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6768 2960 Thaler, von welchen nach Abzug der Ausgaben mit 274 Thlr. die Summe von 2686 Thalern zur Verfügung übrig blieb. Da von sind ein Drittel (895 Thaler) statutgemäß dem Centralvor- stande, ein Drittel dem Hauptverein zugewwsen worden; das dritte Drittel soll, wie der Vorstand deS ZweigvereinS vorschlägt, zur Unterstützung der Gemeinden Reichenberg in Böhmen, Algerien, Karlsbad. Herspitz in Mähren, Aich in Steuermark, Klagenfurth in Kärnthen und Prag verwendet werden. Dieser Vorschlag fand, nachdem Herr Diac. vr. Lampadius noch über Algerien und die überaus segensreiche Thätigkeit des dortigen Pastors Türr, Herr Prof. vr. Hofmann über die Gemeinde Aich Näheres mit- getheilt hatten, die einstimmige Billigung der Versammlung. Nachdem vorher schon auf Einladung des Vorsitzenden die Anwesenden für die dem Zweigverein abermals zugeflossenen Spen den der Liebe ihren Dank durch Erheben von den Sitzen auSge- drückt hatten und die Herren Prof. Schmidt und Lehrer Flei sch- mann zu Revisoren der vorjährigen Rechnung ernannt waren, schritt die Versammlung zur Wahl von vier Vorstandsmitgliedern an Stelle der ausscheidenden Herren Prof. Hofmann, Iustizrath Kind, Adv. Praße und des verstorbenen Assessor- Beyer. DaS Ergebniß dieser Wahl wird später öffentlich bekannt gemacht werden. Nachdem der Vorsitzende noch dem letztgenannten Herrn sowie dem ebenfalls verstorbenen Herrn Pastor Blaß als treuen Freunden deS Gustav-Adolfs-Vereins einen dankenden Nachruf gewidmet hatte, schloß Herr vr. Hofmann die Versammlung mit einem Gebet. Euterpe. kV 8. DaS zweite Concert der „Euterpe" am 6. d. M. in der Centralhalle bot ein mannichfaches Interesse. Das Programm enthielt von Instrumentalwerken Beethovens Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 und Schumanns Oäur-Symphonie; von Sololeistungen für Sopran und Tenor Recitativ und Duett aus „Iessonda" von Spohr und Duett aus „ Templer und Jüdin " von Marschner, gesungen von Fräul. Blaczek und Herrn Rebling, Mitglieder des hiesigen Stadttheaters, und endlich Chopins k" moll-Concert, Fuge von Mendelssohn und Ois moll-Rhapsodie von Lißt für Pianoforte, vorgetragen von Fräul. Anna Mehlig, königlich würtembergischer und großherzoglich weimarscher Hofpianistin. Um zuerst die Gesangsleistungen zu erwähnen, sind Fräul. Blaczek sowohl wie Herr Rebling hinsichtlich ihrer Stimmmittel von der Natur reich auSgestattet. Fräul. Blaczek hat einen glänzenden, lebendig vibrirenden, freilich auch, wie eS wenigstens bei dem Spohrschen Duett der Fall war, bisweilen dem Tremoliren zu neigenden Ton; dabei verfügt sie über einen, namentlich nach der Höhe zu beträchtlichen Umfang der Stimme. Herrn Reblings Organ hat eine müdere Tonfärbung, besitzt aber daneben eine edle gesättigte Fülle. Der natürlichen Begabung beider Künstler entsprach auch ihr Vortrag. Bei Fräul. Blaczek zeigte er spon tane Erregtheit und lebendiges Feuer, welches schlagkräftig wirkt und welches wir gerade bei dem Spohrschen Duett, das leicht durch ein zu williges Hineinversenken in das sentimentale Gefühlswesen des Componisten monoton werden kann, durchaus am Platze fan den. Dagegen können wir einen Mangel nicht verschweigen, der mit diesem Vorzüge allerdings in Zusammenhang zu stehen scheint, nämlich einmal: die fast durchgängig gleichmäßige Farben gebung, welche fast alle Nuancen, soweit sie nicht offen zu Tage liegen, vermißen ließ, sodann ein Hinüberstreifen in