Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.09.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189009215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900921
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900921
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-09
- Tag 1890-09-21
-
Monat
1890-09
-
Jahr
1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.09.1890
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
«1Z ei«t täglich h «'/. Uhr. Ketailiin,vd Lrprditi»» Johauue-gass» S. APrni>üundrn drr Nrdaclion: «ormitiag- 10-12 Uhr. Nachmittags h—6 Uhr. - - -ALLQ-ÜL T»-» —' - der für die nöchftf.lge«»« «»»mrr »efti««trn Jnsrrate « «»chentggr» bl« S Ntzr Nachmitt«,«, a« L««u- mid Arsttage» früh dis V,9 Utzr. 3n -rn /ilialkn für Ius.-^mialime: ktt« Klemm- Lartim. (Alfred Hahn), UnioersitSisstraß« 1, Laut» Lösche» Katharinrnstr. 14 part. und KSnigspletz 7, mir bi- ',,S Uhr. eMM.TaMatt Anzeiger. Organ für Politik.LocalaMi«te.Landels-nndGeMftSMkrhr. M»o««eme»t-prei- vierteljährlich 4»/> Mk. kel. Brtuaerlohu b Mk-, d»rch Hs» Last bezöge» 6 Mk Jede einzeln« Nummer 90 PH «el^eremvlm 10 Pf- Gebührea für Sztrabeilaaaa lin Tageblatt-Format gefalzt! ahne Poskdesörderuug 80 Mk. «tt Postbeförderuug 70 Mt. Jalernte 6 qespalteue ^ »röherr Schrtftr, laut mss. V» e SV Pf. ^ M. Sonntag den 21. September 1890. Tabellarischer». Zssserusatz »ach höher« lttttmnea »»ter dem Nedactioakstrich di« -aespalt. Zeile üOPs-, vor deu Famtl kenn ackrtchtra dk 6gespaltene Zeile 40 Pf. Zaseratr sind stets au di« «Pttditt« »» sei, deu. — Rabatt wird nicht gegebem. Zahlung pruoouweruncko oder durch Post« Nachnahme. 8L Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung und Dank. Die am 19. vorigen MonatS Hierselbst verstorbene Frau Auguste Nannette verw. Kabrun geb. Klengel hat dem „Pensionsfonds deS Leipziger Stadlorchester-" ein Legat von Zwei Tausend Mark letztwillig hinterlassen.. Nach erfolgter Auszahlung der Summe bringen wir diese Bethatigung deS unserem Institute geschenkten Wohlwollens mit dem aufrichtigsten Danke hiermit zur öffentlichen Kenntnis; Leipzig, den 18. September 1890. Der VerwaltunaSauSsehuH für den Orchester-PensionSfondS daselbst. vr. Georgi, 141. Vorsitzender. Wilisch, Aff. Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten Mittwoch, den 24. September LSUtt, AbeudS <1/, Uhr, im Saale der vormaliqen Handelsbörse am dkaschmarkte. Tagesordnung: I. Wahl drr von dem Collegium zu ernennenden Mit glieder in den gemischten Ausschuß für die diesjährige Stadtverordnetenwahl. II. Wahl je eines Mitgliedes auS dem Collegium in » den Wahlausschuß, b. den gemischten GaSauSschuß. Hl. Bericht de« Finanzausschusses über: Nachverwilligung zur Fortführung und Beendigung von RestLurattouS- arbeiten an 2 Gemälden de« Museum«. IV. Bericht de» Finanz- und VerfassungSaussckusseS über: Gründung und Dotirung von Beamtenstellen für die Markthalle. V. Bericht des SchulauSschufseS über: Einrichtung von Heilcurscn für stotternde Kinder. VI. Bericht deS Schul- und DauauSschnsseS über: bauliche Herstellungen in der zu erbauenden Turnhalle der 2l. Bczirksschule und in der XI. Bürgerschule in Leipzig-Gohlis. VH. Bericht deS VrrsafsungSauSschusse« über: u Nachtrag zu dem ortSpolizcilichen Kegulativt, die Einrichtung und Reinhaltung der pneurgMWchg» Bierdruckapparate betr., d. einen eine« Droschken tarif« nebst den dazu gehörigen Reguwtivbestimmungen Ausschreibung. Am Neubau der Marktballe zu Leipzig soll die Liefe rung des I. LooseS der Tischlerarbeiten an einen oder mehrere leistungsfähige Unternehmer vergeben werden. Die Bedingungen und daS ArbeilSverzeichniß können durch