Procla- mation binterlaffen hat. Die Türkei bat mit ihrem Hilferuf zur Abwendung einer Besetzung Bulgariens durch eine auSmärlige Macht die Lage in der treffendsten Weise gekennzeichnet. Diese Besetzung steht vielleicht nicht unmittelbar bevor, aber sie wird unum gänglich, wenn Rußland seine Auffassung von dem Bcr- bältniß, in welchem Bulgarien z» ilini steht, nicht ändert. Rußland verlangt, daß die Urheber deS AnsstankeS vom 2l. August von der verdiente» Strafe befreit bleibe» solle». DaS heißt mit anderen Worten, daß Bulgarien den Sckand- thalen, welche in jener Nacht an dem Fürsten verübt wurden, nachträglich die Billigung und Bestätigung verleihen soll. In dieser Zumuthung liegt eine so brutale Vergewaltigung, daß man sie gar nicht für möglich halten sollte. Fürst Alexander konnte Gnade üben an denen, welche ibn mit Mord bedrohten und ihm Thron und Freiheit rauben wollten, aber ivaS der Fürst auS Großmntb thun konnte, ist der Regent schaft zn thun nicht erlaubt, sie muß die Uebelthälcr der ver dienten Strafe überliefern und wenn sie dazu den Mulh nicht sinket, so zeigt sie damit ihre Unselbstständigkeit und Un freiheit. Die Bestrafung der Urheber der Revolution de» 2t. Angnst ist eine innere Angelegenheit Bulgariens, gleich viel, ob sie den Wünschen Rußlands Erfüllung bringt oder nicht. Man würde die Haltung Rußlands in dieser Frage versieben könne», wen» Fürst Alexander ein Rebell gegen den Kaiser von Rußland gewesen wäre, aber die Bereinigung Bulgariens mit Ostrumclien war ein Ereigniß. welches die Türkei betras und nicht Rußland. Der Sultan Halle alle Ursache, den Fürsten Alexander als einen rebellischen Vasallen zu behandeln, aber mit welchem Rechte kann Rußland ver langen. daß Grncw und Benderew, zwei pflichtvergessene Ossicicre deS Fürsten von Bulgarien, straflos anSgchc» sollen? Diese Zuniutbuiig stellt alle sittlichen, rechtlichen »nd staats rechtlichen Grundsätze auf den Kops. Der ganze Kampf, welche» Rußland seit sieben Jahren »»: Bulgarien führt, ist der Kamps der Lüge gegen die Wahrheit, der Gewalt gegen das Recht. Durch die Unter zeichnung deS Berliner Friedens hat Rußland Bulgarien als Vasallenstaat der Türkei anerkannt und trotzdem maßt sich Rußland an. diesem Staate Gesetze vorzuschrciben und von ihm liiibediiigt Unterwerfung nutcr seinen Willen zu verlangen. Fürst Alexander hat dem Zaren am 30. August ein Zu- zestäiivniß gemacht, waS er ihm niemals machen durfte, mdcm er öffentlich anerkannte, daß er seine Krone an» der Hand deS Zaren empfangen habe. Damit hat er sich selbst eine Nolle zuertbeilt, die er nicht spielen wollte und gegen die er sich mit aller Kraft gesträubt hat, die des russischen Satrapen. Fürst Alexander ist vom bulgarischen Volke ge wählt und von den europäischen Großmächten als Fürst von Bulgarien bestätigt worden. daS ist denn doch etwa« wesent lich Anderes, als ei» Fürst von Rußland- Gnaden. Rußland hatte allerdings die Absicht, den Fürsten von Bulgarien znm Werkzeug seiner Pläne zu mache», die dahin gingen, ans der Balkanbalbinscl mehr und mehr Boden zn gewinnen, um schließlich dort allein die Macht auSzuübcn. Fürst Alexander aber hat von jeher danach gestrebt, der selbstständige Fürst eines selbstständigen Volke- zu sei». Die Frage, ob Europa in Bulgarien ein russisches Werkzeug ferner dulden will, wird binnen Kurzem zur Entscheidung reifen. * * * Ueber de» Gang der Ereignisse in Bulgarien liegt wiederum eine Fülle »euer Meldungen vor. Die Berliner ossiciöse Presse verharrt in ihrer Bekämpfung der „Battcn- bergischen Politik". So