die theatra lische Bravour, wie eS der Conccrtsaal nicht gestatten darf. In dieser Beziehung hielt auch Herr Rebling das echte künstlerische Maß, ohne daß sein Vortrag dabei die edle Wärme der Auf fassung eingebüßt hätte. Fräulein Mehlig ist dem musikalischen Publicum Leipzigs bereits in Folge mehrfachen Auftretens auf das Vortheilhaftefle bekannt und jedenfalls zu den bedeutendsten Pianistinnen der Gegenwart zu zählen. Ihre Technik ist makellos, sauber und ge rundet, ihr Anschlag voll Mark und Kraft und dabei lebendig und mannichfaltig, ihre Auffassung verständnißvoll. Uns schien es sogar, als ob sich, seit wir sie zum letzten Male gehört, in der letzteren Beziehung ihre Leistungen noch erheblich vervollkommnet hätten. So sehr nun die genannten Vorzüge der Künstlerin im Chopinscken Concert zur Geltung kamen, so können wir doch dem Vorträge desselben nicht unbedingten Beifall schenken. Es fehlt der leidenschaftliche Zug ChopinS, der freilich durch die Beimischung fpecifisch nationaler Charaktereigenthümüchkeiten in gewissem Grade dem Verständnisse deS Deutschen stets fern bleiben wird. Alles war bei Fräul. Mehlig plastisch hingestellt, auf Feinste nuancirt, aber ohne die Rubato-Accente der Leidenschaft. Wir können uns nicht versagen, eine treffende Charakteristik Chopins von Lißt hierher zu setzen, welche zugleich für den Vortrag der Werke dieses Componisten hinreichende Fingerzeige enthält: „Chopin war eine comprimirt leidenschaftliche, üderschwellend nervöse Natur, er mä ßigte sich, ohne sich zähmen zu können, und begann jeden Morgen von Neuem die schwierige Aufgabe, feinem aufwallenden Zorne, feinem glühenden Haffe, seiner unendlichen Liebe, seinem zuckenden Schmerze, seiner fieberhaften Erregung Schweigen aufzuerlegen und sie durch eine Art geistigen Rausche- hinzuhalten, in den Sr sich versenkte, um durch seine Träume eine zauberische, feenhafte Welt heraufzubeschwören, in ihr zu leben und ein schmerzlose- Glück zu finden, indem er sie in seine Kunst bannte." Wir betonen indeß den bezeichnten Mangel bei Fräulein Mehlig nicht so sehr, weil es ungerecht wäre, einem Einzelnen besonders zur Last zu legen. waS in gleicher Weise die Allgemeinheit trifft. — Desto größeres Lob verdienen dagegen die übrigen Vorträge der Künstlerin. Die Mendelssohnsche Fuge — ein herrliche- Seelen- gemälde, welches die Erhebung auS gedrückter Stimmung zu freu digstem GlaubenSmuth schildert — wurde von ihr mit richtigem Tact nicht als trockene Schablonenarbeit, sondern sinnvoll aufge faßt und durchgeführt. Desgleichen gelang ihr LißtS Rhapsodie, ein originelles nationales Charakterbild, ganz vortrefflich. Wenn hier ähnliche Anforderungen zu stellen sind, wie an den Vortrag Chopins, so wird die Erfüllung derselben in so fern erleichtert, als hier die charakteristischen Züge in breiten Strichen und mehr aphoristisch hingestellt sind und daher sich auch entschiedener heraus arbeiten und ausprägen lassen. — Noch haben wir die ungewöhn lich begeisterte Aufnahme sämmilicher Solovorträge Seitens des Publicums zu verzeichnen. — Die Insirumentalwerke wurden in anerkennenswerther Weife auSgeführt, wenn auch die Schumannsche Symphonie — die beiläufig zuerst durch v. Bronsart in das Repertoir der „Euterpe" ausgenommen wurde— hie und da noch der letzten Feile bedurfte und außerdem daS Adagio nach unserem Gefühle in etwas zu schleppendem Tempo genommen war. StaLUHeater. „ Die Nachbarn " gehören, wie unsere Leser und besonders auch