unsere Bauverwaltung im Bauburcau an der Wind- müblcngafse Hierselbst cingesehen bez. gegen Porto- und bestell- geldfreie Einsendung von l bezogen werden. Die Zeichnungen liegen an obengenannter Stelle zur Ein sichtnahme aus. Die Angebote sind verschlossen und mit der Aufschrift: „Markthalle — Tischlerarbeiten" bis zum 27. September er. Vormittags 10 Uhr im Rath hause allhier, II. Obergeschoß, Zimmer Nr. 5, portofrei ein- zurcichen. Der Rath behält sich die Auswahl unter den Bewerbern und die Theilung der Arbeiten, bez. die Ablehnung sämmt licher Angebote vor. Leipzig, den 19. September 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. la. 8842. vr. Georgi. Lindner. Wohnungs-Vermicthung. In dem der Stadtgemeinde Leipzig gehörigen früheren RathbauSgrundstück in Leipzig-Anger-brotte» darf, Zweinaundorfcr Straße Nr. 1, ist eine im II. Stock werk gelegene, aus 2 Stuben, 2 Kammern, 1 Küche und sonstigem Zubehör bestehende Wohnung vom I. Octvber dieses AahreS ab gegen halbjährliche Kündigung anderweit zu vermicthen. Mietbgesuche werden auf dem hiesigen Rathhause, 1. Stock Werk, Zimmer Nr. 8, entgegcngenommcn. Leipzig, den 18. September 1890. Der Nath der Stadt Leipzig. In 2376. vr. Georgi. Wagner. Leklinntmachung. Die Lieferung und Aufstellung einer 910 Meter langen Holzbarribre auf der westlichen Seite der Rampe der Nicbeck- Straße über die Eilcnburger Bahn im Stadtbezirk Leipzig- Reudnitz soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeiten liegen in unserer Hochbau-Verwaltung, Rathhaus, 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 5, auS und können daselbst cingesehen beziehentlich gegen Ent richtung der Gebühren von 50 ^s, welche eventuell !u Brief marken einzusendcn sind, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Parriöre Niebeck-Straße" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 3. October 1890 Nachmittags 5 Ubr einziireichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtliche Angebote abzulehnen. Leipzig, den 16. September 1890. DeS Raths der Stadt Leipzig Id 5159. Strastenbau-Deputation. LeKlllllltlllllltzllNg. voucurS (Sröffniing Ueber den Nachlab des am 15. Juni 1890 verstorbenen Laus wann- Oscar Kaerding bier ist am 18. September 1890, Bor mittags 8V, Uhr, der Concurs eröffnet. Verwalter ist der Kaufmann Waldemar Tennstedt zu Targan Offener Arrest mit Anzetgepslicht bi- zum 1b. October 1890 — An Meldefrist bi- »um 3. December 1890. Erste Gläubiger-Versammlung 15. October 1890 und Prüflings ternttn 17. December 1890. Targa«, den 18. September 1890. KöutglichcS Amtsgericht. Oeffentliche Sitzung der Handelskammer ItenSta«, den 28. Eepteiubrr 1890, Nachmittag« - Uhr» in deren Lttzungssaalr, Neue Börse, Tr. T, I. Tagesordnung: 1. Regtstrand«. 2. Bericht de- Verfassung?, und Wahl-Ansschuffe- über die Ber- ordnung des König!. Ministeriums des Innern, die Wahl von Vertretern beim Königlich Sächsischen Eisendahnrathe betreffend. 8. Berichte deS Handelsgesetzgebungs - Ausschusses über ») die Verordnung des König!. Ministeriums des Innern, eine gut- achtliche Aeußerung über den Gesetzentwurf zur Abänderung drr tscwerbe-Ordiiuiig betr.; d) verschiedene Eingaben zu dem Gesetzentwurf, die Abänderung des PatriitgcsctzcS betr. 1. Bericht des Handelsgesetzgebungs- und des Verkehrs-Aus schusses über die Zuschrift des RatheS, die vorstenmärkte betreffend. b. Berichte de« Zoll- und Stener-AusschuffeS über die Vorlagen d«S Königl. Haupt-Zoll-Amts, beer. u> Abänderung des Zolle« für Pcrlnittttrrkiiöpsr; d) Erhöhung deS Zolles auf Stöcke. Hieraus nicht-öffentliche Sitzung. Städtische Gewerbeschule zu Leipzig. Di« Studien des Winterhalbjahres