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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.07.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188907197
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18890719
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18890719
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-07
- Tag 1889-07-19
-
Monat
1889-07
-
Jahr
1889
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.07.1889
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Erste Leilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. LOV. Freitag den 19. Juli 1889. 83. Jahrgang. Der Gdcrstuhlrichler. Erzähl»»- vo» Karsli»« Deutsch. sich verändert, e» sah schmal und bleich au» und dir großen, I die geheimnlßvollr Gabe zu besitzen schien, aus de» Grund der dunkeln Augen batten rmen säst siederhasten Glanz. El lag I Erscheinungen zu seken. (Fortletzvig) XIV. Mehr al» zwei Jahre waren vergangen. E» mochte zehn Uhr sein und die Nackt war erst angebrochen, denn e» war »n Sommer. AuS den bellerleuchteten Zugängen de- National- theater» in Szeged», ergoß sich eine lebendig bewegte Menge. Lachend und plaudernd vrrlheilte sich der Men>cheustrom. Unter all den Plaudernden machte sich eine Grupve von Herren durch besonders lebhaftes und laute- Sprechen be merkbar. Ihre reichverschnürten Sammet-Altila» und Kalpak» gabcn ihnen ein reiche«, adelige» Aussehen; e» waren ein alter u»v zwei junge Herren. ..Nun. Cornel", sagte der Eine der jungen Leute, „habe ich Dir zu viel von ihr gesagt- Giebt eS noch Eine, die ihr gleicht, die so zu begeistern und Hinz,irrigen vermag? Und bedauerst Du noch, daß ich Deine Abreise verhinderte, bevor Du sie gesehen?" „Ich brauchte eS nicht zu bedauern, und wenn der Eintritt tausend statt nur drei Gulden gekostet hätte", versetzte der Gefragte. Baron Eornel Almasi, lebbaft. .Du hast nicht die Halste von Dein gesagt, wa- sie in Wirklichkeit ist. Wer kann den Schmelz ihrer Stimme, da» Feuer ihrer Augen, die Schönheit ihre- Antlitze», die Lebendigkeit ihre» Spiele- beschreiben; da» muß man gesehen haben." .Und doch ist sie nur der Schatten von einst", unterbrach jetzt der ältere Herr mit ernstem Tone die begeisterte Rebe de- jungen Manne». .Oheim Szentivany. wie kannst Du nur so etwa» sagen ries Gabor mit säst entrüstetem Tone. „Kaum der Schalten von Dem. wa» sie früher war", wiederholte Gras Ernst Szentivany mit demselben ruhigen bestimmten Tone. „Ich habe die Arany gekannt und gehört, al» sie wirklich noch die Arany war. Jetzt nennt sie sich zwar wieder so. aber ebensowenig sie zu ihrem Mädchen namen berechtigt ist, ebensowenig ist sie e» zu ihrem alten Künstlerrubme." .War sie kenn verheirathet?" fragten die jungen Leute zu gleicher Zeit. etwa» Unruhige», Ungeduldige», Unstäte» in ihrer ganzen Er scheinung. und da» Mädchen, da» ihr bei der Toilette behilf lich war. mußte e» heute mehr alt je empfinden. Keine Frisur war recht, kein Kleid wollte passen. Anka war da» geduldigste Herz, aber war et. daß sie heule schon zuviel gequält worden war. oder mochte sie einen anderen Grund zur Empfindlichkeit habe», ihre Augen füllten sich Mit Thränen. Thränen auch nock! Du kannst Dir morgen eine andere Stelle suche»", sagte Ilona zornig und aufgebracht. „Verzeihung, gnädige Frau", stammelte die Zofe. — „Ick bin heute so — so ungeschickt, ich habe eine böse Nachricht von Hause gehabt und die hat mich so sehr aufgeregt." „Böse Nachricht! Mit einer Ausrede ist man gleich bei der Hand. Wa» ist da» für eine böse Nachricht?" Ich bade einen kleinen Bruder verloren, einen lieben, herzigen Junge», den Liebling von un» allen." Die Frau machte