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3131 — Gestern und heute find nicht weniger als drei Leichname neugeborner Kinder hier aufgefunden und Seiten der königlichen Staatsanwaltschaft gerichtlich aufgehoben worden. Den einen Kindesleichnam fanden mehrere Spaziergänger Abends 6 Uhr im hintern Rosenthal bei Gohlis im Plechenflusse auf, der andere wurde Abends um 10 Uhr in dem Hausgrundstücke Nr. 50a der Zeitzer Straße beim Grubenräumen von den Arbeitern aus der Grube herausgeholt, und den dritten Leichnam entdeckte man heute Nachmittag in einer Grube auf der Guanofabrik. — In vergangener Nacht ist ein frecher Einbruchsdiebstahl in ein Geschästslocal auf dem Grimma'schen Steinweg verübt worden. Man fand heute früh das die Thüre verwahrende feste Vorlegeschloß gewaltsam aufgesprengt, die Thüre selbst mittelst Nachschlüssels eröffnet und 3 im Locale befindliche Pulte aufge brochen, woraus ein Summe von gegen 30 Thalern gestohlen worden ist. Chemnitz, 5. Mai. (Tgbl.) In der gestrigen Sitzung deS AuSstellungS-AuSschufses erstattete der Vorsitzende der SicherheitS- deputation, Herr Baumeister Ancke, über die Art der Bewachung und Aufficht der inneren Räume der Halle während der AuS- stellungSzeit einen Bericht ab, dem wir Folgendes entnehmen. — Es werden vom 1. Juli ab tagtäglich 81 Personen nöthig sein, die über die sämmtlichen inneren Raume, jeder über einen bestimmten ihm zugewiesenen Rayon die Aufsicht zu führen haben. Für diesen Zweck sollen zunächst 20 besoldete Wächter angestellt werden, welche ÄS solche außer ihrer täglichen Function im Gebäude zugleich die Nachtfeuerwache und die Reinhaltung der inneren Raume zu übernehmen haben. Die übrige, für jeden Tag erforderliche Bewachungsmannschaft von 61 Personen wird auS Bürgern hie siger Stadt gebildet werden, von denen aber, um die Ausübung dreseS freiwilligen Amtes für den Einzelnen nicht zu drückend zu machen, ein und dieselbe Person nur aller 7 Tage und zwar jedes mal auf einen Hülben Tag an die Reihe kommen soll. Um hier nach die Summe der zum freiwilligen Bewachungsdienft in Wirk lichkeit erforderlichen Personen herauszubekommen, ist die Zahl 61 mit 2X7 zu multipliciren und daS Facit erzielt ein respectables Corps von 854 Mann, welche zu Nutz und Frommen deS Gan zen ihre Dienste der Ausstellung zur Verfügung zu stellen haben werden. Da der Handwerkerverein dem Ausschüsse in dieser Sache bereits wacker vorgearbeitet hat, so ist die glückliche Vereinigung dieser so zahlreichen freiwilligen Kräfte nicht zu bezweifeln. — Der Kirchenzettel von Chemnitz (mit 55,000 Einw.) und Leipzig (mit 86,000 Einw.) für vergangene Woche ergiebt Fol gendes: Geboren in Chemnitz 78, in Leipzig 42 : Getraute Paare m CH. 25, in L. 20; Begraben m CH. 59, in L. 50. — Die unter dem Handwerkervereine zu Chemnitz stehende und von demselben geleitete Sonntagsschule — wenn wir nicht irren, die größte derartige Anstalt in Deutschland — zählt gegenwärtig 2005 Schüler, welchen in 57 Classen von 47 Lehrern un Zeichnen, Schreiben, Rechnen, deutscher Sprache, Chemie, Physik, Geographie, Geschichte, Stenographie, Buchhalten, franzö sischer Sprache und Maschinenlehre unentgeltlich Unterricht ertheilt wnd. Die mit der Sonntagsschule verbundene weibliche Fort bildungsschule zählte im letzten Jahre 62 Schülerinnen. Der