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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.07.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188607080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18860708
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18860708
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-07
- Tag 1886-07-08
-
Monat
1886-07
-
Jahr
1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.07.1886
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Grscheiur tätlich früh 6'/, Uhr. l!r-uti«> und LrprLitisu Johannesgasje 8. LpreäMiidr» drr Nedarkwa: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag ä—6 Uhr. kt., »I« riua,»dk «in,«1»i>i!'r M-nuIkrtpt« »u Ae»««,»» n,ch« »«dm»>>ch. klnnabme »er für öle i>ichftf«l>e»Ü« Nummer beftimmtm Inserate a» w«chku»aarn bis S Uhr Rachwltt««», au Sauu.«»» Fefttaßeu srü» bt«'/,» U»r 3n de« /Malen fnr Ins.-Änuahwe: Ltt« Klemm, Unlversiiöwstraß» 1. Laut« Lösche, Koiharinenstr. Ä, p. «nr bis '/,» Ubr. eiMM.TllllMillt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschiihte, Handels- and Geschäftsverkehr. Auflage LS,SSO. Adoniiemrulspreis viertelj. 4'/, Ml. tacl. Bringcrlobn ö Vit., durch die Post bezogen 6 Nil. Jede einzelne Nummer SOPs. B.legercnixlar 10 Ps. Gebaiiren siir L;trabeilaqea lin Tageblatt-Formal gesalzt) «h»t Posibcsörderung 50 Mt. »il Posll-ljardrruag 6V Ml. Inserate ögespaltene Petitzeile SO Pf. Größere Tchristen laut uas. PrciSverzeichniß Tabellarischer u. Z.ffcrnsotz nach höherm Tarif Keclamrn »»ter dem Redactioutftrich die «gespali. Zelle öOPs., vor den Familiennachrichtea di» Lgespaliene Zeile 40 Ps. Iusrrate sind stet« au die Expedit»«» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahluug praeoumenmäo oder durch Post- nachuahme. 18S. Donnerstag den 8. Juli 1888. 8V. Jahrgang Amtlicher Theil. Vekanntmachnng, -te Anmeldung ,ar »Prüfung für de» einjährig. freiwillige» Dienst bete. Aus Grund von A. 91,, der Ersatzordnung vom 28. Sep tember 1875 wirb hierdurch bekannt gemacht, daß diejenigen inuerbalb deS Leipziger Regirruagobezirke« wohnhostrn, »n der Zeit vom 1. Januar 1SS7 bis mit 1. August 1869 geborenen jungen Leute, welche ihr« wissenschaftliche Befähigung für den einj ibng. freiwilligen Dienst in der bevorstehenden Herbst» Prüfung Nachweisen wollen, spätestens bi- zum L. August diese» Jahre» schriftlich und unter genauer Angabe ihrer Adresse, bei der unlerzeichnetei, Prüfung« »Eommissiou (Rohplatz 11, 1 Tr.) sich anzumelden haben. In dieser Meldung ist an,»gebe», in welche« 2 fremden Sprachen der Betreffende geprüft fei» will, und sind außer» dem beizusiigen: ». MiliiairgeburtSscheinz d. Ei,iwilligung«attest de« Vater» «der Vormunde« mit der Erklärung über die Bereitwilligkeit und Fähigkeit, den Freiwilligen während einer einjährigen activen Dienstzeit ,u bekleiden, an«zurüstrn ,n» zu verpflegen; e. Führung»au«wei« und ä ein selbstgeschriebener Lebeuslans. Leipzig, de» i. Juli i886. »ünigl. Vrüf«ug«-L»mmtsst»n für Einjährig. Freiwillige i« RegiernngSdeztrke Leipzig. (gez.) von Seckendorfs. Müller von Berneck. ü. 32. Geh. Regierung«rath. Major. Graul. GewSlbe-vrrmirthulls. In der Berkaufähall« speteröstetnweg Skr. IV (Grüne Linde) soll die z. Z. an Herrn Steinbach »ermiethete Abthetlunä Air C nebst einem dazu gehörige» Enmptntr und einem Skiederlatgsranme »m Obergeschoß der ge dachten Halle vom I Januar I8SV an Donnerstag, den Li» d M Vormittag» II Uhr aas dem Raiyöause, I. Etage, Zimmer Nr. l», anf drei Jahre an den Meistbietende» anderweit »ermtethet werden. Ebendaselbst auf de« großen vorjaal« lügen bi« ver- ».»cie-rnz^ und verstrtgeNtNgbbedingnug«» schon vor dem lenu me zur Einsichtnahme an«. Leipzig, 2. Juli 1886. Der Rath der Stadt Leipzig. I». 4028. vr. Georgi. stru>nbi«gel. VrkailntmachllNß. Bon dem Unterzeichneten Armcnamte sollen i« Stadt- Hause Freitag, de« st. Juli ». Bor», »o» st Uhr an, Möbel, Hau«- und Küchengerälhe, Bette» «. bergl. mehr meistbietend versteigert werden. Leipzig, den 6. Juli 1886. Da» Armenamt. Ludwig-Wolf. Iunghähael. Zufolge erstatteter «uzelge ist da« der Hedwig Geliert an« Schmiebeberg unterm 10. Juli 1888 »o» der Polizewerwaltung zu kchnnedeber» ausgestellte Dienstbuch in hiestger Stadt verloren worden. II. W,r bitte»» da« Luch t« >uffi»d»ng«salle an »»« »bzngeheo. Leipzig, am 5. Juli 188«. La» Polizetawt der Stadt Letp«i,. 4979. Vrrtschueibrr. W Die dem Kaufmann Herrn Carl Schneider hier am 4. Januar dsj. I«. erthcilte Gewerbelegitimatioatkarte Nr. 587 ist laut er- siailetcr Anzeige abhanden gekommen »ad wird hiermii für »agiltig erklärt. Leipzig, den S. Juli 1886. La« Volizeiawt der Stadt Leipzig, m. SILO. Bretschneider. Pasche. Aufforderung, »«treffend da« Recht ver «bleuber »«» Vtsendatzn-Güteru. den Weg vorznschrelvrn. Durch Beschluß de« BundeSratheS ist seit Milte April vor. Js. bat frühere Recht der Absender von Eilenbahn-Sütern, den Trans- Portweg vorjuillireiden, »»geachtet vielseitiger Gegenvorstellungen au« dem HandelSstonde, auigehoben worden; sei« dem 1. Februar d. I. ist das Verbot zwar für de» Silgut-Verkehr und für einige besondere Zweige des Verkehr« wieder beseitigt worden, in der Haupiiach« aber besteht e« noch kort. Lle Handel«, und Gewerbe- kammer »u Plauen bat sich nun ln einer ansiührlichen Eingabe an den Bnude«ratl> für Wiederherstellung de« Rechte« der Absender aus die Wahl de« Transportwege-- für Gütersendungen aller Art «wendet und un« zum Auühluß ansgrlordert. Der Verkehrs-Aus- schuh ist sachlich einverstanden und empfiehlt den Anschluß unter der LacauSsktzung. daß noch neue Thatiachcn an« den Eriahrungen de« dceSieitigen Bezirke« b.igebracht werden können, welche da« Gesuch zu miierftütz-n geeignet sind. An die Kanfleute und Fabrikant-» uns.ec« B.'znke« richten nur de-holb die Anffo-derung, un« ihre Wnniche und E-iahruiigeit in dieser Hinfichl baldmöglichst und längsten« »i« zu« 1». ». M- schriiilich mitiheilen zu wollen. Leipzig, de» 6. Juli 1886. Lie Handelskammer vr. Wachsmuth» Vors. vr. Sensel, L. Vrkannlmachuug. In unserem B-ieUjchu-wregister ist bei der unter Nr «8 ein- gclragene« Firma A Lhge ck Sohn t» Torqau zufolge Bersügung vom 29. d. Ml«, am nämliche» Tage Folg:.ch 1 eingetragen worden: Da« .vandelSgeschäl' ist durch Vertrag anf den Apotheker tlliinlbrr Hrller zu T->rg,i» nbergegangen, weicher dasselbe unter unveränderter Firma iortietz«. Veraleiche Nr. L85 d « F rmearegister«. gerne» ist in unser Firmenregister unter Nr. 285 di« Firma A. Löge S Sohn zu Targa« und -l» deren Inhaber der Apotheker Günther Hellrr zu Torqau