eine heftige Bewegung und wandt« ihr Gesicht ab. „Wie alt war er, dieser Bruder?" fragt« si« »ach einer Weile ernst. „ScckS Jahre, gnädige Frau." „Sech- Jahre, seck» Jahre", wiederholte Ilona. Sie erhob sich und trat zum Fenster. Lange stand sie da und sah in die Nackt hinaus, und wer jetzt in ihr Gefickt geblickt hätte, wäre vor dessen starrem, fast verzerrtem AuSdrucke be stürzt gewesen. „Gnädige Frau, die Gäste warten", wagte da» Mädchen nach einem langen Schweigen zu mahnen. Die Gebieterin hob da» Haupt: sie suchte sich gewaltsam zu fassen »nd e» gelang ihr, wie schon oft, wenn auch heule schwerer al» sonst. Sce trat zum Spiegel und fuhr fick einige Male über da» Gesicht. ,.E» giebt auch bleiche Schönheiten", sagte sie halb spöttisch, halb bitter, „dock — sie werden mich auch so bewundern", fügte sie mit einem wilden Auslachen hinzu XV. Und sie hatte Recht, denn al» sie einige Minuten später den EmpsangSsalon betrat, bcgrüßlc» sie laute Aurrufe der Bewunderung, und sie wurden ihr heule um so rcicker zu .Ick weiß nicht, wo und wie sie all' die Jahre gelebt hat, I Tbeil, je länger sich ihr Erscheinen verzögert hatte. Und die denn ich war aus Reisen, al» sie damal- Pest so plötzlich ver ließ; von Bckaniile» Hörle ich. daß die Ehe sie der Bühne abtrünnig gemacht habe." .Und wa» hat sie der Bühne wieder zurückgegcben? .Daiüber weiß man nicht» Bestimmte«. Die merkwür digsten Gerüchte cursiren darüber in Pest: die Eine» sagen, sie hätte eS mit der ehelichen T>cue nicht sehr genau genommen, hatte den Man» verlasse», Andere wieder,' er sei im Duell gefalle». Die Wahrheit ist, daß. al» sie vor beinahe zwei und ei» halb Jahren wieder nach Pest kam. sie eine öffentliche Liaison mit einem LandlagSabgcordnelen batte, dem sie in die Hauptstadt gesotgt war. Ihr Rus war »ie der beste, jetzt ist sie aber in Pest gerichtet. Ich war aus memer Heimreise, bevor ich hierbei: kam. einige Woche» in Pest nnv habe ganz merkwürdige Geschichten über sie gehört. Und der Mann, den sie elend gemacht, soll zu den edelsten de» Lande» gehöre». „Jetzt aber. Oheim, mußt Du e» un» auch begreiflich machen, wie srüher daS Spiel der Arany war. Du vast gewiß ein gewiegtere» Unheil als wir; denn Du hast viel gehört und gesehen ,n Deinem Leben." „Wie ibr Spiel srüher war, Gabor? Ich sage c« Dir mit einem Wort: wahr!" „Wabr?" ..Wahr, da» ist der ganze Unterschied. Früher war sie Herren wiederum waren auch in ihrem Rechte. Der Tribut, der ihrer äußere» Erscheinung gezollt wurde, war kein er heuchelter, »>cht einmal ein übertriebener. Sie war noch >etzl trotz ihrem fast krankhaft bleichen Au-sehe» ein selten schöne» Weib. .Wa» sagst Du zn diesen Augen, Gabor? Kommen ibnen die glänzendsten Sterne gleich?" fragte der junge Baron mit begeisterte»! Tone. ,.E» ist nicht daS Leuchten de» Glück» darin", weinte Szciilivaiiy mit seinem ruhigen, sarkastischen Tone, „viclmehr der Widerschein einer in unruhiger Qual sich verzehrenden Seele." Almasi warf ihm einen fast wüthendc» Blick zu. Gabor machte aber dem leisen Zwiegespräch ein Ende, indem er den, oberen Theile des SaaleS zuschritt. wo die Herrin de» Hauses schon nn lebhaften G svräch mit ihren Gästen war. „Gnädige Frau", sagte Gabor sich verneigend, ich bi» so frei. Ihnen meinen Oheim. Gras Ernst Szenti vany, der erst ror Kurzem vo» einer Orie»kre>se zurückgekchrt ist, und meinen Frcuiid Baron Eornel Almasi vorzustelle»!" Almasi begrüßte sie mit einem anniulhigen Neigen ihre» Haupte», zu Szentivany wandte sie sich mit den, AuSdrucke lebhafter Ueberraschung: „Der Herr Gras ist mir kein Fiemvcr", sagte sie und reichte >bm mit wirklicher Freude die ein» mit «brer Kunst, jetzt