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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Atkrtio» »»» Lrpröiti« Joham>eSgasse 8. Hyrech-ulltkn »er Le»«Nme Vormittag» 10—18 Uhr« Nachmtttag« k—6 Uhr. kvl »l, Nil«,»»« vr»»»>cÄ»t« -!««chäoL, nicht „r-ia-ltch. Auuatzmr »rr für m« »»chfts«!,««»« ««»«er »«stimmte« Inser«te « S-chcuta,eu tt» 2 Utr N«ch»>tta«», an P«rn-»»» Kestt»ea srütz tt»'/,» Uhr. 2« »e» /ilinlrn str Ins.-Annahmn Otto Klemm, Untvcrstiälsstraße 1. Laut» Lischt, Kaiharinenstr. 23, p. nur »i» '/,8 Utr. tMM.TllgMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschiihte, Kandels- und Geschäftsverkehr. Auflage LS,«S0. Äbonnrmrnlsprno viertelj. 4V, iacl. Bringerlobn 5 Mk., Lurch die Post '«Logen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 P!- Lelegezemplar 10 Pf. Gebüaren für Extrabeilagen tin Taakblott-Formal gefalzt) »tue Postbesvrderung 50 Mk. «Nit Postbesörderung 60 Mk. Inserate 6gespaltene Petitzeile LO Pf. Gröbere Schriften laut uns. Preisverzeichaiß. rabellorischer u. Mernlatz nach höhermTarif. dleriämen Mtter dem Nedactionrftrich die 4g»spalt. geilebOPs., vor den F amili «»Nachrichten di« 6gelpaltene Zeile 40 Ps. Inserat« sind stets an die Hrpeditio» zu senden. — Rabat» wird nicht gegeben. Zahlung pruevumeran-lo oder durch Post. Nachnahme. ^ 327. Dienstag dm 23. November 1888. 8V. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vetimilmchm-. Wir bringen hiermit zur allgeiueinen Kenntniß. daß znm Ttlnaern von Schutt, Asche, Schlamm und HauSadsällen aller Art sernerweit folgende Blähe bestimmt find: 1) Außer der hierzu bereit- bestimmten Eache neben dem am Leutzscher Weg« .«egenden alten Flußbette in der Nähe de» neuen Schützenhausc-, link- von der über da-Kuhburger Wasser führende» sogenannten verschlossenen Brück«, eine dicht karau liegende, theilweise au-gesüllte, mit Weiden besteckte Lache, 2) die beiden von der Geradelegung de- Kuhburger Wasser» herruhrenden Laeche», aus der rechten Userseite de- letzteren i» dem von der Schützengesellschaft erpachtelen Areale, nabe dem Gchützrohause daselbst mit der Beschränkung, daß diese Lachen nnr während de- Winter» an-gesüllt werden dürfen, S) da< in der Nähe der sogenannten Schleife dicht am Fahrweg i» Rosenlhale gelegene alte Flußbett der Pleiße, zu welchem ein Zusuhrweg bergejlcllt worden ist. 4) außer dem bereit» dazu angewiesenen au-geschachteten städtischen Sandgrubenareal recht- an der Chaussee nach Grimma in der Nähe de» Hochreservoir- der Stavtwasserkunst in Probstheidaer Flur ei» weitere- Stück der Parzelle Nr. 127 kr» dasigen Flurbuch». Diese AdlagerunaSplätze haben jedoch lediglich der Stadt Leipzig und deren Bewohnern zur Benutzung zu dienen; da» Ablagen, daselbst seiten» anderer. alS Einwohner hiesiger Stadt und au» anderen Orten, ist daher nickt gestattet. Zuwiderhandlungen werde» sowohl an denjenigen, welche Schutt, Asche und HauSabfälle, und bez. Schlamm an den angewiesenen Plätzen unbefugt abgeworfen, als auch an den» ieutgen, welche hierzu Auftrag ertheilt haben, mit Geldstrafe vi» zu -0 oder mit Haststrafe bi» zu 14 Tagen geahndet. Hm Uebrigen ist bei gleicher Strafe den Anweisungen der von un» mit der Aussicht Beauftragten bezüglich de» An- und Absahren» und de» AbladenS Folge zu leisten. Im Uebrigen bewendet e- bei den bezüglich der Ablagerung von Schutt rc. unterm 