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484 sich als Angeklagter der Handarbeiter Karl Ernst Heinrich Rasch aus Dolkmarsdorf. Die von dem Vertreter der k. Staatsanwalt schaft Herrn Staatsanwalt Barth erhobene Anklage beschuldigte Raschen, am IS. December v. I. eine verschlossen gewesene, einem Schneidermeister zugehörige Parterrekammer eine- am Thomaskirch hofe gelegenen Hauses mittelst Nachschlüssels eröffnet und daraus einen Rock und zwei Paar Hosen im Werthe von 5 Thlr. 8 Ngr. 5 Pf. entwendet zu haben. Rasch war am gedachten Tage mit diesen Kleidungsstücken aus jener Kammer gekommen, hierbei von der Ehefrau jenes Schneidermeisters betroffen und sofort flüchtig gewordm. Von dem Schneidermeister, der auf den Ruf seiner Ehefrau herbeigeeilt war, verfolgt, hatte Rasch seinen Weg über den Thomaskirchhof nach der Eentralstraße genommen und seinem Verfolger einen ziemlichen Vorsprung a^ewonnen. Der Schneider meister, welcher nur noch sah, wie Rasch von der Centralstraße seinen Weg nach dem Lehmannschen Grundstück nahm, war in der Voraussetzung, daß Rasch von da durch den Haupteingang wieder auf die Promenade zu gelangen suchen werde, so klug ge wesen, von der Verfolgung Rasch- in der Centtalstraße abzustehen und seinen Weg vielmehr um die Promenade nach dem Haupt eingang des Lehmannschen Grundstücks zu nehmen. Rasch, fortwährend der Meinung, daß sein Verfolger ihm auf der Ferse nach sei, richtete auch seine Blicke nur hinter sich und merkte daher nicht, als er seine Flucht aus dem gedachten Grundstücke nach der Promenade fortsetzen wollte, daß ihm von hier sein Verfolger entgegenkam. So sah er sich trotz seiner Schlauheit überlistet und mußte sich gefangen geben. Des ge stohlenen Rocke-, den er bereits angezogen, suchte er sich zu ent ledigen, die Hosen hatte er vorher schon weggeworfen. Allein weit entfernt, den Diebstahl einzugestehen, betheuerte Rasch seine völlige Unschuld und läugnete, daß er in diebischer Absicht die Kleidungsstücke auS jener Kammer geholt habe. Er habe, so behauptete er, an jenem Tage sich in Leipzig Arbeit suchen wollen und sei, um sich zuvor mtt seinem letzten Dreier eine Güte durch einen SchnapS zu thun, in eine Wirth- schaft am Thomaskirchhof gekommen. Hier habe ihn ein Unbe kannter mit in jene Kammer genommen, die er zuvor aufgeschlossen, und ihn gebeten, di« gedachte» Kleidungsstücke ihm an den Gtnmen- berg M trage», wo er ihn erwatten wolle, um sie bch« kethhaufe zu verpfänden. Welchen Gla«den dieses Anfuhren verdiente, mußte sich wohl Jeder, der es hörte, selbst sage«. Rasch konnte jenen Unbekannten weder irgend wie nachweifen, noch war eine zweite Person außer ihm in der Kammer oder im Hause betroffen worden. ES sprachen aber auch noch mehrere andere Umstände dafür, daß Rasch darauf ausgegangen war, in jener Kammer einen Diebstahl zu verüben. Der Gerichtshof nahm trotz seines beharrlichen Läugnens seine Schuld als erwiesen an und vernrtheilte ihn mit Rücksicht auf die Qualifikation des Diebstahls zu 10 Monaten Arbeitshaus. polizeiliches. Leipzig, den 1. Februar. Eine bei der königl. PoUzei- direttio» zu Dresden bereits länger bestehende Einrichtung ist mit dem heutigen Tage auch bei dem hiesigen Polizeiamte hr da- Leben getreten. Es sind auS der Executivmannschaft die dazu befähigtesten zwölf Diener autgehoben und unter Zuziehung der beiden Commissarien zu einer Criminalsection ver einigt worden. Die der letzteren angehörenden Diener werden von heute an lediglich mit cr im in al polizeilichen Recherchen beauf tragt und von den gewöhnlichen Wachen und anderem polizeilichen Dienste befreit sein. Der Umstand, daß ein heute mit den Recherchen über einen Diebstahl oder rin sonstiges Verbrechen be auftragter