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280 Werße gegangen find, läßt ahnen, wa» später einmal von ihnen zu erwarten sein wird, sollte ihnen die jetzige Bestrafung nicht zur ernstlichen Warnung und Besserung diene». Nur auf Be friedigung ihrer Genußsucht und Lüsternheit finnend, jedoch ohne Besitz der erforderlichen Geldmittel, kamen sie auf den Gedanken, sich letztere durch Diebstahl zu verschaffen, und gingen zuletzt eine förmliche Verbindung mit einander ein. Da- erste Mal wo Stichel sich an fremdem Eigenthum ver griff, geschah am Sonntag vor Pfingsten vorigen ZahreS. Er hatte sich zunächst einen Hauptschlüssel bei einem Schloffermelstrr widerrechtlich angeeignet und verfügte sich damit in die hiesige Caserne, wo er mittelst desselben eine in der 1. Etage befindliche verschlossene Stube öffnete, einen daselbst befindlichen verschlossenen Tischkasten gewaltsam erbrach und die darin liegende Geldsumme von 6 Thlr. entwendete, während er gleichzeitig au- einem zweiten, jedoch unverschlossenen Tischkasten 25 Stück Cigarren mit fortnahm. An demselben Tage öffnete er weiter mit demselben Hauptschlüffel eine zweite verschlossene Stube in der Caserne und suchte hier zwei verschlossene Tischkasten, in deren einem sich 5 Thlr, so wie ver schiedene Effecten befanden, gewaltsam zu erbrechen, ohne daß ihm jedoch letzteres gelang. De- Nachmittag- besuchte er dann mit seinem Freunde Kippen hahn die Schleußiger Schenke, bezahlte nicht nur seine und Kippen hahn- aufgelaufene Zeche vom gestohlenen Gelbe, sondern erzählte auch dem Letzteren auf der Hereinfahrt nach Leipzig — sie hatten sich eine Gondel ermiethet — auf welche Weise er in den Besitz de- Geldes gelangt war, und vergeudete den verbliebenen Rest später noch mit Kippenhahn. Dieser gestand, daß er wenigsten- 1 Thlr. 2 Ngr. 5 Pf. davon erhalten hatte. Am 1. Juli v. I., eines Sonntags, erfuhr Stichel zufällig von dem Lehrling eine- im Reichelschen Anbau wohnenden Glaser- metsters, daß letzterer mit seiner Familie nicht zu Hause sei. Stichel faßte sofort den Entschluß, die Abwesenheit de- Glasers aus seinem LogiS zu benutzen. Er öffnete mit jenem Hauptschlüffel den ver schlossenen Vorsaal, erbrach gewaltsam einen in der Stube befind lichen Secrerair, fand hier verschiedene Schlüssel vor, öffnete mittelst eine- derselben einen zweiten in einer andern Stube dastehenden Secretair und stahl daraus 93 Thlr. Von dem gestohlenen Gelbe vergeudete er zunächst 10 Thlr. allein, da- Uebrige aber mit Kippen hahn, dem er erzählte, auf welche Weise er in den Besitz des Geldes gelangt war. Unter Anderm kauften sich Beide auch eine Fischergondel für 38 Thlr. und machten damit Lustfahrten auf der Elster. Einige Wochen darauf stahlen Beide au- der Werkstatt eine- Schlossers nach vorausgegangener gemeinschaftlicher Verabredung sechs Stück Nachschlüssel, um sie bei Verübung von Diebstählen zu gebrauchen. Stichel stieg durch ein Fenster in die Werkstatt ein, wahrend Kippenhahn haußen Wache stand. Bald darauf machten sie auch von einzelnen der gestohlenen Schlüssel Gebrauch. Sie erschlossen damit zwei verschlossene Officierstuden in der hiesigen Caserne, sprengten gewaltsam Tischkästen darin auf und entwendeten au- jeder der beiden Stuben eine Mehrzahl Effecten. Geld, worauf eigentlich ihr Absehen gerichtet gewesen war, hatte sich nicht vor gefunden. Als ferner Beide in der Michaeli-messe vor. I. dem zooplastischen Cabinette in einer Bude auf dem Roßplatze einen Besuch abstatteten, stahl Stichel von einer Gruppe ausgeftopfter Füchse ein Stilet und von einer Gruppe ausgestopfter Affen ein Floret. Eines Abends im Monat September endlich gingen Beide nach gemeinschaftlicher Verabredung darauf aus, die Caffe im Gewölbe eine- Seiler- auf der Aeitzer Straße zu bestehlen. Sie ließen sich daher beide Abends t/,io Uhr, nachdem sie eine von Kippenhahn seinem Meister gestohlene LochsLge und ein zweite- Instrument mitgenommen hatten, um sie bei Oeffnung der verschlossenen Lokalitäten erforderlichenfalls zu gedrauchen, in dem Hause einschließen, wo jenes Gewölbe fich befindet, und warteten bis gegen l2 Uhr des Nachts, wo sie zur Ausführung ihre- Vorhabens versrhreiten wollten. Die späte Rückkunft