hat sich ihr Ich davon getrennt; I Hand. „Sie bringe» mir die schönsien Jahre meiiie» Lebens früher vergaß sie sich in ihrem Spiel, jetzt — will sie sichln, Erinnerung. Herr von Szeiilivany, und ich heiße Sie her; vergessen, und die» Wolle» macht, daß >>ch ihre Sinne nur' ' - noch fester an Das anklammern. wovon sie da» Bewußtsein verlieren möchte, und dadurch eben hat sie die ganze Inner lichkeit. jede» Maßverhältniß verloren und ihr Spiel wirkt peinlich und beunruhigend, nicht versöhnend und veredelnd, wie e» sein sollte. Und bann oft dieser starre, in» Leere schauende Blick, als babe sie den Ort und Alles um sie her vergessen, dann VaS Heftige, Nervöse, fast Uebcrstürzcnde, wenn sie sich ermannt zu haben schien. — DaS Eine kann ich Ihnen sagen, Herr Baron, und auch Dir, Gabor: WaS Euch und dc>S Publicum z»r Begeisterung hinreißt. ist daS letzte er sterbende Aufleuchten eines versinkende» Sternes." Unter diesen Gesprächen waren sie vor dem hellerleuckteten Hotel zum „König von Ungarn" angekommen, dir beiden zuiige» Leute blieben stehen. .Nun?" fragte der Gras. „WaS wollt Ihr jetzt hier?" „Da wohnt die Arany, und die wollen wir besuchen." ..Wa»? So spät?" „Ibr dient die Nacht zum Tage, Oheim. Gegen elf Uhr össnen sich erst ihre Salon» für die Gesellschaft,' die einige Male in der Woche bei ihr soupirt; um drei, vier Uhr trennt man sich. Ich Hab' versprochen. Cornel einzusührcn." „Schöne Sitten, schöne Sitten", meinte der Oheim. .Oheim, Oheim, spiele nur nicht den Heiligen! Bater weiß so manches lustige Geschichtchen vo» Dir zu erzählen, und darum möchte ich gar so gerne. Du wärest anch heute von der Partie, oder wäre eS viermal brr erste Abend, den Du in einem derartigen Salon zubrächtest, wenn Du mit un» kämst?" „Der eiste gewiß nicht, mein Junge, denn ich babe vor Jahren häufig genug in denen der Arany selber verkehrt." lick willkommen. Warum verließe» Sie damals so plötzlich Pest?" sragle sie dann im Lause er» GespräckeS. „Sie wissen, ich bin ei» Wandervogel, gnädige Frau, wenn der Winter kommt, ziebc ick nach Süden, und wie ich später vernabm, kam ja der Winter auch sür die Stadt, da Sie, »iciiie Gnädige, ihr und ver Bühne plötzlich Lebewohl sagten Er sprach d,cS »lit einer ritterliche» Verneigung, die seiner boheu stämmige» Gestalt und dem klugen Antlitz mit dem schneeweiße» Haarschniuck sehr woh! anstand, und er schien den peinliche» AnSeruck »ick! zu bemerken, der bei seincn letzten Worten wie ein Schatten über ihr Gesicht fuhr. Doch so rasch, wie die dunkle Wolke kam, fchwand sie wieder. „Meine Herren", wandte sich Ilona mit lächelndem Munde z» ihrer Umgebung, „Gras Szentivany hat einen be rühmten Namen, aber ich. Ihre Wirlhin, muß daS Gastrechl wahren, indem ich Sie im Borau» aus etwa» ousmerksam D>rse Frau, w e sie ihm dort gegenüber saß. glänzend, voll Pracht, voll überschäumender Lustigkeit, kam ihm wie eine schaurige Tirse vor. die mit lachenden Blumen überdeckt war. Und „eben dem Gesübte der Verachtung, säst de» Grauens, da» >bn überkam, regte sich etwa» n»e Mitleid sür sie. Unterdeß war eS immer lustiger, immer lebhafter bei Tücke geworden. Man sprach über da» Theater, über die Zeitereignisse, über Liebe und Ehe; die beiden letzten Gegen stände wlirte» am meiste» au-gesponnen. Nach einiger Zeit mischte sich wieder Szentivany in» Gespräch. „Die Ehe", sagte er „ist da« erhabenste Institut aus Erden, keuieö vermag den Menschen so zu veredeln und zu versittliche», und so bezeichnet man auch den Ausang der Cuttur »nt ihr." Sind Sie verheirathet, Herr Gras?" fragte einer der Anwesenden. Szentivany verneinte. „So können Sie auch kein Nrtheil darüber haben", fuhr