beginnen Mittwoch, den I. Oktober ». o.; der TageSeursns früh 8 Udr, die Abendcurs« um 6 beziehentlich 7 Uhr. Aufnahmen in die Gewerbeschule nach Maßgabe von 8 4 der Schulordnung können wegen Mangels an Platz nur ausnahmsweise noch slattfinden. Zur mündlichen Au-kunft-ertheilung ist der Unterzeichnete Sonn- tag, den 28. September, Vormittags von 11—12 Uhr, im Schul gebäude bereit. Leipzig, den 11. September 1890. Der Dtrectar: vr. Ludw. Nteper. Die Zustände in Portugal. In Portugal herrscht augenblicklich vollständige Verwirrung. Da- Ministerium, welche« die Verhandlungen mit England über die Grcnzregulirung in Afrika geführt hatte, ist znrück- jetreten, ein neues Ministerium, welches General Abreu bilden ollte, ist noch nicht zu Stande gekommen. Die Erregung der Bevölkerung ist so stark, daß schon wiederholt da- Ein schreiten der SicherbeitSbchörden nöthig wurde, und der Kra wall vom 18. September hat die Frage zur Entscheidung gestellt, ob der Belagerungszustand über da« Land verdangt werden soll. Die Stellung des Königs Dom Carlo- ist außerordentlich schwierig. Soeben erst von schwerer .Krankbeit genesen, steht er einer erregten Volksmenge gegenüber, welche Unmöglicher verlangt: einen neuen annehmbaren Vertrag mit England oder Krieg mit der ersten Seemacht der Erde, welche Por tugal nichts als seine Vaterlandsliebe und seine Verwegenheit Versöhnung der Parteien gesprochen, die sich mit den Waffen bekämpfen und von denen die eine nichts sebnlicher wünscht, als die Monarchie zu stürze». Ueber die Unanuchmbarkeit deS Abkommens mit England sind die Parteien einig, über die zukünftige Regierungssorm besteht dagegen eine Meinungs verschiedenheit, welche nur durch Gewalt beseitigt werden kann. Diese Zustände sind kein Product der neuesten Zeit, der Geist deS AiisrnkrS hat seit langer Zeit in Portugal Ein fluß geübt. Bald waren es meuternde Generale, welche in die Geschicke deS Landes eingriffen, bald war eS ein dunkler Drang nach Freiheit, welcher die Schritte der Bevölkerung leitete. Tic Negierungsgcwalt hat zeitweise regelmäßig mit revolutionairen Bestrebungen zu kämpfen gehabt, und wenn daraus keine Katastrophe entstanden ist, so hat das nicht in der Absicht der ans Umsturz bedachten Elemente gelegen. Die Regierung Dom Luis' bezeichnte abgesehen von ein zelnen Episoden, in welchen der Aufruhr trotz des besten Willens deS Königs das Haupt erhob, eine Periode der Rübe und der Gesundung der kranken Zustände des Landes, seitdem aber der Grenzstreit mit England entstanden ist, haben die Leidenschaften wieder die Oberhand gewonnen, und die Ne gierung wird der Einsetzung ihrer ganzen Kraft bedürfen, um der Bewegung Einhalt zu tbnn. Die Armee scheint bisher noch nicht von republikanischen Einflüssen ergriffen zu sein, sie scheint sich im Gegenthcil ihrer Bestimmung als Stütze deS Thrones bewußt und jederzeit bereit, Ruhestörungen energisch entgegen zu treten. Vielleicht ist also die Bewegung noch zu unterdrücken. Der Hauptvorwurf wegen der bedenklichen Zustände in Portugal trifft England, welches ans Ländergicr und Herrsch sucht an den bestehenden wenn auch zweifelhaften Besitzver- hältnisscn Portugals in Afrika gerüttelt bat. Ob die Eng länder das Shircgebiet und das Maschonaland ihren ohnehin übergroßen Besitzungen in Afrika noch hinzusügcn, oder nicht, daS fällt für diese bedeutendste Colonialmacht der Erde scbr wenig ins Gewicht. Aber für die Befestigung des monar chischen StaatSgedankeuS in Portugal war eS von größter Wichtigkeit, daß die Maßregeln, welche die Regierung zur Geltendmachung alter Rechte in Afrika ergriff, auch Er folg hatten. Portugal hat bei den neuesten