eines HauSbewohners, der sie im Hause wahrnahm, ließ sie jedoch Ent deckung befürchten, sie verloren, wie sie sich ausdrückten, das Herz und nahmen die Gefälligkeit jenes Hausbewohners in An spruch, um ungehindert aus dem Hause zu gelangen. Der Ge richtshof sprach unter Berücksichtigung de- vollständig geleisteten Ersatzes und de- noch jugendlichen Alter- der Angeschuldigten wider Stichel eine ArbeitShausstrafe in der Dauer von -1'/» Jah ren au-, wider Kippenhahn neunmonatkche GefNignißstrafe, er kannte auch wider beide eine Drittheil-schärfung Die Anklage war durch Herrn Staat-anwalt Barth, die Vertheidigung durch Herrn Adv. Helfer und Herrn Adv. Krug vertreten. » » » Leipzig, den 18. Januar. Ihre königl. Hoheiten der Kron prinz und der Prinz Georg sind gestern Abend 10 Uhr nach Dresden und Se. Hoheit der Herzog von Altenburg heute Mittag 12 Uhr nach Altenburg zurück gereist. Bei der gestern auf dem königlichen Reviere bei Ehrenberg abgehaltenen zweiten Jagd sind 15 Rehe und 114 Hasen erlegt worden. Zur Tageschronik. Leipzig, den 18. Januar. Eine auf der Tauchaer Straße wohnhafte Herrschaft vermißte heute früh ihr Dienstmädchen. Es ergab sich, daß dasselbe in einem Anfälle von Geistesstörung aus dem Küchenfenster der. ersten Etage in den Hof hinabgesprungen, hierbei in Folge de- hohen Schnee- ohne Schaden geblieben und davon gelaufen war. Nach einigen Stunden fand sich daS Mäd chen freiwillig wieder ein und wurde nuamehr nach dem Hospitale gebracht. Verschiedenes. Münster, 13. Januar. Gestern Abend- vernahm man au- einem am Principal-Markt gelegenen Weinkeller ein klägliches Hülferufen. Nachdem die von innen verriegelte Thür erbrochen war, fand man da- Local der Art mit Stickluft angefüllt, daß ein an- qezündeteS Licht sogleich erlosch, und entdeckte zwei Menschen, einen Weinhändler und einen Küfer, anscheinend erstickt und leblos. In die nahegelegene Apotheke gebracht, wurden sie glücklicher Weise durch geeignete Mittel wieder in- Leben zurückgerufen. Sie waren beschäftigt gewesen, durch aufgestellte Pfannen mit Glimmkohlen den etwa- flach liegenden Keller vor der Kälte zu schützen. Wir theilen diesen Vorfall um so mehr als Mahnung zur Vorsicht mit, da da- obige Mittel mitunter, namentlich auf dem Lande, zur Er wärmung von Milchkellern rc. angewandt wird. Preußen zählte 1855 in den Städten 3768, auf dem Lande 4092 Brauereien, zusammen 7860. Die- sind aber nur die ge werblichen und der Gewerbsteuer unterliegenden Brauereien. Dazu kommen noch 7900 nicht gewerbliche, dlos für den Hausbedarf eingerichtete. Die Braumalzsteuer betrug 1,364,448 Thlr. Lom 12. bis 18. Januar sind in Leipzig begraben worden: Sonnabend den 12. Januar. Jgsr. Johanne Henriette Wilhelmine Ampferl, S2 Jahre alt, Bürgers und Perückenmachers hinter!, zweite Tochter, in der Frankfurter Straße. Franz Eduard Kayser, 1V Jahre alt, Schriftsetzer, im JacobShoSpitale. Johanne Marie Schieferdecker, 72 Jahre alt, Maurers Witwe, in der Weststraße. Ein Knabe, 3 Tage alt, Johann Erdmann Heinrich StrellerS, SchmiedegesellenS Sohn, in der Albertstraße. Franziska Alma Lina RicolauS, 1 Jahr 6 Wochen alt, Handarbeiter- Tochter, in dm Thonbergstraßenhäusern. Sonntag den IS. Januar. Wilhelmine Alma Täubert, 11 Wochen alt, Bürger- und Handschuhmacher- Tochter, am Neumarkte. Friedrich Adolf Fleischer, 2V Jahre I Monat alt, Cigarrenarbeiter, in den Thondergstraßenl äusern. Montag den >4. Januar. Anna Marie Gertrude Kullmann, 77 Jahre 6 Monate alt, Bürger- und SeisenstederS in Koblenz Witwe, in der Georgenftraße. Tin Mädchen, 4 Wochen alt, Julius Hermann Perniyschs, Bürger- und Wechselsensal- Tochter, an der Pleiße. Christian Stengler, 75 Jahre alt, pens. Musiker, in der Frankfurter Straße. Ein todtgeb. Knabe, Christian Heinrich Schreibers, Schaffner- Sohn, am Reukirchhofe. Mar Earl Winckler, 5 Wochen alt, Schneiders Sohn, in der JohanniSgaffe. Johanne Friederike Auguste Lränkner, 1 Jahr 14 Tage alt, Handarbeiter- Tochter, in der UlrichSgaffe. Dienstag den 15. Januar. Earl Robert Gustav Blauhuth, 1 Jahr 4 Wochen alt, Bürgers und Kaufmann- Sohn, in der Mühlgaffe. Ein Knabe, 14 Tage alt, Hermann Gustav L^isching-, Bürger- und Hutmachermeister- Sohn, in der Grrberstraße. G