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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.10.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188610200
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18861020
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18861020
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-10
- Tag 1886-10-20
-
Monat
1886-10
-
Jahr
1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.10.1886
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vergeht. «» nicht in der Presse unserer westlichen Nachbar» aus Verstärkung de« französischen Wehrapparat«« gedrungen oder mit Tenugthuunq ans irgend «ine in dieser Richtung ergangene Maßregel hingewiesen wird. So lesen wir in der .Rspubliquc sra»ycuse" wieder, daß die Gewehr- fabrit iu Tülle Auftrag zur Anfertigung von tO.888 neuen Gewehren de« von der Normalschießjchule zu CbalouS an genommenen Modell« erhalten hat. Diese Gewehre sollen zunächst an 6 Bataillone der Tonkindivision, ferner an die dreißig FußjäAer-Dataillone au-gegeben werden. Man muthmaßt, daß bmnen acht Wochen dir endgiltige Entscheidung getroffen sein wird, und daß die beiden anderen Gewebrsabriken, be sonder« die in St. Eticnne, gleichfalls mit der Herstellung von Repelirgewehren beginnen werden, derart, daß im künftige» Frühjahr die Mehrzahl der französische» Linieninsanterie- Regimenter ,m Besitze der neuen Schußwaffe sein dürsten. Sachverständige berechnen die Kosten der Ausrüstung mit dem neuen Gewehr aus etwa 100 Millionen Franc«, wovon 7V Millionen aus 788,808 Gewehre entfallen, und der Rest für Beschaffung der oöthigen Patronenvorriithe bleibt. Am meisten Chancen für tue definitive Einführung beim französischen Heere scheint znr Zeit die Construction de« Obersten Lebet zu haben, welche auch von der Normalschirß» schule in Chalon« befürwortet wird. Jedoch plaidiren die französischen Blätter noch für Anstellung weiterer versuche und bemerken sehr richtig, daß in Fragen militairischer Technik die wahre Klugheit darin besteht, sich die Erfahrungen Anderer zu Nutze zu machen, selbstverständlich ohne durch unsichere» Umhertappen und Zaudern den fremden Krieg«- verwaltnnaen einen Borsprung zu gewähren. — Hiernach mögen unsere Leser selbst lcurthcilcn, welchen Anspruch aus Glaubwürdigkeit die Behauptung freisinniger Blätter besitzen kann^ daß da« Verhalten der Franzosen nicht darnach angelhan fei, den aus Erhöhung der KriegSlüchligkeit unserer Armee abzielcnden Bestrebungen al« RechlfertigungSgrund zu dienen. * Bekanntlich legte der französische Marineminister in der letzten Kammersitzung den Gesetzentwurf über die von ihm mit fünf großen Privatgesellschaften wegen de« Baue« von neuen Schissen abgeschlossenen Verträge vor. deren Kostenanschlag sich ans 148 Millionen beläuft. Der dem Gesetzentwurf vorstehende Bericht lautet in seinen Hanplpuiicten: Seit einem halben Jahrhundert haben die unanshSrlichen Fort schritte der Wissenschaft ebenso unaufhörliche Umgestaltungen der Marine der ganzen Welt zur Folge gehabt. Diese Umgestaltungen sind in gewisse» entscheide»»«» Stunden wahrhafte Umwälzungen, und vor einer solchen stehen wir jetzt. Frankreich ist mit allen Na- tionen, für welche eine mächtige Marine eine noihwendige Bürgschaft nicht allein der nationalen Größe, sondern auch der nationalen Sicher heit ist. noch einmal vor die Frage gestellt: „Welche« sind die Grund- beftaudtheile einer Kampsslotte?" Diese Ausgabe wird wahrscheinlich noch lange der endgiltigeu Lösung warten; indeß sind schon jetzt auS den in allen Ländern angeftellte» Nachforschungen und Versuchen Wahrheiten hervorgegangen, vor welchen sich alle die, welche sich mit diese« ernsten Interessen beschäftigen, beugen müssen, wie verschieden auch ihre Ansichten über den Seekrieg sein mögen. Nach diesen Versuchen kann man behaupten, daß sich für den Bertheidigungskriea i» be» nationalen Gewässern, wie auch für den Geschwaderkrieg auf hoher See neue Grundbestandtheile des KampseS auszwingen, und da« stad Kreuzer. Plänkler, Dorpedoschisfe, Begentorpcdoschtffe und Kanonenboote mit Schnellfeuer, kurz, alle Schiffe, deren Kraft auf Schnelligkeit und Unsichtbarkeit beruht. Da« von uns der Kammer unterbreitete Besetz hat den Zweck, von ihr, ohne dem Lande neue Opfer aufzulegeu, die uothwendigea Tredite zu verlangen, uni unserer nationalen Marine jene Macht zu geben, ohne welche die Auf opferung. der Patriotismus und der persönliche Werth unserer See- leute wirkungslos