derselbe Herr sert. „Nickt sür Alle ist die Ebe eme solche er habene Einrichtung. Wenn man die bösen Eben verzeichnen wollte und daS U»bett und den Schaden, den sie ang-ricktet, so würde» sie. glaube ick, bei weitem die gute» und ihre Er» svlge überwiegen " „Warum giebt'» so viele schleckte Ehen und wa« ist die Ursache davon?" sragle Gabor. Er wußte, diese Aeußcrnug würde viel Scherze und Neckereien Hervorrufen, da man ihn i»i Geheimen sür verlobt hielt, er ließ e» aber ruhig über sich gehe». „Ich will eS Ihnen beantworten, Herr v. PerdicS!" ries Ilona mit seltsam blitzenden Auge», „da Sie auch bald, wie cS heißt, in de» Reiben dieser Unglückliche» sein werde». In »leine» Auge» ist jede Ebe, auch die beste, eine Gefangenschaft und so wie in den Gefängnisse» die Beschränkung der Person l chcn Freiheit ke»e gleiche ist. so auch hier. Ter Eine >»»>; sie in höherem, der Andere in minderem Grade entbebren darum wüide ich nie Den verdammen, der . . . sich mit eigner Hand frei macht, w e man auch dem Emgekeikerle» eS nicht verargt, wen» er durch die Flucht die verlorene Freiheit wieder zuruckziigeiviiine» sucht. Sehen Sie, ich gehe sogar so weil, mein GlaS aus diese Deserteure der Ehe, oder wie »>au sie nennen will, zu erheben, wer gleicher Meinung ist, stoße mit mir an!" Und die Gläser klang-» aneinander, nur Szentivany und Gabor Perv cS batten die ihrige» nicht erhoben. »Sie haben die Frage ineine» Neffen »mgangen, gnädige Frau", »ab», der Gras nack einer Weile da» Wort. „Er hat »ach der Ursache einer schleckte» Ehe gefragt und Sie baden sie alle iin Allgemeine» geschildert. Er bat zwar seine Frage nickt richtig gestellt, inte.» er da» Wörtchen „waS" ge brauchte, er batte „wer" frage» müssen." „Also „wer" ist die Ursache, Herr von Szentivany?" fragte Ilona mit einen, Tone, wie wenn man einen Gegner berauSsorkcrn will, »nd sie hatte während der ganzen Tafel diese Empsiukuttg. Ter Gast ihr dort gegenüber mit den seltsam jorschenke» Augen nnv den seltsam gewählten Worten fing ibr a», peinlich und unerträglich z» werden. Wer die Ursache ist? I» de» meiste» Fällen dir Frau", sagte der Gras in seiner ruhigen, bestimmten Art. Jetzt erhob sich ein wahrer Sturm gegen ihn. „Wie können Sie so etwa» in Gegenwart einer Frau be haupten, deren Gäste wir sind!" ries Einer. „Dir Wahrheit ist immer und überall am Platze", versetzte Szentivany und ließ seine ruhigen, klaren Augen über die Ge'cllkchast schweifen. „Ich denke mir wenigsten», daß die reine L ebe eine» reinen Weibe» läuternd und sänsligeiiv aus jede» Mäiinerherz wirken müsse, ausgenommen wirklich bös artige oder niedrig gesinnte Elioraklere." Ter Ton war io eigen, diese Aeußerung übe,Haupt so seltsam in diesem Hause, an diesen, Tische, der Fian dort gegenüber, daß sich crn monieiitalicS, säst verlegene- Schweigen über die Gesell schaft legte. .Und ist Ihnen aus Ihrem Lebenswege auch eine solche starke, reine Liebe begegnet?" fragte Ilona niil spöttische», Tone, obwohl sie sich », einer peinigenden Aufregung befand. Sw fühlte, si- müsse etwas sagen, wa- ihre Harmlosigkeit, ;a Sicherheit kundgab. „Mrr persönlich leider nicht", sagte Szentivany. „ich habe aber G legenbeit gehabt, sie kennen zu lerne» bei einem wilden Stamm beS Arab.rvolke» und in einer Lauterkeit und Größe, wie sie selten bei uns Civilisirten a»ftr»tl. Ei» Bekuinen- weib wurde vo» ihrem Manne, dem Häuptling de» Stammes, verstoßen, weil sie ungeliebt war. Sie aber liebte ibn mit der ganze»» Kraft ihre- Herzen-, Sie folgte dem Wilden, .Es war rin Land-maan und ich war zufälligerweise mit ihm in Rom zusanimengktrofsen. wo er sich mir dann aaschloß er hieß Ferencz Oresi." (Fortsetzung folgt.) Ver Leipziger Elirenbiirgerbrief für Geheim rath Prof. 1»r. solcher. Wie unseren Lesern aus stöberen Miltbei nnqe» erinnerlich sei» döisle, wurde unser veredrier Mitbürger. Heir Geheimrath Bros. I>r Roicher. unterm 30. März o. I. zum Ldrendürger der Stad« Leipzig ernannt. Eine von Herrn Oberbürgermeister vr zur. Seorgi aestlbrie Deputation des RaitzScpllrg>umS war tamal« iu der Wohnung Geheunralh Roicher'S erschienen, um ihm solenn jene Ebieiilezesguna kund zu tdun: derEhendürgerbries selbst sollt« später Nachfolgen. Die» ist nun Ende voriger Woche geschehe», an« ich nna, gelegentlich eine» Besuches in der Wohnung de» Herrn Gehest»- rotliS dnrch den Augenschein überzeugen konnte. Da» kostbare Tocum-nr war dort >>» Salon ousgelegt. Der »npoiani« Brach,» band, we ch r wie eine gnnze Reihe srüherer zum Tdeil in dem Musterbuch de» H>krscman»'ichen Verlag- durch Lichtdruck vkläffeni- tichier Dwloinbullea derselben Art und Bestimmung au« den Auster» vo» Julius Hager hier (Johannes Maul) stammt, kam aber zu seiner besten Wirkung aus den Beschauer, wen» mau ihn aus eine staffele« stellte, ous der er sich in seiner respektablen G bist — einige sechzig des eiatgen vierzig Leiillineier — dem «uge reprasentirie, »anieailch auch bot an blaue» uud gelben Bändern hängeute „Jnstegel" in Kapsel hübsch zur Geliung kam. Eue ich daS Vleuhree nilt wenigen Worten zu schildern unter- nchm-, je. der Wortlaut des Textes, wie er ,n atterthömlicher Fracwrstrisi ous einem buulgeröadertea P-rgameulblaU zu lesen steht, milgeiheill: „Wir, Bürgermeister »ad Rath der Stadt Leipzig, urkunden und bekennen knenmt, baß wir uuter Z ist iniming der Stadtverordneten Herrn Pivsrssor I)r. pdll., iur. et ose. pobl. Wilhelm Roscher. Königlich Sächsischen, Gebeim-N Ratb«, Lomthur des Königlich Lässt che» AlbrechlSordenS I. LI. »e, Ehreii-Doclor der Universiiäien Königsberg, Tübingen und Ldinburg, a dankbarer Anerkennung der Hoden und autgezetch- eien Verdien sie, w lche derselbe in langjährigem, ruhmvollem Wirken uai tue Wisscnichist in» Allgemeinen, wie um die Uin vers iiüt Leipzig >»«brso»dere sich erworben, sowie der mauntg- achen fördernden Tbei.n chme. w iche er drin Gedeihe» uud der E.ilwckelmig unserer Sladl gewidmet hat, das Ehrendürgerrecht der Stadt Leipzig verlieben haben. Hierüber ist gegenwäriige Urkunde uuter der Stadt Leipzig grohcm Jasiegel und versassungsmäbiger Unterschrift vou nu» auS- geseriigt worden. Le.pzig, der» 30. März 1889. Der Rath der Stad« Leipzig. (gz) De. Georg,. Heutschel." Dieser Text ist, wie gesagt, Mit e ner sarbiqrn Einfassung ein- gerahmt, die, fein mit Gold bordirt. eine Folg: von pluienäpscl- ahiillchen Fluch!- und Fällhorn-Ornomeiiten zeigt. Au der Sp tz: drS TrxtrS abrr wurde das Wappen .unterer Stadt, gehalten von heraldischen Löwen, gezeichnet; dar Wappen elbst erscheint in Farbe» und Gold auSgesührt. Der Emdaild, in braunem Maroquin, enibält aus der Außen- ieite ebensaltS daS Leipziger Wappen an hervorragender, d. h. eigenl- lich ver«,ester Stelle, Gestalt eines couvrxen goldschwarz- vn» blau-emnillntcn Bilde». Dies b ldet die Mitte eine- vertieften Feldes der Decke.' O l> n aus dem erbödt n Theile lieft man in lateinischer Maju-k l- sch ist: R.lh der Stadt Leipzig, unten ous dem eiistprecheadeu ge höhten Theile der Decke: Xnn<> rinmini >889. DaS Ganze ist Mit einer Eiufaisuag, Go dornamente auf blauem Grunde und rolbg-iäuderl »nigeb n Die Onnmeni« erinnern na Liüenuioiive. I» den Eckrn wirte» blau- und goldgehöhte Einsätze recht lebhaft, indem sie wie qoldig-S Gulerwerk leuchten. Der Baud ruht, wenn flach gelegt, aus hübsch verzierten knops- artige» Ornaurculea, die