Kämpfen in Afrika einen Muth und eine Thatkraft gezeigt, welche ihm die Bewunderung Europas zugewcndet haben, aber leider hatten diese Anstrengungen, sein vermeint liches Recht zu vcrtheidiqen, nicht die Wirkung, daß die Engländer von ihren Ansprüchen zurücktraten, weil eS in England als StaatSraison gilt, alle die Vorthcile welche sich ohne Gefahr erreichen lassen, bis aufs Acußerstc zu verfolgen. Der Unterschied in der Behandlung der por tugiesischen und der französischen Ansprüche auf afrikanisches Gebiet ist offenkundig. England hat die scbr zweifelhaften und kaum zu begründenden Ansprüche Frankreichs auf das sogenannte Hinterland von Algier und Tunis bis zum Tschads« anerkannt, Portugal aber zur Aufgabe eines Be sitzes gcnöthigt, den eS nachweisbar schon vor Jahrhunderten gehabt hat. Da« ist ein Bcrsahrcn nach dem Grundsatz: „Ich bin groß und du bist klein", aber nicht nach Recht und Billigkeit, und wenn die Portugiesen, welche aus eine rubm volle Vergangenheit als Entdecker unbekannter Lander zurück blicken, darüber außer Fassung geralhen, so ist das wohl verständlich. Der republikanische StaatSaedanke hat in Portugal wesent licb an Boden gewonnen durch die vorjährige Umwälzung in Brasilien. Tie von Portugal auS gegründete Monarchie in Brasilien hat durch die Vorliebe der Tbrcnsolgeri» Dona Isabel und durch unzweckmäßige Uebereilung der Sclaven bcfreiung ein vorzeitiges und ÄpubÄ m übersehende« Ende gesunden, u Maßregeln Brasilien sich anfänglich nur ch siegreich gc- LL «SH L auch in Spanien und in I'al'en d.e "publcka",che^ S^^ an Kraft und Ausdehnung gewm.'.s°da^-ö d ^^^n, und Italien sind cs, welche d.e ^"'gi"fse ' P ' g ^ » einer ihnen an sich n.cht zu ommenten W cht'g -'t erder Die spanischen Republikaner besonders be°b-^euk-rev ^ tionaire Bewegung in Portugal mit gespannter it Sie sind mit der Lage im eigenen Lande höchst unzu- sricde» weil eine conservative Regierung die liberale SagastaS w°r»n K. u»'. "' /ff" Gew aschaft betrachteten da« Ministerium Saaasta als eine heute noch gut monarchisch gesinnt .st, aber -uM'.U->"M Canovas scheint ihnen so unvereinbar mit ihren Bestrclungen, daß sie sich gegen dasselbe offen auflchnen. Was könnt diesen Leuten also willkommener sein, als eine republikanische Schilderhebnng in Portugal, welche da» Hau- Braganza de» ^ Wir wollen hoffen, daß eS Dom Carlo« ^ingt, d" Be- weauna in Portugal Herr zu werden und dem Abkommen mst England einen Inhalt zu geben welcher d>e Zustimmung der portugiesischen Volksvertretung findet, denn davon hängt die Wiederherstellung drr Rübe in Portugal m erster Lime ab Was geschehen würde, wenn die Republikaner m Por- tugal die Oberhand behielten, laßt sich mcht ermessen aber ein solcher Umschwung könnte für ganz Europa verhängniß- voll werden. Die Spanier sind ein heißblütiges Volk, da« haben sie in diesem Jahrhundert oft genug bewiesen, und die Monarchie ist in Spanien keineswegs so fest begründet, baß sie nicht über Nacht ,n eine Republik verwandelt werden konnte. Gegenwärtig sind die CortcS in Spanien nicht versammelt, aber wenn sie einberusrn werden, dann können sich leicht schlimme Dinge abspielen. Glücklicherweise ist da« Ministe rium Canova« m der Lage, den Kammern mit einem auS- wäitigen Erfolge aufwarten zu können, in Marokko hat Spanien eine feste Haltung gezeigt, die ihre Wirkung nicht verfehlt hat, aber um so schlimmer sind die Ergebnisse der Streikbewegung in den Provinzen Catalonien und Valencia, wo die Repubukaner ihre Macht deutlich dargethan baden. Diese Andeutungen genügen, um zu zeigen, wie ernst die republikanische Bewegung in Portugal ist und welche Folgen sich daraus entwickeln