29. Mai 1880 und 14. Decembrr 1883 bekannt gegebenen Bestimmungen. Leipzig, den 18. November 1888. «"""AHM""""»» M»««lmschui>r. Die Leuchtkraft de- städtischen Leuchtgase» betrug in der Zeit vom l5. bi- mit 21. diese» Monat» »m Argandbrenner bei 2 5 Millimeter Druck und 140 Litern stündlichem Eonsum da» 16 8 sache der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammenhöhe. Da« specifische Gewicht stellt sich im Mittel aus 0.431. Leipzig, am 22. November l886. DeS Raths Deputation zu de» Gasanstalten Akb-ahls-Vekanntumgiung. Gestohlen wurde» hler erstatteter Anzeige zufolae: I) eine Get»« mit Bogen, dunkel polirt, in schwarzgestrichenem Paste«, im Inner» der Geige der Stempel „Vll. Bürgerschule zu Leipzig," au» einem Llossenzimmer der VII. Bürgerschule am jäuicheuwege, vom 11. bi» 13. ds». Mts.: st) eia Stück rother buntkautiaer Plüsch» ca. 1« lang, 85ow breit, von Ende vor. bi» Mitte dss. Mt-., au» einem Arbeit-local in Nr. S der Reudnitzer Straße; 3) «io chirurgische» Besteck, in schwarzem, blavgefüiiertem Gtttt, mit der Zahl „14" in Bold gez., enthaltend fünf Messer und divers« andere Instrumente, aus einem Saale der Anatomie kiebi-straß« 18. vom 8. bi« S. dss. MtS.; 4) «in Sommerüderzteher von glattem» grau und grünlich ««lirtem Gtoff mit schwarzem Sammetkragen, grauem Sollatla«. iutter und eine Reih« Knüpfe mit verdeckter Batterie, sowie ei» Hrgenschir« mit schwarzem Atlas bezug, gelbem Ratnrstock und qertzher »rücke, au» einem Gastzimmer in skr. 5 a« König-Platz, «m 15. ds». M». Abend-; 5) ein vierrädriger Handwagen, brannaestrichea, mtt Lettern und Kasteuanffatz und einer Hinteren neuen vtemmleistr, von einem Trockenplätze an der Moltkestrahe, vom 15. bi» 16. ds». Mt».; g) ei« dunkelblauer Winterüderzieher, getragen, mit Sammet- kragen, 2 Reihen Knöpfen mit einen« zerbrochenen Knopf aus rechter Seite, dnnkeicarrirtem Futter, in demselben ein TnschentNch, ,.v. v." gez., an» einem Borsaale in Nr. 25 der Nordftraße, am 17. ds». Mts. Pormitiag-r 7) ein blauer Willterüberziktzer, rauher Stoff, schwarzer Sammetfragen. 2 Reihen überzogene Knöpfe, im Henkel der Name „Lldert vrsssler, Lalle", in den Taschen eia Paar brnune Glace Handschutze, aus dem Billardzimmer im Panorama-Nestaurgnt, am 17. ds«. M>«.: 8) ein Blechtaft«», klein, 4eckig, im Deckel mit 2 Linschnitte», enthaltend 26 Mark in Silber- und Rickelmünze, ei» altes braun» ledernes Portemonnaie mit ca 2—4 Mart in Keiner Münze, eine silberne Ctzlindernhr. Rückseite mit cingravirtem Rosenbonanrt (an der Zahl 9 ein Stück anSgebrochen), eine blonde Haarkette, rundgeflochte», mit Goldbeschlag, der obere Theil mit Hirfchkops, Kettchen mit Compaß und eine bandähnliche kurze breite Rickel- nhrkette, aus einer PiSce der Fremdenherberge in Nr. 85 der Slernwartenstraße, vom 18. bis 19. dss. MtS.; S) ein schwarzlederncS GeldtüschLe» mit Stahlbügel und desretem Verschluß, enthaltend 163^1 in Gold und Kilver, ein steine« schtvarzltderueS Geldtäschchen mit 7» » in Gold und Silber, s Araueilhemdcu, neu. weißleine», 2 Iveißleiuene Betttücher, > weiß- und rockcarrlrte Brttkderzüge, endlich ein Muff und »ine B«a von Bisam, aus einer Wohnung in Nr. 33 der Brüder- straß». am 18 dss. Mts Nachmittags; 1V) ei» Eommrrüberiirher von lchwarzem Kammqarnstoff injt einer Reihe ürerjozener Knöpse, Billcltäschchen und schwarzem Folter, dir linke