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66S drückten Kirche anzugehören. Es sind deshalb laute Klagen kund geworden, Klagen, die ich wenigstens vollkommen theile. DieseS Beispiel hätten wir unS zur Warnung sollen dienen lassen! Dem confessionellen Standpunkte wäre meiner Ueberzeugung nach völlig genügt, wenn die ReligionSlekrer an unseren Schulen mit dem ConftssionSeid verpflichtet würden. ES hat nun Lwar der Be richt Seite 352 gesagt, eS werde im einzelnen Falle von der StaatSregierung billige Rücksicht genommen werden können — Nun, meine Herren, etwas Aehnlicheö habe ich bei der Debatte über h. 6 auch vom Ministertische aus gekört. Ich darf an nehmen, eS soll mit dieser Bemerkung im Berichte nichts andere- gesagt werden, als daß in einzelnen Fällen das Ministerium von der Notkwendigkeit, den ConfessionSeid zu leisten, dispensiren werde. Wenn das wirklich damit gemeint ist, so habe ich einen Jrrthum zu constatiren, den ich schon bei einer andern Gelegenheit zu berichtigen hatte. Die StaatSregierung kann und darf nicht dispensiren von einer Bestimmung, die daS Gesetz enthält, wenn ihr dürch das Gesetz selbst nicht dieses Dispensationsbefugniß ertheilt worden ist. Unser Gesetzentwurf kennt aber ein solches DiSpensationSbefügniß nicht, er bestimmt vielmehr ganz ausnahm- loS: „Alle Lehrer u. s w. find nach den Formularen v. ». und d. zu verpflichten." Wollte mithin die Staatsreqierung dessen ungeachtet dispensiren, so würde sie sich über das Gesetz stellen, sie würde dem Gesetze zuwider handeln! NuN, meine Herren, daS Wenige, was ich gesagt habe, wird Sie überzeugen, daß ich für die Kirchenordnunq nicht stimmen kann. Ich könnte noch andere Bestimmungen anführen, r. B. die über die Nichtöffentlichkeit der Synodensttzungen, indessen es bedarf weiterer Anführung nicht. Da- bisher Gesagte röird zur Begründung meiner Erklärung genügen, daß eS mir mein" Ge wissen verbietet, der Kirchenordnunq zuzustimmen. Es wird aber auch auSreichen, um den zweiten Thest meines Antrags zu recht- fertigen, welcher dahin geht, daß Sie beschließen wollen, die Staats regierung zu ersuchen, noch auf diesem Landtage ein Wahlgesetz zür Einberufung einer Synode für die Vorberathung einer Kirchen ordnung un- vorzulegen. Meine Herren, diese Berathungen, wie sie mit allein Ernste Und mit aller Würde geführt worden sind, müssen gezeigt haben, daß dieses Werk noch einer weitern Ueber- legung bedarf; sie müssen gezeigt haben, daß noch ein andere- Organ, welches aus der Kirche selbst hervorgegangen ist, eine anderweite Erwägung diese- Entwurfs vorzunehmen hat, bevor wir denselben zum Abschlüsse bringen können. Der Herr Vice- Präsident hat diesen Theil meine- Antrag- selbst am besten unter stützt, indem er sagte: „Rom ist nicht in einem Tage erbaut." Und wie Rom nicht in einem Tage erbaut ist, ebenso können auch wir üicht erwarten, daß ein so umfässendeS Werk, wie die Kirchenordnung, mit einem Schlage, mit einer Berathung zu Stande gebracht werden könne. Deshalb sind wir verpflichtet, noch fernere Berachungen eintreten zu lassen und wenn dann von allen Seiten Hand an- Werk mit vollster Treue gelegt worden sein wird, dann, aber auch nur dann, werden wir etwas wirklich Gute- schaffen. Meinem Anträge aber können Sie, meine Herren, um fo unbedenklicher zustimmen, als ja die letzte Prüfung und Genehmigung durch denselben der Ständeversamm lung ausdrücklich Vorbehalten worden ist. Ich wiederhole, was hier schbn oft gesagt worden ist: Wir wollen Etwa- schaffen für lange Zeit hinaus. Aber meine Herren, die Schöpfung, die nicht auf klaren und festen Principlen beruht, kann auf die Dauer nun und nimmermehr bestehen. Ich fürchte nicht, daß um meiner ausgesprochenen Ansichten willen mir vom Herrn Viceprasidenten gesagt werden wird, ich gehöre einer kirchenfeindlichen Partei an, von der er vorhin sprach. Wäre nicht die Wichtigkeit dieser Frage m mir zum vollsten Bewußtsein gelangt, nun, meine Herren, dann wäre es ja das Leichteste und Bequemste für mich gewesen, zu Allem einfach Ja zu sagen > allein in dieser Bequemlichkeit würde ich meine Pflicht schlecht erfüllt haben. Nur die aufrichtige Liebe zur Kirche hat mein Reden und Stimmen geleitet. Mein Gewissen allein durfte und konnte in dieser hochheiligen Angelegen heit meine Richtschnur sein! Zur Mwer befragt. lAuf mehrsertigen Wunsch aus den „Dresdner Nachrichten" abgedruckt.) Noch ist eS Zeit die Stimme zu erheben gegen die Einführung unbeschränktst Tewietbefttlhik ohne FäyigHMchchisssb und Prü fung, ehe die hohe erste Kammer daS Schicksal entscheidet, ehe der Grunb zürn schnellen Ruin eines achtbaren Mittelstandes gelegt wirb. Mögen die ferneren Berathungen nicht den völligen Um sturz, sondern nur eine zeitgemäße Reform des Gewerbeleben- ein- fuhren und dadurch die Liebe vieler Tausende fürs engere Vater land erhalten bleiben. Hachsen werde durch seine Gewerbeordnung ein Musterstaat für andere deutsche Äinnenländer, es brapcht das Muster Oesterreich- niemals noch weniger die Beispiele Frank reichs, Englands oder Amerikas, wo bei den großen Dortheilen, die diese Länder haben, doch großes Elend zu finden ist. Dse Lob hudler des Glücke- der Arbeiter in diesen Landern sehen nur die glänzende Außenseite, haben sich aber nicht um die Falten ge kümmert, wo daS Elend steckt. Man gebe die Arbeit frei, aber nur Dem, welcher zu arbeiten versteht, nicht Jedem, der bloS Geld hat um durch Spekulation und Handel die Kräfte der Unbemittelten au-zunühen Wie kommen auch die Meister und Gesellen oder Gehilfen der frei gegebenen Gewerbe dazu, dem bloßen Geldsack oder Schacherer preisgeqeben zu werden, während Andere, die da- Bauhandwerk oder das GewerbSfach des Advocalen, Arztes oder Geistlichen ge wählt haben, geschützt sind. tz. 26 der Verfassung-Urkunde sagt: Die Rechte der LandeSeinwohner stehen für Alle in gleichem Maße unter dem Schutze der Verfassung. In Sachsen besteht das weise Gesetz, die Aeltern zu zwingen ihre Kinder in die Schule zu schicken und vor der Entlassung einer Prüfung zu unterwerfen; warum soll diese- heilsame Princip nicht konsequent durchgeführt werden? Der geschickte Arbeiter wird sich gern einer zeitgemäßen Prüfung unterwerfen, um dann Schutz in seiner Selbstständigkeit zu haben, und hat er diese erlangt, dann lasse man ihn sein erwählte- Ge schäft so ausgedehnt und fabrikmäßig betreiben wie er will, wenn er auch zur Erzeugung seiner Produkte die Arbeiter anderer Ge werbe braucht. Auch die für Erzeugung einzelner Produkte eine- Gewerbes bisher Concessionirten müßten sich der Prüfung darauf unterwerfen. Der wahre GewerbSmann wird nie Alle- machen wollen und in Extreme übergehen; die- thut nur der Händler oder Pfuscher, und käme einmal der Fall vor, daß Einer in ein durch aus entgegengesetztes Fach übergehen wollte, daß z. B. ein Schneider sich al- Goldarbeiter oder ein Schuhmacher als Schlosser etabliren follte, nun so bestehe er erst wieder eine Prüfung seiner Kenntnisse und