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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.09.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-09-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188609229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18860922
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18860922
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-09
- Tag 1886-09-22
-
Monat
1886-09
-
Jahr
1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.09.1886
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S35V Nachtrag zum politischen Tagesbericht. * Ter „Ppliliscüen Correspouveuz" wird au« St. Peter«- bürg, lk. Leplemder geschrieben: „Die in der auswärtige» Presse aulgetauchten Gerüchte von dem eventuellen Rücktritte des Herr» v. G ierS entbehren vollfländig jeder Begründung. Die Stellung des Minislcr« deS Aeußern ist im Gegentbeile heule eine festere, alS je, was angesicht- der für Rußland güi.siigen 2r)e»kung, die in der bulgarischen Frage eingelrcten ist, sehr tegreisiich erscheinen muß. Wenn eS gelungen ist, die Gefahren, mit welchen die bulgarische Angelegenheit Europa nt der letzten Zeit bedrohte, zu beschwören, so ist dieser glück liche E>folg hauptsächlich aus daS Vertrauen zurückzusührr», welch.» die loyale, friedliche und feste Politik des Herrn von Gier» den Mächten eingestößl hat. — Die Nachricht, daß Fürst Dotgorucky nach Bulgarien abgegange» fei, ist durchaus unrichtig; eS läßt sich heute überhaupt noch nicht einmal eine Vermuthung Uber den Zeitpunkt seiner eventuellen Abreise nach Sofia aussprechen. Tie russische Negierung hat beschlossen, in Bulgarien jeder abenteuerliche» Politik ans dem Wege zu gehen, sie darf daher nicht einen nach Sofia entsendeten Vertreter der Gesahr eines Miß erfolges aussetzcn. da sie denselben in diesem Falle durch extreme Maßregeln, wie z. B. eine militairische Intervention in Bulgarien, unterstützen müßte, eine Eventualität, welche eben d,e russische Regierung durchaus zu vermeiden wünscht. Taö St. Peleröburger Cabinet wird an die Entsendung eine» Comin ssärS nach Bulgarien erst in dem Augenblicke r : keu können, wo die politische Situation daselbst als ge eignet ei scheinen wird, den Erfolg der Mission des russischen Comm.ssä ö zu begünstigen. Was die russische Regierung gegenwärtig als eine unerläßliche Rothwendigkeit erachtet, bas >sl die Veiinehrung deö Personals ihrer diplomatischen Ver tretung in Sofia und alS erster Schritt in dieser Richtung l. nn die Ernennung deö MililairallachSS bei der russischen Botschaft i:> Wien, General Kaulbar'S, zum diplomatischen Agenten in Sofia angesehen werden. * Ter Wiener Correspondcnt der „Times". Herr Brii. Sley-R>chardS. berichtete seinem Blatte über eine Unterredung, die er in Sofia mit Herrn Stambulow l alle und von der er der „Politischen Correspondenz" nach stehende Skizze zur Beringung stellt: Herr Stanibiilow consiatirte, daß die russische Regierung zu der ülegeiuschast »och ln keine oisicnlle» Beziehungen getreten sei, und daß der Berkehr der letztere» mit der diplomatischen Agenlie Nus.landS bisher »ur privaien Charakter halte. Die bulgarische gnusmast sei bereit, der großen Sobranje die Wahl deS seiten- Neßlanbs empfohlenen Candidaten für die Fürste,>würde in Bulgarien verunchlageil, vorausgcsetzl, daß derselbe die Zustimmung der Mächte gesunde» har. Falls die Sobranje frei zu wählen in der Lage wäre, wurde ihre Wahl sicherlich aus de» Fürsten Alexander falten. Eine Anzeige oder AnLeulung, welchen Caudidaten das russische Cabiuet im Auge habe, ist der Regeiuschast noch nicht zu- o kommen. Wer es auch sei, er wird der bulgarischen Versassung i'iehor'am zu leisten haben. Im Hinblick aus die außerordentliche Popularität seines Vorgängers wird seine Stellung jedenfalls eine schwierige sein. Ob ein Russe, ob ein Demjcher, nach erfolgter Wahl wird er sich als Bulgare fühlen und benehmen müssen, fall- er sich z» erhalten wünscht. Sollte er wider die Freiheit und Un- abhiingigkeit des Landes conspiriren, dann würde ihu dasselbe als A.'rräiker behandeln. Die Regentschaft und da» bulgarische Bo» wünschen tu bester Freunbichast mit Rußland zu leben. Sie sind bereit, mililairijche Instruktoren und eine Anzahl älterer Osficiere in höheren Stellungen aus Rußland zu empfangen, da die bulgarischen Osficiere zumeist zu ziuig und »nersahren sind, um sich für höhere Conimanden zu eignen. Einen russischen KriegSminister, der nicht glrich seinen Mmister- collegeu der Sobranje verantwortlich wäre, küuue mau nicht occrbtircu. Die bulgarische Verfassung bedars sicherlich mehrfacher Akiiderlingen; die Zahl der Deputirtea ist zu groß und