Unterricht in derselben erstreckte sich auf Schreiben, Rechnen und Buchführen. * Berlin, 7. Mai, Abends 7 Uhr. (Privatbrief.) Vor einer Stunde ist ein Attentat auf den Grafen Bismarck erfolgt. Unter den Linden wurden von einem jungen Manne (wie eS heißt dem Sohne des bekannten Flüchtlings Blind) drei Schüsse aus einem Revolver abgefeuert. Einige sagen, der Graf sei gar nicht, Andere dagegen, er sei nur leicht am Arme getroffen worden. Der Thäter wurde sofort verhaftet und Graf Bismarck von Schutzleuten nach seiner Wohnung in der WilhelmSstraße geleitet. Die Nachricht verbreitete sich sehr schnell und sofort sammelte sich eine große Menschenmenge vor dem Palais des Grafen, in welches auch sehr bald mehrere höhere Officiere ritten, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen. — Der officielle Bericht lautet: Als der Herr Ministerpräsident Graf Bismarck heute Nachmittag nach 5 Uhr vom Vortrage bei Sr. Maj. dem König zurückgehend, zu Fuß die Lindenpromenade entlang ging, wurde er von einem ihm unbekannten Menschen in der Gegend der Schadowstraße angegriffen. Nachdem daS be treffende Individuum zwei Schüsse aus einem sechsläufigen Taschen revolver gegen den Rücken deS Herrn Ministerpräsidenten abgegeben, ohne ihn getroffen zu haben, drehte sich letzterer um und ergriff den Thäter, welcher aber wieder auf ihn zielte und während deS Ringen- Gelegenheit fand, noch drei Schüsse abzufeuern. Obgleich diese in unmittelbarer Nähe abgegeben wurden und den Herrn Ministerpräsidenten auf die Brust trafen, ist derselbe wunderbarer Weise dennoch unverletzt. Eine der Kugeln hat alle Bekleidungs stücke durchbohrt und ist bis auf daS seidene Unterhemd gedrungen. Der Verbrecher ueunt sich „Blind", ist 22 Jahr alt, will auS London und erst fett drei Tagen in Berlin sein. Er räumt sein Verbrechen unumwunden ein. Berlin, 8. Mai, 10 Uhr 33 Min. Vormittags. Der An greifer BiSmarckS, Bttnd, stach sich gestern Abend 9 Uhr mehrmals mit einem mehrklingigen Taschenmesser in den Kehlkopf. Die Aerzte erklärten kein edle- Blutgefäß für verletzt. Blind wurde in die Zwangsjacke gelegt und verstarb heute früh gegen 5 Uhr. — Von den cursirenden falschen preußischen Fünf thalerscheinen werden von Berliner Blättern außer dem ver wischten Wappendruck folgende Kennzeichen angegeben: daS Papier ist schlechter und fühlt sich zwischen den Fingern weich an; auf dem AverS steht daS große k' in der Schrift „k^lnk 'Ibalsr Oourant" ein wenig schief; in der untern lmken Ecke in der Ziffer HI. ist der dritte Strich höher als auf den echten, und die dahinter stehende 0 ist dick, auf den echten dagegen schlank und scharf; auf dem Revers ist in dem dritten Felde (vor dem Namen) die Schrift „auZgekerligt" auf den Falsificaten dick und schmierig, auf den echten Exemplaren dagegen klar und scharf. Jena, 6. Mai. Kuno Fischer, von dem man befürchtete, er würde erst um Pfingsten auS Italien zurückkehren, hat seine Vorlesungen schon in voriger Woche begonnen. — Viele Studenten auS Preußen fehlen diesmal hier wegen der dortigen Mobilmachung, namentlich auch viele Ostpreußen, welche das hiesige landwirth- schaftliche Institut zu besuchen pflegten. — Der Weggang des Schul- rathS Prof. vr. Stoy von Jena wird hier als ein nicht geringer Verlust bedauert. Er übernimmt schon zu Pfingsten den