können, sic beweisen aber auch, daß der Anstoß zu weltbewegenden Ereignissen von einer Seite auö- gehen kann, von welcher man ihn am wenigsten erwartet. * Leipzig, 21. September. * Zum „Londoner Sclaverei-Humbng", der jetzt in seinem ganzen unglaublich frivolen Schwindel enthüllt ist, bemerkt die „National-Zeitung": Daß der Zanzibarcr GcwälirSmann der „Times" ei» frecher Lügner ist — eS grcbt keinen milderen Ausdruck, welcher der Sachlage entspräche —, ist danach erwiesen. Es kann aber auch kein Zweifel darüber bestehen, daß die „Times" selbst und diejenigen anderen englischen Blätter, welche in dasselbe Horn stießen, durch- aus böswillig gehandelt haben. Eine Zeitungs-Redaction kann durch eine» unzuverlässigen Correspondenten zur Verbreitung einer un richtigen Meldung veranlaßt werden; das ist entschuldbar. Aber unentschuldbar wäre eS schon, eine so völlig unwahrscheinlich klingende Mitthcilung zum Anlaß der gröbsten und beleidigendsten Ausfälle gegen eine befreundete Regierung und ein befreundetes Land z» nehmen, statt die Aufklärung von deutscher Seite abzuwarten. Wir glauben deshalb nicht an die bona ticloe der „Times", und zwar um so weniger, da ihr heute im Wortlaut vorliegcn- der Artikel über das erste Dementi des „ReichSanzeigers", in dem an diesem in abermals arrogantestem Tone hcruiiigenörgelt wird, den bösen Willen des Blattes deullich darthnt. Nach unserer schon angedeuteten Meinung bat man eS mit einer, im Interesse der englischen Colonialnntcrnehmunaen in Ostafrika angezeltelten Jntriguc zu thun. Der vermöge seines Radicalismus von vorn- herein verdächtige Erlaß des Sultans von Zanzibar über die Sclavcrei war vcrmuthlich die Einleitung derselben. Nachdem die deutsche Regierung sich nicht zur ernsthaften Nachahmung dieser Komödie hatte verleiten lasten, hat möglicherweise die plumpe Be- rechnuna bestanden, sie und die öffentliche Meinung Deutschlands werde sich durch Len Lärm eines Theils der Londoner Presse in eine unhaltbare^ unsere Colonialinteressen gefährdende Stellung- nähme zu der Sclavenfragc hincindrängen lassen. Aber auch wenn der ganze Zwischenfall vorläufig nur auf eine Discrcditirung der deutschen Colonialpolitik berechnet war, aus der man erst später dirceten Vortheil zu ziehen hoffte, wäre er lehrreich. Es ist unverkennbar: deutscherseits ist in den letzten Monaten zu viel Brimborium von der „englischen Freundschaft gemacht worden; dies hat manchen Leuten lenseit des Canals die Köpfe verwirrt. Man .'E die deutsch-frci,innigen Blätter, auf deren theils gläubiges, thcils böswillig berechnetes Nachbeten der englischen Unwahrbciien gegen die deulschen Colomalintcressen sich „Times" und Genossen berufen' an der Kriecherei vor England nicht hindern. Ucberall sonst m Deutschland aber wird di- neueste Erfahrung, in der etwa« -um Vorschein gekommen ist, als Kritiklosigkeit oder Böswilligkeit eines langst seines Irüheren Ansehens verlustig mahn?»"'" Londoner Blattes, hoffentlich zu einiger Zurückhaltung d"/H°uS beizustimmen. Wenn wir nur ,-e^ balbe Afrika, mit dem wir die überaus schätzbare englische Freundschaft erkaufen mußten, wieder hätte»! Wir wollten ,a dann auch gern in einem etwaigen europäischen Krieg auf die Unterstützung der famosen englischen Garde regimenter, die alle vier Wochen einmal meutern, verzichten ,3 an welchem Tage eine Volks- zabluna ,m Deutschen Reiche staltsindet. soll, wie in aÜen""Der^"'' '".sämmtliche»Schulen auS- ^ ^//uß'sche CultuSministcr erwartet, daß die bebrer bereit sein werden, sich an dem Zäblgeschäft mithelsend °der anderen Weise zu beteiligen Dagegen sollen Schüler dazu nicht hcrangezogen werden Deu.