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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.09.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188709301
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18870930
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18870930
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-09
- Tag 1887-09-30
-
Monat
1887-09
-
Jahr
1887
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.09.1887
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Erscheint tSgllch früh S'.', Uhr. Xe»«ti<«i »«> Lkprditiou JohanaeSgassc 8. Sprechkrmden der Kedaction: Lormtttog« 10-18 Uhr. Nachmittag« ö—6 Uhr. 8>>r »u »«»»«»« vr-nuicchu, »»ch« sich »I« «ed»cn«a »>cht vrrtml »ch. «»nähme der für »te «rchftl-l,»»h« N»««er hefttmmten Inserat» au «echkntaaen »i» Ü Uhr «achmtttaa», «nLauu- «uhKefttagen früh bis'/,9 Uhr. In l>k« Filialen für Ins.-Ännah«: Ott« Ule««, UniversitätSstrabe 1. Louis Lösche, Kathariuniftr. 23 pari. u. KSulgSplotz 7, nur bis '/,3 Uhr. 273., Organ für Politik, Localgrschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Freitag den 30. September 1887. Nnflage 1S.7SV. Äliomirmnitspreis viertelj. 4'/, >ncl. Bringerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 0 MI. Ilde einzelne 'Hummer 20 P' Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilagen <m Tageblatt-Formal gesalzt» ohne Posibeiördenmg >i0 MI. unt Pvstbesvrdcrung 70 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile 20 Ps. Größere Schriften laut uns. Preisverzeichnis!. Tabellarischer u. Zifferusatz nach höherm Tarif Kkliamrn unter dem RedactionSftrich die Sgespalt. Zeile 50Pf., vor deaFamilienNachrichten die bgespaltene Zeile 40 Ps. Inserate sind stets an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praonuinarLmio oder durch Pnst- nachnahme. 8k. Jahrgang. Jur gefälligen Beachtung. Um bei Ausgabe der Legitimationskarten zum Abholen des Tageblattes beim Quartalwechsel den Andrang möglichst zu beschränken, haben wir die Einrichtung getroffen, daß Karte nnd Rechnung bereits von hente an in Empfang genommen werden können. LxpeäMon des I.elpxlxer Luxtzdluttes. Amtlicher Theil. Brkaniilmachun-, die staatliche Einkoaemeasteuer detr. Nach dem Finanzgesctze vom 27. März vor. ÄS. in Ber- tzindung mit tz. 5 der zum Einkommensteuergesetze vom K. Juli !878 gehörigen Ausführungsverordnung vom 1l. October veffelben JahreS ist der zweile Termin der dies jährigen staatlichen Eiiikommenstener an» SV. September dfs. I». »tt der Hälfte des Normalsteuersatze» fällig. Die Steuerpflichtigen werden deshalb ausgefordcrt, ihre Sleuerbeträge ungesäumt und spätestens binnen drei Wochen, von dem Fälligkeitstage ab gerechnet, an unsere Sladtstcurr-Einnahme, Stadthaus, Obstmarkt Nr. 3, Erd geschoß. bei Vermeidung der »ach Ablauf dieser Frist gegen die Säumigen ei»lr«te»den gesetzlichen Maßnahmen abzusühren. Leipzig, den 26. September 1887. Der Rath der Stadt Leipzig. Or. Georg». «och. Bekanntmachung, die Beiträge zur Handels und Get»erbe?am«er betreffend. Mit dem am 3V. September dsS. IS. fälligen zweiten Termine der staatlichen Einkommensteuer ist zufolge ergangener Perordnnng deS König!. Finanzministeriums vom l 9. April vor. ÄS. zur