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ll»t. -of. w. >an. i. Anzeiger. Amtsblatt des Königl. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. ab. sse, -otel iers, g. jarvi. ». d z» n. re. terlin. g- aburg. .Rom. .Sieb. nt. erliner cm. sie. Prusse le von ksdose, ZtaatS- e, mit te-. Credit- ib. Paris SN/.; . 20 Lr. f 69,40 »altung. 3«/. Credit les. Att. > 70 bi» li 45»/«, »G., Rüböl: still. - -28 o- 9°tt. Festtag» tfuahme. tag- von ; u. r. W 154. Montag dm 3. Juni. 1861. Bekanntmachung. Die unentgeltliche Ginimpfung der Schuhpocken für Kinder unbemittelter Aeltern, so wie überhaupt für unbemittelte Personen jeden Alters, welche Ln hiesiger Stadt wohnen, soll von und mit dem SV. Mai an bis zum LA. Juli r». v. allwöchentlich Mittwoch Nachmittags von S Uhr an im Locale des ärztlichen Vereines, Rittersirasie Nr. 4L, eine Treppe hoch (bei Herrn Schatz), stattfinden. Leipzig, den 25. Mai 1861. - Der Rath der Stadt Leipzig. Berger. Schmidt. Bekanntmachung. Im Bau- und Holzhofe sollen Dienstag den 4. Juni d. I. früh von 8 Uhr an folgende Gegenstände: 1 Anzahl eichne Pfosten 1 bis 3 Zoll stark, 4 bis 12 Ellen lang, 1 - Eichenholz */« - - - 3 - 9 - - 1 - altes Eichenholz ^/i« - - 2V Ellen lang, 1 - weiche Schwarten, 1 - alte Fenster, I - alte Thüren, hartes und weiches Brennholz in kleineren Partien gegen entsprechende Anzahlung und unter den an Ort und Stelle bekannt zu machenden, vorher schon beim RathS-Bauamte einzusehenden Bedingungen an den Meistbietenden verkauft werden. Leipzig den 28. Mai 1861. DeS Raths der Stadt Leipzig Deputation zum Bau- und Holzhofe. Die öffentlichen Heirathsanträge der Gegenwart*). Jede zu weit getriebene, veräußerlichte und in raffinirten Luxus au-laufende (Zivilisation erzeugt zahlreiche sociale Uebel und Ge brechen, deren stilles, aber unaufhaltsames Fortwuchern den auf merksamen Beobachter mit Unmuth und Sorge erfüllt. War seit dem Sturze deS weströmischen Reiches eine Zeit geeignet, diesen Satz zu erweisen, so ist es die Gegenwart. Wir leben in einer Periode äußerer Hypercultur, welche tausend neue Anforderungen und Bedürfnisse zu wecken und zu befriedigen versteht, aber unter der glänzenden Decke eine erschreckende innere Leere und Hohlheit verbirgt. Dem Optimisten, welcher von der an sich unumstößlichen Doctrin de- ewigen Fortschrittes der Menschheit einseitig ausgeht oder auch gemüthlich - gedankenlos die socialen Verhältnisse unserer Zeit flüchtig betrachtet, mag diese trübe Anschauungsweise über trieben, selbst lächerlich erscheinen; — der redliche Culturhistoriker kommt leider zu keinem erfreulicheren Resultate. Nicht nur Et wa-, sondern Vieles ist faul in der modernen hochcivilisirten Tesellschaft, und man braucht keine moralisirenden Theorien zu Hülfe zu nehmen, sondern nur offene Augen für die täglichen Ergebnisse de- Leben- zu haben, um dies gewahr zu werden. Eine der tiefgreifendsten und gefährlichsten Folgen der über reizten und sich überstürzenden Civilisation — wenn man diese- Wort auf die rastlose Verfeinerung-- und Genußsucht der Gegen wart überhaupt anwenden darf — ist die in regelmäßiger Pro gression begriffene Lockerung des Familienverhältnisse-. Der LuxuS der höchsten, die Noth der ärmsten Bevölkerung-claffm, so verschiedene Wirkungen sie auch sonst äußern mögen, arbeiten gleicherweise auf dieses Ziel hin. ES läßt sich nicht absehen, bis z« welchem Grade der AersetzungSproceß der Familie und die au ch« hervorgehende Jsolirung de- Individuum- in dm obersten und untersten Schichten sich noch steigern wird. Schon jetzt sind die Gefahren, welche daraus für den Staat in moralischer, national- ökonomischer und politischer Beziehung zu erwachsen drohen, groß genug, um Aufmerksamkeit zu erregm und auf Mittel zur Abwehr *) Nach Kolatschek« Wochenschrift „Stimmen der Zeit" (Leipzig und Heidelberg, E. F. Winter'sche Buchhandlung). denken zu lassen. — So lange der Mittelstand im weiteren Sinne des Worte-, in dem zu allen Zeiten der Sinn für Familienleben und Häuslichkeit am stärksten entwickelt war, von den Tendenzen sie zu untergraben verschont blieb, lag darin ein starkes Bollwerk gegen das Umsichgreifen der letzteren; in unseren Tagen beginnt aber auch er ihnen nach und nach zu erliegen, die Ehe als eine lästige staatliche Nothwendigkeit und die Schließung derselben als reine Geschäftssache zu behandeln. Beweis dessen sind die von Jahr zu Jahr an Zahl zunehmenden Heirathsanträge in den Zeitungen, die fast durchgängig von speculativen Ehecandidaren deS Mittelstandes herrühren. Man hat dem vorigen Jahrhundert oft und nachdrücklich den Vorwurf gemacht, daß die damalige feine Gesellschaft in ihrer — nicht bewußtlosen, sondem grundsätzlichen und philosophisch ver- theidiaten — Jmmoralität die häuslichen Verhältnisse zerrüttet, die Bande der Ehe, so viel nur immer möglich, thatsächlich ignorirt habe. Sie ging aber in ihrer Geringschätzung eines, von allen anderen Beziehungen abgesehen, staatlich so nothwendigen und wichtigen Institute- nicht so weit, um trotz aller chevaleresken Leichtfertigkeit ein Ehebündniß durch Zeitungsannoncen zu vermitteln, wie die- jetzt mehr und mehr Mode werden zu wollen scheint. AuS der wachsenden Verbreitung und Macht der Journale oder dem zunehmenden Interesse de- Publicum- an ihrer Lectüre kann man die widerwärtige Erscheinung unmöglich erklären, die eine dunkle Stelle in der Schattenseite unsere- Jahrhunderts bildet. Eher läßt sie sich auf die gleichfalls dem demoralisirenden Einflüsse moderner Anschauungen über die Ehe entsprungenen, seit geraumer Zeit in London und Pari-*) bestehenden .Geschäftsdureaux" zu rückführen , welche sich gegen namhafte- Honorar auch mit Ehe kuppelei befassen, aber zu gutem Theile auf sehr gewöhnlichem Schwindel beruhen. Sie dürften denn auch durch ihre Prellereien dm ersten Anstoß gegeben haben, mit wenigen Kosten auf dem kürzesten Wege de- Inserates in einer gelesenen Zeitung eine Lebensgefährtin zu suchen, wobei man die Hauptsache, das ge wünschte Capital, gleich in runder Summe angab und so mit einem Schlage aller lästigen Winkelzüge und Rücksprachen über- *) Die Hauptstadt an der Seine erfreut stch sogar eigener patentirter Heirathsbureaur.