Schulter aiitgebessert, aus einem Gaftio.aie im Panoeama, am 18 dss. Mts. Nachmittags; II) «in Viseitbei»-Billardball, bläuliche Farbe, and einem Locale in Nr. 3 dcr Höllischen Straße, vom 18, bis 19. dss. MtS ; Ist) »ine silberne Schnups-Tabakadoir, innen vergolde»^ aus V.ui Deckel.,L«Iu»r>I Ua-olelä" eiiigravirt, aus dem rolhen Saale kcS Krhstall PalailcS, ani 14. dss. MtS. Abends; 18) -I» schtvarzcr Florsniie-Wiiiternbrrzieher mll schwarzem Sammelkrigeii, blau- uns jchw irzgestreniem Füller, einer Rech« stiiöpse n»t verdeckter Batterie, in den Taschen «in Paar braun« ttn-psige Glaeshandschuhe, au» dem «astlocale in Nr. 1 der Nwokoistraße. am 20. ds«. Mts. Abends. Gtwaig« Wahrnehmungen über den verblieb der gestohlen kn Gegmstönde »der de» Thtter sind ungesäumt bei unserer kriminal- Ildtheiluag zur Anzeige zu Lriamu- »»itzt»«, am 22. November 1886. La« Poltzei-Amt der Light kelstil, Bretichneider. Or S. Aurschttlbnnz. Für de« Schlacht« und Biehhos Hierselbst wird dl« An» fertlgung. Anlieferung und Aufstellung der eiserne» Dach- constrnetto» für die Großvirhschlachthalle hierdurch aus geschrieben. Die Unterlagen sind im Schlachthosbureau. an der Kaiferin- Angusta-Straße, gegen Zahlung von 1 50 ^ erhältlich. Die Angebote sind m Form und Bezeichnung nach Maß gabe der den AngebotSsormularen bciaefügien Borsckriften zu behandeln und bi- zum 6. Deccmber d. I., Mittag- 12 Ubr in der Nuntiatur de- RaihhauseS abzugeben. Wir behalten un- die Auswahl unter den Bewerbern sowie die Ablehnung sämmllicher Angebote vor. Leipzig, am 22. November 1886. Der Rath der Ttadt Let^zi^. I». 6708. Vr. Georgi. Hoh-Lncii-ii. Bo» de» avf dem Nruduitzer Aorftrepier aus dem Schlag« l» Vbtheilnva 12 aufbereileten Hölzern sollen Mutwech. de« 8. Tccembrr diese» Jahre», , dou früh '.10 Uhr an Mittenstärke, Oberstärk» and Sch bi» 4.8 m Läng», Ober- bez. Mitten» stärke und S — 8 g» Länge, Sk eichene Stange» von 8—12 - Oberst. (Korbbolz) an Ort und Stelle, wobei die Versammlung auf dem Schlaa« selbst ftaiistndet, meistbietend gegen sofortige in Lürtng'» Lchnntwlrth» schnst zu bewirkend« Bezahinug und unter den sonst vorher bekannt »o »lachenden Bedingungen versteigert werden. R»Ni,l. Anrftrrviernerwaltnn, «euduitz und kSnigl. ggrft» rentamt Würze», de» 18. November 1886. Berger. vachman» 824 » B B 23—29 152 - O » 30-45 B 5 » Kl-t« » 13—15 R 90 » B O 18-22 B 95 . B B 23—29 B 46 . O R 30-43 » 53 harte B O 10-22 - U - M » 23-29 - 1 - B B 41 - Nichtamtlicher Theil. Dar * E« war vorau-zusehen, daß die Militairvoriage, welch« für die bevorstehende ReichStng-session zu erwarten stand, die politische Di-cnssion in hervorragendnn Maße beherrschen werde. Allein man war allgemein darauf vorbereitet, daß erst in der zweiten Hälfte der Session, nach Fertigstellung de- Etat» der betreffende Gesetzentwurf an de» Reichstag gelangen werde, und e- erschien deshalb der Opposition nicht räihlich, schon vorzeitig da» Strohfeuer ihrer Agitation ver puffen zu lassen. DaS hat sich mit einem Maie geändert, seitdem die Nachricht in die Oefsentlichkeit gedrungen ist, in dem vor wenigen Tagen unter dem Vorsitze de- Reichskanzlers abgchalteuen Ministerrathe sei beschlossen worden, die Militair- vorlage schon in dem ersten Abschnitt der parlamentarische» Session an den Reich-tag zu bringen. Zwar nicht gleick bei der Eröffnung wird diese