Äla»^. deSA.ssn.seS „Andi-Arbcit-r Folgend?«! v-rliner Eorrcspondenz gau virlj gebliche U»b worden seien. seiten- de« WelfeusoudS sehr übet vermerkt rde glaubt deshalb, zumal der Ausruf ohne umml Angabe deS Drucker« erschienen ist, daß hier strafbare Beweggründe vorliegen, welche znm Mindesten unter d«, Begriff d«S „groben Unfugs" fallen dürste». Ls fanden in Folge dsssen während der schüre Aufrufes völlig _ . angeregte Idee von einer aaderea, ihneu unbekannten Persönlichkeit aumcgriffen worden sein, ioelcht durch die Versendung de« Ausrufes den. Erscheinen der angekündtgteu Broschüre habe zuvorkommen wollen. Die Polizei glaubt jedoch, daß die- zu« Theil nur Aus- flüchte seien, weshalb einem hierbei betheiliglen jüngeren Schrift- stell« vr. P. seitens deS ihn vernehmenden Pollzeicommtfsars aus- >egeben nmrde, binnen 24 Stunden den Namen de- Druckers jenes «lusruseS miizutheilen, widrigenfalls gegen denselben wegen Zeuguiß- verweigerung eingeschrittcn werden müsse. * Gegen die Erbansprüche de- BarvnS v. Rnttenstein (deS Sohnes de- Prinzen Leopold von Coburg und der jüngst verstorbenen Constanze Geiger) wendet sich folgende (telegraphisch bereits kurz erwähnte) Erklärung der amt lichen „Coburgrr Zeitung": „Ter Prinz Leopold von Coburg hetrachete am 23. April 1861 daS damalige Fräulein Lo»slanze Geiger. Der vor der Ehe, am 12. October 1860, geborene Sohn wurde von seinem Vater adopttrt, und Mutter und Sohn erhielten aus Veranlassung deS Chefs de« Hause» erst am 24. Juli 1862 des Titel Baronin und Baron von Ruttenstein. Prinz Leopold hat, alS er seine Ber- mählung vollzog, schriftlich erklärt, „daß er für seine Frau und seinen Sohn nt« eine Subvention vou Seiten de- herzoglichen Hause- beanspruchen werde, wa- auch für deu Fall seine- Todes Giltigkeit habe. Nach dem Ableben de- Prinzen Leopold sah sich Prinz Philipp von Lobura veranlaßt, dem rungen Baron v. Rutten- sleia ein Leibrente für dessen Lebenszeit im Betrag» von 10000 sl. ö. W. pro Jahr auSrusetzen. Damals hat der Baron auf alle weiteren Ansprüche schriftlichen Verzicht geleistet. Wenn trotz- dem jetzt versucht wird, in dem von Advocaten berathenkn jungen Mann« irrige Ansichten wachzurufen, die ihu obenein in Wider- spruch zu seinem ausdrücklichen Verzicht setzen würden, und wenn nach pikantem Stoff begierige Blätter sich b»eisern, das Märchen vom coburgischeu Pseudopriuzen weiterzntragen, so kann das weder von den Advocaten, noch von den Blättern Wunder nehmen. Es ändert aber nicht da- Geringste an der Thatsache, daß das herzog liche HauS dem erst später legitimirten natürlichen Sohne der ver- storbenen Baronin von Ruttenstein gegenüber keinerlei Ver- pfiichtuuge» hat." » * « * Sehr verschiedenartig lauten die Meldungen Über die Art und Weise, wie man in den maßgebenden türkischen Kreisen die armenische Frage auffaßt. Es wurde mehrfach berichtet, daß der Sultan selbst Veranlassung genommen hat, zu versichern, er wolle den Armeniern Alle- gewähren, was sie nach Fug und Recht beanspruchen können, und erst ganz kürzlich hat der Beherrscher aller Gläubigen aus eigenem An triebe bei einem Empfange des österreichischen Botschafters Baron Calice das Gespräch auf die armenische Angelegenheit gebracht und von Neuem aeäußert, daß es in seinen Absichten liege, jeden berechtigten Wunsch der christlichen Armenier im türkischen Kleinasicn zu erfüllen; nur seien die vvrgekommcucil Ereignisse vielfach, zumal von der englischen Presse, über trieben und sein bestes Wollen sei von dieser Seite fortgesetzt und geflissentlich verkannt worden. Den Wortführern tcr Armenier außerhalb der Türkei sei es übrigens nicht um Reformen, sondern einfach um