Deckung deS Aufwandes der hiesigen Handels- und Gewerbckammer von den betheiliglen Handels- und Gewerbetreibenden ein Beitrag für die Handelskammer nach, Höhe von vier Pfennigen und für die Gewerbckammer nach Höhe von zwei Pfennige« auf jede Mark desjenigen SleuersatzeS, welcher nach der im Einkommensteuergesetz/enthaltenen Stufenleiter aus da- in Spalte ck deS EiiikommeiisteuerkatasterS eingestellte Einkommen der Beitragspflichtigen entfällt, zu erheben. Diese Bilanntinachung gilt als vorschriftsmäßige Benach richtigung der Beitragspflichtigen. Den belbeiligten Steuerpflichtigen wird bei Abführung der Einkommensteuer an der Einnahmestelle Eröffnung über den entfallenden Betrag gemacht werden. Der Betrag ist binnen drei Wochen, von dem Fälligkeitstage ab gerechnet, an unsere Sladt-Steuer-Em- nabmc bei Vermeidung der sonst cintretenden gesetzlichen Maß nahmen abzusühren. Leipzig» den 2V. September >887. Der Rath der Stadt Leipzig. De. Georgi. Koch. Bekanntmachung. Wegen Herstellung der Rampen für den Scbleußiger- und Linienweg am Uebergange über der Leipzig-Plagwitzer Ver bindungsbahn wird der Linienweg für de» durchgehenden Hahr- und Reitvrrkehr von Montag, den 1. October d. I. an bis aus Weiteres gesperrt. Leipzig, den 29. September l887. IX. 6242. Der Rath der Stadt Leipzig. Ör. Georgi. Grwölbe-Vermitthung. DaS z. Z. an Herr» Kaufmann Gustav Bruno Zimmer mann, in Firma Zimmermann L Förster vermicthete s. g. Bühnengewölbe Nr. IS, unter dem Ratbhause (Markt- feite), soll vom 15. Oclobcr dS. Is. oder aus Wunsch von eine», srüberen oder späteren Zeilpuncte an gegen etnhaib- jährliche Kündigung Mittwoch, den 8. October dS. IS. Vormittags II Uhr ans dem Rathbau'e, l. Elage, Zimmer Nr. 16, an den Meistbietenden anderweit vermiethet werden. Ebendaselbst aus rem große» Lorsaale liegen die Der- mietbuigS- und Versteigerung-bedingunge» nebst Ändentarien- verzcichniß deS z» verinietbrndcn ÄewölbeS schon vor dem Termine zur Einsichtnahme a»S. Leipzig, de» 23 September 1887. Der Rath der Stadt Leipzig. I«. 5392. Or. Georgi. Krumbiegel. Bekanntmachung. Die Lokalitäten ver Rechnung»- u»v Eassenverwaltuiig der Gasanstalte» (Rittcrstraß: 6, I.) bleiben wegen vor- zunehmenber Remiaung Montag, den 3. October b. IS. geschlossen. Leipzig, am 26. September 1887. DeS NatkS der Stadt Leipzig Deputation zu den Gasanstalten. Bon Montag, den S. Oclober dS. ÄS. an soll in den iädtischen Schl rußen zur Vertilgung der Ratten Gift aus gestellt werden. Wir fordern alle hiesigen Grundstücksbesitzer bei. Grund- iückSverwalter auf, in ihren Gebäuden und insbesondere in >en Privaischleuße» für Beseitigung der Ratten gleichzeitig »esorgt zu sein nnd bemerken, bezugnehmend aus unsere Be kanntmachung vom 26 Mai 1884, daß der nördliche Bezirk der Stadt dem Kammerjäger Herrn barl Fritzfche in Lutriysch, der südliche aber dem Kammerjäger Herr» LouiS Graf hier überwiesen ist. Leipzig, den 27. September 1837. Der Rath der Stadt Leipzig. Id. 3694. Or. Georgi. Krumbiegel. Da« für dle Kellnerin Wllhelmine Louise «nna Bot-t au« Wursßach vom Gemeindevorsteher zu Krippehna am 8. Januar 1886 auSgeftellie Dienstbuch ist in hiesiger Stadt verloren gegangen und lm AusfinduugSsalle anher