aus Heiden Seile» der Mappe an gebracht sich. Den Romen de» Künstler» abrr. der den Entwurf qezeichue». Ilest inan an einer Ecke, d,n des aussührcnden Kunsthandwerkers an der andern. Elfterer ist Archll'kt Max Bischvs vom hiesigen städtischen Lauamte und beim Zlnnstg werbeniuseum, der siech ge Mitarbeiter an E. A. Seemann'» Pi aetuwriken über dent ch-, österreichische und italienische Renaissance (z. B. „Da» Ehorg.stiihl von San Eusebi» in Rom. autograpgiit »nd hcruuSgegeben v n M. Bischof und P. Knocheahauer, Leipzig 1832"). Herr Bischos hat auch den Text selbst lall grapbirl. Das Ganze macht den würdigsten und dabei gesälliqsten Eindruck. ES steul Emen, io che Leistung.» der heimlichen Kunstiodustrle ver- zeichnen und dabei zu.l.ich einmal einen wackcr» Mnardeiter der Hagir'schen Buchbinderei, der sich hi-rbei als aelchickrer, sicherer Hanbv-rgoldcr documenlirt Hai, S. Zobel, össenilil» mit nennen zn löuuen. Lr. Karl W Bhtstltug. mache: Der Herr Gras war in den Pester Salon» die Angst l Trotzigen, beißt c» >>, der blumenreichen Sprache de» Sta,r- und der Schrecken der jungen Herrenwelt." „Sie führe» mich gut bei der Gesellschaft ein", meinte Szentivany mit seinem klugen Lächeln. „Die H.-rren können sich beruhigen", fügte er dann hinzu, „ich bin nicht so schreck lich, wie mich die gnädige Frau malt." „Und ich pflichte der Brhanplung der gnädigen Frau au» vollem Herzen bei", mischte sich jetzt Eornel Almasi ,» da.' Gespräch, der mit einem brennenden Verlangen aus diese Ge legenheit gewartet hatte. „Der Herr Gras scheint in de», Besitz eine» g-heimnißvollen Mittel» zu sein, wodurch er den Menschenkindern biS ,n VaS innerste Herz sieht und deo keimen den Gedanken schon au» der Seele liest, bevor er noch ganz geboren ist." ,E» ist die» keine glückliche Gabe", meinte einer der An me», klaglos m unwandelbarer Treue, wie da» milde, ver söhnende Licht dev Monde» dem Wanderer folgt, der die dunkle», nächtigen Wege sucht, oder wie der warme, bc lebende Strahl der Sonne, der in den Abgrund dringt, weicher sich vor ihm verbergen will. Tausend Gesahren wandte si: von ihm, tausend LiebeSbeive sc bereitete sie ihn, mit stiller Hand, die er, die Gcbcrin ahnend, mit Verachtung ui den Staub trat. Euimal traf er sie allein an einem Flusse. Sie sank vor ihm nieder und sichle mit stummer Gcberoe nm cinrn milde» Blick, ein gute» Wort, er aber, der Gewalt» ldätige, zog i» wildem, maßlose», Grimme den Dolch au» der Scheide und stieß nach ihr. Der Streich wäre töbtlick gewesen wenn er getroffen. Bevor aber die W isse ihre Brust erreicht verlor er durch die heftige Bewegung da« Gleichgewicht und „Siehst Du. siehst Du!" unterbrach ihn der junge Mann I wesenden, „sie zerstört ja jeden Genuß. Du, Gabor, müßtest I ilürzlc rücklings in den reißencen Strom und sie — sie stürzte lachend, „jetzt mußt Du sogar mit hinaus. Ersten» ist es Deine Pflicht, eine alte Bekannte zu besuchen, dann mußt Du er al- Forscher und Gelehrter Du hast gewiß so manchen Abend bei den Gelagen der Wilde» zugebrachl, warum nicht einmal wieder auch, um di« Erinnerung auszusrischen, in Gesellschaft einer schönen, geistreichen Frau und lebenslustiger junger Männer?" Lachend faßte er den Grafen unter den Arm und führte ihn die hellerleuchtete Treppe hinaus Dich am ehesten von der geheimnißvollen Gabe Deine» Oheim» in Acht nehmen, denn wenn Du Dir nicht ein eisernes Tbürchcn vor Deinem Herzen angelegt hast, so weiß er ge wiß scheu DaS, wa» sich nur hie und da Einer und der 1 Andere in der Stabt zuraunt." „Und was wäre da»?" fragte Gabor lachend, aber doch! leicht errötbenv. „Daß Dich eia gewisse» Augenpaar in einer gewissen > Straße ganz au» dem Gleichgewicht gebracht hat und daß Dir reiche und gefeierte Schauspielerin hatte ein« ganz« I Du über kurz oder lang, ein Fahnenflüchliger, au» unsere Etage lcS eleganten und theueren Hotel» gemietbet. 