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Taaeblatt Anzeiger. Amtsblatt des Köllig!. Bezirksgerichts imd des Rat-S der Stadt Leipzig. M 113. Montag den 23. April. 186«. Verschiedenes. * Leipzig, 21. Avril. Am heutigen Abend waren im Künftler- Berein eine größere Anzahl landschaftlicher Studien deS Kupfer stechers Adolf Neumann ausgestellt. Wir sahen zum ersten Male landschaftliche Naturstudien von dem als Por- traitzeichner und Stecher, namentlich für die illustrirte Zeitung, Gartenlaube u. a. m., so vielfach anerkannten Künstler. Um so mehr waren wir überrascht und erfreut über die frische naive Auf fassung, die sich in allen bekundete. Nähere Puncte, als Krieb- stein und dessen Umgebung, Meißen, vor Mem aber das bayrische Gebirge und Tyrol, der Kochel- und Achensee mit der anheimeln den Scholastika am tiefblauen See, dann duftige GebirgSzüge im wunderbar anziehenden Allgäuer Thal treten unS in ungemeiner Farbenfrische entgegen. Wir können nicht umhin dem begabten fleißigen Künstler zu diesen Studien, die ein bedeutendes Farben talent verrathen, aus voller Ueberzeugung Glück zu wünschen. Außerdem waren mehrere, photographische Nachbildungen nach Zeichnungen von Veit, Steinle und Andreä aus dem Dante- Album Sr. Majestät des Königs Johann ausgestellt, die uns Mo mente der äivina eommeäia in großartig einfachen Style vorführten. * Leipzig, 22. April. Herr vr. Otto Delitsch, Ober lehrer an der Realschule, der sich als tüchtiger Geograph bereits rühmlichst bekannt gemacht, hat die Erlaubniß erhalten, an der Universität Vorlesungen zu halten. Morgen Montag den 23. April Nachmittags 4 Uhr wird er (Auditorium III. über dem Convict) in seiner Probevorlesung über das Nil- und Nigergebiet sprechen und beide Miteinander vergleichen. * Leipzig, 22. Aprll. Die sächsischen Reiter, welche sich in der Stadt befinden, sind hierher commandirt, um die bei Rose und Böhme eingekauften Pferde in Empfang zu nehmen. Die ängst lichen Gemüther sehen auch hierin ein Zeichen bevorstehenden Krieges, aber erstens beträgt die Zahl der zu übernehmenden Pferde nur gegen 350 Stück, welche für die Reiterei und die Artillerie bestimmt sind, und zweitens findet jedes Frühjahr der nothwendige Ersatz auSrangirter und untauglich gewordener Pferde bei der Armee statt. H Leipzig, 22. Aprll. In vergangener Nacht r/z4 Uhr brach in der zum Kees'schen Rittergute in Zöbigker gehörenden Bret- schneidemühle auf noch unermittelte Weise, man glaubt durch Selbst entzündung, Feuer aus, in Folge dessen die Mühle vollständig eingeaschert wurde. Der günstigen Windrichtung, wie auch der angestrengten Thätigkeit der Löschmannschaften, wobei namentlich daS Zweckmäßige Einschreiten der zu Hülfe herbeigeeilten Gaußscher Spntze rühmüchst hervorzuheben, ist eS zu danken, daß die nahe gelegene, sehr gefährdete Mahlmühle erhalten blieb. *Leipzig, 22. Aprll. Am 19. d. M. Nachmittags versam melte sich in VolkmarSdorf bei dem Fleischermeifter Kühn eine große Menschenmenge, weil ein junges Rind, das zum Schlachten m den Hof geführt worden war, sich gewaltsam losriß und wie toll umhersprang, gleich als ahne es was mit'ihm geschehen sollte. ES schlug und stieß so wüthend um sich, daß sich bald Niemand in seine Nahe wagte. Man sah sich schließlich genöthiat, von dem ersten Stock des Wohnhauses auS das Thier zu erschießen. Dresden, 21. April. Bei den Verhandlungen oer sechzehnten Generalconferenz in Zollvereinsangelegenheiten werden vertreten sein: Preußen durch den geh. Oberfinanzrath Henning, Bayern durch den Oberzollrath Gervig, Sachsen durch den geh. Finanz- rath v. Thümmel, Hannover durch den Generalzvlldirector Albrecht, Württemberg durch den Oberfinanzrath Freiherrn vr. v. BalorS, Baden durch den Finanrrath Lepique, Kurhefsen durch den geh. Oberfinanzrath Kramer, Großherzogthum Hessen durch den geh. Obersteuerrath Ewald, die ber dem thüringischen Zoll- «nd Handelsvereine behelligten Staaten durch den wirkt. Geheim- rcttb Thon, Ercellenr, Braunschweig durch den Fmanzrath Graven horst, Oldenburg durch den Oberzollrach Meyer und die freie Stadt Frankfurt durch den