abzuliesern. Leipzig, am 22. September 1887. Das Poltzciamt der Stadt Leipzig. Ik. 5816. Lreiscdiieider. Faldlx. Brkanntmachung. Die in Leipzig-Gahli» vom 1. Oclober ab zur Einrichtung ge- langenden Fahrten zur Bestellung der angetommene« Pott- Väckereieu finden auch zur Einsammlung von adznsendeudrn Packeten mit Ausschluß der Werlhsendungen Verwendung. ES wird dabei in der Weise versahren, daß die Packetbestrller, enlwedrr innerhalb der Häuser selbst, welche sie zum Zwecke der Bestellung betreten, oder an denjenigen Stellen, wo ihr Fuhrwerk eweilig auhält, die Packele vom Publicum, unter Erhebung der tarifmäßigen EinsaninilungSgebühr, entgegen nehmen und bei dem Postainte in Leipzig-GohIiS zur Ablieferung bringen. ES ist ferner gestattet, daß das Publicum ln den Fällen, In welchen eS von dieser Sinrtchtnng Gebrauch mache» wist, bei dem Vostamte in Leipzig-Gahli« mittelst kurzer venachrichiigung dle Abholung der abzusendrndea Päckereien au« der Wohnung u. s. w beantragt. Diese Benachrichtung Hai mittelst srankirter Bestellschreibea oder Postkarten, welche in den nächsten Brieskaften gelegt werden können, zu ersolgcn Vorausgesetzt wird dabei, daß der Absender innerhalb desjenigen Ortskreise« wohnt, in welchem Pockelbestellsahrten über haupt staltsinden und daß di« Abholung gelegentlich der nächsten Beftellsahrt erfolgen kann, ahn, daß e« -u» diesem Anlaß der Be» richtung besonderer Fahrten bedars. Wm-schea dle Ausgeber, dir Packele zu srankiren. und erfolgt die Frankirung nicht durch Werth, eichen, so ist dem Packetbesteller unbenommen, sich nach Umständen en ungefähren Betrag der FrankoS hinlerlegen zu lasten; zu viel erhobene Beträge sind bei der nächsten Beftellsahrt zu erstatten, zu wenig erhobene Beträge dagegen bei der nächsten Fadrt einzuziehea Für die Bestellung der Packrte in Leipzig-GohliS im Wege der Bestellttiigssahrtcn kommen zur Erhebung: a) 15 Pfennig für Packcte biS zuni Gewicht von 5 Kilogr. ein schließlich und d) 20 Pfennig für schwerere Packele. Dieselbe Gebühr wirb für die Einsaminlung von Packeten erhoben. Gehört mehr als ein Packet zu einer Begleitadreste, Io kommt für da« schwerste Packet die ordnungsmäßige Bestell- bezw. Ein- jammlungSgrbühr. sür jede« weitere Packet aber nur eine Gebühr von 5 Pfennig zur Erhebung. Leipzig, 25. September 1887. Der kaiserliche Obcr-Postdirertor. Walter. ö-Ilfkiftftll Die Dachdeckerarbeiien beii»Neubau deSRalhhauseS zk-lllltosUs. hier solle» an de» Mindesifordernden untcr Aus wahl unter den Submittenden vergebe» werben und find Anschläge im diesige» Genieindeamle zu eninehme». Offerte» sind verschlossen unter der Aufschrift: DachSeckerarheite», NathhanSba» Eutritzsch" bis zu», 3. October diese« Jahres» Nachmittags S Nhr, i» unserem Genieindeamle abzugebcn. Eutritzsch, am 27. September 1887. Ter Gemcinde-Nath. Thomas. Hoh-Anction. Im Ehrenberger Walde des Zwcukauer Staatsforstreviers solle» Montag, den 1«. October 1887. van vormittags 9 Uhr an solqende in den Abtbeilungen 55 nnd 57 ansbereitete Hölzer als: 7 Stück eichene Klötzer, 10—21 ew Ober- bez. Miiienslärke, 4— 8 m Länge, I - eschene Klötzer, 10—11 am Ober- brz. Mittenstärke, 5— 7 m Länge, 67 Raummeter harte Langhausea meistbietend gegen sofortige