zu Folge Pcriüguna vom 29. d. Mt«, «m nämlichen Lage eingetragen worden. Lvraan, de» Sd Juni 1886. Kö»t,liche« Awt«»Gericht. Vreimmterialien - Lieferung. Di« Srennwaterialien-Liefernag für die Uniorrsttüts-Institut« ür da« Jahr 18SS/87 ist vergebe». De» geehrte» Submittenten beste» Dank. Leipzig, am 7. Juli 1»»». Uutorrsttit«»Rentamt. Gebhardt. Sanna»««d. den 1». Juli, Varmittag» N» Uhr. soll im >»ke de« alte» J»hannisho«v>tal« ein Pserd, Wallach, einspänaig gesahren und geritte«, meistbietend versteigert werden. Bedingung«» werdea vorder betaaut gegeben. Stübttsch« Vekanawie-Jnspertian. Nichtamtlicher Theil. Eine russische Ilrberraschuug. Wie Rußland im Jahre 1870 den Pariser Vertrag in einer seiner wesentlichen Bestimmungen für ungiliig erklärte und dadurch da« Schwarze Meer seinen Kriegsschiffen öffnete, so hat e« ihm jetzt betiebt. den Artikel 59 des Berliner Frieden« vom 13. Juli 1878 auszuheben, durch weichen Baium an der Sütostküsle des Schwarzen Meere« für einen Frei hafen erklärt wurde. Lord BeaconSfield begnügte sich da mals mit diesem Zugeständnis obwohl er es vorgezogen hätte, wen» Batum an die Türkei zurückerstattet worden wäre. Rußland Hai e« verstanden, die Vorlheile der Lage Batum« auSzunutzen; der Ort, welcher 1878 nur etwa 6000 Einwohner zählte, bat heute die doppelte Einwohnerzahl und ist ver Haupthanvelshasen Tran», kaukasien« geworden. Die Au-siibr besteht vor Allem in Schiffsbaubolz, welches die Wälder der benachbarten Berge m unerschöpflich m Maße liefern. Der Hasen von Batum ist der beste Ankerplatz an der OslkUste de« Schwarzen Meere« und durch eine Zweigbahn mit der Linie Poli-Tifli« verbunden. Man beginnt jetzt den TaaeSbesehi de« Kaiser au die Ponlusflotle, welchen er von Scbastopol au« erließ und da« Echo desselben in Moskau, die Reben de« Stadt« oberhauptr« und vr« Metropoliten zu verstehe», Rußland be ginnt bereit« die Früchte seiner neuen Machtstellung im Schwarzen Meere emzubeimsen. Nicht ohne Grund Halle der Artikel de« .Journal de St. Pster-l ourq" vom 29. Juni daraus hingewiesen, daß die Beschlüsse der Konstantinopeier Conser-nz nachgerade merthlos geworden seien, sowohl für die. welche sie faßten, al« auch für dir, um deren Willen sic gefaßt wu-ken. Nußiand sei es mllve, al» die einzige Macht auszutrelen, weiche di« Beschlüsse Europa« verlhcivige. Wenn Bulgarien sich an die Beschlüsse der Mächte nicht gebunden hält und die Türkei damit einverstanden ist sammt den europäischen Großmächten, wie kommt Rußland dazu, sich noch ferner an den Berliner Friere» gebunden zu erachten? Co lautet etwa die Frage, welche sich Rußland vorgclegt und nach seiner Weise beantwortet bat. Daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Haltung, die Rußland in der bulgarischen Frage einnimmi, besteht, unv dem Entschluß, die Freihasenstellung Batum« auszuhebe», scheint schon der Zeitpunkt zu beweisen, welcher für Viesen Act gewählt wurde. Kurz zuvor batte Rußland bei den Großmächte» eine» gemeinsamen Schritt derselben angeregt als Antwort aus die bulgarische Thronrede, war jedoch überall abschläglich beschieden worden mit Ausnahme von Frankreich, welches sich bereit erklärte, dem Wunsche Rußland- zu entspreche». Unmittelbar nach diesem diplomatische» Miß erfolge machte Baron v. Staat in