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2806 als etn Mann, der sonst reifliche Ueberlequng beweise, sich so über die Thätigkeit der Stadtverordneten-Versammlung auszusprechen sich erlaube. Jene- Schriftchen enthalte Anzüglichkeiten gegen das Collegium der Stadtverordneten, die, wenn auch verdeckt, doch darüber.keinen Zweifel ließen, daß die Stadtverordneten damit gemeint seien. Herr vr. Vogel ginge so weit, daß er von Schul- räthen „ohne Patent und Beruf", die sich in Reden über die Organisation der Schulen ergingen, spreche; ja er vergesse sich so weit, daß er gegen den dem Stadtverordneten-Colleqium unge hörigen Herrn Buchbindermeister Siegismund persönlich werde und von „Buchbinderei" und „Leimsiederei" spreche. Ein solches Auftreten eines Schuldirektors sei sehr bedauernswerth. Beklage Herr vr. Vogel sich über Untergraben der Autorität der «chule, so möge er doch darüber Nachdenken, ob er für diese Amorität nütze, wenn er die Autorität der Behörde und Vorge setzten zu untergraben trachte. Wozu, wenn die Stadtverordneten die Schulen nicht controlirm sollten, wende man sich an sie, um jährlich Tausende für dieselben bewilliget zu erhalten? Wenn der Herr vr. Vogel auf höhere Stelle blicke, so werde er finden, daß das Verhalten dort ein ganz anderes sei. Auf dem Landtage z. B. sind wahre, aber auch scharfe Worte gegen das Cultusminifterium gesprochen worden. Allein der Cultuöminifter werde sich in seinen Entgegnungen niemals erlauben, in solchen Ausdrücken und persönlichen Anzüglichkeiten sich zu ergehen, wie gleichwohl in untergeordneter Stellung der Schuldirektor es thue. Wenn Herr vr. Vogel sage, man solle Klage und Tadel an rechter Stelle anbringen, so müsse er, der Sprecher, bekennen, daß gerade du sic Saal ganz der geeignete Ort sei, wo solche Mängel zur Sprache zu bringen seien. Er trage kein Bedenken, nach dem Wunsche des Direktor Vogel einige der wesentlichsten Mängel unserer Volksschulen hier aufzudecken. Denn die Nolhwendigkeit einer Reorganisation des Schulwesens sei vorhanden und werde lebhaft gefühlt. Als solche Mängel bezeichne er vorläufig folgende: 1) Man stellte bisher die Lehrer ohne vorherige genaue Prüfung an, unbekümmert ob sie auch zum Unterricht in Volksschulen qualisicirt seien. Man begnüge sich mit den Zeugnissen, die sie über ihre früheren Stellungen als Hauslehrer oder von der Universität mitbrächten; daher kämen die unglücklichen Fälle, daß mitunter Männer als Lehrer berufen würden, die gelehrt sind, aber nicht zu lehren verstehen, vr. Heyner habe in der That ganz recht mit der Bemerkung, daß die Can- didaten der Theologie mit Realien sich nicht oder doch viel zu wenig beschäftigten. Es komme vor, daß der Lehrer viel leicht in einer sechsten Classe vor kleinen Kindern über die „Schwere des Ecdkörpers im Weltall" docire. 2) Ein zweiter Uebelstand beruhe in der zu großen Nachsicht gegen die als Lehrer angestellten Seminaristen, indem man ihnen verstaue, ihre Zeit und den für den Schulunterricht gewährten Gehalt zum Studiren zu verwenden; sie benutzten dann wohl mitunter auch die Schulstunden dazu, anstatt in ihnen zu lehren, und läsen ihren Cicero und andere Classiker, während inzwischen die Kinder anders beschäftigt würden. Von Seiten des Raths werde übrigens hierin mit Strenge vorgegangen, wie er, der Sprecher, anerkenne. 3) Ein weiterer großer Uebelstand sei das Hin- und Herversetzen der Lehrer während des Schuljahres. Die Kinder, in deren Mitte ein Lehrer gelehrt, seien an ihn gewöhnt, der Lehrer habe die Kinder genauer kennen gelernt; jetzt komme mit unter plötzlich ein anderer Lehrer und fange mit einer an deren Lehrwelse an. Solchen Wechsel solle man innerhalb des Schuljahres nur bei Todesfällen für zulässig erachten. 4) Es herrsche an unseren Schulen kein System, keine gleich mäßige Auffassung der einzelnen Lehrgegenstände. Der Eine lege das Hauptgewicht auf das Rechnen, der Andere auf das Schreiben, der Dritte wieder auf etwas Anderes. 5) Die Schuldirektoren unterließen das ihnen obliegende fleißige Hospitiren in den Classen; es sei aber sehr nothwendig, daß sich die Direktoren mehr in den Classen umsähen wie zeither. Man frage nur die Kinder darüber, wie selten sie die Ehre hätten ihren Direktor in der Classe zu sehen. Wenn die Direktoren ordentlich in den Classen hospitirten, so würden Fälle, wie sie neuerdings zu beklagen waren, nicht vor gekommen sein; die Direktoren würden dann selbst finden, daß Männer, welche sie als Lehrer beibehalten wollen, sich durchaus nicht zu Lehrern eignen. Dieser Vorwurf treffe zugleich die geistlichen Schulinspectoren. Diese besuchten fast gar nicht die Schulen. Im Allgemeinen fehle 6) eine einheitliche Leitung de- Schulwesens beim Rathe. So lange jeder Direktor an seiner Schule ein kleiner Autokrat sei, jeder Stadtrath da- Beste für diejenige Schule suche, welche gerade unter ihm steht, müsse ein Chaos entstehen, aus welchem nur die Herstellung einer einheitlichen Spitze über alle Schulen helfen könne. Er beantrage daher unter Bezugnahme auf h. 5 und 79 des Gesetze- vom 6. Juni 1835 den Rath zu ersuchen, mit möglichster Be schleunigunq eine Localschulordnung zu entwerfen und hierzu eine au- Mitgliedern beider Collegien bestehende gemischte Deputation einzusetzen. Dieser Antrag wurde sehr zahlreich unterstützt. Herr Adv. An schütz beantragte, wegen der von Herrn Wilisch angeführten Aeußerungen des Herrn vr. Vogel Beschwerde über Letzteren bei der Schulinspection zu führen. Auch dieser Antrag fand Unterstützung. Herr St.