Bezahlung und unter den sonst vor Beginn der Auktion bekannt zu gebenden Bedingungen versteigerl werden. Zusammenkunft: Ablheilnng 55 ans dem Wasserweg« am anteren Usrrbau. Zahlstelle: am Ort der Versteigerung. König! Forftreviervrrwaltung Zwenkau und Söntgl Forft- rrntauit Wurzen, den 26. September 1887. Lomler. Geißler. Wnreii-Verüeigrrnng. Montag, den ». Octodrr 1887, von BornniiaqS 9 Uhr an lallen in der Thost'schen Gärtnerei tu Zschölla« (Babnhos Oichatz) sämmtliche Pflanzeavorrälhe, bestehend in: Ozroo» revoluta, Latanien. Phönix, Coryphen. Philodendron, Begonien, ferner 4 Stück Lorbeer-Kronenbäume, 3 Stück l.anrvn Vinn«, sowie eme Part e Kalthauspflanzen gegen vaarzahlung versteigert werden. Oschatz, am 29. September 1887. Der GerichtSdallzieder des »öntgl. >u»t<«ertchtS Rassow Nichtamtlicher Theil. Zur bulgarischen Frage. Der Telegraph in Sofia bat die Arbeit seit einiszer Zeit »abezu eingestellt, dir letzte Meldung betrifft den Antntt einer ÄnspectionSrrise de- Minisierpräsiventen Slambnlow nach Küstenkil, Samakow und Dnbnitza, welche banplsächlich dem i» dieser Gegend überhaadnehmenden Näuberunwesen gilt. Eine andere Nachricht von demselben Tage verkündet die Unter zeichnnng deS UebereinkommenS »wischen Serbien und Bub garicn binfichtlich der Eisenbahnanschlüste. Da« ist ein günstige» Zeichen sür die Sachlage in Bulgarien unmittelbar vor den Wablen. Dagegen sind di« russischen Agenten in dem benach barten Rumänien eifrig mit der Verbreitung aufrührerischer Schriften unter de» bulgarischen Soldaten beschäftigt. Der Fürst ist in bester Stimmung und befestigt seine Stellung von Tage zu Tage, ohne irgend welche Besorgnis) z» hegen, daß er gcnöthigt werden könnte, daS Land zu verlosten. Damit stimmen die Nachrichten überein, welche au« Konstantinopel »uv St. Petersburg kommen. Bon dem türkischen Vorschläge, eine gemischte Commisston nach Bulgarien zu senden, ist cS wieder still geworden, obwohl von der Gewißheit der Mächte gesprochen wurde, aus diesen Vor schlag einzugehen. Der Grund ist offenkundig: Rußland hat nicht da» mindeste Äntereste daran, den übrigen BerlragS- mäcbten eine gleichberechtigte Stellung neben Rußland ein zuräumen; sein Streben ist nicht sowohl aus Beseitigung de- Fürsten Ferdinand gerichtet, a>S daraus, in Bulgarien den russische» Einfluß zum herrschenden zu machen. DaS würde aber gerade verhindert werden, wenn eine ge mischte Commission in Sofia erschiene, und deSbalb wird Rußland niemals die Hand zur AuSsührung diese» Vorschläge» bieten. Rußland muß sich mebr und mehr davon überzeugen, daß sich die Verhältnisse in Bulgarien täglich weiter nach der Richtung der bulgarischen Selbstständigkeit entwickeln nnd daß schließlich nicht» Anderes Übrig bleibt, als Bulgarien sich selbst zu überlasten oder mit Gcwäll einzuschreiten. Da» ist die natürliche Folge der russischen Politik seit dem 18. September 1885, dem Tage deS Staatsstreiche», durch welchen die Bereinigung von Nord- und Südbulgarien aus gesprochen wurde. Fürst Ferdinand ist am 7. Äuli gewählt und hat am l4. August die Regierung angetrete». Rußland hat sich geweigert, die Wahl eine« Fürsten zu bestätigen, welche von einer russischcr- seit» nicht für gesetzlich befundenen