London die Milthcilung von der geschehene» Aushebung der Freibaseiislelliing BatumS. E« ist selbstverständlich, daß Wege» einer so unbedeutenden Verschiebung der Sachlage kein Krieg auSbrechen wird, aber wenn es Rußland heute einsällt, den Artikel 59 de- Berliner Frieden« außer Kraft zu setzen, so wird eS, wenn sich die Mächte da- gefallen lassen, keinen Anstand nehmen, dieses Bersahren auch aus andere Theile diese- europäischen Ber- trages auszudehnrn. Die Sprache, welche Rußland der Türkei gegenüber anstimmt, ist so schroff und gegen alle» diplomatischen Brauch, daß man zu den, Zweifel berechtigt ist. ob der als seiner Diplomat bekannte Herr v. Gier« dies« Form au« eigenem Antrieb« gewählt hat. Die türkische Regierung hat zwar Rußlands Forderung Folge ge leistet und in Sofia wegen der anstößige» Stellen der hulga- rischen Thronrede und der daraus erfolgten entsprechenden Antwort der Sobranie Rücksrage zu Halle», aber der Stachel, welchen di« russische Rücksichtslosigkeit in da« Herz der Türkei gestoßen hat. bleibt darin zurück und erzeugt eine Stimmung, welche himmelweit von der neulich in Lwadia zu Tage ge tretenen verschieden ist. Der Zündstoff, welcher ans der Balkanhalbinsel angehäust ist, Hai wieder zu einem AuSbruch geführt. Während sich Fürst Nikila von Montenegro in Wie» amüsirt, haben d>e gewaltsam zu Montenegrinern gemachten, bi« zum Mai noch türkischen Untcrlhanen auS drei Döriern Mojkovac angegriffen und die montenegrinische Grenz- regulirung rückgängig zu machen versucht. Der erste Angriff war erfolgreich, aber die Montenegriner kehrten am folgenden Tage zurück und Vertrieben die Türken, der ein- g,schlosse»« Nest capitulirte und gab die gemachten Gefangenen zurück. Dieser Borfall, so unbedeutend er an sich ist, zeigt doch, welche Erbitterung unter den Türken herrscht. Vom September bi» zum Juni hat die türkische Armee gerüstet an der Grenze gestanden, n» die Griechen für ihre Heraus forderung zu züchtigen und nach einigen Scharmützeln werden sie eines Tage- wieder nach Hause geschickt, weil die Griechen sich endlich entschlossen haben» Vir Macht der Tbatsacken an,»erkennen und ihr« Lroberungspläne zu vertagen; kenn daß sie weit entfernt sind, sie gänzlich auf- zuqeben, hat Trikupi« wiederholt zu erkennen gegeben. Während der Kriegsbereitschaft hat Moatencgro türkische« Gebiet besetzt, und auch da» sollte mit Rücksicht aus den mächtigen Freund Montenegro«, den Kaiser von Ruß land, ruhig hingenommen werden. Tr-Hald versuchten die lürkilchen Bewohner de« streitigen Gebiete« ibre Sache selbst zu führen. Da» Beispiel' wird vielleicht zur Nachfolge reizen. In Makedonien macht sich gegenwärtig eine Aufregung be merkbar. welch« die türkische Knegsleitüng zwingt, in Adria» ncpcl ein Lager zu errichten. E« aährt und arbeitet an allen Ecken unv Enden der Valkanhalvinsel, Niemand ist mit seiner Lage zufrieden, die Türken müssen ihren Groll gegen Slvrriisriede Niederkämpfen und die übrigen Balkanstaaten erspähen begierig jede Gelegenheit, um ihr Gebiet zu ver größern. Neben der bulgarischen Frage giebt e« ein« griechisch«. eine serbische, eine montenegrinische, eine macedonische, eme albanestsche Frage; die augenblickliche Ruhe wird von der unruhigen Bevölkerung aller dieser Länder nur al« eia« ku«e Pause oetrachtet, »ach welcher der Kamps sich erneuern soll. Die Unhaltbarkeit dieser Verhältnisse springt in die Augen, aber sie würde vollkommener Ruh« weickea, wenn Rußland nicht dafür Sorge trüge, daß jeder kleine Zwist zu einer großen Streitfrage ausgebauscht wird. Die Haupt ursache de« Staatsstreich« vom 18. September ist die russische Politik in Bulgarien gewesen. Fürst Alexander üblle sich in seinem eigenen Hause nicht mehr Herr und ergriff eifrig die sich därbietende Gelegenheit, Ostrumelien mit Bulgarien zu vereinigen, um dadurch eine festere Grund lage zur Abweisung des russischen Uebermuths zu ge winnen. Rußland» Machinationen haben e« dahin gebracht, daß Bulgarien und die Türkei heute Bundesgenossen sind, und gerade dieses unerwartete Ergebniß der russischen Bulkanpolitik bat in Rußland einen Groll erweckt, welcher einen Ausweg sucht. Vorläufig hat Rußland sei» Mütdchen an der Türkei durch eine aller diplomatischen Form Hohn prechende Note in drr bulgarische» Angelegenheit und an >en widerstrebenden Mächten durch Aushebung der Freihasen- lellung Batum« gekühlt. Ob es sich damit vorläufig zu- riedengestellt betrachten wird, bleibt abzuwarten. Die nächste Zolge beider Schritte ist, daß die Staatsmänner Europa« nicht einmal in Ruhe ihre Badekuren gebrauchen können, an ihrer Spitze leidet der russische Minister v. Gier» selbst darunter am meisten, denn es war ,hm bisher versagt, Lie tärkenden Quellen von Franzensbav auszufuche», was er, wenn e« uach ihm ginge, schon vor Wochen gethan hätte. * Leipzig, 8. Juli 1886. * Die Maßregeln gegen die socialistische Be wegung sieben fast in der ganzen civilisirten Well im Vorder gründe der öffentlichen Erörterung, und ohne Scheu Vars man sagun, daß Deutschland auf diesem Gebiete kinen großen Triumph erlebt. Die Leitung unserer Reichspolitik dars die Anerkennung für sich fordern, daß sic, nachdem die soctalistische Gefahr einmal in ihrem vollen Umfange erkannt war» einen durchaus klaren Standpunkt derselbe» gegenüber eingenommen und ihn mit strenger Folge richtigkeit festgcbatten hat. Dieser Standpunkt geht dahin, alle« auf den wesentlichen Grundlagen der bestehenden Gesellschaftsordnung irgend Mögliche zur Verbesserung des Loose» der arbeitenden Etasscn zu thu», alle darüber hinaus gehenden Bestrebungen aber, al» mit dem Gemeinwohl unverträglich, insbesondere jede Gefährdung der staatlichen Sicherheit und Ordnung, schonungslos zu unterdrücke». WaS ist nicht im Auslände über diesen Standpunct Anfang« gespöttelt und geschmäht worden I Und jetzt sieht sich ein Staat nach dem andern gezwungen, di« Bahn Deutschland« zu betreten. An den schwierigeren Theil der Aufgabe freilich, an die positiven Maßnahme» zur Verbesserung der Lage der Arbeiter, haben sich noch di« wenigsten herangenagl; um so entschiedener aber wird die Repression jetzt in Ländern gehandhabt, in welchen man der deutschen Bekämpfung der Socialvemokrcuie gegenüber noch bi« vor Kurzem nicht laut genug den Grundsatz de« Gehen- lassen« predigen konnte. Wa« in Belgien und in den Bereinigten Staaten, ganz besonder« aber wa« in der Schweiz und vor Allem soeben in Italien geschehen ist, enlbält für da« Borgeben der deutschen ReichSregierung die glänzendste Rechtfertigung. Mag man über die zweckmäßigste Gestaltung