wichtige Vorlage eingehen. Selbst wen» der BundeSraih keinerlei Arnderungen an derselbe» belieben sollte, so wird die technische und redaciionelle Arbeit an derselben immerhin noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Indessen der Zeitpunkt der Einbringung ist dock nahe genug bevorstehend, um schon jetzt eine principielle Stellungnahme zu derselben den Parteien angezeigt erscheinen zu lasten, um olle Schleußen der Polemik gegen die regierungsfreundliche» Fraktionen zu öffnen. Etwa- allerdings wird diese oppositionelle Bearbeitung der össentlichen Meinung erschwert durch eine ausdrücklich ergangene Anweisung, die Militairvoriage im Stadium der Buiide-ratb-beraihiingen vollständig feeret zu Hallen. Wir können diese unzweifelhaft aus die Initiative de- Fürsten Bismarck zurückzusührende Anordnung nur billigen. Die sachliche ruhige Kritik kann an dem fertigen Gesetzentwürfe zur Genüge ihr Werk thun, nur die maßlose, agitatorische Opposition hat ein Interesse daran, an der unfertigen, erst in. Entstehen begriffenen Vorlage schon ihre Kraft zu probiren. Ihr dieses Vorhaben irgendwie zu erleichtern, liegt ein An laß in keiner Weise vor. Denn wie auch da» Schicksal der Militairvoriage im BundeSrathe sein möge, immer wußte daran» die principielle Opposition ihre Pfeile zu schmieden. Bliebe sie dort unverändert, so wäre der BundeSrath nur eine Marionette, eine Gruppe von bedeutung-losen Jasagern in der Hand de» Reichskanzler-. Würden die geforderten Mehrausgaben vom BundeSrath erhöht, so würde gegen die endgiltigr Regiernng-vorlaae der ursprüngliche Entwurf ins Feld geführt und umgekehrt, wenn vie Forderungen durch den BundeSrath herabgeinindert wäre», so würde man argu- mentiren, daß selbst den Herren vom BundeSrath das Ver langen der Militairverwaltnng unerfüllbar erscheine. Um allen diesen Variationen jede offieielle Grundlage zu entziehen, ist e« vollkommen gerechtfertigt, wenn erst die definitiv sest- grstellte Vorlage der öffentlichen Kritik unterbreitet wird Bei dieser Sachlage wird man sich also allen Nachrichten gegenüber skeptisch Verhalten müssen, welche über die Zahl der geforderten Erhöhung der Fr>cLe»Spräse»zs1ärke. sowie Uber die Summe der geforderten Mebran-gaben im Umlauf sind, wiewohl die Annahme, daß die Steigerung des Gesetze- von 1880, tl Millionen im Ordinarium und 26 Millionen im Exiravrvinarium. sich wiederhole» werde, nicht direct nn- giaubwürkig ist. Daß ein» Erhöhung der FriedenSpräsenz- stärk« in Anlehnung an die Vermehrung der Bevölkern»» stattsinde» und auch im Etat ihren finanziellen AnsLrncl finden »>uß, steht fest. Da» Maß derselben frstznstellen, ist eine Aufgabe der PolkSvertretiing. weiche dieselbe ,m Zusam menwirken mit der Regierung löse» muß und lösen wird, sobald da- einschlägige Material derselben voriiegt. Lurch vorzeitige und unzeiiige Kritik wird die Lösung Vieser Aus gabe »ur erschwert. Obwohl e- rin selbstverständliche- Zici aller regierungs freundlichen Parteien sein sollte, in der Mlliiairsrage. >n Lee Erhaltung und Befestigung der nationale» Wehrkraft einer störten und zrelhewußie» Opposition gegenüber rinmüilng n»v o«schlossen vvrzugehen, unter Zurückorängung weikergehender Wünsch« da- Erreichbare anznsireben. müssen wir zu unserem größten Brdnuern wahrnetzmen, baß. wie ans Berlin ge- melket wird, momentan im conscrvativen Laaer voll- stäutiL» Lerouke herrscht. Die Ullra? von rer .^-.mme-. stein'schen Observanz führen zu großer Freud« der Opposition in der Presse da» große Wort, ohne daß ihnen von autori- taiiver Stelle au» ein energisches ljnos ego! zugerufen wird. Wie jenen Herren ihre excessive Forderung eine- sogenannten MiNtairäternat» selbst von Ver Regierung nicht erfüllt wird, eignen sie sich im übertriebenen Eifer die Beweisführung der Opposition an, indem sie darzulegen suche», daß, eine zeit liche Begrenzung der FriebenSpräsenzstärke vorausgesetzt, rS abso lut gleichgillig sei, ob diese Begrenzung auf sieben, fünf oder drei Jahre festgesteUt werde. Weshalb dre Herren nicht consequent weiter gehen, weshalb Herr vou Nngern-Sternbcrg in der „Eouservativen Correspondenz" nicht da- alte demokratische Postulat der jährlichen Feststellung der Friedenspräsenz dem Sevtennat gleichstellt, ist un» absolut unerfindlich. E- enivehrte doch nicht eine» gewissen Reize-, die Herren von der „Kreuzzeitnna" mit den Wortführern der äußersten Linie» >rm in Arm gegen die Militairvoriage der Regierung ankämpfen zu sehen. Indessen entbehrt diese Situation doch nicht de» bitteren Ernste». Die regierungsfreundlichen Parteien sind nicht stark genug ln diesem Reichstage, um sich eiae« solchen Sport der Opposition erlauben zu können, und e» ist hohe Zeit, jenen extremen Parteigängern die volle Verantwortlichkeit ihrer jetzigen Handlungsweise klarzu machen. Die Haltung des Centrum» in dieser wichtigsten Frage der Session ist vor der Hand noch eine unklare. Ans der «ine» Seite sind von der Regierung die kirchenpolitische» Forderungen de» UltramontaniSmu» noch nicht bl» zu der Grenze erfüllt, weiche da» Ausgeben einer principiellen Opposition in der Militairsrage dem Abgeordneten Windihorst und seine» Hintermännern gerathe» erscheinen lassen sollte. Aus der anderen Seite aber hat die Regierung de» Klerikalen bereit» so bedeutende Concessionen gemacht und im Wege ver diplomatischen Verhandlung noch andere in Au»sicht gestellt, daß man schwerlich in jenem Lager die Verantwortlichkeit für da» Scheitern der Militairvorlage und die damit un zweifelhaft verbundene Verstimmung der maßgebenden Berliner Kreise wird aus sich nehmen wollen. De»halb geht die Prognose aller Kenner der Politischen Lage augenblicklich dahin, daß da» Gros der ultramoniancn Partei in Verbindung mit den Freisinnigen gegen da» Gesetz stimmen, daß aber eine ge nügende Minorität de» CentrumS aus die andere Seite Werde abcommandirl werden, um da» Scheitern der Vorlage in hindern. Mit dem praktischen Effect eine» solchen Manv- " '"unten wir ja einverstanden sein, zumal wenn c» dabei der ganze» Rahm» von Neuem dabei die Augen darüber zu öffne«, was «» mit d« oppositionelle« Phrasen der klerikalen Wortführer auf sich habe, daß dabei niemals vie innere Ueberzeugung da» treibend« Agen» sei, sondern daß die Stimme» de« gesammten Centrum» für den ent sprechenden kirchenpolitischen Preis fürjede Regierungsvorlage zu haben sei, ohne Rücksicht ob eine solche Vorlage dem Wohl« der Nation dient oder nicht. Wenn diese Erkenntniß immer weitere Kreise durchdringt, dann dürften sich die Vorgänge von Hünseld-GerSselv bald anderweitig wiederholen. Die Opposition der gesammten Freisinnigen gegen da- Septennat sieht von vornherein fest, nachdem die ehemaligen Secessiouisten auf diese Opposition vereidigt worden sind. 'ES wird deshalb nur ein rhetorische» Interesse darbieten, zu hören, wie Herr Rickert diesen Umfall motiviren wird Die finanziellen Richter'schen Argumente sind schon zur Genüge im Voraus bekannt. Die oben geschilderte politische Gesammtlage, bei der die angenblickiiche Situation der internationalen Politik nicht aus dem Auge gelassen werden darf, legt den gemäßigten Con» servaliven und den Nationalliberalen in erhöhtem Maße die Pflicht auf, neben der gewissenhaftesten Prüfung der dem Volke aufzueriegenden Lasten auch mit aller Kraft sür die Erhaltung und Entwickelung der vaterländischen Wehrkraft einzntreten. Sie werde» diese Pflnbt zu erfüllen suchen und wenn wiver Erwarten doch da» Scheitern der Militairvorlage eine Auf lösung de- Reichstage- zur Folge haben sollte, so werden sie den Appell an die Wähler und den Nichtrrspruch ver Nation nicht zu scheuen haben. Jur Gesammtlage. Di« einzige Andeutung über die Absichten Rußlands nach ver Abberufung de» General» Kaulbars und der russischen Consuln aus Bulgarien findet sich im Brüsseler „Nord". Darin ist aber nur gesagt, wa» die Abberufung nicht bedeutet. Man dürfte daraus nicht schließen, daß Ruß land sich mit der bulgarische» Frage ferner nicht befassen werde und ebensowenig, daß eS eins seiner besonderen und seiner internationalen Rechte ausgebe. Das hat auch sicher kein Mensch geglaubt, aber eS ist klar, daß der Einfluß Rußlands in Bulgarien durch die Znrnck- ziehung aller russische» Consuln vorläufig eine starke Ein buße erleidet Die Consuln i» Sofia, in Philippopcl, in Burgas, in Widin, i» Dubnitza und anderen Orten waren zugleich die geheimen Leiter und UnterstUtzer der aufständischen Bewegungen an diesen Orte», sie gewährten den angeblichen Opfern der bulgarischen Regierung russischer Nalionaliiät Schutz und Unterkunst und entzogen die russischen Verschwörer und Unruhestifter der verdienten Strafe. Wer wir» diese Thätic keit in Zukunft ausüben'? Sollen die Russen allen „Unbilden" und .Verfolgungen" durch die „verbceche rischen" Regenten von jetzt ab schutzlos prcisgegeben sei»'? Das ist sicher nicht die Meinung der russischen Regierung, und es entspricht auch nicht ihren Zwecken, daß jetzt nach der Entfernung der russischen Consuln aller Welt klar werden soll, wer die eigentlichen Ruhestörer in Bul garien gewesen sind. Wen» jetzt dort Alle- ordnungs mäßig verlaust, dann ist der Beweis sür die Schäd lichkeit der Sendung de« Generals Kaulbar- erbracht, und Vieser Beweis enthält die schwerste Niederlage der russischen Politik i» Bulgarien und die tiefste Beschämung sür alle Verletzungen der Rechte Bulgarien». Oder sollte die Abreise der russischen Vertreter nur das Zeichen znm Ausbruch eines längst wohlvorbereiteten Aufstande» in ganz Bulganc» geben? Warten die Verschworenen nur ans vieles Ereigniß, um Bulgarien nach den, Sturz der Regent schaft den Russen in die Hände zu liefern? DaS ist nach dem biSberiaen Verlaus ver Krisi» sehr unwahrscheinlich, eS ist vielmehr zu befürchten, daß Rußland wieder «ine jener Ueberraschni'.gcn im Schilde führt, in denen eS so stark ist, wie im Jahre 1^70, alS der Pariser Friede plötzlich in seiner wesent lichsten Beiiiinmuiig aiißerKrast gesetzt wurde, oder bei kerAns- bebnng tcr Frcibaseiistellung BatnmS, over bei Ver Verschiebung rer ri t- 'lc - Gr ris über Ak Zepr hinan? nichMnr'cha!' bei der Huldigung der Turkmenen von Merw. Vorläufig ist noch keine Entscheidung über die weitere Bestimmung der vor Varna und Lurgas liegenden russischen Kciegüsctnsse gelrosjen, eS ist nur gemeldet, daß sich der russische Cvnsnl iu Varna «ingeschifst hat; was weiter geschehen wird, bleibt der Zukunst Vorbehalten. Eine Ueberraschung ist bereits eingetreten durch die Stellung der russische» Unterlhanen in Bulgarien unter französischen statt unter deutschen Schuh.wie zuerst verlautete. Abgesehen davon beobachtet die offieielle russische Presse ei» ausfallendes Schweigen, am 21. November war noch uicht einmal die amtliche Meldung von der AbreisedeS GeneralSKaul» barS erschienen. DaS „Journal de St. PöterSdourg" beschränkt sich Vorauf, die Abreise als die logische und bi» zu einem ge wissen Punct vvranSgesebene Folge der blinden Halsstarrigkeit der bulgarisch«! Neaenlschast zu bezeichnen. Uebrigen» war diese bemüht, den Bruch zu vermeiden, aber Rußland halte denselben beschlossen, wohl in der Erlenntniß, daß es früher oder später dock dazu kommen müsse und daß sich eine günstigere Gelegenheit zur Ausführung schwerlich sinden würde. Gegenwärtig ist der Entstehung von falschen Gerüchten und grundlosen Bermuthungen Thür und Thor geöffnet, eS ist de-halb um so nöthiger, den wahren Sachverhalt, wie er sich auö den Thatsachen ergiebt, nicht au» den Augen zu taffen. Fürst Nicolau» von Mingrelien, der Candidat Rußlands sür den bulgarischen Thron, ist in St. Petersburg angekom men und wird dort und in Gatschina, wo er bereit» am 2l. November erwartet wurde, die Weisungen für sein fer neres Verhalten empfangen. Die Verhandlungen zwischen den VertragSmächten über diese Candidatur schweben noch oder sind vielleicht schon abgeschlossen, aber die Hauptsache bleibt die Schwierigkeit wegen Lösung der Frage der Regentschaft und der Sobranje in Bulgarien. Man hat die Möglichkeit einer Dazwischenkunst der Türkei in« Auge gefaßt und al» Lösling der bestehenden Krisis vorgeschlagen, daß die türkisch« Regierung au» eigener Machtvollkommenheit eine neue Regent schaft i» Bulgarien einsetzt und neue Wahlen zur Sobranje anorvuet. Ein solcher Ausweg wäre eine neue Ueberraschung, aber er wäre nicht undenkbar, den» di« Türkei hat getreu ihrer seit langer Zeit befolgten Politik den Vorgänge» in Bulgarien gegenüber» welch« sich feit der Abdankung de» Fürsten Alexander vollzogen haben, größte Zurückhaltung gezeigt und die Initiative den Mächten überlassen. Statt dieser Hut Rußland in den Gang der Ereignisse eingegriffen: da aber die russische Thätigkeit nicht den gewünschten Erfolg gehabt bat. so richten sich die Blicke jetzt naturgemäß auf die suzeradie Macht, atö diejenige welche di« Ueberleitung iu den neuen Stand de Dinge zu regeln hat. Wenn die Türkei in diesem Kalle handelt, so thut sw e» sicher nicht au« eigenem Antrieb«, sondern in Folge «ine» idr kundgetbanen Wunsche» d«r Mächte, und wenn die Intervention der türkischen Regierung al« die Bertrelerin Europa» auftritt, so wird e» ihr auch an dem nöthigen Entgegenkommen der bulgarischen Regierung »lcht fehlen. Sowohl Gras Kalnoku alS Marqui» Salisbury hab«n die Ueberzeugung ausgesprochen, daß der Friede erhalten bleiben werde, also liegt die Annahme nahe, daß sie diese Ueberzeugung aus Grund von Thatsachen geäußert haben, welche vorläufig nur ihnen selbst bekannt sind. Die „Nowoje Wremja" hat mit der russisch-französischen Allianz al» der Lösung aller bestehenden Schwierigkeiten gedroht, aber diese Drohung ist nicht ernst zu nehmen, denn sonst würden sich die Ding« schneller und glatter entwickelt haben; e» ist viel« mehr zu hoffen, daß Vie Abberufung de» Generals Kaulbar« einer (riedlichen Ausgleichung der vorhandenen Gegensätze die Wege ebnen soll. Rußland hat vorläufig die Absicht, in Bulgarien einen Fürsten einznsetzen, welcher die Sache Rußlands dort vertritt und Bulgarien in Abhängigkeit von Rußland bringt und er hält. Ob diese Absicht erreicht werden wird oder überhaupt erreichbar ist, läßt sich nicht entscheiden, aber die Vertrag»- Mächte, welche die Abdankung beS Fürsten Alexander und die Einsetzung eines Nachfolger» ruhig hingenvmmen haben, werden auch vie Wahl des MmgrelierS nicht bindern. Wen» also Rußland keine schlimmeren Hintergedanken hat. dann wird eS seine» Willcu in Bulgarien durchsetzen. Rußland hat aber auch mit dem bulgarischen Volke zu rechnen, welches durch die seit acht Jahre» gemachten Erfahrungen darüber zur Klarheit gelangt ist, waö Rußland eigentlich will. Wenn dem Volke »ock Zweifel geblieben waren, so sind sie durch die Sendung des Generals Kaulbar- vollständig gehoben worden; Bulgarien weiß heute, daß Rußland die Unterjochung Bul gariens beschlossen hat und daß ver von Rußland begünstigte Candidat sür den bulgarischen Thron bestimmt ist, Bulgarien unter das russische Joch zu bringen. Diesem Streben wird YaS bulgarische Volk bis zum Acußcrsten Wiverstand entgegen setze», und dieser Widerstand wird auch wahrscheinlich Crsolg habe», da Bulgariens Zulunsl nicht allein vou Rußland, sonder» auch von den Vertrag-mächten abhängt. Der Kcnnpj wird voraussichtlich langwierig sein und sein Ergebnis; läßt sich heute nvch nicht bestimmen. * Leipzig, 23. November 1886. * Der Slaatssecretair dcS Innern. StaatSministec von Boetticher. hat in Vertretung dcS Reichskanzlers folgende Bekanntmachung erlassen: „Mit Bezugnahme aus die in Nr. 33 beS ReichS-Gcsctzblatles vertiiiidi-te kaiser liche Verordnung vom 8. d. Mls., cmch welche der Reichs tag berufen ist. am 25. 'November d. I. in Berlin znsaminenzutreten, wird hierdurch bekannt gemacht, daß die Eröffnung des Reichstag- au diese!» Tage um 12 Uhr 'Mittag- im Weißcu Saale vcS köuigl ä>en Schlosses start- sinden ivict. Zuvor wird ein Goltcr-diciist u»v zwar sür die Mitglieder der cvang lischcn Kirche im Dom nm lt Uhr Vormittags, sür die Mitglieder der katholischen Kirche in der St. Hcdwigslirrbe »»> 1l>,, Uhr Vormittag- abgehalteu werren. Die weiteren M.tlbcilungc» über vie Eröffnungs sitzung erfolgen in dem Bureau vcS Reichstags, Leipziger Straße Nr. 4. am 24 November in den Stunden von 9 Uhr Morgens bi» 8 Uhr Abends und am 25. November Vor mittags von 8 Uhr ab In diesem Bürcau werde» auch die LcgiliinatioiiSkarten sür die Eröffnungssitzung und die Einlaß karte» sür vie Zu'chauer auogegeben, auch alle sonst er forderlichen Mitteilungen gemacht werden." * Dem Vernehmen nach ist der AmtSgerichtSrath Frniicke »achBredstedt (Holstein) versetzt, und zwar vom > Januar an * Eine Belgrader Correspondenz meldet di« Bestim- mu»ge» des von der Skupschlma einhellig und mit Accla» matie: vierten Gesetzes, betreffend die Errichtung einer