schreibt daS Organ des Reichskanzler», die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung": Die Versuche, welche die freisinnige und ullramootane Presse in Verbindung mit französische» Journalisten unternommen hat, unS den Fürsten von Bulgarien als einen „denlschen Prinzen" auszuliigen, werden jetzt selbst von Battenbergifcher Seite deSavoutrt. Die letzten Worte, die der Fürst an dt« bulgarische Armee gerichtet hat, lauten: „Obgleich ich genüthtgt bin, abzuretsen, bleibe ich doch stets Bulgare und werde wie jeder Vnlgare stets da sein, nm daS Vaterland zu vcriheidige», wie e» nSthig ist." Aus den Ansprachen, die Fürst Alexander in Sofia gehalten hat, läßt sich ferner auch der Nachweis führen, daß die in die Presse lancirie Behauptung unrichtig ist, wonach der Fürst durch die Drohung der Mächte, sie würden nicht die Erschießung eines einzigen der Rädelsführer bei der Revolution zulasten, zur Abdankung ge. nöihigt sein soll. Der bulgarische« Armee gegenüber Hai der Fürst schon bei seinem Empfang in Sofia erklärt: „Ich bin nur auf den R»s deS Volke» hin zurückaekehrt, um in Ehren da» Land zu ver- lassem wie ich «S betreten/' Der Fürst hat also seinen Entichluß, aus den bulgarischen Thron zu verzichten, nicht nur gesoßt, sondern sich auch öffentlich zu demselben bekannt, bevor seitens der Mächte die Frage der Bestrainng der Verschworenen überhaupt angeregt worden ist. Daß die Mächte den Fürsten nicht bedroht, sondern ihm nur den Rath ertheili haben, keine Hinrichtungen vorzuuehmcn, haben wir schon gestern hervorgehoben. Zu den vielen Jrrthümern, welche die in- und ausländische Presse betreff» der bulgarischen Angelegenheit verbreitet, gehört auch die Nachricht, Fürst Alexander dürfe mit einiger Zuversicht aus eine Wiederwahl und auf Rückkehr auf den bulaarischen Thron rechnen. Unsere» Erachtens ist dafür wenig Aussicht vorhanden. Gesetzt auch, die Sobranje vottrte für den Fürsten, so wird doch schwerlich die zweite Voraussetzung, ohne welche der Fürst die Krone Bulgarien» nicht acceptireu kann, z,«treffen, daß nämlich die Vec tra gsmüchte ihre Zustimmung dazu erlheilen. ES ist kaum anzu- nehmen. daß England und Rußland sich über die Frage der Wieder- bejetzung des bulgarischen Thrones schnell verständigen werden. * Nachstehend verzeichnen wir noch einige Meldungen au« Bulgarien, welche mit dem Rücktritt deS Fürsten in »niniltelbarem Zusammenhänge siebe»: * Wien, 12. September. AusLom-Polanka vomb.Seplrinber eht der „Politischen Corresvondenz" eine Zuschrift zu. welch« de» seligen Empfang des Fürsten Alexander beim Verlassen Bul- garicnS schildert. Mit Hinwcglassung der durch die telegraphischen Berichte überholten Stellen lautet dieselbe, wie folgt: „Fürst Alexander begab sich unmütelbar nach seinem Eintreffen aus seine Nacht, wo er die zahlreichen, zu seiner Begrüßung erschienenen Deputationen empfing. Der Erste, welcher da» Wort ergreifen sollte, war Oberstlieutenant Fi low; allein nach wenigen Worten übermanntc ihn die Rührung dergestalt, daß er nicht sortzusahrcn vermochte. Der Fürst sprach lange und eingehend. Er warf einen historischen Rückblick aus seine Regierung, wies aus alle schwachen Pnncie im politische» Leben Bulgariens hin, zählte alle begangene» Fehler aus und rielh, dieselben in der Zukunft zu der- meiden. Namentlich aber empfahl er, die Unabhängigkeit des Landes zu wahren; „denn — sagte der Fürst — in dieser Unabhängkeit liegt Euer ganzes Glück, Euere ganze Zuckunsi." Die Deputieren brachen i» Thronen aus, küßte» die Hänve des Fürsten und