das Wahl- systein eiu niangelhastes. Das sind aber Ausgaben, die die Bulgaren frei und ohne äußere Beeinflussung zu lösen wünschen. Die Regeiuschast, die sich unier den Auge» deS Fürsten con- stitiililt hat» um das Land vor Anarchie zu bewahren, und seither die Anerkennung der Sobranje erhalten hat, ist entschlossen, sich im Lande Gehorsam zu verschaffen und Jeden, der gegen sie die Wusse» ergrciscil würde, als Hochvcrrälher zu behandeln. Sie hat von die ein Entschlüsse alle diplomatischen Vertretungen, auch die rulsiiche, in Keuiilniß gesetzt »nd die Antwort der letzteren lautete: „Von, nerio?. äano votro ckruir." Herr Z ankow blieb nach ertheilter War. »»mg unter der Bedingung unbehelligt, daß er keine Empörung versuche und sich der Umtriebe in der Kammer enthalte. NichiS- destcwuiigcr begab er sich aus- russische Cousulat und suchte dort UnteriianUungen Namens deS bulgarischen Volkes zu eröffne». Daianihi» wurde ihm seine derzeitige Stellung kategorisch in Er- inucluiig gebracht und ihm für den Fall sortgesetzler Jutrigueo Bcriiaslung angedroht. lila der großen Sobranje werden Deputirt« au» Ost rum elie» iheiliiehinen, denn die Union sei eine vollzogene und ziv.i'ellose Dhatsache. Fürst Alexander habe eine einheitliche Ab- > »nistcaiiou als noihwcadig erkannt und eingesührt, und die Regent schaft muß dies ausrecht erhallen. Es liege nichts Illegale- darin, den» der Craennuiigsserma» des Fürsten Alexander zum Generol- gonverneur von Ostrumclien enthält die Ermächtigung, alle- für eine gute Verwaltung Notluveudiqe vorzukchre». Au eine Revision de» l'.il -. r scheu Staiuls sei wohl schwer zu denken. Die Frist von vier Monate», die die Conjercnz von Konstaniinopel für die Revision vor- s.hri b, sei verstrichen. Auch die Bakus-Frage sollte innerhaio zweier I hre ge egelt sein und ist rs noch heule nach sieben Jahren nicht. Mit Serbien wünscht die Regeulschasi gute Beziehungen z» pflege» und wird demnächst I>r. Stransky zu diesem Zwecke nach Ve'.grad rnijeiiden. Großen Werth würde die Regentschaft daraus trge i, die europäischen Cal-inete durch bulgarische Agenten inoificieller N.unr i.ud olnie diplomatischen Evarakler über die Borkommn.sse iu Bii > ir>e» i» correcier Weise unterrichten und ausklären zu kömwn. Der Man'-'l an accredilirtcn Ageuten wurde wiederholt bitter em- inuiidc,,. Die Sache müsse aber reisüch überleg» werde», da eS nikni »iiinöftich sei, daß Regierungen, die der Regentschast nicht ws ' >lsini>t jiud. die Annahme solcher Ageuten verweigern könnten. Zur Lage schreibt Ilvch die „Agcnce Havaö" aus Sosia, 19. S.pleniber: Tie Sobranje ist ohne Zwischenfall geschloffen worden. Man war in Le» letzten Tagen nicht ohne Besorgniß. nachdem der Zu- saiiimciilrit! der Ratio»alverlam»ilung alsbald nach der Abreise des l ürne» ernste Kundaebungcn hervorrusen konnte. Eia ernster Z . iichei si I, weiche» Rußland als Anzeichen der Stimmung der Loluaig. nuiiaffen kan», ist die Antwort aus die Eröffnungsrede der :,ie,,,'t i'ftt. M i» glaubt, daß der Effect dieser Aniwort den guie i rr nol iick zum Thcile wieder verwische» mußte, welchen die vor drei Tagen von der klammer votirte Drveschc an den Zar in Peters burg mache» konnte. Ungeachtet ihrer Zusammensetzung, welche vor dri» Staatsstreiche eiue Majorität der Anhänger Karawelow's rrgab machie sich ir, der Kammer gleich i» den ersten Tagen der Einguß der Partei Stojanow-Radoslavow gellend, deren Le. oevz in ihren, Widerstande gegen die russische Politik aus geprägt war. N am», jedoch dieser Widerstand kein unversöhnlicher ist und die Kammer ans de» dringende» Aaih der Regierung eS begreift, daß ine alrokulc Nolhwcndigteit der Bersöhnung mit Rußland vor liege, vaurte die Kamniec die Depesche an de» Zar, während sie a id.r r> ,is ihre Willensfreiheit bekunden wollte und die Aalwort auf die Rede der Regentschast in ihrer bekannten Fassung volirt hat, worin sic de» Staatsstreich brandmarkte, ohne daraus Rücksicht zu »cliine», ob Raßland durch diesen Vorgang nicht etwa verletzt weide. Noch eine alle re in der Kainmer Adresse berührte Thalsache wird, wen» sie sich vollzieht, die llnzuiriedeliheit Rußlands erhöhen: da« ,st die Bestrasuiig der Osficiere der meuiersichea Regimenter. U> geachtet der bestehenden Absicht, daS Kriegsgericht nach dem Milita rxesetze zu versammeln, ist eS doch noch nicht sicher, daß die Osficiere verurihrül werden. Jedenfalls aber dürsten dieselben, wen» es z» einer UrtheiiSjällung kommt, nach ihrer Berurtheilung be gnadigt werden. Die- Alles deutet ans die Absicht Bulgarien- hin» Rußland gegenüber eine große Action-ftechei» an den Tag zu legen. Es ist sonach sehr wahrscheinlich, daß die Wahlen