Sobranje vorgenommen worden ist. und auS diesem Grunde haben die übrigen Ber- tragSmächte sich gleichfalls passiv Verhalten, und die türkische Regierung hat sogar erklärt, daß der Regierungsantritt de» Fürsten ungesetzlich nnd vertragswidrig sei. Dabei ist e» ge blieben, weit e« an der Türkei >st, weitere Schritte zu tbun. Rußland hat seiner Ungeduld nicht vollständig Herr werden können und deshalb die Absendung de» General» Ernroth als Statthalter» Bulgarien- beantragt, bekanntlich erfolglos, weil Oesterreich-Ungarn, England und Italien gegen diese Sen dung Einsvruch erhoben haben. Der Gegenantrag der Türkei, eine gemischte Commisston nach Bulgarien zu entsenden, ist mehr ein BerlegenhritScict al« eine durch die Sachlage ge- »botene Handlung, und demgemäß hat er auch nur dazu ge dient. Vnl' Pause auSzusüllen. welche für dir BertragSmäcdle peinlich sein mußte. Gegenwärtig ist Rußland bemüht, die Sobranjcwablen in Bulgarien zu seinen Gunsten zu gestalten, und zu dem Zweck streut cS Geld mit vollen Händen; niit welchem Erfolg, muß die Zukunft lehren. An Telegrammen, welche aus ein Anwachsen der russischen Partei in Bulgarien vorbereile», hat eS nicht gescblt, allein Anschein nach sieben diese Mel düngen aber nn Widerspruch mit den Thalsachc», r» macht vielmehr den Eindruck, al» ob die nationale Partei in Bulgarien die Wablbewegung beherrscht und der russischen Partei täglich mebr Boden abgewinnt. Die Spanne Zeit, welche noch bis znm Wahltage zurückzuleaen ist. ist kurz, morgen über ackl Tage werden die bulgarischen Wähler ihre Stimmen abgebon, und kann wird e« zu Tage treten, ob Rußland an Einfluß in Bulgarien gewonnen oder verloren bat; da» Letztere ist da» Wahrscheinlichere. Än Rußland hat inzwischen auch eine Probemobilmachung staUqesunden und die Befestigungen in Pe'len Wersen mit Eifer zu Ente geführt. ES sind daS keine besorgnißerregenden Anzeichen, denn Rußland rüstet seit einer Reihe von Äabren in stclS wachsendem Umfange, aber immerhin dürfen diese Borbereitnngen nicht vollständig außer Acht gelaffen werden. Ein beschämende» Zeugniß sür die Selbstachtung eines nicht unbedeutenden ProcentsatzcS der deutschen Presse sind die hart näckig wiederholten Gerüchte von dem Bcvorstehen einer Zu sammenkunft zwischen dem deutschen und russischen Kaiser. Nach der Abfertigung, welche der Brüsseler „Nord" den Ver breitern dieser Gerüchte hat zu Theil werken lasse», als er Von der Erfolglosigkeit und der politischen Bedeutungslosigkeit der Kaiserbrgegnungen von Skierniewice und Krems,er be richtete, sollte doch die nöthige Abkühlung erfolgt sein, ui» alle Gerüchte über eine Wiederbelebung deS Dreikaiserverbäll- »isseS zum Schweigen zu bringen. Da« durch die bulgarische Frage gestörte Einverständniß der drei Kaiserreiche läßt sich durch ZeilungSmanöver und fromme Wünsche nicht wieder Herstellen, Rußland geht seinen eigenen Weg und die beiden Verbündeten Deutschland und Oesterreich-Ungarn lassen sich bei aller Verschiedenheit der beiderseitigen Änleressc» ans der Balkanhalbinscl nicht zu Gunsten Rußlands aus Abwege teilen. Für diese Verbündeten ,st der Berliner Vertrag die Richtschnur ihre- Verhaltens und wird e« bleiben. Katkow hat bekanntlich noch kurz