Diener morgen irgend einen anderen polizeilichen Dienst, z. B. den Dienst auf einem der Bahnhöfe, zu versehen hatte, war selbstverständlich der nachdrücklichen Verfolgung der erforder lichen Recherchen zeither nur hinderlich gewesen und eS kann da her wohl die obm gedachte Einrichtung im Interesse der allge meinen Sicherheit als eine nicht unwichtige bezeichnet werden. Berichtigung. In dem Theater-Referate über die Vorstellung von „Gin weißes Blatt" (Nr. 32 d. Bl.) muß es Zeile 12 u. 13 vom An fänge des Artikels an gerechnet, heißen: „wie man sie in den etwa- er- clunven Kreisen der modernen geistigen Aristokratie findet." Vom 26. Januar bis 1. Februar find in Leipzig begraben worden: Sonnabend den 26. Januar. Sophie Wilhelmine Leideritz, 65 Jahre S Monate alt, GerichtSamtSzimmermeisterS Witwe, Bürgerin und Hausbesitzerin, an der Pleiße. Adolf Wilhelm Graul, 24 Jahre 6 Monate alt, Markthelser in Gohlis, im JacobShoSpitale. Christiane Dorothee Kahle, 63 Jahre 9 Monate alt, Schneiders Ehefrau, in der Hainstraße. Johann Earl Noack, 77 Jahre 3 Monate alt, Seidenwirkergehülfe, in der Windmichlengaffc. Julius Otto Götze, 2 Jahre 6 Monate alt, Tischlers Sohn, in den Thonbergstraßenhäusern. Ein unehel. Mädchen, 1 Jahr 3 Wochen alt, in der Ulrichsgaffe. Sonntag den 27. Januar. Gottfried St all bäum, 67 Jahre 3 Monate 28 Tage alt, Doctor und außerordentl. Professor der Philosophie, Doctor der Philologie, Rector deS Gymnasiums zu St. Thomä und Ritter de- königl. sächs. AlbrechtS-Orden-, am Thomaskirchhofe. Ein todtgeb. Knabe, Johann Heinrich Meißner-, LackirerS der königl. westl. StaatSeisenbahn Sohn, Ln der UlrichSgaffe. Montag den 28. Januar. Jgfr. Antonie Thekla Lincke, 24 Jahre 3 Monate 12 Tage alt, JacobShoSpitalschreiberS jüngste Tochter, in der Magazingafle. Sophie Therese Donner, 50 Jahre 6 Monate alt, Handarbeiters Ehefrau, in der FriedrichSstraße. Dienstag den 29. Januar. Christiane Dorothee Thieme, 77 Jahre 4 Monate alt, Steuer-Einnehmers Witwe, in der Burgftraße. Ferdinand Emil Wilfferodt, 20 Jahre 9 Monate alt, Bürgers und Hausbesitzer- jüngster Sohn, HandkungScommiS, in der PeterSstraße. OScar Bernhard Heine, 6 Jahre 6 Monate alt, Bürger- ,nd HauSmannS Sohn, an der alten Burg. Jgfr. Agnes Ernestine Kretzschmar, 13 Jahre 10 Monate 15 Tage alt, Bürger- und CigarrenfabrikantenS einzige Tochter, in der Ritterstraße. Earl Wilhelm Paul Johannes Theodor Mönch, 15 Wochen alt, Schriftgießereifactors Sohn, in den Thonbergstraßenhäusern. Carl Wilhelm Adolf Böttcher, 34 Jahre 6 Monate alt, Schneidergeselle aus Falkenstein, im JacobShoSpitale. Friedrich Ferdinand Schwester, 52 Jahre 2 Monate alt, Goldarbeiter, im Brühl. Ein unehel. Mädchen, 2 Monate 21 Tage alt, an der Pleiße. Ein unehel. Knabe, 5 Monate 22 Tage alt, in der Frankfutter Straße. Mittwoch den 30. Januar. Christian Wilhelm Barth, 65 Jahre 4 Monate alt, Bürger und Kramer, am Thoma-kirchhose. Flora Marie Mathilde Ang erstein, 9 Monate alt, Oberschaffners der Thüringer Eisenbahn Docht», in der Katharinenstraße. Ein todtgeb. Mädchen, Earl HetzoldS, Handarbeiter- Tochter, in der Dresdner Straße. Donnerstag den 31. Januar. Caroline Friederike Gregori, 37 Jahre alt, Bürgers und Leihbibliothekars Ehefrau, am König-Platze. Johann Friedrich Ambrosy, 37 Jahre 6 Monate alt, Bürger und Kürschnermeister, im JacobShoSpitale. Marie Rosine May, 77 Jahre 9 Monate alt, HauSbefitze ö in Dölkau Witwe, in der ErdmannSstraße. Johann Friedrich Kiel stein, 31 Jahre alt, Hülssarbeiter der Leipzig-Dresdner Eisenbahn, im JacobShoSpitale. (Ist zur Beerdigung nach Thallwitz avgeführt worden.) Helene Amalie Clara Nickel, 9 Monate 18 Tage alt, AusläderS der Magdeburg-Leipziger Eisenbahn Tochter, in der ReichSstraßr.