die Erreichung politisckier Selbstständigkeit zu thun. Zu der englischen Presse dieser Richtung ist der conservative „Standard" nicht zu zählen, und deshalb verdient eine Meldung desselben Beachtung, welche im Gegenthcil wenig guten Willen der türkischen Minister erkennen läßt, den Armeniern zu ihrem Rechte zu verhelfen. Der „Standard" berichtet vom 15. September auö Konstantinopel: Ais der Großvezier dem Justizminister Niza Pascha dessen Ernennung zum Mitglied der armenischen Commisston ankündigte, erwiderte Riza: „Dann muß man Armeniern und Griechen zu ver- tehen geben, daß sie sich zu fügen haben, oder schlimm ahren." Der Großvezier stimmte dieser Bemerkung bei, was zeigt, n welchem Geiste der Präsident der Commission sein Versöhnung», werk beginnt. In der ersten Sitzung der Commission bezweifelte Riza Pascha daS Recht des Patriarchen, mit der Pforte mittelst einer amtlichen Note, eines sog. Takrir, zu verkehren. Patriarchen könnten, sagte er, an die Pforte Petitionen richten, wenn sie etwas wünschten. Sie hätten aber kein Recht, eine Form zu gebrauchen, wie sie unter den Staatsdepartements üblich ist. Da der Takrir stets die Art der Mittheilung »wischen der Pforte und den Patriarchate» gewesen ist, so war dieser Angriff auf seine Privilegien zu viel für die Geduld des Monsignore Aschiklan »nd er legte sofort seinen Posten nieder, indem er Krankheit vorschützte. Dem Ver- nehmen nach will sich der Nattonalralh weigern, einen neuen Patriarchen zu erwählen, sich vielmehr auslösen und die Pforte, wenn er es ihr mittheilt, an den Katholikos von Etschmiadzin verweisen, wenn sie der armenischen Kirche etwas mitzulheilen hat. * Unter der Ucberschrift „Roma!" bringt die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" die folgende NcminiSccnz: Leute, am 20, September, sind zwanzig Jahre verflossen, seit die Armee Victor Emanuel's in Rom einrückte, empfangen vom Jubelrus der Bevölkerung der ewigen Stadt. Seit der Zeit, da die Söhne des MarS am Tiberstrand von der Wölfin gesäugt wurden, hatte unabänderlicher Schicksalsspruch das italische Imperium mit deu Sieben Hügeln verknüpft. Dieses Imperium hatte im Reiche der Cäsaren die gewaltigste Cenlralifation geschaffen, welche die Völkergeschichle kennt. Die germanischen Eroberungen ließen die bunteste Vielheit staatlicher Gebilde zurück. Aber sobald mit dem Erwachen der neuen Zeit ein nationales Gefühl sich zu regen be gann, so bestand für Nicolü Macchiavelli und alle einsichtigen Patrioten seiner Zeit kein Zweifel, daß nur mit Rom die Wieder geburt Italiens sich vollziehen könne. Aber noch Jahrhunderte sollten verfließen, ehe überhaupt die Hoffnung sich befestigen konnte, daß das Schicksal Len Wünschen nnd Träumen der Patrioten Verwirklichung bringen werde. Und der Weg, der zum Ziele führen mußte, war erst gefunden, als die zu immer hellerem Bewußtsein erwachende Volksseele Italiens in dem Avuoti 8»voiu de» Nordens das Losungswort ihrer Zukunft erkannte. Im Augenblick, da es galt, der Idee eines geeinigten Italienischen Volkes ihr Recht »u verschaffen im Rathe der europäischen Mächte, da erstand auch der Staatsmann, dessen Kühnheit und Scharfblick eS verstand, zur Macht zu erheben, was soeben noch ein „geogra phischer Begriff" gewesen. Italien hatte seinen Cavour. Unter seiner Führung lernten die Völkerschaften mehr und mehr dem tapseren Herrschcrgeschlechte vertrauen, welchem Verdienst »nd Schicksal längst die Königskrone Jtnliens zucrkannt Hutten, Von dieser Zeit ab ist in Deutschland und Italien immer leben diger daS Bewußtsein erwacht, wie ähnliche nationale Ziele und
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite