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Urdarlion n»d Lkprdition Johainiesgasie 8. Aprrchlliiiidrn dcr Nr-grlio»: VorinittagS 10—12 ttbr. Nachmittag- 5—6 Uhr. -IN tlk siuag-de einqklantlkr M.imilcrchte «!a-t Itch tie Sledaclio» nicht vcrbmdUch. «nnahme »er für »ie nächstfolgende 9«»il»»cr bestiniiuteu Inserate an Wochentagen bis L Nbr -iachintttagr» an L onn- n»0 Festtagen früh bis ' ,0 Uhr. 3n dr» /ilialr» für Ins.-Ä»nnl>me: Ltto «lenim's Sortini. <?llsred Hahn). Ilniversitätsfiraß« 1, Louis Lösche» katharinenstr. 14 pari, und König-Platz 7, nur bis ' -S Uhr. 277. Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgcschichte» Handels-HeMtsvcrkehr. Sonnabend den ö. October 1890. Abonriementsprei- vierteljährlick 4»/, Mk. tncl. Bringerlohn 5 Mk , durch dir Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Stummer M Pf. Belegeremplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» (in Tageblatt-Format gesalzt» ohne Postbeiorderung 60 Mt. Mit Postbefördcrung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröhere Schriften laut uns. Prei-verzeichnih. Tabellarischer». Ziffernsatz nach hoherm Tarif. Keltamen unter demRedactionSstrich die Sgespalt. Zeile 50 Ps.» vor den Familien Nachrichten die 6gespaltene Zeile 40 Pt. Inserate sind stet- an di« Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenumeramio oder durch Post nachnahme. 81. Jahrgang. »*- Wegen -er Messe -M» ist unsere Expedition morgen Sonntag Vormittags bis IS Uhr geöffnet. LxiieiUtlon äos Amtliche Bckallntmachllngen. Lekanutmachung. Die Steuerpflichtigen unserer Gemeinde, welche noch mit Gemeinde beiträgen für das laufende Jahr im Rückstände sind, werden hier- durch aufgcfordert, diese Beiträge sofort und bis spätestens Vrn 15. October d. I. zu entrichten, da andernfalls zwangsweise Beitreibung der rück ständigen Skeuerbeträge erfolgen wird. Leipzig, den 2. Oktober 1800. Der Vorstand der Israelitischen ReligtonSgcmeindc zu Leipzigs Holz-Äucliou auf Zwenlauer Staatsforstrevier. Montag, den 2V., und LtrnStaa, den 2k. Letobcr dss. IS.» von Vormittags 10 Uhr an sollen folgende von Durchforstungen in den Abtheilungen 3ao und 4p; ansbcrcitete Nutz- und Brennhölzer, als: 112 Stück sichten« Klötzer von 10—15em Lberstärke, 4 m Länge, 28 - - - - 16—22 - - 4 - - 4860 - » Derbstang. von 8—S am Unterst.) 7,0 1770 » » « » 10—12 « » > 260 . - - . 13—15 - - / 13520 - » Reisstang. - 4—6 - - t 4—8 m 4000 -- - -7 »»/ Länge, 13 Rm. harte Breunknüppel, 14 - weiche 42 Langhaufcn hartes Brennreisig I. Cl. und 4 - weiches - I. - meistbietend gegen sofortige Bezahlung und unter den vor Beginn der Aucrioy bekannt zu machenden Bedingungen versteigert werden. (Versammlung auf dem X Flügel, Schneise 3 4.) Zahlstelle im Gasthaus „Zum bayerischen Hof" in Gaschwitz. Auskunft crthcilt die Unterzeichnete Revierverwaltung. königliche Forstrcvierverwaltung Zwenkau und Königliches Forstrcntamt Wurzen, am 26. Sepiemder 1890. Lomlcr. Geißler. Englands internationale Stellung. ES ist daS Wesen der Politik, daß sie nicht durch Gefühle, sondern durch Interessen bestimmt wird, aber die Politik ist sicher die beste und gesundeste, welche mit den natürlichen Neigungen der Völker übereinstimmt. Die Rassenunterschicde sind nickt immer taS AuSscklag Gebende in den Beziehungen der Völker zu einander, es haben sich Verschmelzungen völl- ogen zwischen Nassen, die sich, unvermischt, noch beute kindlich gegcnüberstebcn, nur zwischen Germanen und Slawen, und andererseits baden sich iLtamineszenossen bis zur Tod feindschaft von einander entfremdet, wie die Kämpfe beweisen, welche zwischen den Bewobnern des südwestlichen Europas ausgefochte» worden sind. Auch die Veraangenhctt Deutsch lands gewäbrt viele traurige Beispiele sür diese Thaksache. Heute «st es hauptsächlich das NationalitätSprincip, welches die Völker eint und scheidet. Seit der Einigung Deutschlands und Italiens ist auch die slawische Einheitsbewegung in Fluß gekommen, welche jedoch bis beute ihren Mittelpunct noch nicht gefunden hat, wenn auch Rußland die Führung in dieser Bewegung beansprucht. Abgesehen vom NationalitätSprincip bat aber das FricdenS- bedürsniß in Europa einen Bund zwischen drei Großmächten geschaffen, welcher in der Hauptsacke durch politische Gründe zu Stande gekommen ist. Am festesten in dieses Bündniß da, wo zugleich die Stammvcrwaudtschaft der Verbündeten in Betracht kommt, wie zwischen Deutschen und Oesterreickern, mit Schwierigkeiten und Hindernissen bat cö da zu kämpfen, wo Rassenunterschiede vorwalte», wie in Böhmen und in den italienischen LandeStbcilen Oesterreichs, welchen geschichtliche Erinnerungen auf italienischer Seite entsprechen. Hier gerät!, das NationalitätSprincip mit der Politik in Widerstreit, weil cs bei den Czccken wie bei einem großen Tbeil der Italiener an politischer Reife fehlt. Ihre Politik ist von Empfindungen angekränkelt, welche aus politische Erwägungen niemals Cin- fluß gewinnen dürfen. Neben dem Dreibund bestehen in Europa drei Groß staaten, welche in keinem festen Berhältniß zu einander sieben. Rußland ist mit Frankreich nur durch freundschaftliche Zu neigung verbunden und England hat sich ein besonderes Verhältniß zu den übrigen Großmächten zurecht gemacht, was schwer zu defimren und mit dem auch wenig anzusangen ist. England neigt dem Dreibund zu, ohne bestimmte Ver pflichtungen sür den Kriegsfall übernommen zu haben und giebt im Uebrigen vor, mit aller Welt in Frieden und Freundschaft leben zu wollen. Das ist ein für England sebr bequemes, für die übrigen Großstaaten aber sehr unbequemes Verhältniß. Zum Dreibund als Ganzem unterhält England gar keine Beziehungen, cs begnügt sich damit, seiner Billigung dieses Bundes »nd dessen Zwecken bei jeder passenden Ge legenheit Ausdruck zu geben. Im Einzelnen gestaltet sich baS Verhältniß so, daß England von Freuiidschatt und Zuneigung sür Deutschland übcrfließt, so lange seine wirklichen oder seine angcmaßten Interessen dabei nicht in Frage kommen. Es gab eine Zeit, in welcher die Vernnitbung auskommen konnte, eS bestehe volles Einvcrständniß zwischen England und Deutschland darüber, daß im Kriegsfälle die englische Flotte mit der deutschen zusammen gegen den gcmciiiiamen Feind operiren würde, während Deutschlands Landbecr England gegen einen feindlichen Angriff z» Lande schützen würde. Eine solche Abmachung ließe sich hören, aber sie ist nach Lage der parlamentarischen Verhältnisse in England nicht zu erwarten, nach welcher jederzeit ein System- Wechsel eintreten kann, sobald die Mehrheit dcS Parlaments ihn hcrbeiführen will. Auf Salisbury kann Deutschland zählen, auf Gladstone kaum. Deshalb ist auch ein solche« Bündniß nicht zu Stande gekommen und wird auch in Zu kunft schwerlich abgeschlossen werden. Inzwischen ist aber etwas Anderes geschehen, waS zur Befestigung deS Freund schaftsverhältnisses zwischen England und Deutschland dienen ollte, aber gerade in daS Gegentheil umgeschlagcn ist. Deutschland ließ sich a»S Gefälligkeit und um England seinen guten Willen zu zeigen, herbei, ihm Gebiete in Afrika ab zutreten, auf welche England großen Werth legt. Diese Un- cigcnnütziakeit ist aber Deutschland schlecht bekommen, denn die Beziehungen zwischen den Engländern und Deutschen in Afrika haben sich seitdem nicht verbessert, sondern verschlechtert. Nun ist eS aber doch ein eigenes Ding, baß zwei Völker in Europa gute Freunde sein sollen, die sich in Afrika wie Hund und Katze gegenüber stehen. Wird cs möglich sein, diesen Gegensatz auszugleichen? Wir wünschen cs, aber wir glauben eS nicht. Mit Oesterreich-Ungarn steht England auf dem besten Fuße, die Ossiciere der beiderseitigen Flotten begrüßen sich aufs Freundschaftlichste, wo sie sich begegnen und veranstalten Festmähler, um sich gegenseitig zu feiern und zu ehren DaS wird England sebr leicht, weil die englischen Interessen mit denen Oesterreich-Ungarns schwerlich jemals in Widerstreit zeratben können. Ans der Balkanbalbinsel hält eS England, 0 lange eS ohne Gefahr geschehen kann, mit der selbst ständigen Entwickelung der Balkanstaaten, zieht also mit Lesterreich-Ungarn denselben Strang. Opfer an Geld und Blut werden dadurch nicht nöthig, also geht die Sache. Mit Italien hat England nock näher liegende Berübrungs- puncte durch die beiden gemeinsame Mittelmeerpolitik, durch welche verhindert werden soll, daß Frankreich sich zum Herrn dieses Meeres macht. Italien hat deshalb England längere Zeit den Hos gemacht, bat eS aber dock nicht hindern können, daß Frankreich die Schutzberrschaft über Tunis errichtete, und wenn heule die Ereignisse in Marokko oder in Tripolis eine Wendung nehmen, so ist eö auch noch sehr zweifelhaft, ob England eine Flotte absenden wird, um der französischen Flotte gemeinsam mit der italienischen und spanischen gegen über zu treten. Auch die Neigung, welche England sür Italien verspürt, ist eine rein platonische oder vielmehr, da diese Bezeichnung für daS, was England empfindet, viel zu ideal gewählt ist, von der Frage abhängig: „WaS habe ich davon?" In diesem Augenblick schweben Verhandlungen zwischen England und Italien wegen Abgrenzung der beiderseitigen Gebiete in Afrika. Die Unterhändler haben die Verhand lungen unterbrochen, um sich neue Instructionen zu holen. Dem Vernehmen nach handelt eS sich um Kaffala, um da sich England früher nie gekümmert hat, das ihm aber jetzt, nachdem der Weg von Mombassa nach dem Victoria Nyanza freigelegt ist, werlhvoll erscheint. Auch Italien wird bald cnug erfahren, waS die englische Freundschaft zu bedeuten at. Nichts wie Redensarten, wenn es sich aber um Thaten handelt, dann ist England nickt zu Hause, eS sei denn, daß ein bandgreislicher Vortbcil dabei zu Tage tritt. England bat vor einiger Zeit mit Portugal ein Abkommen über die Abgrenzung der beiderseitigen Gebiete in Afrika ge troffen, welches dort Alles in Frage gestellt hat. DaS Land ist im Aufruhr und das Volk richtet seine leidenschaftliche Er regung gegen die Dynastie, um dadurch einen Druck auf England auSzuübcn. Die englische Regierung antwortet daraus mit der Drohung, den ganzen portugiesischen Colonial- besitz in Afrika einzubcimsen, wenn Portugal noch länger Widerstand gegen die Bestimmungen des Abkommens zu leisten wagt. Hier hat England freie Hand, weil Portugal ihm nicht entfernt an Macht gewachsen ist, anderswo werben alle möglichen Finten und Kniffe angewandt, um ans Umwegen anö Ziel zu kommen. Mit einer so geartete» Macht ist es nicht möglich, ein wirkliches Freundschaftsverhältnis; zu unter halten, man thut am Besten, wenn man ihr gegenüber die größte Zurückhaltung bewahrt und lediglich die eigenen In teressen zu Rathc zieht. * Leipzig, 4. October. * Die Ankunft dcS Königs von Griechenland in Berlin wird gemäß den letzten ans Kopenhagen ein- gcgangenen Nachrichten am nächsten TienStag erfolgen. In der Begleitung deS Königs wird sich sein dritter Sovn Prinz NicolaS befinden, von welchem noch unbestimmt ist, ob er in Berlin bebufs seiner weiteren mititairischcn Ausbildung bleiben oder seinem Vater nach der griechischen Heimat» folge» wird, um dann im nächsten Jahre zu länger dauerndem Aufenthalt nach der Reichshauptstadt zurückzukebrcn. Bevor König Georg die Rückreise nach Athen antritt, wird er der Kaiserin Friedrich auf Kronberg einen Besuch abstatten. Er gedenkt diesen Abstecher auf seiner geplanten Reise nach Paris zu machen. Von der französischen Hauptstadt wird der König von Griechenland Wien berühren und dann in Athen eintrcffen. * Die ReichS-Schulcommission, welche bekanntlich die Aufgabe hat, aus Erfordern des Reichskanzlers Anträge zu begutachten, welche die Berechtigung höherer Lehranstalten zur Ausstellung von Zeugnisse» über die wissenschaftliche Be fähigung für den einjährig freiwilligen Militairdienst bezwecken, ist unter dem Vorsitz des Präsidenten dcS Bundesamtes für das Heimatbwesen, Weymann, vor einigen Tagen wiederum zu Berathnngcn zusammengetretcn gewesen. * Die Commission, welche zu Vorschlägen für die Um änderung des Militairstrafprocesses berufen worden ist, wird in den nächsten Tagen wieder zu Sitzungen zu- sammrntreten. Ein engerer Ausschuß hat bekanntlich im Sommer die Vorarbeiten hierfür sertiggestellt. * Am 1. October waren cs zehn Jahre, seit der StaatS- ministcr von Bötticher aus der Stellung eines Ober- präsidentcn von Schleswig-Holstein an die Spitze dcS Reichs- amts des Innern berufen wurde. Große Errungenschaften vo» dauerndem Wcrtbe sind es, ans welche Herr von Bötticher als Früchte seines zehnjährigen Wirkens an dieser hervorragenden Stelle zurückblickcn kann. Gekennzeichnet wird diese Periode vor Allem durch die Ausführung des social- polilijchen Programms, welche- die kaiserliche Botschaft vom 17. No vember 1881 in großen Zügen vorgezeichnet hatte. Das Kranken- cassengesctz, die UnsallversicherungSgeietze und zuletzt daS JnvaliditätS- und Altersversicherung«^!«» bezeichnen die Etappen aus dem Wege zur Erreichung dieses großen Zieles. Wen» aber auch diese socialpolitische Gesetzgebung und deren Durchführung die bedeutsamsten Erfolge der AmlSthäliateit Herrn v. Bötlicher's ausmachen, so beschränke» sich die Ergebnisse derselben keineswegs aus dieses Gebiet. Der in rascher Ausführung begriffene Nordostscecanal stellte dem R"che«um aroßarngucn Anlagen, welche Förderung deS Verkehrs durch p,r Erweiterung der emuIS unleruommen ynd. Tk",e vn C rntt^ ^ P„kehrs trägt die fördernden Thäligkcit des d'n und dem Stillen Linrichtung subeniwn'rler Vollendung in Ocean. Tie Jtiaugr,,,nähme des .bk ch.wg. v ..^^ ^ctn der vcnigen Jahren in ^ nicht minderem Maße »iillsttiätigkeit Herrn von Bötticher s^i Errichtung .ebührt ihm das Verdienst um d.e Arderung ines Denkmals sur Kaffer Wilhelm I. Hallen zur Gcwcrbe- ibgeschcn, zu dem Autgezahtten » .. ^rduiinq des Lehrlings- .rdnung Hinz», welche um l^genstande hatten, vescns und die Förderung der Jnnu g ^ j>y„ffsElcii Wirkens. 0 erhält man das Bild e.nes "'A» und ^ !)ie im Laus, dieses J°kres N°lg.e «A'-iM °e ,uch der >ldlerordens a» Herrn von Bötticher vewei,,, daiser diese Verdienste anerk.-iint. - -en der Städte- * Tie »iedcr-osterreichischen Landtagswal,len u ^ >r„ppe — ausgenommen Wien mit lkffkn . ^ rgabkn die Wabl von 10 liberalen, 1 christlich-,oc.alen u i deutsch-nationalen Abgeordneten. * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung schreibt Tatilchtschew der bekannte russische dffvat- und n Sofia unter Andern: über em Gespräch öwNmen :n tzerweser des deutsche» Generalcon,ulats 'u ^' ^ bench c^ «^ ,nd in der Lage, zu versichern, daß das. was Herr T' 'ckma> w ibcr den Inhalt dieses Gelprachs gelchnebcn hat, in allen we,i ickien Vlincten lediqlich auf die Phantasie des Genannten zuruckzu,uhren ff Es ist auch specie ll unwahr, daß der dculsche Vertreter, Ahr. v.W °n,M- ,eim. dem Herrn Tatischlschew, w,e dieser bchaup et. d^ Unterredung nit dem Minister Stambulow vermittelt habe, -rer mit Layr ichmllng der russischen Interessen ,n Bulganen betraute deul,che Vertreter hat den ehemaligen russischen Diplomaten als d'c er h sprechen wünschte, lediglich ,n seiner E'genjcha t °>S ru stschen Interlbanen »nd daher «chutzbesohlenen des deutschen General Konsulats in höflicher und juvorkoininenderWcise emp,angen. vier. ins hat Herr Taiiichtschcw in seinen phantayereichen Vubl,cationen nit der Insinuation geantwortet, er habe Grund zu der Annah , )aß Herr v. Wangcnhcim trotz seiner und .^Ü'srung ichen Gegenversicherungen insgeheim in persönlichen Beziehungen >u dem Prinzen Ferdinand von Coburg stehe. Es bedarf kaum der tusdrücklichen Versicherung, daß diese Behauptung des Herrn Latischtschew eine bewußte Unwahrheit enthält. * Die deutsche „Petersburger Zeitung" stellt, aus gehend von dem würdelosen Verhalten eines TheileS der deutschen Presse gegenüber den Lügciiliachrichlcn der „Times" über die Sclavenfrage, die folgende ernste Betrach tung an: . . ^ » Ich glaube kaum, daß in irgend e»nem andern Lande die Presse der Opposition eine so antinattonale Hal- tung einnehmen würde. In England, in Frankreich, «n Italien würde sich die Presse aller Schattirungen zusammenstnden in der bestimmten Zurückweisung von derartigen Verdächtigungen der Politik ber eigenen Regierung. Es fehlt dem deutschen Volke eben noch immer jenes starke feste Nationalgefühl, da- dem Sluslande gegenüber keine Parteiunterschiede auskommen läßt. Diese- klägliche, kruppclhasleUnwcscu ist cineFolgc unscrerVergangenheit. Man darf hoffen, daß, wie sich krumme Gliedmaßen durch kräftigen Gebrauch grade ziehen, so auch mit derZcitdicwesammtheitverdeutschen Nationzu einem selbstbewußte» Organismus entwickeln wird, vorausgesetzt nur, daß uns die Zeit dazu gegeben ist. Mitunter will dies allerdings fraglich erscheinen, denn dieselbe Erscheinung eines mangelhaften National- Bewußtseins, die in jener Haltung der radikalen Presse der „Times" gegenüber hervortritt, hier aber im Ganze» mehr beschämend als gefährlich ist, zeigt sich auch in dem Wese» der Social- 'dcmokratie. Ter englische, der französische Svcialdemokrat hört nie aus, Engländer, Franzose zu sei» und sich als solcher zu fühlen Ihm ist das internalionale Moment Mittel zum Zweck: der englische Svcialdemokrat, der internationale Arbeiler-Ausstände anzettelt, weiß recht wohl, daß er damit die Eoncurrenzsähigkeit der fest- ländischen Industrie zum bessern Vortheil der englischen schädigt. Ter französische denkt durch die Lahmlegung des deutschen Wohlstandes die Last der militairischen Rüstung für uns unerträglich zu machen und dadurch beizulragcn dazu, daß der Drang nach Wiederherstellung des französischen Prestiges erfüllt werde. Dem deutschen Social, demokralen steckt der Internationalismus tief im Blute, eine bc- dauerliche Entartung des idealen Zuges im deutschen Wesen, die auch in dem deutschen Kosmopolitismus zu Ende des vorigen »nd zu Anfang dieses Jahrhunderts zum Ausdruck gelangte. Die krank- haften Ericheinungen jener Periode im BUrgerthui» sind überwunden worden. Wird sich dies auch i» Bezug aus die deutsche Arbeiter welt erwarten lassen? Ich denke optimistisch genug, um diese Frage bejahend zu beantworte». Allein bei der gewaltigen Veränderung, die sich in de» Einrichtuiigen des StaatslebenS vollzogen hat, wird man sich darüber nicht täuschen können, daß dieser Heilungs- proceß nicht ohne ernste Krisen verlausen wird. Es bedurfte der eisernen Fuchtel, die Napoleon I. über Deutschland schwang, um die deutschen Kosmopoliten zu einer besseren Einsicht zn bringen; die Anschauungen der Arbeiter über den Internationalismus zu Nären, werden diese selbst die Erfahrung machen müssen, daß derselbe nur ein verderbliches Trugbild ist. * Der schweizerische Nationalrath hat nach viertägiger Debatte mit 07 gegen 35 Stimmen die Maßnahmen de- - Wie .... Stimmen die Maßnahmen de» stindesrathes ^ur Wiederherstellung der Ordnung im Canton iessin gulgebeißeii und die Ermächtigung zur Ergreifung all- illiger weiterer Maßregeln ertheilt. — Der Ständerath hat nen Antrag angenommen, wonach der BundeSrath die Grnnd- itzc aufstcllen soll, nach welchen zukünftig die Bewilligung on Concessicncn sür Bergbahnen erfolgen soll. * Die belgischen Klerikalen führen bei jeder Gelegen- eit das Wort „Freiheit" im Munde. Freiheit sür Jeder- aann, Gewissensfreiheit, Lehrfreiheit, Schnlfreiheit — kur, ie freiheitlichen Schlagwörter sind bei ihnen an der Tageö- rdnung. Das bindert aber nickt, daß bei jedem Anlässe er klerikale Fanatismus sich in einer Weise zeigt wie lian solchen am Ende des l9. Jahrhunderts nicht für mög- jch halten sollte. Sonnabend Nackt starb in dem vor den boren Antwerpens gelegenen Orte Bouchout ein drei »ind protestantischer Eltern. " lionatc altes Ki„v prote,iannja,er Eltern Die etzteren sckickic» Sonntag Vormittag ihr Dienstmädchen ru -m Bürgermeister Herrn Mo re tu«, uni den Tod deS indes anzumelten und dessen Bestattung anzucrdnen Der '»rgcrnicister erklärte sosort, daß das Kind, da eS nickt »holstck ,e,. nur Abends in der Dunkelheit nach 7 Uhr und 1 Anwkicnkcit mir des ToktengräbcrS und dcS Feldhüter« estattet werde» könne. DaS Dienstmädchen lebnte eS rund- >cg ah. den trauernden Ellern diese Mittheilunq zu ,„c nt bat dringend »in andere Maßnahmen. Obwohl der )e„,ci.,deserccla,r cmwarf, „der Herr Pfarrer" werte darüber »zufncden sein, gestattete endlich der Bürgermeister die Bc ^ ""'.?ie"^g früh 0 Ubr i„ den, „ich cweihlen Theile des Friedhofes - *- ^ O^rgan des italienischen wnjeilprasidknten hat bereits aus die tendenziöse» Ent- ellungcn h,„gewiesen, d.e der Mitarbeiter des Baris-. ,Figaro" sich >n seinem Berichte über da- Interview mit CriSpi zu Schulden kommen ließ. Der „National- l eitung" gehen nun nachstehende Mittheilungen zu: » Rom, 2. October. Aus guter Quelle erfahre ich, Crispi habe dem Mitarbeiter des „Figaro", St. CSr«, nur unter der Be- dingung einen Empsong bewilligt, daß er keinen Bericht über die gusainmenkunst veröffentlichen würde. Richtig ist der Bericht selbst nur in folgenden Sätzen: Der Dreibund habe lediglich friedliche gwecke. er sei noch nicht erneuert. Die Rüstungen ruiniren Europa 'um Vortheil« Amerikas. Im Uebrigen habe St. CSre die alten chographikn Crispi's benutzt, vieles übertreibend, manches erfindend. Die Pariser Blätter unterlassen inzwischen nicht, nach dem Vorgänge St. Evre's allerlei Phantasien über die an gebliche Nichlcrneueniiig des europäischen FriedenSbündnisseS zu veröffentlichen. Vielfach waltet dabei die Absicht vor. Näheres über die Modalitäten des Dreibundes zu erfahren, indem ein bezügliches Dementi herbeigeführt werden soll. Der Verlaus der Zusammenkünfte des Kaisers Wilhelm mit dem Kaiser von Oesterreich muß die Widersacher deS FriedcitSbnndeS zunächst belehren, daß der Plan, Miß trauen zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn zu säen, völlig mißglückt ist. Zn Bezug auf Italien werden die ranzösischen Chauvinisten und russischen Panslawisten sich ebenfalls arg verrechnen. In welcher Richtung sich die fran zösischen Phantasien bewegen, erhellt unter Anderm auch aus den vom Bureau „Herold" telegraphisch übermittelten Wiener Informationen deS „Matin": Vor Ende des Jahres wird Italien vor daS Ultimatum gestellt, ich über die Erneuerung der Tripelallianz zu äußern. Italien hat zurBedingung gemacht, daß ihm völlig freieAction in Tripolis (?) überlassen bleibe, und Lrispi beabsichtigte, noch vor den Wahlen von Tripolis Besitz zu nehmen. Der italienische Cabinetschef suchte ich Frankreichs Zustimmung zu diesem Vorhaben zu versichern und ließ durch Specialgesandte bei dem französischen Minister des Auswärtigen ansragen, wie Frankreich sich hierzu stellen würde. Ribot antwortete in halbamtlicher Weise ausweichend, und diese Antwort wurde in Rom als stillschweigende Zustimmung betrachtet. Crispi entsandte nun das Geschwader, das aus den Panzerschiffen „Bittorio Emanuele", „Vittore Pisani" und „Conte die Cavonr" besteht, von Malta nach Syrakus, wo es bereits eingetroffen ist. DaS Geschwader soll durch die Panzerschiffe „Jtalia", „Dan- dolo", ,,Jl Ruggiero di Lauria" und die Kreuzer „Mozainbico", „Goito , „Confidenza" und „Partenope", befehligt vom Admiral Lovera di Maria, ferner „Lepanto", „Montebello", „Piemonte", „Togali", sowie das vom Herzog von Genua befehligte Torpedo- Geschwader verstärkt werden. Die Besatzungsniannschasten haben am 17. September in Spezia Revue passirt. Wegen dieser mili tairischen Vorbereitungen wurde die englische und die französische Flotte nicht ringeladen, bei Gelegenheit des Staoellaufes der „Sar- degna" in den Hasen von Spezia »inzulausen. (?) Man weiß nun degna" . , nicht, ob LriSpl das Project der Besitznahme von Tripolis auS- führen wird, ist jedoch überzeugt, daß er irgend etwas Großes vor bereitet, um die durch die Tripelallianz nothwendig gewordenen Ausgaben für die Armee zn rechtfertigen, den Patriotismus zu heben und angesichts der Wahlen die Jrredentisten zum Schweigen zu bringen. * Die „Agence de Belgrade" meldet, in oppositionellen Kreisen seien Gerüchte über eine Ministerkrise verbreitet, dieselben seien aber unbegründet und schienen zum Theil durch die vom König Milan verfügte Entlastung des Gouverneurs dcS Königs Alexander, Dokic, veranlaßt zu sein. Der Ent schluß Milan's habe in radikalen Kreisen große Verstimmung bervorgerusen und man höre in denselben äußern, daß die Regierung kierdurck sich zu einem energischeren Vorgehen als bisher veranlaßt fühlen dürfte. * Der Papst empfing den von seinem Urlaub hierher urückgekehrten preußischen Gesandten von Schlözer in ndicin. * Ein Telegramm auS Jersey schreibt dem General Doulanger die Absicht zu, nach Malta überzusiedeln. Der General hat sich auch entschlossen, die Veröffentlichung des Herrn Mermeix nicht unerwidert zu lasten. In einem etwa 350 bis 400 Seiten starken Bande, welcher den Titel „Die wahren Couliffcn des BoulangiSmuS" führen soll, will der Verbannte zwar einen Theil der Verantwortlichkeit sür die Vorgänge aus sich nehmen, gleichzeitig aber auch eine Reihe von Documenten und Briefen veröffentlichen, durch welche die Schuld der „Anderen" ebenfalls festgestellt werden soll. Es be finden sich in dieser Sammlung Briefe von den royalistischen Führern, dann von Laur, Deroulede, Naquet und Anderen. Nur von Lagucrre ist keine Zeile vorhanden. Dieser war nämlich schlau genug, mit dem General nur mittelst Telephons zu verkehren. Der General ist in seiner Schrift unbarmherzig, er huldigt darin dem Grundsätze „Aug' um Aug', Zahn um Zabn" und appcllirt an die öffentliche Meinung, um zu be weisen, daß nicht er allein der Schuldige sei. Nur gegenüber der Herzogin d'UzcS will der General noch Nachsicht üben, indem er an Stelle ihres Briefes ein großes Fragezeichen setzte. Offenbar ist dies jenes Schreiben, von welchem das Organ Boulaiiger's, „La Voix du Pcuple", versicherte, sein Inhalt sei „mehr menschlich als politisch". * Wie auS New-Nork gemeldet wird, erließ ein amerikanischer AuSseiiuß, dem auch die Gattinnen der früheren Präsidenten HaycS und Cleveland, sowie der General Wilson als Vorsitzende angehören, einen langen schwülstigen Aufruf an das Volk Amerikas um Beiträge zur Lin derung der durch das Mißrathen der Kartoffelernte in Irland entstehenden HungerSnoth. Die „Times" drückt tiefste Entrüstung über den Aufruf aus, den sie als unver schämt und lügenbaft bezeichnet, da eine Hunaersnoth in Irland nur in parncllitischen Blättern existire. !Die „TimeS" erblickt in dem Ausruf nur ein Wahlmanöver zur Beeinflussung der irischen Wähler anläßlich der bevorstehenden Wahlen in Amerika. Äug dem Lundesrathe. * Dem Bundesrat.he ist am Donnerstag die Novelle zum KrankenversicherungSgeletze zugegangen und von demselben in seiner Plenarsitzung den zuständigen Ausschüssen zur Borberathuna überwiesen worden Die Novelle Hot eine über mehrere Jahre sich erstreckende Vorgeschichte. Schon im Jahre 1887 wurde im Reichs- amt des Innern eine llommission von Sachverständigen versammelt, um über die dein Gesetze vom 15. Juni 1883 anhaftenden Mängel Gutachten abzugeben. Im Jahre 1888 wurde dann die Novelle im Reichsamt des Innern ausgearbeitet und so weit gefördert, daß in der Thronrede bei der Eröffnung der Reichstags tagung von 1888 89 ihre Einbringung in Aussicht gestellt werden konnte. Sie wurde jedoch in der genannten Session nicht vorgelegt, weil in derselben der Reichstag bis Ende Mai mit der Jnvalidttäts- und Altersversicherung beschäftigt war. Auch in der Tagung von 1889 !X) sah man von dieser Einbringung ab, weil durch de» Ablaut der Legislaturperiode im Februar 1800 die TagnngSzeit beschränk! war. Man wird von der Novelle keine grundstürzcnde Aenderung dcS ÜrankenversicherungSgesetzes erwarten