für die große National-Versammlung sich in demselben Geiste vollziehen werden, was eruste Schwierigkeiten vermutyen läßt, wenn dieselbe zur Wahl eines neue» Fürsten versammelt fein wird. Man frag» sich beute in den diplomatischen Kreisen, welche Hak tung Rußland nunmehr besolgea werde. Die demnächstige Ankunft des Generals KaulbarS beweist wohl, daß eS nicht eine streng res'ivirle Neutralität einzubaltea gedenkt. Einzelne meinen, daß Rußland, ungeachtet seiner durch die Stimme des russischen Eonsulats va gestcrn erklärten Absicht, sich nicht in die Kämpfe der Parteien rinzumengen, seine Bemühungen daraus richten werde, die letzteren im Auge ,a behalten. Es glaubt sich tzie Antipathien zu Nutze machen zu können, welche die von Mntkurvw verfügten Beihaslungki, unter de» Rumelivten und iu der Partei Karawelow schaffen konnten; aber die Situation wird sich wahrscheinlich erst nach verlaus einiger Zeit kläre». ^ Vas Attentat auf Sratianu. * Zu dem auf Herrn Bratianu verübten Attentate wird au- Bukarest gemeldet, daß die Bevölkerung der Hauptstadt sorlsährt, dem rumänischen Ministerpräsiventen und dem Ab geordneten Nobe«ku, welcher bekanntlich, obscbou durch die Kugel deS Attentäter» leicht verwundet, den Letztere» sefl- nahu,, große Ovalionen zu bereiten. Auch au- der Provinz kommen Herrn Bratianu zahllose Glückwünsche zu. Bon den Mitgliedern der Opposition dagegen hat bi» aus die Herren Carp und MajorcScu keines bei Äratianu eiue Karte abgegeben. Anläßlich der am l7. vor der Wohnung Bratianu'- ihm dar- gebracbken Ovationen hielt der rumänische Ministerpräsident eine Ansprache de« Inhalts, daß die Opposition in der Annahme irre, daß sie zur Herrschaft gelangen würde, falls er durch Mörderhand fiele. Der Weg, den sie nunmehr betrat» werde ernste Folgen für sie und daS Land nach sich ziehen. Ange sicht- der wievereröffneten Orientsrage gehe da« Land schweren Ereignissen entgegen, so daß alle patriotisch gesinnten Rnmänen sich zur Einigkeit gemahnt fühlen sollten. Zn Bukarest wird anläßlich de« Attentate« ein große« Meeting vorbereitet. Loa Seilen fast aller Cab inete sind Herrn Bratianu telcgra- phische Beglückwünschungen zugekommen, darunter auch vom Fürsten Bi-marck, Grafen Kalnoky und Herrn v. Gier«. Es sind einige Verhaftungen von Persönlichkeiten, die mil dem Attentate verwickelt zu sein scheinen, voraenommen worden. — Ueber das Attentat selbst wird der „Politischen Correspondenz" au« Bukarest, l7. September, geschrieben: „Die Zahl der Attentate gegen vertraute Ralhgrber coa- stitutioneller Fürsten ist gestern Abend« in der Hauptstadt Rumäniens um einen meuchlerischen Mordansall vermehrt worden, al« dessen Opfer Mniislerpräsivent Bratianu au»- ersehen war. Derselbe hatte Nachmittag« einer Ministerraths? sitzung deigewohnt und hatte sich nach Schluß derselben kurz vor 7 Uhr Abend» in Begleitung de« Deputirtea und National- bank-Director- RobeScu aus den Heimweg nach seiner nur einige Hundert Schritte dom PalcuS de» Minister-Präsidium» entfernte» Privatwohnung gemacht. Im eifrigen Gespräche mit seinem Begleiter begriffen, hatte Ministerpräsident Bra- tianu die Strada Bamei. in welcher sich da» neue Hotel der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft befindet, bereit« passirt und in die Strada Coltei eingebogen, al« aus die beiden langsam daherschreitenden Männer au» einer Distanz von zwei bi» drei Schritten ein Revolvcrschuß abgegeben wurde. Dein Ministerpräsidenten Bratianu zugedacht, hatte die jeden sall« mit sehr unsicherer Hand abgefeuerte Kugel dessen Be gleiter. Herrn RobeSru, in der Hüstengegend getroffen, ivar aber am Leibgurt desselben abgeglitlen, so zwar, daß Herr RobeScu mit Au-nahme einer unbedeutenden Eon- lusien keine Verletzung erlitt und den Attentäter ergreifen konnte, bevor dieser noch einen zweiten Schuß abgeben oder einen Fluchtversuch machen konnte. Der vor Erregung wie gelähmte Verbrecher setzte übrigen» seiner Verhaftung keinen Widerstand entgegen und gestand auch aus die Frage Robe-cu'», was ihn zu seiner'unseligen Thal verleitet habe, ohne Um schweife em, daß et von ihm (von Bratianu) viel Ueble« ge hört habe. Wir haben e« also ohne Zweifel mit einem poli tischen Verbrechen zu tbun, und zwar mit einem solchen, für welche» die systematischen Verdächtigungen de« König«, der Regierung und ihrer Partei durch eine alle Schranken der Gesetzlichkeit und de« publicistischen Anstande« verhöhnende Opposilion«prcsse die moralische Verantwortung zu tragen haben. Die sofort eingeleitete Untersuchung wird nun den Beweis zu erbringen haben, ob e« sich im vorliegenden Falle nur um die Thal eine« einzelnen, durch die Hetzereien der geradezu rcvolulionairen Oppositions-Journale um sein bischen Ver stand gebrachten politischen Fanatiker« handelt, oder ob der Verbrecher VaS Werkzeug einer sörmlicheu Verschwö rung war. Im einen, wie im anderen Falle wird die Re gierung im Interesse der staatlichen Ordnung und de« bürgerlichen Frieden« an BorsickilSmaßregeln behus» Zurück- bäiiimung de» bisher von unseren leitenden Kreisen nur mit stiller Verachtung gestraften, deshalb aber doch nicht unbedenklichen Treiben» unserer Hehjournale denken müssen. Freilich ist e» richtig» daß ei» Staatsmann von dem Einflüsse und den unleugbaren Lerviensten eine» Ioan Bratianu viel zu hoch steht, al» daß seine Stellung durch da» journalistische Gekläff einer im Parlamente ohn mächtigen und deshalb lediglich aus die Wühlereien der in ihrem Dienste stehenden Suvelblätter angewiesenen Umsturz- Partei erschüttert werden könnte; aber anderseit« ist auch zu berücksichtigen, daß die Zahl der nur nokhdürslig de« Lesen- kundigen Halbgebildeten, welche alle» Gedruckte al« blanke Wahrheit zu nehmen pflegen, in Rumänien eine viel zu große ist, al» daß nian den Einfluß einer mit allen Mitteln der sensationellen Phrase und der dreisten Lüge arbeitenden Umsturz- Presse gerade aus diese BevölkerungSschuhte so ganz und gar ln Abrede stellen könnte. Gerade dieser Bevölkerungsschichte gehört auch der traurige Held de» gestrige» Abend« an. Er heißt Stoica AlexandreScu und ist Besitzer einer mit einer Schankwirthschast verbundenen Krämer« in Namnic - Sarat. Etwa in der Mitte der dreißiger Jahre stehend, von mittlerer Größe und in einen bereit« etwa« abgetragenen Anzug nach modernem Schnitte gekleidet, zeigt der Attentäter eine jener Dutzend-Physiognomien, au« deren stumpfen Zügen selbst der erfahrene Physiognomiker weder besondere Anlagen, noch auch besondere Neigungen berauSzulesen vermag. Al» Ihr Berichterstatter wenige Minuten nach Ausführung de« Attentat-Versuche» durch einen Zufall ans di« Stätte de« Verbrechen« geführt wurde, fand er sowohl vor der in unmittelbarster Nähe befindlichen Privatwohnung de« Ministerpräsidenten Bratianu, al» auch der ihr gegenüberliegenden palastartigen Caserne der gleich zeitig den Dienst einer königlichen Leibgarde versehenden berittenen Gendarmen, in welche Stoica AlexandreScu nach seiner Arretirung abgesührt worden war, zahlreich« Menschengruppen angesammclt. Doch wurde trotz de« großen Andranges dcS Publicum» die Passage keinen Augenblick gehemmt, während die mit Blitzesschnelle die Stadl durch fliegende Kunde de» Attentats allenthalben nur Aeußccunge» der ausrickligsten Theiluahme für den schon wiederholt von Mörderhänven bedrohten ersten Staatsmann Rumänien» her vorricf. Ich glaube auch nicht fehl zu geben, wenn ich sage, daß die Anwendung der durch die Verfassungs-Revision von 1884 geschaffenen Schutzinaßregeln gegen eine die Person de« Fürsten und die Ruhe de» Staate» gefährdende Presse sowohl vom Publicum, wie von den Vertretern der anständigen Putlicisük um so rückhaltloser gebilligt werden dürsten, al« ja durch diese Schutzmaßregeln durchaus keine Beschränkung der in Rumänien mit außerordentlichen Freiheiten auSgestatteten Presse bedingt, sondern lediglich die Unterstellung der gegen da« Staatsoberhaupt und die öffentlich« Ordnung gerichteten Preßvcrgehen unter die Compelrnz der gewöhnlichen Gerichts höfe ausgesprochen wird." Der Kronprinz in Metz. * Ueber den Besuch de- Kronprinzen in Metz wird berichtet: *Mctz, SO. Erplewber. Se. k. uud k. Hoheit der Kronprinz ist beute Vormittag tt Uhr hier eingrtrossen, begleit« von Seiner k Hohen dem Prinzen Wilhelm, dem Statthalter Fürsten Hohenlohe und dem SlaalSsecretalr Hosmaau. Aus dem Bahndose waren der Großderzog von Baden, Prinz Ulbrecht und die Behörden der Stadt anwesend. Ult der Zug riafuhr, wurden alle Glocken geläutet und Salutschüsse von den Fort« «nd den Festungsivällen abgegeben. Lam Bahnhose bl« znm Bezirkspräsidium bildeten die Vereine und die Schulen Spalier. Die ganze Stadt ist avls Reichste geschmückt; durch besondere Schönheit zeichnet sich die Vi» triumpli-ili, aus. Der Kronprinz besuchte um I Uhr die KalbeLralc und die Girmsonkirche. wohnte daraus der Grundsiria- legung des Mnihileenstifte« bei und besichtigte das Nikolous- hospital. Aus dem König-Platze find,« Nachmittag« di» Huldigung des Landkreises Metz statt. Um b Uhr ist Diner im Bezirks- Präsidium und später eine Festvorftelluag im Theater. Für de» Abend ist eine Illumination der ganzen Stadl and um S Uhr ein Fackelzng in Aussicht genommen. Auch aus der ganzen Fahrt hierbei wurde Se. k. und k. Hoheit an allen Stationen von der ziilamniengrströniteu Bevölkerung mit Jubel begrüßt. In Saarbnrg waren die Spitzen der Behörden und die Geistlichkeit anwesend. Der Kronprinz stieg au-, nahm die Vorstellung der Anwesenden durch drn KreiSdirector rutgcgeu und schritt daraus die Front de« KriegervereinS ab. * Metz. SO. September. Er. k. und I. Hoheit der Kron prinz empfing Mittag» im vezirksprästdinm die Generalität, die Spitzen der hiesige» Behörden und die Geistlichkeit. Um 1 Uhr begann die Rundiahrt durch die Stad« und zwar zunöchst nach der Kathedrale, woselbst Se. k. und k. Hoheit von dem Bischof, den beiden Gereralvicaren und dem Domkapitel »mpsange» wurde und sodann unter Führung des Dombaumeister« die Kathedrale eingehend besichtigte. Aus der Weilersahrt besuchte Se. k. und k. Hoheit die Synagoge, wo der Rabbiner und der Gemeindevorstaad. und sodann die neue evangelische Garnisonklrche, wo dt» Militairgeiftlichkeit zur Begrüßung erschienen war. Hieraus folgte die feierlich« Grundsteinlegung deS Waisenhauses Math'ldenstist, woselbst der Kronprinz nebst den anderen anwesende» Fürstlichkeiten die SlistnngS- urkunde vollzog und die üblichen drei Hammerschlägc aus de» Schluß- stein ihat. Bon hier au» begab sich Se. k. und k. Hoheit zum Nikolauühospctal und dann zur Esplanade; hier waren dir Vereine, Schulen und Geniciiidkdepulalionen de« Landkreise» Metz zur Huldigung ausgestellt. Bürgermeister Marsch« aus Lorry begrüßte den Kronprinzen Namen» des Kreistage-, Bürgermeister Lamu« von ArS credenzle den lolhringenichen Ehreuwcia, junge Damen brachten Blumen und Früchte Lothringen» dar. S«. k. und k. Hoheit dankt« allerseits für den freundlichen Empsang und ent schuldigte die Abwesenheit Sr. Majestät de- Kaisers; sodana durch- fuhr Höchftderselbe die Reihen der Vereine und die Anlagen, überall von der massenbast zusammengeströmlen Volksmenge mit stürmischem Enthusiasmus begrüßt. Um b Uhr fand im Bezirks präsidium ein Baladiner statt, an welchem die Spitzen der Behörden, die Miiglieder deS GemeinderaiheS, des Landrsau-schussk- und des Bezirkstages theiluahme». Am Scblujir der Taiel erbod Seine k. u. k. Hoheit da» Gla» und sprach: „AlS Zeichen Meiner aus- richtige» Dankbarkeit für den Empsang, der Mir, der Ich hier an Sr. Majestät des Kaiser» Stelle stehe, zu Theil geworden ist, trinke Ich aus daS Wohl der Sind! Metz and deS Landkreises Metz." * Metz, SO. September, Abend«. Nach dem Besuch der Fest vorstellung im Theater, in welchem Se. k. und k. Hoheit mit einem dreifachen Hoch begrüßt wurde, nahm Höckistderselbe von der Terrasse des Bezirkspräsidiums au» den Lampivnzug der hiesigen Vereine, verbunden mit einem Gesangständchen. entgegen. Gleichzeitig wurde jenleitt der Mosel ein Feuerwerk abgebrannt. Der Kronprinz ver- weilte über eine Stunde aus der Terrasse, für die «uaulhörlichen stürmiichen Ovationen immer auf« Neue dankend. * Metz, 21. September. Se. k. u. k. Hoheit der Kronprinz und Se. k. Hoheit der Großherzog von Baden sind soeben mittelst ExtrazngeS nach Baden-Baden abgereist; dieselben haben sich hoch befriedigt über den hiesigen Aufenthalt ausgesprochen. Prinz Wilhelm wird »och hier verbleiben, um die Schlachtfelder in der Umgebung zu besichtigen. Prinz-Regent Albrrcht ist bereit« früh Morgen« über Bingerbrück abgereist. Deutscher Handfertigkrits Longreß. * Stnttgart» SO. September. Do« deutsche Lentrilcomltä für Handfertigkeits-Unterricht und HauSslciß, das im Juni l88l zu Berlin entstand, trat gestern hier zusammen, um seinen letzten und wichtigsten Act zu vollbringen: die Bildung eine- „Vereins für erziehliche Knobenhondarbeit", dem zugleich In Leipzig ein deutsches Handsertigkeitsieminar gleich dem bewährten Slöid- Seminar zu Nää» in Schweden an die Seite treten soll. Ja den Reihen der Handsertigkeltssreunde waren diese beiden schon um Ostern gefaßten Beschlüsse mit einmüthiger Zustimmung begrüßt worden. Schon im Borau« halten deshalb auch gegen 70 Männer, vornehmlich aus dem Lehrerstande, aber auch Miiglieder von Schulverwaltungen, Reichs- und Landtagsabgrordnete u. s. s. ihren Eintritt in den entstehenden Verein erklärt, mit Jahresbeiträgen von 2 bis zu SO aussteigend. Die Versammlung fand im Eoucertsaate der Liederhalle statt. Im Uhlandsaale daneben war eine kleine Ausstellung von Er- Zeugnissen der Knobenhondarbeit veranstaltet, au welcher sich betheiligten Stuttgart (Handfertigkeitsschulc und kgl. Waisen haus), Pforzheim und Görlitz. Die sehe zahlreiche Versammlung eröffnete Herr A. Lammers« Bremen, Vorsitzender de- Lenlralcomilss. mit einem Rückblick aus die Entstehung und das bisherige Wirken deS Lrntralcoiiiitös, de- grüßir die erschienenen Vertreter und Gäste, Se. Excelleuz den wlirttembergischk» Herrn Cultusminister vr. von Sarveq, den Herrn Regierungsrath Nestle, als Vertreter de» Ministeriums de» Innern, Herrn Oberregierungsrath Schneider, Vertreter der Krcisregierung in LudwigSburg, Herrn Geheimen Oberschulrath Grein, vom grobderzogl. Ministerium in Darmstadt, die von der großherzogl. badischen Regierung gesendeten Herren Seminardireclor Lehmann und TaubstunimenanstaltShaupiIehrer Moll, Herrn Winkler, Vertreter des GemeinderaiHS in Stuttgarr, und alle übrigen Vertreter von Ge- meinten »nd Vereinen, indem er dabei hervorhod, daß die Anweienheit der geehrten Herren nicht schon al» «ine Bekundung völliger Ueberein- stimmiing, sondern viemehr des Willen-, »»besangen Keuntniß nehmen zu wollen von den Bestrebungen, ausgesaßt werde, und schloß mit dem Hinweise aus die Tagesordnung, nach welcher zwei wichtige Fort- schritte zu beralhen seien, nämlich die Einrichtung eine- deulichen Seminar» zur Ausbildung von Lehrern und die Gründung emes deutichen Verein» für erziehliche Knabenhandarbeit. Hieraus begrüßte im Namen der Stuttgarter Gemeindeverwaltung Herr Geineinderath Winkler die Versammlung mit sympathischen Worten, dabei auf die Versuche hinweisend, die in Stuttgart selbst schon angeftellt worden, und deren Ergebnisse au« der Ausstellung zu ersehen seien. Sodann wählte die Versammlung zu ihrem ersten Vorsitzenden Herrn A. Lammers-Brcmeo und ordnete ihm die Herren von Schenkendorss-Görlitz und Eduard Elbens-Sluttgart zu. Di« Schrtstiührung übernahmen Director Kuaath aus Dresden und HaupNchrer Weber au- Pforzheim. Den ersten Bortrag hielt Herr von Schenkendorsf über „die pädagogische und sociale Bedeutung de» HandserligkeiiS-Unterrichts." Der Redner sagte, die Haudarbeit sei zuerst eine Muskelübung, eine Turnübung an Werkzeugen, eine Quelle neuer krastentwicklung. Sie bilde einen wolilthuendcn Wechsel in der Beschäftigung. Di« Handarbeit enttmckle auch deu Geist, indem sie ihu anschaulicher mache und ihm eine praktische Richtung gebe. Nicht minder wirke sie aus den Charakter ein, indem sie den Schaffenstrieb, der nicht minder stark al» der WisjenStrieb sei, Nahrung gebe. Ein Sind, da« sich zu beschäftige» wisse und daS Interesse sür die Beseitigung zeige, sei williger und solgjamer. Bei dieser Angelegenheit handle es sich alio iin Endziel nicht um die Herstellung der gering fügigen Arbeitsprodukte durch Kinderhand, sonder» um den er ziehlichen Werth der Arbeit, welcher bei der Herstellung dieser Geqeustänve zu Tage tritt. Die sociale Bedeutung erweist sich als eine dirrcte Folge der erziehlichen. Dort zeigt sich der Ein fluß aus de» individuellen, hier aus deu socialen Körper. Die Schule hat nicht allein die Aufgabe, den Menschen harmonisch in seinen Anlagen und Kräfte» auszubilden; sie muß ihn auch aus die Höhe der Lultur seiner Zeit stellen. Die Schule IHM die» wohl im Hiablick aus die wisseuschastliche, sittliche und religiös« Lultur, sie läßt aber die große technische Lulturentwickelung unserer Zeit außer allem Betracht, und doch stehen säst SO Procen» der Bevölkerung inmitten der werkthätigen Arbeit der Hand. So stehe die Schule dem Leben fremd gegenüber. In diese Cullurrichtung muß das Kind doch zum mindesten eingesiihrt werden, es muß rin Interesse und ein elementares Berftäudniß und Können dafür ge winnen. Das Kind würde geschickter werden, was die nationale Ge schicklichkeit heben müßte, indem die Glieder schon in einer Zeit ge bildet würden, wo sie »och am entwicklungsfähigsten sind. Es bildet sich seiner ein Unheil darüber, ob eme Arbeit solide hergestellt ist oder nicht. Dann aber werde sich eine Werthschätzung der werk- «hätigen Arbeit überhaupt im BoUe heranbilben. Dieser Factor lei von höchster Uedentung sür die socialen Verhältnisse. Redner wünscht, daß die Sache aus dem Boden der Freiwilligkeit» also ganz aus sich selbst heraus entwickeln niög», jedoch zu gleicher Zeit uuter För derung der Schulverwaltungen und Behörden. An den mit großem Beifall und ohne jeglichen Widerspruch, ja mit lebhafter Sympathie anigenommeuen Vortrag schloß sich der gleichsall» mit großem veisall oufgenommene Vortrag des Herr Real- gymnasial-Oberledrert vr. Götze-Leipzig über „die Einrichtung einer deutschen Bildungsanstalt für Handsertiqkeitsledrer". In der folgenden Debatte spricht Herr Stadtschulrath Fürftemann« Berlin leine Bedenken gegen die Heranziehung der BoltsschuUehrer zn HandsertigkeitSlehrern aus und hält diesen Unterricht in den Händen passender Werkmeister für richtiger. Schuldirektor >»»ath-Dre«de« begründet d«e Forderung. Lehrer» Gelegenheit zu geben, sich a»«»»- b'lven und weist ans die Noidwendigkeir hin. daß die bisherigen sehr verschieden gestalteten Lehrcurie verschiedener Orte durch, ein einheitliches Seminar ersetzt wursen. Herr von Schenkendorss- Görlitz dankt sür da» Wohlwollen, welches die Stadt Berlin den Bestrebungen selbst entgegen bringt und bedarrt bei der Forderung, daß die Heranziehung der Lehrer auzustreben sei, und weift aus die fortgesetzte Berbinduug deS Lehrers mit dem Werkmeister hin. Herr Stadtschulrath Fürstema» n-Berlin berichtet von außerordentlich günstigen Ertotgen, welche tüchtige Werkmeister in Berliner Erziehungsanstalten and Rettuiigsaniiallen erzielt hätte». Herr Oberiealtchnldirector Nöggeeath-Brieg spricht sür Heranziehung der Lehrer und sür Einrichtung eine-Seminar«. Zum Schluß bemerkt Referent vr. Götze-Leipzig, daß, wenn Werkmeister unterrichteten, die Gesahr vorliege, de» Unterricht falsche Bahnen einschlage» zu sehen. Auch im Zeichnen, im Turnen und in de» Nadelarbeiten haben die Lehrkräfte au» Fachkreisen den geprüften Lekreru und Lehrerinnen zum vortdeil des Uotrrrichtes weichen müssen. Herr Psarrer Obert-Siebenbürge» dankt in warme» Worte» den Herren Referenten für die gehaltenen Vorträge, die aus alle Theilnedmer augenscheinlich einen tiese» Eindruck gemacht hätten, und Herr» A. Lammers sür seine bisherige Thätigkeit. Nunmehr reserirte Herr A. Lammers-Bremeu über die Vor- berolhung der Statuten. Aus «„trog de» Herrn E. Elben-Stutt gart werden die Statuten eo dloe angenommen. Herr Lammers berichtet, daß schon eine Anzahl Mitglieder mit einem Jahresbeiträge von circa LOO ^ gezeichnet haben. Herr Professor vr. Post- Haaaover bringt eine Liste der künftigen Ausschußmitglieder in Vorschlag, welche Annahme findet. Darunter dir meisten der früheren LealralcomitS-Mitglieder und al- neue vr. Webskv-Bre-Iau, Nöggerath-Brieg und Londtagsobgeordneter v. Mianigerode. Unter DankeSbezeugung an die Stadt Stuttgart »ad unter Auf forderung, dem neu gebildeten Verein nun beizutretea, schloß der Herr Vorsitzende die Berhaudiun», woraus der Gesammtausjchuß in Leraihung trat und die folgenden ü Herren iu deu Vorstand wählte: LammerS-Bremen, Vorsitzender, v. Scheackeadorss- Görlitz, Geschäftsführer, vr. Götze-Leipzig und Gruaow-Berlin al- stellvertretend« Vorsitzende, sowie Nöggerath-Brieg al- Schatz- Meister. Ja der Beraihung wurde auch noch einstimmig beschlossen, de» Namen „Handfertigkeits-Unterricht" in Zukunft als nicht mehr für die Bestrebungen zulress nd, fallen zu lassen und da« Werk- tdätig« der Arbeit iu den zu begründenden Schülenvertstätteu künftig allgemein mit „Werkstatt-Unterricht" zu bezeichnen. Ter diesjährige Eongreß dürste die vestrebuugea außerordentlich gefördert haben. Zum 100jährigen Geburtstag Sarlpreusker's. ** Großenhain, 21. Sevtember. Der SS. September ist der hundertjährige Geburtstag eines Mannes, dessen Name nicht nur in unserer Stadt, in der er vom Jahre 1824 bis zu seinem am lb. April 1871 erfolgten Tode gelebt und rastlo« gewirkt hat, noch in Hoden Ehren gehallen wird, sondern der auch iu nuferem ganzen sächsischen Laierlonde und weit über dessen Grenzen hinaus bekannt geworden ist und in vielen Kreisen la»ge noch in bestem Andenken sorterhalten werden wird. Es ist dies der in Löbau in Sachsen geborene Reutamtmann Karl PreuSker, der sich um die Ingend- uud Volksbildung und vm die Hebung deS GewerbestaudeS nicht hoch genug zu schätzende Verdienste erworben Hot. Er zählte zu den ersten strebsamen Männern, welche zu Errichtung vo» Fortbildungsanstalten für junge Gewerbtreibende. zu Sonntags- schulen, wie sie damals genannt wurden, bereits im Jahre 1830, zur Gründung von Gewerbeverelnen bereit» im Jahre 1832 und zur Schaffung von Volksbibliolhekea schon im Jahre 1828 praktisch Hand ans Werk legten, und der nicht nur Einrichtungen dieser Art am hiesigen Orte in- Leben ries und Jahre laug mit dem besten Erlolge leitete, sondern der auch durch Wort und Schrift zu Er richtung gleicher Anstalten, soweit nicht vereinzelt dergleichen schon bestanden, an andere» Orten, nameatlich im sächsische» Vaterland«, thotkräftlg mltwlrkte. Sein gemeinnützige« Wirkeu war ein onßerordenlllch vielseitige« und «rat die« außer nach der vorangegebenen dreifachen Richtung hin besonders scharf hervor aus dem Gebiete der OrtS- und After- tbumskunde wie nicht minder aus dem Gebiete der Sammlung von Alterthümern. Er war als Schriftsteller außerordentlich thäng. Seine Werke gelten vor allen Dingen der Jugenddildung speciell im Kreist de« bürgerlichen Handwerks. Hochinteressant sind seine Ansichten, die er in den 30 er bi- üOer Jahren über deu damaligen Stand des Handwerk« aursprach, seine Vorschläge, die er za jener Zeit machte, um da« Handwerk vor seinem Niedergänge za schützen, und der Kennerblick, mit dem er die sociale» Zustände voraussah. die sich an seinem Lebensabende und mehr noch nach demselben entwickelten, Er stand mit den hochgestellteste» Staatsbeamten und mit den be rühmtesten Geledrteu in regem Briefwechsel, und sowohl brieflich als in der Tagespresse wurde seinem Streben und seiner schrift- stellerischen Tbätigkeit die ungetheilte Anerkennung gezollt. Seitens vieler wissenschaftlicher Gefellichaften wurde er zum Ehrenmit- gliede ernannt, da» ehrenaste und bletbeudste Andenken errichteter« ihm aber die sächsischen Gciverbe-Bereine durch die Preusker- Stiftung, welche den Zweck verfolgt, mittellosen strebsamen jungen Gewerbtreibendeu deu Besuch technischer Bilduiigsanstalleu zu er möglichen. Die von ihm für hiesigen Ort geqründete Sonntagslckmle blieb bestehen, biö die obligatorische FoitlnldungSschule an deren Stelle trat: der von ihm gestreute Saamen wirkte aber sort, d-nn nach wenig Iodren erkannte niau das Bedürsmß, neben der letztere» «ine ge- werbliche Foribildungslchule seitens de- Gewerbeverrins zu gründen, die sich in immer größerem Ausschwunge befindet; der von ihm gegründete Geiverbeverrin kam unter de» politiichcn Verhältnissen des Jahrcs 1848 zum Stillstand »nd schlirßftch zum Erlöschen; am 7.Novbr. 186l eulstand im Sinne »nd Geiste Preu. b r's ein neuer Gewerbeverein, der heute noch besteht, und die von ihm geschaffene Bolksvibliotdek, eine der ersten in Sachsen, wenn nicht ganz Lcutjchland. sie istSlaatbibliothek geworden und ersreut sich nicht nur eine» stetigen Wachsihums, soadera, waS die Hauptsache ist, seiten« der Einwohnersuiaft einer Benutzung, wie sie besser nicht gewünscht werden kan». Dcr Gewerbe- Verein, der am 7. November sein sünfundzwanzigjähriges Bestehen festlich zu begehen gedenkt, wird diese Festlichkeit zu einer doppelten gestalten und mit ihr die Nachfeier de« hundertjährigen Geburtstage- seioeS Preusker verbinde». Musik. * Der ersten Ausführung der in Hamburg am 12. Ockvber in Aussicht stehenden Oper »Aus hohe» Befehl" von Herrn Professor vr. Earl Reinecke werden auch Leipziger Täfle bei wohnen. * Dresden. Da« „Dresdner Tageblatt" schreibt: „Durch die Geistliche Musikaussührung in der Drei- könig-kirche am Sonnrag. den 19. September, eröffnete Herr lloncerl- orgonist Bernhard Pfannstiehl mit secneu ausgezeichneten Orgel- vvrträgeu deu Reigen der Loucerle dieser Saison. Außerdem er- ceute da« Solo-Quartett de» Herrn B. Rölhig aus Leipzig durch eine Darbietungen und Herr Musikdirektor August Filcher hatte freundlich die Begleitungen de- Abend» übernommen. Leider — da» sei sogleich ausgesprochen — leider war der Besuch, wohl i» Folge der «rüden Jahreszeit, nur mäßig; leider, denn an dem lech- nisch hervorragenden Orqrlspiel. sowie au dem echt orgelartigen Bor trage de- Herrn Piannstiehl konnte sich Jeder ausrichtig erfreue». Mit der Toceut» in k-äur von I. S. Bach begann da- Eoucerl und mit sehr schwierigen und interessante» Variationen vo» Thiele wurde es wirkungsvoll beschlossen; dazwischen stand das Andante der Rheiuberger'jchen Ls-moU Sonate. Und der Eoncertgeber ver stand es, das Instrument im äußersten Forte, wie im zartesten Piano gleich schön zu behandeln. Die Vorträge de« Röthig-Quartetts ersreute» durch schöne Reinheit und gute Aussprache. Außer dem herrlichen „O Haupt voll Blut und Wunden" von Bach und dem Hauptmaaa'schen „Sei still dem Herr," mteressirten am meisten zwei Lieder von Alb. Becker durch meisterliche Stimmsllhruog. Aber auch da« „Sei getreu dis in den Tod" voa L. Schurig ersreute durch leinen Satz und seine Innig keit. DaS ungewöhulich gut behandelte Pianisstmo hatte dos Quar tett (Frl. Heiuig, Frl Müller. B. Röthig, L. Schaar- schmid») schon vorder wiederholt gezeigt, aber in dem Schlußgeiang „Bleibe bei uns" von Reichordt gelang es am besten unv sicherte deu Aussührendea eine gute Wirkung Frl. Heiuig zeigte ihren um- sangreichea, Aaren Sopran in dem 8»nctu, von Lhrrubiui und einer sehr iutrreffaute» Arie von August Filmer „Herr, hör meia Wort, den» ich will vor dir brtrn". Herr Scdaarschm'd« saug zwei Arien aus dem Paulus und aus dem Messt»«; schab:, daß die schöne Stimme de« jungen Sängers noch unter einem rech» wenig günstige» Stimmansatz zu leiden da«. Die Begleitung der Arien führte, wie schon erwähn», Herr Musikdirrctor Fischer aus und zwar vorzüglich, wiedrrholt durch charakteristisch« Reg.ftriruag ausgezeichuet." 0. 1. Schnrrbrrg. Lt. Sevtember. Iu der biesigeu Havptkirche veraustaltrte am IS. September Hrrr Organist Frenze! unter Mitwirkung vo» Fräulein Tröger-Schurederg (Sopran) »„d dem htrfige» brminarchor unter Leitung de« Herrn Oberlehrer
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