ZolldrrectionSrath vr. MelteniuS. Bis auf den für den thüringischen Zoll- und Handelsverein er nannten Bevollmächtigten, welcher im Laufe deS heutigen Tage- erwartet wird, sind die Bevollmächtigten der übrigen VereinS- regierungen bereit- sämmtlich hier nngetroffen, und eS wird sicherm Vernehmen nach den 23. d. MtS. die Eröffnung der Conferem stattfinden. (Dr. I.) — Ein paar Zahlenwerthe über das Jndustrie-AuS- ste llungSgebäude m Chemnitz giebt ein Artikel des dortigen Tageblatt- wie folgt an. Man braucht nämlich u. A. die Summe von 1000 Thaler für circa 500 Fenstervorhänge, deren Gesammt- heit etwa 4854 Ellen betragen soll. Dieses Stück Zeug, zu 6/4 Ellen Breite, liefert einen Flächenraum von 29,124 Lluadrat- fuß, d. h. mit anderen Worten einen Zeugstreifen, der 1 Fuß Breite und mehr als N/s deutsche Merlen Länge besitzt. Mit dieser Quantität sollen und können jedoch bei weitem nicht fämmt- liche Fenster de- AuSftellungsgebäudes verhängt und bedeckt werden, denn der Gefammtflächenraum aller GlaSfenster desselben stellt sich auf 33,780 Quadratfuß. — Die Dachbedeckung des Gebäudes geschah mit der neu patentirten Lohse'schen Dachleinwand, welche zu diesem Zwecke in einer Quantität von 208,000 Quadratfuß zur Verwendung kam. Zur Befestigung dieser Fläche wurden bei läufig 500,000 Dachnägel gebraucht. Wollte sich Jemand die Mühe geben, diese Anzahl Nägel auf dem Dache zu zählen, so würde er, wenn er in jeder Secunde 2—3 Nägel herausfände, vom frühen Morgen bis zum spaten Abend unausgesetzt weiter zählend, am Abend des vierten Tages mit dem Zählungsgeschäft noch nicht zu Ende sein. Nähte man die obigen 208,000 Quadrat fuß Dachlernwand mit den 29,124 Quadratfuß Vorhängezeug zu sammen, so erhielte man einen Streifen festen Stoffes, der bei einer Breite von 1 Fuß nicht weniger als 10 deutsche Meilen lang wäre. Von dem Größeninhalt dieser Fläche vermag vielleicht nach einer anderen Seite hin die folgende Betrachtung erne Vorstellung zu geben: Der Rathhausthurm zu Chemnitz ist ca. 160 Fuß hoch, der Stadtthurm der Äacobikirche ungefähr 210 Fuß. Beide Thürme aufeinander gestellt ergeben die Höhe von 370 Fuß. Diese Riesen höhe der Summe beider Thürme könnte man nun mit einem aus der Dachleinwand des Ausstellungsgebäudes allein gefertigten Vor hang, der eben so breit als hoch wäre, nicht nur vollständig ver decken, sondern es würde derselbe noch 100 Fuß über das Kreuz des obersten ThurmeS herüberragen. — Aus dem Vorhängezeug und der Dachleinwand ließe sich endlich ein Zelt construiren, in welchem die Jacobikirche, daS Rathhaüs und alle daranstoßenden Gebäude deS Marktes ein vor Sonnenschein und Regen wohl ge schützte- bequemes Unterkommen zu finden vermöchten. — Aus Chemnitz berichtet das dortige Tagebl. vom 18. April: Wir sahen heute ein Werk der höh ern Webkunst, welche- bei der bevorstehenden Gewerbeausstellung gerechtes Aufsehen machen wird. ES ist ein buntes Bildchen, etwa 61/2 Zoll hoch und 9*/, Zoll breit, die Ausstellungshalle darstellend. Dasselbe ist mittelst der Jacquardmaschine ganz in Seide gewebt, und zwar wegen der Farbenstellung mit vierzehnfachem Schützenwechsel. Es ge hören zu der kleinen Flache nicht weniger als 10,000 Muster karten; ein ganz fleißiger und geschickter Kunftweber vermag in einem vollen Tage nicht mehr als zwei solche Bildchen, also im Ganzen 13 Zoll Gewebe fertig zu bringen, und eS gehört die allergrößte Sorgfalt dazu, die äußerst feine Zeichnung mit Dia- mantschrift fehlerlos darzustellen. Die höchst schwierige Zeich nung ist von G. Köhler vier geliefert, die Weberei von A. Dittrich und I. Lippold hier ausgeführt. — Die Chemnitzer Polizeimannschaft soll auf Antrag der Stadtverordneten als Kopfbedeckung bunte Mützen, statt der bisherigen Dreimaster, und Stöcke statt ver Seitengewehre erhallen. Die vom Stadtrathe vorgeschlagenen CaSquetS fand de- Collegium für zu militärisch, die Seitengewehre für überflüssig. Adorf, 19. Avril. Der Besitzer deS Rittergutes Schön- berg, Herr v. Reitzenstein, war gestern früh auf die Auerhahn- jagd gegangen und ließ sich durch sein Geschirr nach Hause zurück«