m Hei delberg errichteten Lehrstuhl für Pädagogik und wird an dieser Universität, welche stets gegen 900 Studirende zählt, auch eine größere SeminarübungSschule, die wo möglich auch Real- und Gymnasialclaffen enthalten soll, ins Leben rufen. An hiesiger Universität hielt vr. Stoy Vorlesungen über Encyklopädie der Pädagogik und Psychologie (letztere nach Herbartschen Grundsätzen) und bildete außerdem m einem pädagogischen Seminare, dessen Ruf über die deutschen Grenzen binauSreicht, in uneigennützig ster Weise seine Hörer zu tüchtigen praktischen Schulmännern auS. In einem Zeiträume von 23 Jahren wirken an 500 Mit glieder dieser Anstalt in den verschiedenen deutschen Ländern, in der Schweiz, in Siebenbürgen, Oesterreich, Ungarn, Rußland, Frankreich u. s. w., meist als Lehrer an höhern Schulen und Letter von Bürgerschulen. Die jungen Pädagogen bildeten unter sich auch einen Verein für die Seelsorge der Kinder, leiteten mit einer Anzahl der Schüler eine Gartenbau-Gemeinde u. s. w. — Die France kündigt eine große Revolution in der — Mode an. Die Kaiserin Eugenie hat beschlossen, einen der wichtigsten Mode-Industriezweige, die Stickerei, zu unterstützen, ^gleich aber erklärt, die jetzigen Muster seien zu schwerfällig, die Kleider seien jetzt von Stickereien ganz überladen und würden dadurch so schwer und schwerfällig, daß die schönsten Stoffe die Elasticität und Leich tigkeit verlören. Der Präfect der Meurthe hat von dieser Ab- und Ansicht der Kaiserin Veranlassung genommen, durch Rundschreiben die geschicktesten Sticker seines Departements aufzufordern, „leichte, feine, elegante Muster herzustellen, die den Kleiderstoff heben und zur Geltung bringen, statt ihn zu entstellen. Muster, welche der Kaiserin im Laufe des MonatS vorgelegt werden sollen." Es ist dies endlich einmal ein Fortschritt zu besserem Geschmacke! — Die Mormonen bauen in ihrer Hauptstadt Great Salt Lake City einen Tempel, der an Umfang und Großartigkeit alle Ueberlieferungen des babylonischen ThurmbaueS noch wett über ragen soll. Der gelegte Grund besteht aus Steinblöcken, von denen einzelne bis zu zwei Tonnen schwer sind, und zeigt, daß der Tempel eines der riesigsten Werke werden soll, welche die menschliche Kühnheit jemals unternommen hat. — Auf der Insel Cuba soll, nach amerikanischen Zeitungen, Petroleum in solcher Menge entdeckt worden sein, daß die reichsten Oel-Diftricte der Vereinigten Staaten dadurch in Schatten ge stellt würden. 372. Seiten der Leipziger Produkten - Börse am 8. Mai 1866 aotirte Preise ») für 1 Zoll.Erutner Oel, b) für 1 Dresdner Scheffel Getreide, mit pareuthefirt beigefügtem Preis« für 1 Berliner Mispel dergleichen und e) für 100 Preuß. Quart Spiritus, Alle- laut Anzeige der vervffichteieu AowwisfionLr,. Rüböl, loco: 15Bf.; v. April, Mai: ebenfalls 15 p. SepLbr., Octbr.: 12 ^ Bf. Leinöl, loeo: 14»/4 «L Bf. Mohnöl, loeo: 241/2 »L Bf. Weizen, 168 Pfd., braun, loeo: nach Qual. 41/2-51/« Bf. sn. Q. 54 —62 Bf.j Gerste, 138 Pfd., loeo: nach Qual. 3—31/s Bf. (u. Q. 36 — 40 Bf.) Hafer, 98 Pfd., loeo: nach Qual. 21/«—21/4 Bf., 21/« bez. u. Gd. (n. Q. 26—27 Bf., 26 bez. u. Gd.j Wicken, 178 Pfd., loeo: 51/4 ^ Bf. (63 Bf.1 Spiritus, loeo: l3"/i, ^ Bf.; 13»/, ^ Gd.; p. Mai: 13»/« bez.; p. Juni: 14 bez. u. Gd.; p. Juli: 14i/, »L Gd. vr. jnr. Kretschnrann, Secr.