zu bleiben Befahr lausen würde. Man kann die Ausgaben, welche der Bau neuer Schiffe, die noihwendige Vervoll ständigung unserer Flotte, erheischen wird, auf 148 Millionen schälen, aus 68 Millionen die nicht weniger dringlichen Ausgaben, welche ihre Lhätigkeitsmittel sichern werden, wie z. B. die ihr stillenden ZufluchtS- nnd Zusammenztehungshäseo. Im Ganzen also 288 Millionen. WaS den Schiffsbau anbelaugt, fo betragen die dem Ministerium skr neue Schiffe bewilligten Tredite «ährend der letzten zehn Jahre durchschnittlich 38 Millionen jthrlich. Wenn man die Hälfte dieser Durchschi,iltSsumme auf der Privatindustrie anvertraute Bauten ver- wendet, so würde dieselbe tu nenn Jahren flüssig gemacht sein. So lange aber könne man bei de» Befahren der gegenwärtigen Lag« nicht warte», und er, der Minister, habe deshalb mit den großen SchiffSbauei„ Verträge abgeschlossen, worin sich dieselben verpflichlen, binnen vier Jahren für 1<0 Millionen Schiffe zu bauen. Diese Summe wird in IS Jahren. S Millionen sür das Jahr, zurück- bezahlt sein und die Schiffsbauer erhielten für die rückständigen Summe» 4 Procent Zinsvergütung. Zugleich werde damit den großen Schiffswerften, die infolge der Krisis in ihrem Bestände bedroht seien. Arbeit gegeben. Um die Ausgaben (60 Millionen) sür die Eeeanstalten o. s. w. aoszubriagen, wird der Minister em ähnliches Abkommen abschließen und rS der Kammer vorlegen. Hierzu sei bemerkt, daß von den 38 Millionen sür SckiffS- bouten die Schiffsbauer jährlich nur S Millionen erhalten, so daß dein Staat 2l Millionen für die Schiffe, die er aus seinen Werften bauen läßt, übrig bleiben. Demnach wird in den nächsten vier Jahren die französisch« Flotte für beinahe 228 Millionen neue Schiffe erhalten. * Dieser Tage wurde in Frankreich ein Deutscher al« angeblicher Spion verhaftet. Der „Kölnischen Zeitung" wird nun hierüber geschrieben: „Laut den Zeitungen de« Depar tement« Finistöre heißt der als „Spion" in LanniliS ver haftete Ausländer Sondier (Sandner?), ist Doctor der Philo sophie und Reserve-Ofsicier der bayerischen Reiterei, wohn haft zu München. Er ist nach der Bretagne gereist, um die Küste von Croisic bis Saint-Malo zu wissenschaftlichen Zwecken der Geologie und Geodäsie zu untersuchen. Er hatte eine Geldanweisung von 5808 Francs aus die „Sociätö Günörale" bei sich. Obgleich e« gewiß ist, daß er einzig und allein eine wissenschaftliche Reise machte, wird er noch immer gefangen gehalten." * Der Belagerungszustand in Madrid ist erst am Freitag aufgehoben worden. Die Aushebung war um 48 Stunden hinausgescboben worden, um dem General Pavia, der militairischer Gouverneur von Madrid bleibt. Gelegenheit zu geben, seinen Bericht über den Militair» putsch vom l9. September zu vollenden und bekannt zu machen. Am Freitag wurde der Bericht im Amtsblatt ver öffentlicht; eS ergeben sich daran» folgende Hauptpuiicte: 1) Die militairischeu Behörden habe» mehrere Stunden lau« geglaubt, daß sie vor einem viel onSgedehnleren Ausstande ständen, und sie waren überzeugt, daß auch die Artillerie-Regimenter der Kaserne an den Docks sich empört hätten. 2) Im Ansang herrschte große Verwirrung und die Anordnungen zu dem Angriff aus den Bahnhof, wo die Ausrührer inzwischen «iaea Zug bereitstellen konnte», der ihnen die Flucht gestattete, wurde» sehr langsam getroffen. 3) Der General Pavia sagt aus, daß die Patrouillen und die Truppeu- colonnen. welche in der Nacht de- IS. September durch die Straße» Madrid« marschirteu, Gruppen von bewaffneten Bürgern zerstreuen mußten, welche riefen: „ES lebe die Republik!" und überall geneigt schienen, die militairischeu Ausrührer zu unterstützen. Bürger nahmen auch au dem Widerstande theil, den die Aufständischen den Truppen in Atvcha eotqegensetzten. 4) Der Bericht stellt seft, daß alle Soldaten der Regimenter Albuera und Barellano sich an der Be- wegnag betbeiligt haben würden, wenn nickt einige ihrer Otficiere sich entschloffen in- Mittel gelegt hätten, b) Der Bericht erwähnt nicht- von einer Unterstützung, welche durch die Po! zei und die bürgerlichen Behörden bei der Unterdrückung deS Aujstande« gewährt worden sei. 6) Schließlich zählt der Bericht die Verluste aus, welche die königlichen Truppen erlitten haben. Tobt sind zwei Generale, sowie drei höhere und drei Subaltern-Osficiere, verwundet elf Soldaten. . - Auch dieser amtliche Bericht stellt klar, daß die spanische Regierung sich von dem Aufstande hat übcrrascven lassen und auf keinen Fall, wenn sie