'Eine beträchtliche Anzahl von Herren befand sich im Salon, es waren meist junge Männer, uud ihr Wesen und ihre Tournüre z-igten, daß sie den höheren Ständen ongehörten. Die eine» waren in Uniform, die anderen in der reichen, malerische» Magnalentracht; sie saßen oder standen i» Gruppen, die einen »i lebhafter, die andern in gedämpfter Unterhaltung. Die Herrin de» Hause» war nech nickt erschienen. Ilona bcsand sich im Ankleidezimmer bei der Toilette. Müde und erschöpft war sie au» dem Theater gekommen und Halle aus der Chaiselongue gelegen, lange, lange, die Gäste und Alle- vergessend. Wa« halte sse grade heute Abend so furchtbar, so über alle Maßen aufgeregt, so ihr ganze» lustigen HeereSlager geschieden sei» wirst." Gabor ging heiter aus die Neckereien ein, Andere be- theiligtc» sich daran und so gewann die Unterhaltung ein leichte», lustige» Gepräge, sie wurde bei der Tafel fortgesetzt und steigerte sich zum Uebermuth, zu einer überschäumcnben Lebhaftigkeit. Ilona Arany mar die einzige Fra» in dieser Gesellschaft, aber ihr Geist, ihre Schönheit, da» fast Ueber- schäumende ihre» Benehmen» ließ keine Lücke fühle». Sie schien die Uebermüthrgste von Allen. Ihre Auge» leuchteten wie im Fieder und dunkle Rosen brannten ihr aus Stirn und Wangen. Szentivany. der ihr gegenüber saß, sah sie hie und da mit einem seltsam ernsten Blick an. ihm »ach und rettete ibn »ijt Gcsahr vcS eigenen Leben», und seit dieser Stunde, heißt cs im Volk-mund weiter, war a»S dem Tiger da» Lamm geworden, au» dem Wilden, Trotzige» ein Man» mit einem Kmberh.-rzen. Sic ball« sich feine Seele auS Ver Tiefe der Strome- geholt und sic an sich für immer gekettet." „IetcnsallS ein schöne» Märchen", meinte Ilona, „die Deutsche» haben rin ähnliches, wenn auch kein Mäichen. so doch e», Drama, und wenn auch nicht in da» ehrbare Ge wand der Ehe, so doch i» ba» lustige, leichte, sonnenhelle der Mävchenliebe gekleibet. Ich bade da» „Kälbchen von Heil bromi" mehr als einnial selber gespielt. Haben sie noch mehrere solcher Geschickten gesammelt, Herr vo». Szentivany? Tie wäre» ja zwei Jahre sorl, und da müsse» Sie ja die ganze Erde bereist habe»." „W iin nicht die ganze, so doch ein große« Stück der- selben." „Erzählen Sie, wo waren Sie?" fragte sie mit einer Hast, al» wollte sie mit Gewalt aus einen anderen GcsprächS- gegenstans übergehen. „Ich war im Orient und habe fast ganz Asien gesehen Don Italien nach Griechenland, über da» schöne Aegäische Meer »ach Klcinasiei, hinüber, dann den herrlichen un Er hatte sie in der golknen Blüthe ihre» Leben» gekannt, innere« Gleichgewicht au» den Fugen gebracht? Sie halte I zu einer Zeit, wo sie wirklich da» schönste, da» geistvollste. I ermeßlicken Lanvergürtel seiner äußere» Grenzlinie bi» Japan di-Medea gespielt, und die Schlußscene, wo sie ihre beiden I glücklichste und gefeiertste W«>b war, da» seine Augen je ge> I hinauf, von da in» Innere des Lande», von Tibet, der boldcn Knaben tödtet, batte mit einer niederschmetternde» I sehen, und obwohl sie ibm nie ein «ärmere» Gesühl erweckt, I Mongolei in die endlose» Steppen Süd-Sibirien», von da Gewalt auf sie gewirkt, von > der da» begeisterte Publicum I so halt« sie ihn doch aus eine eigentbümlich« Weise ungezogen. I über da» Schwarze Meer bi» zur Donau, dem scknellsüß gen keine Ahnung Halle, und während der Applau» und die Her« I »nd so ost er auch, von seinen Reisen wiederkedrend^ in der I Bolen unseres