-V. Häckel wünschte beide Anträge an den Schul ausschuß zur Vorprüfung gewiesen zu sehen, wogegen sich indeß Herr Adv. An schütz erklärte. Der Vorschlag Herrn Häckels wurde au-reichend unterstützt. Herr Adv. Winter bemerkte: so unangenehm auch die Aus druck-weise des Herrn vr. Vogel berühre, so scheine ihm doch da vorgeschlagene Mittel nicht entsprechend. Er halte e- für die härteste Strafe des Schuldirektors Vogel, daß die Rede des Herrn Vorsitzenden des Schulausschasses möglichst getreu im Tageblatt« abgedruckt werde, damit das Publicum sie kennen lerne und selbst urtheile. Obgleich damit einverstanden, verwandten sich doch Herr Vice- vorsteher Rose für Verweisung des Anschüh'schen Antrag- an den Ausschuß. Herr Ersatzmann Näser — heute einberufen —: die im Artikel vorkommenden beleidigenden Worte seien sehr schlau gefaßt und so gestellt, daß man den Verfasser juristisch doch nicht fassen könne, wenn die Beziehung und Absicht, welche derselbe damit verbunden, auch jedem Leser noch so klar sei. Das Collegium habe ebenfalls sie nicht mißverstehen können und es genüge, über die versteckten Anzüglichkeiten eines Schuldirektors gegen die Ge meindevertretung seine Entrüstung auszudrücken. Er halte übri gens die Bürgerschaft für einen besseren Richter in dieser An gelegenheit als die Schulinspection, bei welcher eine Beschwerde vielleicht ohne Erfolg bleiben werde. Einstimmig wurden darauf beide Anträge an den Schulaus schuß gewiesen. (Fortsetzung folgt.) Leipziger Sparverein. Im Monat Mai wurden 4977 Sparbücher viermal expedirt. Einnahme im Monat Mai . . . . «L 4981. 1. —. - - - April und März - 10883. 6. 5. Zusammen 15864. 7. 5. Gegen die entsprechenden Monate 1860 - 12321. 20. 1. Das große Oelgemälde von Julius Muhr in München: „Hiob von seinen Freunden getröstet", dessen Aufstellung im Ver einslocale am vorigen Sonntag mitgetheilt wurde, soll auf einige Zeit in der Rotunde des Museums öffentlich ausgestellt werden, da es jedenfalls als eine der hervorragendsten Erscheinungen der neuesten deutschen Malerei die allgemeinste Theilnahme verdient. Es spricht wohl Nichts günstiger für die künstlerische Kraft eines Malers, als wenn er in der Schule eines großen Meisters sich mit vollständiger Eigenthümlichkeit ausgebildet hat. Mit allem Recht läßt sich dies von Muhr sagen, der lange Jahre Kaulbachs Schüler war und einen großen Theil der bekannten ftereochromischen Wandmalereien iry Treppenhaus des Berliner Museums unter dessen Leitung vollendete. Die Bestimmtheit der Zeichnung, der Sinn für Schönheit in dm Linien und in der Composition läßt sich wohl aus der günstigen Einwirkung der Schule herleiten; ganz eigenthümlich ist aber die Auffassung de- Gegenstandes und die Weise der malerischen Darstellung. Ohne mehr — als vielleicht in einigen Nebendingen — in da- blos Naturalistisch-Nachahmende zu verfallen, giebt Muhr in seinem Hiob Gestalten des alten Testament- mit der Innern Lebendigkeit, die in ihnen nicht blos Typen künstlerischer Ueberlieferung, son dern Menschen erkennen läßt, deren Geschichte sie in da- Reich religiös-poetischer Anschauungen versetzt. — Gegenüber den häufig vorkommenden Darstellungen diese- Gegenstände-, die sich darauf beschränken trauernde Greise wiederzugeben, zeichnet Muhr die ausbrechenoe, gottverlassene Verzweiflung in Hiob und in den Freunden die tiefe Trauer, die stumm und in sprechender Be wegung sie erschüttert. Die merkwürdig leuchtende Farbengebung de- Bilde- erinnert an die Werke altvenezianischer Meister, ein um so größerer Vor zug, als die ernste Haltung des Ganzen die rein malerische Technik nirgends al- effecthaschend hervortreten läßt. — Im Kunstvereinslocale sind durch die gefällige Vermittelung des Herrn Verleger- Stiche nach den vorzüglichsten Werken alt deutscher und altniederländischer Malerei au-gestellt, die in dm bisher erj male deu von Er mthalten berechnet deutschen stellten ? vollftänd van Ei die vorzi selben 4 Lei unvereh Elsterfl lebend gebrach sind zu eine- i und Vl richtlid Le Stund der dc rrhäni Selbst und l Alter nams augei Gele volle auf» zösis Hül Städtisches Museum und Leipziger Lunstverein. I ^ 84k 2'/ » R