davon dock eine Ahnung gehabt haben sollte, irgend welche Vorkehrungen getroffen hatte. Da» bietet den conservntiven Gegnern Sagasta's eine mäch tige Handhabe. Andererseits sind, wie schon früher erwähnt wurde, die Mitglieder be« linken Flügels oer Liberalen ent rüstet, daß ihnen in dem neuen üabinet nickt größerer Einfluß einaeränmt worden ist. und gegenüber den Republikanern vollend» schlägt die Regierung den verkehrten Weg ein, um sich der» seit der Begnadigung Lillacampa'« und seiner Ge» nassen etwa» versöhnlichere Haltung zu bewahren. Die StaalSauwälte sind neuerdings ausgesordert worden, auch jetzt »ach Aushebung deS Belagerungszustandes gegen die Presse mit aller Entschiedeuhelt vorzuzehen. Niemand glaubt daher iu Madrid an den langen Bestand de« jetzigen Ministerium». * Ein neue« englische» Blaubuch unter der Be zeichnung „Weitere Schriftstücke über Birma" ist soeben ver öffentlicht worden. Dasselbe enthält Informationen über ver schiedene Gegenstände in Berbindung mit dem Feldzuge in Birma und über die Einverleibung jene« Lande« io da« indische Reich. Da» erste Schriftstück von Wichtigkeit ist eia Tele gramm von Lord Dufferin nach seiner Ankunft in Mandalay im Februar, iu welchem er seine Ansicht auSbrückt, daß keine Form eine« Protektorat« genügen würde, um in Birma die Ordnung ausrecht zu erhallen, und energisch empfiehlt, daß jener Staat absolut annectirt und administrativ mit Indien verbunden werde, anstatt nur, wie die Proklamation vom t. Januar bestimmt, .während Ihrer Majestät Belieben" regiert zu werden. Hierauf sanctionirte der Earl von Kimberley unterm tk. Februar telegraphisch .die dauernde Einverleibung de« Königreich» Ava in Ihrer Majestät Reich", und diese Erlaudniß wurde in einer längeren Depesche an den Bicekönig — datirt deu IS. Februar — wirderholt. Die Depesche Lord Dufferin'» vom tS. Juli bestätigt die bereit» gemeldeten schweren Verluste, die mehr dem Klima al» dem Feinde zuzu- schreiben sind. In Action wurden 4 Osficiere und 38 Mann gelödtet; ihren Wunden erlagen 2 Osficiere und 28 Mann; an Krankheiten starben t Ojftcier und 269 Mann; verwundet wurden l3 Osficiere und lS3 Mann; dicnstunsähig geworden 39 Osficiere und 928 Mann. * Laut brieflicher Nachricht au« Puerto Plata ist die dortige Revolution al« beendet zu betrachten. Dieselbe war eine der blutigsten, die seit langer Zeit zu verzeichnen sind: man schätzte den Verlust aus beiden Seiten aus mehr alö 1t88 Mann an Berwundeteu und Tobten. Der Sprachenstreit in Oesterreich. * Der bekannte, in der Presse bereits vielfach besprochene Erlaß de« österreichischen IustizministerS Prazak, welcher allen deutschen lIerichtSbeamlen in Böhmen und Mähren die Pflicht auserlegt, die czechische Sprache in Wort und Schrift zu erlernen, da die Gerichtsverhandlungen, säminttiche Protokolle und Urtheile in czechischer Sprache geführt und erlassen werden müssen, fall« die ursprüngliche Klage in czechischer Sprache vorgebracht wird, hat in ganz Oesterreich den olme- die» niemal» ruhenden Spracbenstrcit neuerdings verschärft. Während in den Preßorganen der dculschösterreichischen Partei dieser Erlaß de« IuinzminiflerS aus baS Schärfste verurlheilt und als ein weiterer Schritt zur vollständigen Czechisirung Böhmen« und Mähren« bezeichnet wird, brechen die czechischen Blätter auf der ganzen Linie in Hellen Jubel über jene Verordnung ihre« landSmännischen IustizministerS aus. In den Organen der jungczechischen Partei, besonder« in den „Narodni Listy", werden die Deutschen Böhmens und Mähren« geradezu mit Hohn und Spott überschüttet, weil sie sich im Laufe der Iüngstzeil eingebildet hätten, daß in Oesterreich ein Cabinetr- und Systemmechsel und mit diesem die „allen Slawen tief verhaßle Deutschtbiimelei" wieder im Anzuge sei. Daß daran gar nicht zu denken und die deutsche Vergewaltigung der »ichtteulschen Völker Oesterreichs sür immer abgethan sei, führen die „Narodni Listy" weiter au«, beweise eben ver jüngste Erlaß de« IustizministerS, welcher gerade deshalb alle „nach Preußen schielenden Dculschfanalikcr" Oesterreich» in Harnisch gebracht habe. Die allczechischen Blätter, an ihrer Spitze da« Organ Rieger'S, die Prager „Politik", Wersen bei dieser Gelegenheit auch der deutschultramonlanen Fraktion Lienbacher im öster reichischen Abgeordnetenhaus« den Fehdehandschuh hin. weil dieselbe gleichfalls gegen die neuesten EzechisiruugStendenzen de« IustizministerS in Böhmen und Mähren eingelreten ist. Die darauf bezüglichen Auslassungen