Heimalhlanke». und da» Alle» iu Gesellschaft vorruse nicht enden wollten, stand sie ba wankend, mit I Hauptstadt de» Lande« weilte, war er ein bänsiger Gast ihre» I eine» Manne«, der mir v-e Reise unvergeßlich gemacht bat zitternde» Knien, Flammen im Herzen, Flammen im Gehirn. I Hause«. Iabre waren vergangen, sie war sür ihn, für die ! So viel Schöne» n»d Große» ich auch in in ch ausgenommen Die Kammerjungjer kam und mahnte an die Gaste, und» Welt wie verschollen, jetzt sah er sie wieder, und er sab mit I de» größten, dckeulcnkste» Eindruck hat dieser Mau» in mir t>e erheb sich und trat vor den Spiegel. Die Gestalt war I den Auqen eine» Manne», dessen Bück seltsam scharf und I zurückgelassen.' die alte, hoch und von königlicher Anmuth, daS Gefickt hotte * w-ltersahren war. mit den Augen eine» Forscher», der wirklich * „Wie hieß er?" riesen Mehrere zu gleicher Zeit. Vermischte». — Braunschweig, 17. Juli. Der vierte Verbände tag der deutsche» Lobiisiihr-Unteruehmer findet in den Tagen deS II.—13. September d. I. hier statt. --- Au» dem sieyermärkischen Au-standSgebiete wird gemeldet: Broz, >7. Juli. Unter den Industriellen deS Köslacher Reviers mochi die Tdai'ache Ausiehcn, daß daS einzige Loh en weck, welches vo» dem Streit nicht berübil ist, die streikenden Arbeiter unlerstützl, ilidcni es Kohle an die Fabriken nur uuter der Bedingung abgirbt, daß die FnliiikiN eine Mchrzahlung zu Äiinstcn der streikende» Arbeiter der anderen Reweit- schasicn leisten. Die in Leoben vorhandenen Kohleovorrätd« tonnen nicht zur Beiladung gelangen, weil die streikenden Arbeiter das velhii dcr» Grnz. l? Juli. Im Köslacher Reviere flehen nun 704 Mann Iasauirrie und >6 Äeiidorinea, welche 4000 Arbeite,n geqenüd-lst.he,, Ja Gradcnberg und in Brunn (Graz- Köslacher Bah») wurde heute angcsahren. I» Selzthal wurde ei» Man» in Frau eaklei dern, der einen Revolver br, sich trug, verhaltet. Graz, 17. Jub. In Seegraben (Obersteher) herrscht Brandgesabr Die Alpine Monlangesellschasl luchte »in eme Genie.öompagni« »ich zur Vermauerung aller Grulieiiössnungen. Gestirn wurden a» l'X) gerichtliche WohnungSkündigungen Mil vier, jeliniägft.er Fitst d n Arbeite,a iu Sergruben zugestellt. — I» Nöslach tagte» 52 Arbeiter zu, die Aibeit wieder au'znnehmei,, 85 nicht, Sl wolle» Bedenkzrit. Die Gesellschaft ist auch hier ent schlossen, all- AuSitäiidiichen auS den ihnen von deo Grubea-Ler- waliuiiqen gewähr!«» Wohnungen zu einsernen. Pülsiug. 17. Juli. Die hieliqe Arbctierschast der Bergbau: Bru i, ii-Schü» e gg hat nach Zusicherung einer zwinzigprocentigen Lohnerhöhung dmch de» Direktor Nochatze, unter Jntrrveniiv» des BeziikShuiipiuianiir» Baron Reupauer sich einstimmig bereit erklär», die Arbeit wieder auszuuehmcn, und velsprocheu, RachmütagS wieder allgemein anzulahien. Warschau. >6. Juli. Dir im Gouvernement Grodno belogene Stadt Wnsokie LitewSkie wurde von einer groß n FeuerSbrunst heiiiloeslicht. Da» Feuer ent stand in Folge UmwersenS einer Petroleumlampe. E» dauerte nickt lang,-, so stiiid da» ganz: HauS in Flammen. Von starkem Winde begünstigt, verbreitete sich da» Feuer mit rasender Schnelligkeit über die Nachbarhäuser, so daß nach ca. Nt Slunde» über lUO Wohnbänser mit Nebeiigedäuden, 80 Kaufläden und Magazine ein Raub der Flammen wurden. Der Schaden ist sehr bedeutend. Gegen 800 Personen sind vollständig obdachlos. Unter dem Vorsitz de» Gouverneur» bat sich in Grokiro ein ComilL gebildet, welche» bezweckt, den armen Abgebrannten Hilfe zu leisten. Während der letzten 3 Jahre ist die Stadt dereil» zum vierten Mal« von einem größeren Brantunglück betroffen worden.
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