unsere Leserinnen wissen werden, zwar zu den allergelungensten und in ihrer Totalität liebenswürdigsten Romanen der vor einigen Monaten verstorbenen talentvollen Schwedin Friederike Bremer, nicht IedeS aber, was im weiten novellistischen Gewände gut und schön, nimmt sich auch in der knappen dramatischen Form psycho logisch correct und lebenswahr aus. So macht denn z B. die bekannte Birch-Pfeiffersche Bühnenbearbeitung jener Erzählung, betitelt „Mutter und Sohn" und neu einftudirt hier am 6. November gegeben, die schwersten und triftigsten Bedenken über die Möglichkeit, ja auch nur Wahrscheinlichkeit der geschilderten Handlung in uns rege, von welchen wir doch bei der Lecture de- Bremerschen Romans vollkommen fern blieben. WaS dort innerlich bewegte und ergriff, wird hier zur unnöthigen, abstoßenden Ge- fühlSmarterei. Wollten die Generalin und Bruno sich gegenseitig nur ein Wort der Aufklärung und Verständigung gönnen, so wäre der Conflict rasch beendigt und die fünfzehnjährige GewissenS- qual Beider fiele weg. Unter solchen Umständen ist die Anhörung des betreffenden Stücks natürlich nur ein sehr zweifelhafter Genuß, wie denn seine Wiederaufnahme ins Repertoire auch bloS durch die Rücksicht auf Frau Grers, der eine dritte größere Debntrolle geboten werden sollte, uns gerechtfertigt erscheint. Anlangend die genannte Dame, so hatte dieselbe bei dem Be mühen um eine unsere Vorstellungen von der Generalin vollständig deckende Repräsentation dieser Figur äußerlich freilich mit der Un zulänglichkeit ihres bedeutenderen Anstrengungen nicht gewachsenen Organs zu kämpfen. Ueberhaupt dünken uns ihre gesammten physischen Mittel zu zart und fein für jene bürgerliche Heroine, die man sich im Ganzen noch imponirender, strenger, mannhafter denken muß. Einzuräumen ist aber, daß Frau Gier- daS volle Verständniß der Rolle hatte und sie nach geistiger Seite hin durchaus bewältigte, daß sie namentlich auch em treffliches Mienen spiel entwickelte und, waS eben die nicht ganz zureichende natür liche Kraft betraf, dieselbe wenigstens bis zu dem ihr nur immer möglich werdenden Grade energisch anspannte. Verdienter Bei fall blieb nicht aus. Frau GierS sei al- schätzenSwerthes Mitglied nochmals willkommen geheißen. Herr Herzfeld, Bruno, war nicht übel, an einigen Stellen sogar recht gut, an anderen indessen auch wieder zu gespreizt in Vortrag und Bewegungen. Sehr ansprechend schien unS seine Maske, sowohl die des 20jährigen Jünglings, als die des 35jäh- rigen Mannes. Selma, das 10jährige Mädchen der ersten Ab theilung, wird von der Verfasserin in so eigen reizvoller Weise geschildert, daß die Darstellerin dann in der zweiten-Abtheilung schweres Spiel hat. Auch Frl. Link ließ uns unwillkürlich den ken, daß die entfaltete Blume nickt halte, waS die Knospe ver heißen habe. Dagegen war Frl. Götz eine Franziska, wie man sie sich nicht besser und drolliger wünschen kann. Es freut un gewiß allemal, wenn diese für ihr specielleS Fach in jeder Hinsicht angenehm begabt junge Dame eine Rolle in die Hand bekam, welche eben ihrem Naturell und ihrer Talentrichtnng entspricht. Im Verein mit Herrn Hanifch — der sich nur etwas burschi koser hätte tragen und die steifen großen Vatermörder bei Seite lassen dürfen — wußte Frl. Götz da- naiv gemüthljche „ Bären paar" sehr heiter und liebenswürdig zu repräsentier«. Jene hier angeregte Costümfrage berührt zwar nur eine — scheinbare — Kleinigkeit; in der That aber glauben wir nicht, daß „ MerrkLtz-