der „Politik" sind um so bezeichnender, weil sic ganz geeignet scheinen, auf die in der früheren parlamentarischen Regierungsmehrheit schon längere Zeit herrschenden MeinungSuutcrschiede und Zerfahrenheiten ein charakteristisches Schlaglicht zu werfen. Hören nur des halb, wie das Organ Rieger'S und der Allczechen sich gegen den deutscbullramontanen Abgeordneten Lienbacher wendet. ES schreibt: .Unsere Rechnung mit dem Abgeordneten Lienbacher, heißt eS vor Allem in der „Politik", ist abge schlossen. Nachdem derselbe i» den ersten Jahren der Aera Taaffe durch herausfordernde» To» und schlechte Witze, die nicht nach unserem Geschmack« waren, sehr viel zur Bcrschär- snng der Beziehungen zwischen der Reckten und Linken bci- gelragen hat, ergreift er jetzt bei jeder Gelegenheit das Wort, um im Sinne der Linken gegen uuS zu sprechen. Wir ge stehen aufrichtig, daß wir über dieses Vorgehen des Herrn HvsratheS im höchsten Grade empört waren, so lange er nämlich als Mitglied der Rechten betrachtet wurde. Seitdem dieser unerhörte» Anomalie ein Ende gemacht wurde, wirken die Auslassungen Lienbacher'S aus unS und unsere Gesinnungs genossen nicht anders und nicht verletzender, als ähnliche Äeußerungen eine« Herbst, Plener oder Chlumecky. Da» Tischtuch zwischen uns und Herrn Lienbacher ist zerschnitten, und nachdem er allenfalls ein Wortführer, aber niemals ein Führer der Linken sem wird, -so haben wir keinen Grund, seine Sophistik ernster zu nehmen als die anderer Sophisten der Linken. Nicht also auS Rücksicht aus Lienbacher gehen wir aus seine neulich im SprachenauSschusie aufgestellte Be hauptung: „von Staatsbeamten dürfe man nur die Kenntniß der deutschen Staatssprache, aber nicht die der Landessprachen verlangen", näher ein, sondern deshalb, weil derartige Be hauptungen. die auch sonst vorgelragen werden, geeignet sind, die Ansichten insbesondere in deutschen Kreisen zu verwirren, und daher widerlegt werden müssen." Diese „Widerlegung" deS Rieger'schen Organ« ist sehr lang und umständlich, weshalb wir aus dieselbe hier unmöglich näher eingehen können. Im weiteren Verlaus der gegen den Abgeordneten Lienbacher und die Deutschen gerichteten Polemik wird auch die Frage aufgeworfen, ob etwa wirklich die nickt deutschen Völker Oesterreich- auS Rücksicht aus die Beguemlich keit der deutschen Beamten deutsch lernen sollen. „Nein, offenbar nicht", antwortet der langathmige, „Staat, Volk und Beamte" überschriebene Artikel der „Politik", „sondern die Beamten müssen die Sprache de» Volkes lerne», mit dem sie zu verhandeln haben. Die Völker Oesterreichs haben deshalb ein gute» Recht, von ihren Beamten zu fordern, daß sie die betreffende Landessprache erlernen, um mit dem Volke ver kehren zu können." „Nur da« fordern wir Czechen", heißt e« mit fetter Schrift, „von den Beamten de» Königreiche« Böhmen." Der Schlußsatz wendet sich abermal« gegen den Abgeord neten Lienbacher, und zwar in einer Weis», die sehr bezeichnend ist. „Man stelle sich nur", heißt es da, „einmal in der Praxis den Zustand vor. den Lienbacher in seinem Grundsatz verkündet, der Beamte müsse nur der deutschen, nicht aber der betreffenden Landessprache mächtig sein. AlSdann würde sich, meint die „Politik", zwischen den nichtdeutschen Böllern und den Beamten eine weite Kluft öffnen. Statt daß diese von den Völkern al« Rathgeber, Freunde und Beschützer be trachtet würden, hätten sie, fall» sie mit dem Volke nickt sprechen könnten, alsbald zu gewärtigen, daß sie sich die Abneigung, ja den Haß des Volke« zuziehen würden, welche feindlichen Gefühl« sich leicht aus den ganzen Staat erstrecken könnten, dessen Organe die Beamten sind." „Daß da» Volk", schließt die „Politik", „mit seinen Beamten in seiner Sprache verkehre, ist vielleicht der wichtigste Grundsatz der neuen Zeit, und wenn e« etwa« giebt, wa» unmöglich wiederhergeslellt werden kann, so ist die» jener ab scheuliche Zustaud, der unter Metternich und Bach vorhanden war, al« noch ein Bürger gerichtlich zum Tode derurtheilt werden konnte, oha« auch nur eia Wort von ver ganzen Ver handlung über sein Leben und Sterben verstanden zu Habens Nein, Herr Hosratl, Lienbacher, die Zeiten sind vorüber und werden in Oesterreich niemals wiederkehren. Niemand ver langt von den Deutschen und den deutsche» Beamten ia> All gemeinen, daß sie unsere Sprache lernen sollen, aber diejenigen deutschen Beamten, welche ii» Königreich Böhmen angesiellt sein wollen und mit unserem Volk in Berührung komme», müssen