vor seinem Tode die Losung auSgkgeben, daß Rußland seine Entschließungen von den Ereignissen abhängig machen werde, welche sich im Westen Europas vorbereile». Auch diese Entwickelung schreitet nicht mit der von Rußland gewünschten Schnelligkeit vorwärts, denn Boulcinger bat seinen Platz Ferroa räumen müssen, die Erhöhung der Präsenzzahl de« deutschen Heere» ist vom Reichstag angenommen worden, die französische Probemobii machung ist ohne alle schädlichen Folgen vorübergegangen, der Fall Schnäbele ist aus gütlichem Wege erledigt worden, der Fall Schnäbele (Sohn) ist überhaupt nicht auf die politische Tagesordnung gesetzt worden, und der Fall Kaufmann ist endgiltiq in die Bahn der friedlichen Verständigung eingclenkt Diese Sachlage bietet sür Rußland keine günstigen AuSsichien sür seine Stellung aus der Baikanbalbinsel daran» Rntze» zu riehen, und deshalb ist die Auffassung vollkommen gerecht, fertigt, daß vorläufig keine Friedensstörung durch einen ge wallsamen Eingriff Rußland« in Bulgarien ru erwarten steht. E» bleibt noch da« Manifest de« Grasen von Pari- zu erwähnen, weil eS die politische Lage verändern könnte, vorausgesetzt, daß der Gras von Paris Aussicht batte, den französische» Königsthron zu besteigen. Än diesem Falle wäre ein Bündniß zwischen Rußland und Frankreich der Verwirk lichung erheblich näher gerückt. Aber davon ist nach Allem was darüber bekannt geworden ist. nicht die Rede, die Anhänger de» Grasen von Pari- sind von der Wiederaus ricktung de» französischen Königsthrones beule noch ebenso entfernt wie nach dem Sturze Mac Mabon'S. Die Kund gedungen de» verbannten Prinzen von Orleans können daran nichts ändern, sie sind nur Beweise seiner Sehnsucht nach der sranzvsiscbe» KonigSkrone. Der Gesammtcindruck der russische» Politik in Bulgarien ist gegenwärtig der der Verlegen heit, der Erkenntniß, daß die Zeitumstände nicht darnach geartet sind, um etwa» Entscheidendes z» unternehmen, und daß die Rückkehr zur Politik deS AbwartenL allein möglich ist. Tie Niederlage der ruisischcn Politik in Bulgarien ist durch daS Scheitern der Sendung des General» Ernroth und di« AuS» "ichlslosigkeit der Abort,,nng einer gemischten Commission ge nügend gekennzeichnet, aber diese Niederlage bildet doch nur eine Episode i» dein Kampfe Rußlands um die Herrschaft auf der Balkanhalbinsel. Eme wirklich durchgreifende Aende- rnng der Sachlage daselbst wäre nur denkbar, wenn Oester reich-Ungarn zum Angriff überginge und Rußland zur Aus gabe seines Einflusses aus der Halbinsel zwänge. Jetzt liegt dis Sache »och so, daß Oesterreich-Ungarn und seine Ver bündeten im Kampfe gegen die Uebergriffe Rußland- sich in der Abwehr russischer Herrschsucht befinden mit der Aussicht, ihr über kurz oder lang zu unterliegen. * Lcip;ifl, 30. Stptembcr 1887. * In einem Leitartikel „Vom nationalen Gefühle und vom ParticulariSmuS" kommt die „Post' aus da- Mmislerjnbilänm de« Fürste» Bismarck z» sprechen. Daran anknupsend, bemerkt daS sreiconservative Blatt, indem eS auch unser Sachsen in Betracht zieht, u. A. Folgende-: ...Früher galt Sachse» sür ein vorzugsweise varticularistisches Land, und we»u nicht das ganze Land, so doch jcdensallr die Haupt stadt Dresden. Wirst man einen