der Socialpolitik hier und da der verschiedenartigsten Ansicht sein, darüber sind zuletzt wohl so ziemlich alle Regierungen einig, daß die heutige socialistische Propaganda ein internationaler Feind ist, der überall mit de» ernstesten und wirksamste» Mitteln zurück- qcwiesen werven muß. Bei vieler Sachlage müssen die Leistungen unserer .deutschsreisinnigcn' Presse, die sich in endlosem, von der gewohnheitsmäßigen Nvrael«, bi« zu acutem Zetergeschrei gesteigertem Tadel über die antisocialistischen Vor kehrungen der Regierungen ergeht, einen eigenthümlichen Eindruck machen. Man könnte sie komisch finden, wenn e« nicht empörend wäre, baß man im fortschrittlichen Lager innerlich über die Lahm legung der Eocialdrmokrati« eigentlich ganz befriedigt ist, wäbrend man nach Außen radikale Entrüstung zur Schau trägt, um von den führerlos gewordenen Ardeitermassen mög lichst Biele für die eigene Fahne einzufangen. Mögen sich dce Herren aber bei diesem Manöver nicht verrechnen I Von verschiedenen Seiten verlautet, daß nicht allein dir anti socialistischen Maßregeln der Regierungen im Allgemeinen die Billigung der Bevölkerung haben, sondern auch, daß zahl reiche besonnene Männer, die bisher zur „deutschsreisinnigen" Partei gestanden, sich gerade wegen der Haltung der letzteren in dieser Frage von ihr abwenben. * Die »Kreuz-Zeitung" sieht in letzter Zeit außer ordentlich schwarz; wa» nicht nach ihrem Herzen ist, da« geht auch nach «hrer Meinung gegen da« Weht von Dynastie und Vaterland. Daß in der Frage der Umgestaltung der evangelischen Kirche nach dem Muster der päpstlichen EiiiheitSkirche da« preußische Staatsministerium nicht die Meinung der Herren v. Haminerstein und Stöcker theilt, er füllt die .Kreuz-Zeitung- mit der ernstesten Belorgniß. .Eine Gesammtpolitik. welche eine so unwürdige Behandlung der evangelischen Kirche und ihrer dem Vaterlande und der Dynastie allezeit getreuesten Vertreter zur Voraussetzung hat, noch dazu in demselben Augenblick, wo die katholische Kirche und ihre Würdenträger mit den höchsten Ehren und Schmeicheleien überhäust werden, wäre eine kurz sichtige Einlagspolitik, welche di« dauernden Interesse» de« preußischen Staate« und der Dynastie Hohen- zollern ernstlich gefährdet." So klagt dir „Kreuz-Zeitung". Der preußische Staat und di, Dynastie Hohen,ollern sind beide nicht so ängstlich wie dir „Kreuz-Zeitung", die e«. nebenbei bemerkt, an Schmeicheleien gegenüber der katholischen Kirche und ibren Würcenträqern selber nicht hat fehlen lassen. Noch übler ist die „Kreuz-Zeitung" durch da« Scheitern der Berliner Ausstellung gestimmt; sie klagt: „Da« Scheitern der nationale» Ausstellung von i888 hat der von uns mehrfach betonten Auffassung Recht gegeben, baß es ein eigentlich deutsche» Natiennlbewußtsein noch nickt giebt, sondern im Grunde nur ein vielfach gespaltene« Territorialbewußlsei». von dem e« sehr zweifelhaft ist, ob e« sich je zu einer höheren Einheit ent wickeln wird, wenn die Dinge so sortgehen. wie sie in der letzten Zeit gegangen sind, wo wir eigentlich nicht« erlebt haben al« Dcmüthiqungen, die durch die Natur der Lage de- diugt sei« möge», sich aber bei alledem doch sehr empfindlich fühlbar machen." Ob die Kreu^Zeitung in letzter Zeit etwa« erlebt hat, wa» sie al« Demüthlgung empfindet, wissen wir nicht: da« deutsche Vaterland hat »icht den mindesten Anlaß, «ine solch« Empfindung zu haben; e» hat in großen, wichtigen fragen «in sehr starke« Nationalaesühl brthäliqt. Unsere Eolonialpolilik. unsere Dampsersayrten, drr Bau unserer Wasserstraßen können wahrlich al» Bethäligungen de« Nalionat- csühl» gelten. Daß die Berliner GeschäslSleule auf die Ans tellung werden verzichten müssen, mag mit Grund von ihnen beklagt werden, aber einen nationalen Lharakler hat diese» Unglück nicht. * Da« Abschiedsgesuch de« bisherigen Ober-Präsideatcn der Provinz Posen. Wirklichen Geh. Rathe« v Günther, ist. nach der „Kreuzzeituna", von Sr. Majestät dem Kaiser bewilligt worden; ebenso soll die Ernennung de« Nachfolger» ür Herrn v. Günther, de« bisherigen Regierungs-Präsidenten von Oppeln, Grasen »«« Zrdlitz-Trülsqler, bereit« vollzogen sein. » * » * Nach einer osficirllen Darstellung der Verlustliste de« serbischen Heere« bat im letzten Kriege gegen Bulgarien da« EorpS von Nisch verloren an Gefallenen l.7K Proc., an verwundeten 11.2.Proc., an vermißten 4.5 Proc.; da« Timok-Eorp« 1.34 Proc. an Gefallenen. 6.21 Proc. an Verwundeten und 1.24 Proc Vermißte. Im Ganzen fielen: 746 Mann, nämlick 14 Osficiere, 63 Untrr- ossiciere, 669 Soldaten: dann 4570 Verwundete, darunter 97 Osficiere, 418 Unterofficirre und 4055 Soldaten; schließlich gab« lS4l Vermißte, darunter 5 Osficiere, 98 Unterofficirre unv 1538 Mann. Nimmt man zu diesen Ziffern ein bl«chen Mathematik hinzu, so ergiebt sich nach einer einfachen Be rechnung. daß da» Eorp« von Nisch 33,110 Mann und da« Timok-Eorp« 12,180 Mann arzLhlt haben muß. Dr« ganze crbische Feldarmee hatte also an Eombattanten unv Ncchl- Evmbattanten nicht mehr al« 45,290 Mann, wa» allerdings nach dem Dafürhalten der Wiener .Presse" viel zu wemg war, um einen solchen Feldzug und mit solchem Operaliou«- plan zu führen. * Zur Lag» in Belgien wird der „Allgemeinen Zeitung'' au« Brüssel, 2. Juli, geschrieben: „Einige Ueberraschuag bat hier rin Artikel der „Vossischrn Zeitung" hervorgerufen, welcher eine Reihe von Mitlheilungen über angebliche zwischen den Regierungen von Brüssel und Haag schwebende ver- bandlungen wegen Abschluss«» einer Defeusid- Allianz zwischen Belgien und den Niederlanden enthielt. Da» Berliner Blatt erklärte darin, die belgische Regierung habe als bezüglichen Unterhändler de» General Brialmont nach Holland entsendet, der Letztere sei jedoch unverrichteter Dinge zurückgekommen. Zwar hätten die Vorschläge de« General» Brialmont in den militairischen Kreisen von Haag und Amsterdam einen tiefen Eindruck gemacht, allein dir belgisch« Regierung hätte ihre Iction überhaupt nur mit geringer Hoffnung auf Erfolg unternommen, da Belgien in Holland jederzeit mit allen feinen auf die Knüpsuiig festerer Band« hinzselendeu Vorschlägen eine kühle Ausnadme gesunden habe. Nach meinen »m Brüsseler Ministerium de« AuSwärtiaeu eiugezogeneu Erkundigungen bin ich nun in der Lage» Ihnen folgende authenlische Mit- Iheilungen zu mache», welche die SeusationSnachrichl de« Berliner Blatte« einigermaßen richtig stellen. Die einzig wahre Thalsache in dem vorerwähnten Artikel ist die Reise de« General« Brialmont nach Holland. Allein dieselbe war lediglich strategischen Studien gewidmet, indem der berühmte Festu»g«erbauer mehrere niederländische FestungSbauIen be sichtigte und den bolländifchen Geniedienst prüfte. Irgend eine politische Mission knüpfte sich an diese Reise so wenig, al« an die ähnlichen Reisen de« General« nach Rumänien. E» ist auch durchaus nicht richtig, daß die Beziehungen drr beiden Nachbarstaaten zu irgend welchrr Klage Anlaß gegeben baden, und namentlich ist e< ein Jrrthum, zu behaupten, die königlich n>e»erländische Regierung bereite belgische» Vor schlägen eine kühle Ausnahme. Die Beziebungen zwischen Belgien und Holland haben sich sogar speciell in den letzien Jahren überaus herzlich gestaltet, und die Zusam menkunft der beiden Monarchen kann gewiß al« ein Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung betrachtet werden. Daß aber die vorgebliche politische Mission de« General« Brialmont den Abschluß einer Desenfiv-Sllianz zwischen Belgien und den Niederlanden bezwecken soll, diese Beyauplung beweist un« eine große Unkenntniß der verhält- nisse. Holland kann zwar nach Belieben Allianzen schließen, aber Belgien ist nach seinem Gründung-Vertrag ein absolut neutraler Staat, dessen Neutralität von den Großmächten garantirt wird. Wenn also Belgien angegriffen werden sollte, so hat e« vertragsmäßig die Großmächte zu Alliirten und kann diese Allianz nicht durch den Abschluß einer solchen mit Holland oder einem andrem Staate ersetzen. In dem Augen blicke, wo Belgien daran denkt, eine Allianz zu schließen, hat e« ausgchvrt ein neutraler Staat zu sein, ein Ziel, welche« hier durchaus nicht angestrebt wird. Der Reise de« Generals Brialmont ist auch in Belgien nicht die geringste Bedeutung beigemcssen worden, und eS ist nur zu verwundern, wie man in Deutschland zu derlei wunderlichen Combinationen ge langen konnte. * Die .Kreuzzeitung- will von Beunruhigungen, welche die Vorgänge in Frankreich in den letzten Monaten veran- laßt yaben sollten, nicht« wissen. Sie widerspricht mit er freulicher Entschiedenheit der Behauptung französischer Blätter von einer tiefen Verstimmung, welche >n Deutschland gegen Frankreich bestehe. Da die Franzosen bisher nur geringe Kenntnisse von Dem hätten, wa« in Deutschland vor sich gehe, so könnten sie auch nicht wissen, daß man in Deutschland den Thaten de« Krleg«»inister« — darunter ist der be kannte NrmeereorganisatrouSplan zu derstehrn — nickl» in den Weg legen werde, da durch denselben der halbwegs sest- geworden« Grund drr französischen Armee nur wieder unter wühlt werden könne. E« ist doch einigermaßen überraschend, in eine« Blatt«, welche« sich so gern den Schein der gouverne- mrntalm Informationen, wenigsten« aus dem Geviele der auswärtigen Politik, giebt, klar und deutlich ausgesprochen zn finden, daß in Deutschland von einer Verstimmung über die sranzösischen Dinge oder Von Befürchtungen, welche die A> meereorganisation de« Geueral« Boulaiiger Hervorruse» könnte, gar nicht die Red« ist. E« ist noch gar nicht lange her, daß in angeblich officivsm Auslassungen den Franzosen mit dem Mißtrauen Deutschland« in ihre friedlichen Absichten geradezu gedroht und daß behauptet wurde, fall« der Boulanger'sche Plan zur Ausführung gelange, werbe Deutsch laad mit einer weiterm Vermehrung seiner Lrwee nicht
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