böhmisch lernen, davon wird sie keine Macht der Welt befreien." Wir haben dies« Auslassungen de« allczechischen Organ hauptsächlich nur deshalb angeführt, weil sie vollständig mit der Auffassung der Sprachensrage seiten« der Wiener Regie rung-Presse zusammensallen. Da- Leidorgan de« Grasen Taaffe, die alte .Presse", greift bei dieser Gelegenheit die deutsche Opposition besonder» scharf an und erinnert, daß e« gerade der deutschliberale Iustizministcr vr. Herbst war, welcher mittelst Erlasse« vom 23. Februar 1868 bei sämmtlichen Gericbt-stellen Galizien« die polnische, beziehungsweise rutbenische Sprache einsührte, was damals von der deutschen Partei nicht im Mindesten getadelt wurde. Mit einem Wort«, nach der ganzen Haltung der Re gierungsblätter in der Sprachenfragezu urtheilen, scheint in Oesterreich rin Umschwung zu Gunsten deS Deutschthum« wieder ferner al« je zu sein. vermischtes. — Anonyme Briefe. Die deutschen Redacteure sind im Allgemeinen gegen anonyme Briese völlig abgehärtet; e« ist wobl selten noch ein Mann der Presse zu finden, der nicht mit glcichqiltigen, Lächeln den neuen anonymen Ankömmling in seine Sammlung anonymer Schriftstücke einfüqt oder ihn ohne jede sonderliche Erregung direct in den Schlund de« Moloch» unserer TageSlileratur, den Papierkorb, befördert. Ander« steht e« um die Privatpersonen. Sehr zeitgemäß schreibt die schlesische .Neue GebirgSzeitung": Es hat eben jeder Mensch «ine sterbliche Stelle, und die Kenntniß dieser Stelle wird dem anonyme» Briefsteller zur gefährlichen Waffe, mit der er ohne jede Unkosten — ein Briefbogen und eine Poftmarke bilde» daS erforderliche HilsSmakerial — da« Glück eine- Menschen, den Frieden einer ganzen Familie zer stören kann. Den» auch das Mißtraue» ist eine ver wohl überall verbreiteten Eigenschaften des menschlichen Herzens, und diese« Mißtrauen aazufachen, genügt oft ein Wort, eine heimtückische Andeutung, die zugleich diesem Mißtrauen fein verderben dringende» Ziel weist. eS veranlaßt, sich thatsächlich zu äußern, und so eine vielleicht Jahrzehnte lange Freundschaft aus immer trennt. Dabei ist c» oft nur pure Lust am Intriguiren, welche solcher Person die Feder führt, einer Person, die später, wenn die böse Saat ausgcgaiigen, von der Größe deS durch sie angerichlcten Unglücks selbst erschreckt, da« Geschehene gern ungeschehen machen würde, und sogar aus der — Anklagebank gestehen mußte, daß sie sich die Folgen ihrer Handlungsweise so schrecklich nicht gedacht. In jedem Fall, ob niedere Nachsucht, verletzter Eigendünkel oder ledig lich Freude am Bösen, wie sie Shakespeare in seinem Jago verkörpert hat, die Triebfeder, ist der anonyme Briessch reiber verächtlicher al« ein Straßen ränder. der bei der Ausübung seine« Gewerbe« doch noch Kopf und Kragen riSkirt, während jener feige Ehrenräuber seine giftigen Pfeile auS sicherem Versteck entsendet. Kein Gesetz der Welt wird dem verbrecherischen Treiben völlig steuern, da- Ucbel mit der Wurzel auSrotten können. Dasselbe wird sortwuchern, so lange lediglich gegen seitiges Mißtrauen die Basis sür den gesellschaftlichen Verkehr bildet, so lange nicht edler Sinn und Charakterstärke in Ge meinschaft mit Aufklärung und Bildung den Empfänger de« anonymen Briese« ein richtiges Berballen dem letzteren gegen über, nämlich absolute Verachtung desselben lehren und so da« unselige „ismpor aliguick baoret" außer Kraft gesetzt ist. Der häuslichen Erziehung fällt die Ausgabe zu. der Jugend die erforderliche Don« von Haß und Verachtung gegen alle- anonyiuc Geschreibsel fest ins Gemükh zu pflanzen. Man mache der Jugend deutlich, baß jeder dieser Ritter von der traurigen Gestalt, die unter de», Schild der Anonymität mit geschlossenem Visir angreise», schmähen oder verleumden, einem feigen, ehrlosen Schurken gleich zu achten ist, sür dessen elende Scriplurcn der Mensch von edler DeukungSart nur eine Verwendung kennt — i»S Feuer damit. — Erfindungen im Postwesen. Zu dem Capitel der Erfindungen und Vorschläge zu neuen Einrichtungen im Poflwesen, welche dem Reichs-Postamt von ingenieusen Köpfen niasseiihaft unterbreitet werde», berichtet die „Deutsche Ver» kehrszeitung" als neueste» Beitrag: Die Einrichtung eines kaiserlichen Post-Schlüsselamte- ist der neueste jener bcmerkenSwerthen Vorschläge, mit welchen der Thes der Reichs-Post- und Teleqrnphenverwaliung aus „Erfinder- lreisen" unausgesetzt bedacht wird. Alle diese Vorschläge haben da gemein: daß sie dem bekannten längst gefühlten Bedürtniß abhelfen und außerdem der Reichscasse ungeahnte Einnahmen von fabelhafter Höhe bringen sollen. Ganz Besonderes verspricht sich aber der Spender der Schlüsselibee. Er meint, die meisten Geschäftsleute, die entfernt von ihre» Läden re. wohnen, seien i» Sorge» über den Verbleib der Schlüssel während der Mittags- und Nochlpanft. Man lasse sich jrtzt die Schlüssel in mühsamer Weise nach Hause bringen oder gebe sie als Noihbehels bei bejreundeten Familien in Berwahrung Da würde eS „die gelammte Geschäftswelt" zedensallS mit Freude be grüßen, wenn — die kaiserliche Post ihrerseits Einrichtungen zur Auf bewahrung von Geschästsschlüsscln träte. Für solche gesicherte Unter bringung in Blech- oder Elsenkästchen bei den Stadt-Postämtera würde jeder Geschäftsmann gerne 3 im Vierteljahr zahlen. Dabei wäre die Einrichtung nicht einmal aus Berlin beschränkt; ihr Segen könnte vielmehr alle» Städten im Reiche zugutkommen. Großartige Benutzung unausbleiblichI Und dabei verlangt der Erfinder sür sich nnr eine lährliche Bergütung von 1 für jeden Post- und Schlüssel- abounenten. Ueber das Maß der Schnelligkeit, mit welcher der Vorschlag z» deu übrigen gelegt werden wird, ist unS selbstverständlich Nicht- bekannt. Hoffentlich bleibt aber inzwischen die weitere Ausdehnung der Einrichtung auf vergessene HauSschlüjsel nickt unerwogeu, ganz abgesehen von möglicher Verwendung der Postämter al« Kindergärten, sowie iu den geeigneten Fällen znr Depoairoug von Schwiegermüttern. --- Der deutsche Fischereiverein hat sich u. A. die Einführung des Sterlet in die Weichsel zur Aufgabe gestellt. Der Verein wandte sich zu diesem Zwecke an den Direclor des zoologischen LandeSmnseumS in Agram, Pros. Bnisina. mit den« Ersuche», den Fang und die Versendung von 2008 Sterlet«, welche in vorzüglicher Güte in der Save und Drau Vorkommen, in den deutschen Flüssen jedoch fehlen, zu übernehmen. Die gefangenen Sterlet- sollen, nach der .Danziger Zeitung", züni Theil bei Tborn in der Weichsel auSgesetzt werden. (Hoffentlich mit Erfolg, denn bisher sind alle Versuche, den Sterlet in deutschen Gewässern anzusiedeln, gescheitert.) — Pari«, l4. October. I. kibmann. Bice-Präsident deS Patronat« de« katholischen An-schusse« der Elsaß- Lothringer, veröffentlicht in de» Blättern zwei während der Belagerung von Straßburg zwischen dem Groß» Herzog von Baden und dem General Uhrich, jetzt verstorbenem Verlbeidiger dieser Festung, im Jahre 1878 gewechselte Briefe, welche, im Sinn« der Menschlichkeit in der Kriegführung bemerkenüiverth. beiden Briesschreibern zur höchsten Ehre gereichen. Dcr Großherzog schrieb fünf Tage vor der Ucbergabe: „Mein Herrl Als guter Nachbar de« Elsaß und besonder« der Stadt Straßburg, deren Leiden mir viel Schmerz vernrsachen. richte ich da« Wort an Sie und bitte Sie» diesen Sckiritt dem lietgesühltea Bedürlniß zuznschreibea, so viel al» möglich die Leiden einer unglückliche», den iKriegSgesetzeu unlerworleae» Stadt zum Ab- schloß zu bringen. Herr General t Sie haben mit krast den Ihnen von Ihrer Regierung anvertrauten Platz vertheidigi. Die militainsch« Meinung derer, welche Ste belagern, läßt der Thatkrast und dem Mutb, mit welchen Sie dte Bertbeidiguug der Festung leiteten, volle Gerechtigkeit widerfahren. Sie wissen, mein Herr, daß die äußere Lage derart ist, daß Sie nichts seiten« der Reglern»«, der Sie veraatwartlich sind, oder der Armee erwarten können, der Sie angehören. Gestatte» Sie mir, Ihnen zu bemerken, daß die Fortsetzung einer Berthe,dig»ng der Festung Straßburg nur da- Lrgcdniß haben würde, di« Leiden der iiaglücklichen Bürger dieser Stadt zu vermehre» und Ihne» am Tage, wo die Belogerungsarmee Ihren Platz mit Sturm nehme» würde, jede Möglichkeit zu nehmen, gute Bedingungen sür Sie selbst und Ihre Garnison zu erhalten. Sie kennen den gegenwärtigen Zustand der BelageruugSarbeiten und Sie zweifeln keinen Augenblick, dast die Einnahme von Straßburg sicher ist. aber daß sie Ihrer Garnison theuer zu stehen kommen wird uud deren Folgen sür die arme Stadt noch viel unheilvoller sein werden. Mein General! Sie besitzen keine gesetzliche Regierung mehr, der Sie verantwortlich sind; Sie baden nur »och eine Ver antwortlichkeit, die vor Gott. Ihr Gewissen, Ihr« Ehre sind frei. Sie habe» Ihr« Pflicht al« Osficier, dessen militairische Ehre ohne Borwurs ist, tapfer erfüllt. Mein Herrl Sie wissen, daß der König Wilhelm die günstigsten Bedingungen deu Osficiere» gewährte, welche an der Tapitulatton von Sedan theilnabmeu. Ich bin nicht ermächtigt, Ihnen ei, ähnliches Loo» in Aussicht zu stelle», denn ich richte nur das Wort an Sie al- einsacher Privatmann, der eine AnSnahinestellung benntzt, um zu versuchen, da-Gute zu thun; aber ich zweifle keineswegs an der Größe und dem Edelmuth de« König tum Preußen einem jeden Soldaten gegenüber. Mein General! Hören Sie auf die Stimm« eine- deutschen Fürsten, welcher sür den Ruhm seine« Vaterland«« kämpst, der aber nichtsdestoweniger seine Pflicht Gott gegenüber kennt, vor dem e« nur einen einzigc» wahren Ruhm glebt: die Bruderliebe. Ich bitte Sie als», dieses schrecklich« Drama »» beenden, und offen, diesen gute» Augen- blick benutzend, dem Obergeneral der BelagerunqSarmee von Straßburg, der so oft Beweise seines guten Willen- ablegle, annehmbare Bedingungen zu stellen. Friedrich, Großherzog von Baden." Die Antwort de» General« Uhrich lautete: „Monseigneur! Ew. königlich« Hoheit haben mir eine kehr große Ehre erwiesen, indem dieselben mir den so edlen, so weisen, von Menschenliebe so vollen Brief schrieben, den ich so-ben erhielt und der in meiner Familie als ein RudmeSiitel bleiben wird. Glauben Sie, daß eS mir wohllhuen würde, Ihre Raihschläge zu bejolgeu und den Leiden der sich in ihr Schicksal schickenden und stolzen Bcvülkeruvg von Straßburg «io Ziel zu setzen; glauben Sie. daß e« mir sehr schwer fällt, allem dem zu widerstehe», wa« Sie sagten I Niemand, Monseigneur, ist schmerzlicher berührt al- ich von dem Anblick der mich umgebenden Ruinen, dem Schauspiel jener harmlosen Männer, jener Frauen und armen Kinder, welche alle von den Kugeln und den Kartätschen niedergeftreckt werden. Neben diesen Gesühlen, die ich anterdrückeu muß, erhebt sich die Pflicht des Sol- baten und Bürgers. Ich weiß, daß mein unglückliches Balerland sich in einer kritischen Lage befinde«, die zu leugnen ich nicht ver- suchen will; ich weiß, daß e« noch keine endgiltige Regierung hat; ober g-statteu Sie mir, Ew. Königlichen Hoheit zu sagen: je un- glücklicher Frankreich ist. desto mehr hat es Anspruch auf die Be. weise der Liede und Opserwilligkeit seiner Kinder. Geruhen Ew. König liche Hoheit, an mein tiefe« Bedauern zu glauben, daß ich mich gezwungen sehe, meiner persönlichen Neigung und den so Menschen- freundlichen Raihschläge» zu widerstehen, mit denen Sie mich beehrt haben; mögen Dieselben zu glauben gerubea, daß ich nicht die Ab sicht habe, von mir sprechen zu lasten, sondern daß ich ein einfacher, den militärische» Gesetzen seine- Lande« gehorchender Soldat bin." ---- Monsieur Däroulzde ist „um Deutschland herum" in den Schooß der großen Nation zurückgekehrt. Die „Kölnische Zeitung" erhält über diese« welterschütternde Ereianiß den solgenden amüsanten Bericht au« Paris, 17. Oktober: Einem Mitarbeiter de« „Matia", der dem gestern Abend aus Brüssel hier eingetroffenea Dsroulöde bis Ereil entgegengereist war. berichtete „der große Patriot" über die Eindrücke, die er aus seiner Reise um Deutschland herum erhalten haben will. Die wesentlichen Punkte de- Bericht« lauten: Ich begann meine Reise mit Italien und war verwundert, dort sofort nicht, wie man mir gesagt, Haß gegen den französischen Name» sondern eine große Sympathie, eine unbewußte Sympathie der Rasse, der Ueberlieserung und der Interessen zu finden. Sie war sreilich gemischt mit einen» gewissen Lorurtdeil gegen uuS, iu Wahrheit aber sah ich dem deutschen Koloß nur einige Politiker zu Füßen liegen, welche ihre Blicke noch Savoyen und Nizza richten. Der gesunde Menschenverstand der Italiener lehnt sich iodeffeu gegen diese Politik ans. Ich sagte ihnen, daß wir Nizza und Savoyen nicht genommen, sondern daß diese Provinzen un« au« Dankbarkeit zum Geschenk gemacht worden seien. Triest dagegen würde sie zu den Herren eine« Meere« machen und mit ibm werde da« letzte italienische Elsaß dem früheren Unterdrücker Italiens ealrissen. Um die Freund schaft Italien- zu gewinnen, müssen wir gewisse gegen unS bestehende Vorurtkeile beseitigen. Die Italiener beiürchte» z. B„ daß wir die weltliche Herrschaft der Päpste wiederherstellen wollten; sie besürch- ten auch unser« Politik im Mittelmeer. Ich that mein Möglichstes, »in diese Behauptungen zu verscheuchen, und ich muß sagen, daß die Politik Freqcinet'ö die Italiener beruhigt. ... Das Bündniß mit Italien? Es wird abgeschlossen werden, sobald wir wollen und brgreisen, daß die beiden Völker nnr gemeinschaftliche Interessen haben. Die Ablehnung d«S sranzösiich-italienischeu SchifisahrtSoer- trage« war ein Fehler und eine Dummheit. ES ist Zeit, diese Narrheit wieder gut zu machen I Die Interessen Marseille- sind acktung-wertb, aber diejenigen Frankreich» sind wichtiger: wir müssen deu Vertrag annehmen, er wird da« erste Pfand für die Bereinigung Frankreich« und Italien» sein. Griechenland hat Dörouläde ganz besonder» an« Herz ge- schlossen. Es ist «in kleine- Frankreich! ries er an«, uud wenn dcr Krieg auSgebrochen wäre, so hätte er sich in Griechenland auwerbeu lassen. Er benutzt diese Gelegenheit, um mit den Bulgaren ins Gebet zu gehen, er nennt sie „eia undankbare« Volk» da« vergesse, waS eS dem Zaren schulde". Wie sich Rußland im Hirn Dscoulöde'S spiegelt, Verdient beson- dere Beachtung: DaS ganze russische Ball, sagte er, selbst in leinen untersten Schichten, haßt deu Deutschen. Für e« ist der Deutsche immer dcr Unterdrücker, der Wucherer, dagegen fand ich überall Beweise der größten Sympathie. Eia einziger Umstand scheint die russischen Politiker von Frankreich zu trennen: nämlich unsere Staat», eiurichtunqea. Ich suchte diesem Mißverständlich an- allen Kräften entgegen zu arbeiten. Ueberall jagte ich: Ich, Republikaner, ich glaube, daß da» Bündniß mit dem Zaren eine Nothweudigkeit sür unsere Republik ist. Die Bündnisse haben nicht« mit den Staatseinrichtungen zu schaffen, sie haben nur den gemeinschaftlichen Bortheil im Auge. Sie fürchten die Verbreitung rcvoluttonairer Anschauungen, aber Ihr Land ist von dem unsern zu weit entfernt; die Gefahr sür Sie ist vielmehr Deutschland, da« seit der Niederlage Frankreich- Europa seinen Willen auszwingt. Die Gefahr ist Deutschland, eS ist Ihr Feind wie der unsere I In Rußland habe ich überall meine Zuhörer bekehrt. Kaikow selbst schrieb einen Artikel in diesem Sinne uud fand großen Widerhall. Man erzählte Abgeschmacktheiten über meine Reift; man sprach von meiner Ausweisung au« Rußland; niemal» war die Rede davon. Ich wiederhole, daß ich von allen Russen nur Beweise der Sympathie erfuhr, und au dem Tage, wo man sagte, ich sei auSgewicsen, gab mir die russische Presse eia großes Essen! Ich brachte einen Trinkspruch aus den Kaiser und die Kaiserin au«, daran eriuuerud, daß ich Republikaner sei, aber daß ich Frankreich und Rußland zu sehr liebe, um nicht aus die Gesundheit der Zaren, deS einzigen nothweudigen Bande« so vieler Millionen Menschen, zu Winken. Ich erinnerte auch daran, daß die Kaiserin jene tapftre dänische Prinzessin sei, die, wie wir. den Schmerz habe erleben müssen, ihr Land überfallen und verstümmelt zu sehen, das sei ein Herzensband zwischen der Prinzessin Dagmar uud Frankreich! Ich fügte hinzu, daß wir auch nie vergessen würden, wie Alexander II. sich zwischen das von seinen Wanden schlecht geheilte Frankreich uud Bismarck geworfen Hab«. Ja, wenn sie di« warmen Trinksprüche, mit welche» man mir antwortete, gehört, wenn Sie den AnSbruch der sranzüsischeu Sympathien gesehen, wen» Sie in allen Llasseu der Gesellschaft, vom Mudschik an bi» zum General, diesen Haß gegen den Deutschen» der zum wenigften eben so stark, wie der unsere, bemerkt hätten, dann würden Ste mit mir jagen: Da« französisch-russische Bündniß ist eine abge machte Sache; Frankreich braucht nur za wolleul Die sranzüsische Republik uud da« russische Kaiserreich hoben gemeinschaftliche Inreressen und einen geuieinschasilichen Haß, die innere Politik hat in diesen Fragen nicht mitzureden »ad der zwilchen den RegierungSsormen der beiden Reiche bestehende Unterschied wird die Sympathie nicht aus- halten, welche die beiden Völker hinreißt, sich über Deutschland herüber die Hand zu reichen. Ein Beispiel: die Osficiere der russischen Armee solgeo mit leidenschaftlichem Interesse ocm Auftreten des General« Boulanger und machen au« ihrer Sympothie sür denselben kein Hebt. „Wir wollen uns nicht", lo sagten sie, „mit seiner poli- ttschrn Rolle beschäftigen; tue Sache des Herzog« von Orleans geht un- nichts an. Un« ist e- von Interesse, in General Boulanger eine große militairilch« Kraft, eln schweres G-wick>t zu sehen, welche« die Wage zum Schaden Deutschland« zuin Sinke» brmgeu kann." DaS Erwachen de« französischen Stolze«, zu dem Boalanger da« Zeichen gegeben, regt auch die Russen zur Begeisterung au. Die russischen Stimmungsbilder schließt Ttrouläde mit einem Loblied« aus die russische Armee. Auch in de» nordische» Länder» hat DöroulLde Rrvanche gezeigt. Da« Ball von Schweden uud Norwegen, s» sagt er, ist
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