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S»7 Wieviel scheinbar sich widersprechende Gftbittr begegnen fich in ihm, und wie Mele müßten ihn feiern, wollten sie ehrlich sein gegen sich selbst. Alle diejenigen, denen eS um wahrhaft religiöse Innigkeit zu thun ist, sie dürfen ihn feiern, de» Man», der die religiöse Ueberzeugung retten wollte vor den Fesseln kirchlichen Zwanges. Alle diejenigen, denen Gelehrsamkeit, «ühsames Ein dringen und Erforschen der Weisheit, selbst der Schulweisheit am Herzen liegt, und die selbst den „Buchstaben" seligmachend preisen, sie müßten ihn feiern, den Mann, dem die trockenste Buchstabenklauberei nicht zu trocken war. — Und wem Religion oder Kirche, oder die Streitigkeiten über beide ein fremdes Feld, wem Gelehrsamkeit ein leeres Wort, wie könnte sein Herz unem pfindlich sein gegen den ersten Dichter Deutschlands? Der Erste war er unter Deutschlands Dichtern der Zeit nach, und einer der Ersten ist er geblieben bis auf den heutigen Tag! Deshalb bedarf es wohl nur einer kleinen Hülfe für das Ge dächtnis daß in unserer Mitte der 22. Januar festlich begangm werde, und es werden fich größere und kleinere Kreise bilden, wo wir durch die Erinnerung an Ihn inne werden der großm Auf gabe, die er sich und uns gestellt. Wie im vorigen Jahre hat auch diesmal der Schillerverein eine Festfeter veranstaltet, bei welcher Professor Vr. Adolph Stahr aus Berlin, der mit hingebungsvoller Uneigmnützigkeit eigens zu diesem Zwecke von Berlin hierher kömmt, die Festrede halten wird, fürwahr der trefflichsten Männer Einer im ganzen deutschen Daterlande für diese Aufgabe! Auch der hiesige Künstlerverein hat gleichwie im vorigm Jahre beschlossen, sich bei der Feier würdig zu betheiligen, und zwar wie damals mit einer Kunstausstellung. Im Theater wird am Vor abend des-esfingfestes „Emilia Galotti" aufgeführt werden. Prolog von Vr. H. Marggraff. Der bewährte Kunstsinn des Leipziger Publikums, seine Pietät für die großen Männer der Ration, hier noch erhöht durch dm Umstand, daß Lessing ein Sachse, und feine akademischen Jahre in Leipzig selbst zugebracht hat, läßt uns mir Sicherheit erwarten, daß der Abmd des 22. eine zahlreiche und glänzende Versamm lung in den Sälen des Hotel de Pologne sehen wird, auf daß die Feier eine würdige und schöne «erde, welche dem edelsten Deutschen und dem edelsten Sachsen gilt! (Der Ertrag ist zum Besten des Lessing - Denkmals in Camenz bestimmt.) Leipziger Lunsiverein. Von heute an werden auf einige Zeit im AuSstellungssaale des Kunstvereins eine Anzahl Photographien von E. Fierlants nach Gemälden altniederländischer Meister ausgestellt sein. — Diese nach dm Originalen in sehr bedeutender Größe (bis 22—27 Zoll) auSgeführten Blätter sind vielleicht die meister haftesten Leistungen der Photographie überhaupt, wmn die Schwierigkeit ins Auge gefaßt wird, Gemälde von kräftiger Fär bung harmonisch wiederzugebm. Die bisher erschienenen Blätter, welche den Anfang eines größeren Werkes unter dem Titel „I-oo grauä, poiutre, avant Lapkael" bilden, bestehen aus Nachbildungen der Meisterwerke MemlingS, Jan und Hubert und van Eyck- und anderer Maler der altniederländischm Schule, deren Originale sich in Brügge und Antwerpen befinden, und von denen einige Blätter, der Reliquimschrein der heiligen Ursula von Memling, bereits in der Lampe'schm Kupferstichsammlunq ausgestellt sind. Augen blicklich ist Herr E. Fierlants, dessen Bestrebungen, wie alle auf Beförderung der nationalen Kunst und ihrer Geschichte ge richtete Lhätiakeit, von der belgischen