Buck aus die Art, wie die Dresdner lZresse den IubiläuinSlag ausgenommen, so wird man erfreut sein, j u bemerken, dass diese Presse sich nicht hat nehmen lassen, de» DaqeS in warm empfundenen dankbaren Worte» zu gedenken. Niemand wird meinen, daß die dortige Presse zu solchen Aus lassungen geiiülhigt gewesen sei, da eben eine öffentliche Feier von keiner Seile beabsichtigt worden war. An drr Spitze der Be- grichunge» stehen die conscrvativen Blätter, welche vor nicht langer Zeit noch die Borsechler eines ziemlich schroffen Par» iiculariSmuS waren. Einige Zeilungcn drucke» sogar Artikel drr preustüchen Presse ab, welche vor 25 Jahre» den h ule so geseierte» Kanzler nichts weniger als schmeichelhaft begrüßten. Heule liegt in dem Abdruck das Gegenthcil der Schmeichelei sür die damalige» Blätter. Sehr lebhaft anertennend sind natürlich die Artikel der »atioiiallibcralkn Blätter. Man wird sagen, daß dies selbstver ständlich sei; nicht ebenso sei, stverstüadlich ist aber, daß solche Blätter i» Sachse» einen willige» und sichere» Boden finden. Ein besondere« bcdeuisaineS Zeichen der vorgegaogenen Umwandlung darf mau i» dem Artikel der ,.Dresdner Zeitung" finden, ciniS fortschrittliche» Organe«, welches jedoch neuerdings von der Berliner Parteileitung sich loSgesaglhal. DaSBIntt unterläßt nicht, derMelniiiigSverschiedenhkitea zu gedenken, welche seine Partei in m nichen inneren Fragen von dem Kanzler trennen, aber eS betont daS Gefühl der Genugthuung, welches dem ganzen deutschen Volke gemeinsam sei, daß an der Spitz« der Geschäfte ei» Mann stehe, dessen Persönlichkeit die Gewähr biete sür eine nugesrhene Stellung Deutschlands unter de» Völkern; bieie Thallache sei nm so bedeutsamer in einer Gegenwart, wo viele dunkle Wolken sür die alte Welt eine trübe Ziikiini't onzukündigen scheinen. Wir gehe» nicht cin ans die ähnlichen Auslassungen der Presse in de» anderen Vundcsstaalcn, »amciillich in S ü d d e u t Ich la n d. Dort liegen ja auS d r neuesten Zeit andere nicht minder sichere und erfreuliche Zeichen de- zurücktretciiden ParticularismuS vor. Wir brauchen nur au den 'elnschluß der süddeutschen Staaten an dir Brann»veinstc»er>Gemei»schait und an die Art zu erinnern, wie dieser Anschluss sich vollw'- Ziehe» wir den Schluß. Die deutschen M-Ilel- »nd Kleinstaaten, säst alle aus Bruchsiückcn verschiedener Stämme in verliallnißmäßig neuer Zeit z»sain»ic„g ictzl, waren doch veinahe überall die Herde eines mehr oder »linder lebhafte» ParticulariSmiiS, weil die Neigung zu demselben einmal im dcuische» Blule liegt, die Neigung, inner halb einer klcincn, oft zufällig cnistandcne» Gemeinschaft in einer gewisse» trotzigen Absondrrung gegen andere Geiiiei»schaften gleicher Art zu verharre» und die Bildung eines kräftige» Ganze» zu vereiteln. Freilich hat daS deutsche Bolk auch nicht aufgehör», sich nach eine,» solche» Ganze» zu sehnen, und »amenllich seit den Jahren I8l3, I8l4, 1815 war diese Sehnsucht ungemein lrb- hast geworden; aber wie sic mit dem ParliciilariSiuuS, den man ebenfalls sestlmlte» wollie, z» v-reinigen sci, »lachte man sich nicht klar. Ta ist es nun eine hochersrrnliche Tbalsiche, daß diese Ber einigung, wie wir nicht mehr zweifeln dürfe», sich vollzogen hat. Die Opfer, welche dem Ganzen zu bringen sind, werde» willig und gern gebracht. Jene formlose, unbestimmte Sehnsucht ist verflogen, und l» daS Baciilnn ist die Befriedigung über die gewonnene Realität getreten. Alle Versuche, dle noch bin und w eder geinachl wurden, zuweilen sogar mit döSarligeni Parlciciser, den allen PaNiculariSmu- dcr Staaten und Stämme da oder dort zu erwecken, find zu Boden gefallen. Einig, vollkommen einig erscheint das deutsche Bolk freilich nicht, namentlich wenn man eS nur von außen betrachtet. An die Stelle deS ParticulariSmiiS der Staate» ist die heilige, da- Wohl deS Ganzen sorttvährend aus den Augen setzende FraclionSpolitik getreten, die »io», eben weil sie keinen eigentlichen Inhalt hat, außer deu sich hinter Schlagworlen verbergende» HerrschaftSgclüste» der Fraktionen, als eine neue Art von ParliculariSniiiö bezeichnen könnte. Aber zum Glück ist dieser PariieularismnS viel weniger gefährlich, als sei» Vor gänger. Dieser letztere konnte sich i,nmcrhin aus Realilälen stütz », aus wirkliche SlaatSbildungen. Der neuere ParlienlarismuS kan» sich nur aus die Anhänger stützen» die ihm ans den stets vorhandenen, siel» wechselnden, unzufriedene» Elementen der Gesellschaft durch seine Künste der Verhetzung, der Entstellung »nd Vorspiegelung zugesührt werden. Aber diese Grundlage» sind weder widerstandsfähig, »och Ausdehnung versprechend. Wir rechnen namentlich in Zeiten der Gefahr daraus, daß das jetzige sich fortwährend vertiefende Nativnal- gesühl die neue Art des ParticularismuS zum Schweigen billigen werde. * Die Aushebung de« polnischen Unterrichts in den Provinzen Westpreußen und Posen beruht aus königlicher Ordre. Hierdurch wird nicht allein die Bcdeul- samkeit der Maßregel, sondern auch ihr bauernder, von vorübergehenden OpportunitätSrücksschten völlig unabhängiger Charakter auch äußerlich völlig klargcstellt. Versuche, wie sie vor einer Reibe von Äabren gegen eine im Regierung- bezirk Posen in ähnlicher Richtung ergangene Verfügung an gestellt wurden, stellen sich daher von vornherein als ganz aussichtslos dar. Der Religioiisuntcrrichl wird übrigen« von der Anordnung nicht betroffen, vielmehr bestellt die Einrichlung. daß der ReligzonSunterricht >n der Muttersprache ertheilt werben soll, unberührt fort. Trotzdem wird ebne Zweifel auch die jetzt ge troffene Anordnung heftigen Angriffen seitens der Anhänger und Förderer de» PoloniSmus nicht enkgeben. Es ist inbeß eine >m Großen wie im Kleine» gegenüber den Polen aus nahmslos sich wiederholende Erfahrung, daß. wenn ein solcher Sturm erfolglos sich auSgetobl hat, der energische und ziel- bewußte Will« der Negierung, dem auch der Nachdruck der Executive nicht fehlt, sich bald in vollem Umfange thalsäcbliche Anerkennung zu verschaffen weiß. Wenn z. B, un> Kleine- zu erwähnen, die Energie, mit welcher von AussichlS wegen den aus Polonisirung der Schützeiigilden und ähnlicher Ge sellschaften gerichteten Bestrebungen entgegengctreten wird, selbst die Polen zur tbatsächlicben Anerkennung der Parität durch die Wahl von Deulschen in den Vorstand bewogen hat, so wird auch die Beseitigung deS polnischen Unterricht» bei
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