Geschicklichkeit; müssen sich doch Lehrer, Aerzte, Geistliche rc. auch oft mehreren Prüfungen unterwerfen. Daß trotz der Prüfung nicht immer meisterhaft fortgearbeitet werden kann, liegt in anderen Verhältnissen. Wird denn durch Beibehaltung der Prüfung bei Maurer- und Zimmermeistern, bei Advocaten rc. stets vermieden werden, daß ein Hau- einfällt oder andere Menschen an ihrem Vermögen, Gesundheit oder Glauben beschädigt werden? Würde es nicht ungerecht sein, wenn z. B. ein geprüfter Maurer sich Tischler-, Schlosser- und andere Bauhandwerksgesellen kalten könnte, während ein bauverständiger Tischler die Erlaudniß, Maurer- und Zimmergesellen zu halten, nicht hätte? Besteht doch gegen Ueberschreitung der Gesetze eine bau- und medicinalpolizeiliche oder andere gerichtliche Controle. Hoffentlich werden unsere weisen und gerechten Kammermit glieder die spät eingegangenen Petitionen und Proteste noch berück sichtigen und uns, den besonders Betheiligten, nicht eine Freiheit aufbürden, die auch keinem andern Stande Nutzen bringen wird, soüdern üiifere Vorstellungen und Erfahrungen nicht mißachten, und nicht blos hören die Ansichten und schwärmerischen Anprei sungen der weisen Herren Doktoren, Journalisten und mancher Advocaten, welche letztere durch den Ausnahmestand sich geschützt fühlen, oder auch einzelner Gewerbtreibender, die sich die unbedingte Gewerbefreiheit nicht um der Arbeit willen, sondern um eines un beschränkten Handel- wegen wünschen. Da die Herren Schriftqelebrten uns stets auch die völlige Freiheit der Gewerbe in Amerika als Muster anpreisen, wollen wir nur bemerken, daß dort aber auch keine Ausnahmen, keine Bevorzugungen stattfinden; es wird da nicht gefragt, ob der als Doctor, Advocat oder Geistlicher Auftretende sein Eramen gemacht, seine gelehrte Disputation bestanden und den übrigen Zunft gebräuchen nachgekommen ist, sondern cs bleibt Jedermann über lassen sich erst nach der Fähigkeit Desjenigen zu erkundigen, dem er sein Zutrauen schenken will. Da in einem hiesigen Verein ein Redner auftrat, welcher in der Wissenschaft und nur in der Erfahrung der Wissenschaft die Gründe finden will, daß völlige Gewerbefreiheir zum Heile der Menschheit beitrage, so müssen wir entgegnen, daß sich die Wissen schaft der Gelehrten auch schon oft geirrt hat. Ächtung und Ehre jedem Gebildeten, Achtung und Preis jeder Wissenschaft. Stet- werden die Wissenschaften der Theorie und Praxis einander helfen müssen. Man ehrt gern die Intelligenz der höheren wissenschaftlich Gebildeten, wenn sie mit Humanität verbunden ist. Diejenigen aber, welche glauben daS Privilegium der Wissenschaft zu besitzen, weil sie z. B. alte Sprachen und ein wissenschaftliches Fach studirt, jedes Andere aber sich ganz instinkt- mäßig lernen lasse, mögen bedenken, daß auch zum scheinbar ge ringsten Handwerke mehr oder weniger Wissenschaft und Geschick lichkeit gehört, nur mit dem Unterschiede, daß bei diesen die Fähigkeit mit den Händen, bei jenen mit dem Munde bewiesen wird^ letztere schon als Knaben im Gymnasium darin geübt, aber zuwellen später als Gelehrte oder Beamtete nicht einmal die Ge schicklichkeit besitzen leserlich zu schreiben. Diese Erfahrungen sprechen wir nur deshalb aus, weil oftmals von Seiten dieser Gelehrten die Handwerker als zu gering und unverständig betrachtet werden, so wie auch als zu unmündig an gesehen werden, um ihr eigene- Wohl einzusehen und mit zu be- rathen. Jeder hat in seiner eigenen Sach« das schärfste Auge.