bäte» ihn, wieder »ach Bulgarien zurückzukommen. Einige der bulgarischen Tcpiiialionen erklärten dem Fürsten, sic seien nicht gekommen, uni Abschied von ihm zu nehmen, sondern um ihn, wenn nöihig, mit Gewalt, im Lande zurückzuhallen. Fürst Alexander erwiderte, daß dies uniiiüglich und »»nütz sei und die Lage nur verwickeln würde; Angesichts dieser Lage empsehlc er ihnen Klugheit und Ruhe." — Nicht unbemerkt blieb eine gewisse Kühle in der Haltung des Herrn Karamelow dem Fürsten gegenüber, «nd dieselbe wurde mit leb- haste,» Uiimnthe krilisirt. * Varna, 7. September. („Politische Korrespondenz".) Seit einer Woche wird hier keine allgemeine Depeschenceosur mehr geübt. Am 2. d. versammelten sich die Parteigänger der gegenwärtigen Regierung in einem Schulgebäude der Stadt zu einem Meeting, »in »der das Vorgehen deS hiesigen Metropoliten Msgr. Simeon ihre» Tadel auszusprechen. Derselbe wird angeschuldigt, die Garnison von Schnmla, wohin er sich vor den letzten Ereig nissen begebe» hatte, ausgcmuniert zu haben, die provisorische Re gierung Zankow'S anzuerkennen und sich nicht den Anhängern des Fürsten anzuschließen. In der Thai hatte sich auch die Garnison vo» Schnmla bis in die letzten Tage jedes gemeinsamen Handelns mit de» Garnisonen von Varna, Rustschuk, Phiiippopcl rc. enthalte». Nach Anhörung iiiehrercr Redner, welche den Metropoliten als Ber- rälher hmslcllic», faßte die Versammlung die Resolution: Es sei an den Metropoliten eine Deputation zu entsenden, welche ihn »ach Vorlesung der Resolution auszusorderu habe, die Stadt und das Departement Varna unverzüglich zu verlassen. Der Metropolit mußte denn auch Varna am 3. d. verlassen und begab sich zunächst nach Rustschuk, von wo er nach Rumänien abreisen dürste. Im ganzen Lande herrscht die vollkommenste Ruhe. Alle Geschäfte gehen wieder ihren normalen Gang. * Wien. 11. September. („Neue Freie Presse".) Die Stimmung in Sofia scheint sehr rasch umgeschlagen zu haben. Ursprünglich sollte der benlige Alexa» vertag den Vorwand zu Maaiscstationen zu Gunsten drS Fürsten Alexander bieten. Statt dessen wird nun ein Tedciii» z» Ehren de- ZarS in der Kathedrale abgehalten. Die Eröffnung der Sobranje, welche heute statlsindrn sollte, wurde ebenfalls vertagt, angeblich weil die Regenten und Minister, welche den Fürste» nach Turu-Severin begleitet habe», noch nicht zurück waren, in Wahrheit aber, weil man die festliche Stimmung der Be völkerung am Alexandertage nicht stören wollte. Die russische Partei bietet auch Alles aus, uni den Zusammentritt der Sobranje zu ver hindern. Zuerst hieß eS, daß die Kammer in Sofia nicht zusommen- treten könne, weil in Sofia der Belagerungszustand herrsche; dann ver breitete die Opposition, daß sic sich vo» den Berathuagen der Sobranje sernhalten wolle. Wenn übrigens die National-Bersamm- lung am Monlag doch zusamine»tritt, dann wird die Opposition ihren bereits vor einigen Tagen angekündigicn Protest gegen die Zlisaminensctzmig der Regcnischaft trotzdem einbringen. Dieser Protest wir» de» Parteien Gelegenheit geben, sich zu messen. In Sofia hofft man mdeß, daß es dem Einflüsse der drei Regenten gelingen werde, von der Majorität der Sobranje die Ratification aller von dem Fürste» getroffenen Maßregeln zu erlangen. Dies würde selbstverständlich die russische Partei nicht von nenen An griffen aus die bestehende Ordnung abhaüen. Wie endlich verlautet, wird an Stelle des Regenten Stambulow, der auch Präsident der Sobranje ist. kein neuer Präsident gewählt werden, sondern die Dcvulirten werden einen der beiden Bice-Präsideuiea, Zivkow oder Panow, bezeichnen, welcher die Verhandlungen zu leiten Hai. * Sofia, 11. September. („Frankfurter Zeitung".) Ueber 180 Mitglieder der Sobranje schickten ein Telegramm an den Fürsten Alexander folgende» Inhalts: Die nationalen Depu tiere», versammelt in Sofia, benutzen die Gelegenheit des Namens tages Deiner Hoheit zur Versicherung ihrer Ergebenheit. Indem wir zu Gott mn Gesundheit »nd langes Leben für Dich bitten, be dauern wir ties Deine Abwesenheit vom geliebten Baterlande. Wir wünschen so bald als möglich, den heldenmülhiqen Bertheidiger un serer nationalen Freiheit und Unabhängigkeit wieder in unserer Mitte zu sehen, er lebe zum Ruhm, zur Ehre und Größe Bulgariens. * Sofia. 12. September. In Phiiippopcl haben hier ein- gegangenen tzlachrichten zufolge unbedeutend« Ruhestörungen stattgesunden, indem eine Anzahl Anhänger des vormaligen Fürsten sich vor dem russischen Eonsulate zusammenschaarte, wo sich gleich zeitig auch Gruppen von russisch gefiante» Bulgaren gebildet hotten. Die Polizei schritt sofort ei« «ud zerstreute die Anwesenden. * Weitere Meldungen: "Paris, 11. September. Der „TempS." berichtet aus Philipvopel, daß dort Verwirrung herrsche. Dir ostr umelisthen Gerichte fahren fort, im Namen deS Fürsten Recht zu sprechen, als ob der Fürst gar nicht obgedankt hätte. Man kündigt baldige Demonstrationen der Garnison zu Gunsten des Fürsten an. Anderer seits bemerkt man Agenten, welche die Bauern der Sache des Fürsten abwendig machen wollen; allein auch die Bauern wollen dem Fürsten Alexander treu bleiben. * Wien, 12. September. Der „Neuen Freien Presse" wird au» Pest gemeldet, der ungartsche Ministerpräsident TiSza habe in Wien erklärt, daß er eine Politik, welche aus eine russische Occupatio» Bulgariens binauslänft, unmöglich unlcrsiützcn könnte. In Wien selbst sei man über die Ziele der russischen Politik im Moment noch nicht vollkommen orientirt und wolle weitere Schritte des St. Petersburger Cabiiiets abwarten. * Wien, 12. September. („Post".) Während Einerseits vo» Bukarest gemeldet wird, daß Fürst Dolgoruki schon morgen in Bulgarien e«ntreffen werde, besagen andererseits directe Nachrichten aus Sofia. Rußland wolle mit der gegenwärtigen Regenischast in keine Beziehungen treten, und darum sei von einer Mission Tolgo- ruki's einstweilen keine Rede. Ein Londoner Telegramm berichtet: England bereite eine große Aelion vor. um durch Occupation eine der größeren Inseln, unweit der Dardanellen und durch Er richtung einer Flottensiation daselbst eine allsällige Occupation seitens einer anderen Macht ausziiqleichen; Thornlon werde in dieser Rich tung mit der Psorte unterhandeln. "Mannheim, 11. September. Ein Special-Berichterstatter der „Neuen Badischen Landcszeitung", welcher ben Fürsten Alexander, den Prinzen Franz Joseph und den Vormittags ein- geiroffenen Prinzen Heinrich aus Schloß Heiligenbcrg begrüßte, meldet: „Dem Bolgarenfürst steht man die Strapazen nicht mehr an, so erfreut ist er von der Aufnahme im Heimathlande und im Vaterhaus. Die bekannte russische Meldung, wonach Fürst Alexander versprach, bei einem Kampf der Bulgaren für Makedonien nach Bulgarien wiederzukommen, ist völlig erlogen. Der vulgaren- sürst hat niemals eine ähnliche Bemerkung gemocht." — Ferner be» richtet der Korrespondent: „Wie ich bestimmt höre, sind Klapka'S Ausführungen unwahr, der überhaupt den Fürsten nicht ge sprochen hat. sondern lediglich am Pester Bahnhof anwesend war, als der Fürst rin Beasftrak aß."
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