Regierung in fteiaebigster Weise unterstützt werden, damit beschäftigt die vorzüglichsten Ge mälde der Rubens'schen Schule in der Gallerte zu Antwerpen zu vervielfältigen, und in der That muß bei allen unausbleiblichen Uebelständen, mit welchen die photographische Wiedergabe farbiger Originale zu kämpfen hat, die treue Erhaltung der ganzen künst lerischen EigmthüMttchkeit, zumal in dm Köpft«, fo sehr anziehen, daß alle Nachahmungen in Kupferstich und Lithographie in diesem Punkte doch nur wie gelungene Uebrrsetzungm erscheinen, während die Photographie einzelne Schönheiten der Urbilder ln voller Frische giebt. — Ein kurzer erklärender Text wird dm Blättern, aufl derm Besichtigung wir die geehrten Mitglieder des Kunstvereins hierdurch aufmerksam machen, oeigefügt sein. Werkchm der Lehrgang für dm orthographischen Unterricht vom 2. Schuljahre an dargestellt. Bon der Erfahrung ausgehmd, daß die Resultate, welche das erste Schuljahr in Bezug auf Rechtschreibung dadurch erreicht, daß der Unterricht durchaus als Anschauungsunterricht auftrirt, weitaus günstiger sind, als sie in dm weitem Schuljahren sicht bar zu werden pflegen, entwirft H. Naumann einen, dem Ele- mmtarunterricht sich mg anschließenden Lehrplan, nach welchem in 3 auf einander folgmden Stuft» diejenigen Wörtergruppm zur Anschauung gebracht werdm, deren fester und stets bereiter Besitz zur Handhabuna einer sichern Rechtschreibung unentbehrlich ist. Er begleitet die Darstellung dieser Gruppen durch eine aus führliche Auseinandersetzung über die befolgten Principien, und giebt eine genaue Erläuterung über die Art und Weise der prak tischen Ausführung, welcher wieder, als Motivirung der ganzm Arbeit, eine Vorführung der bisher eingeschlagmen Wege mit ihrm ein günstiges Resultat verhindernden Fehlem voran gesetzt ist. Wir können hier nicht auf Einzelheiten eingehm, müssen uns auch die Aufzählung der methodischen Winke versagen und wo^en nur darauf Hinweisen, daß das Raumann'sche Werk mit außer gewöhnlichem Fleiß, größter Gmauigkelt und sorgsamster Be nutzung langjähriger praktischer Erfahrung gearbeitet ist, waS dmn schon an sich genügende Garantier!, für dm Erfolg zu gebm vermag, abgesehen davon, daß auch schon über die Benutzung des Büchleins, das dem Vernehmen nach in einigen hiesigen Lehranstalten eingeführt ist, günstige Zeugnisse vorliegen. Was nun die Anwendbarkeit des Buches auch außerhalb der mgern Grmzm der Schule anlangt, so glaubt Einsender, es Jedem empfehlen zu sollen, der theils durch Selbstunterricht, theils unter Anleitung von andrer Seite seiner etwaiqm Unsicherheit in der Rechtschreibung Abhilfe schaffen will. Bei genauer Berücksich tigung deS Lehrganges glauben wir, lassen sich binnen 2 bis 3 Monaten die aewünschtm Erfolge erzielen und bittet da« Werkchm für dm Bedarf häuslicher Nachhilfe einen nicht gering anzuschlagenden Wörterschatz zum Nachschlagen in seinm Wort- gruppm. Verschiedenes. Berlin, 11. Januar. Der alte Invalide, der mit seinem Leierkasten regelmäßig zwischen dem Kroll'schm» Etablissement und dem Brandmburger Lhore steht, darf der Landestrauer wegen keine Musik machen. Derselbe hat nun an dem schweigenden Leierkasten zwei schwarze Fahnm befestigt. Diese eben so hübsche als originelle Idee zieht die Aufmerksamkeit vieler Vorübergehenden auf sich, und die Gaben werdm ihm reichlicher gespendet dmn je. Hanau, 12. Januar. Die gestern vollzogene Hinrichtung Rc " Orthographie. Ein« in diesen Tagen ergangen« Aufforderung u»r Theilnahme an Unterricht über Rechtschreibung, der „nach der Naumanu'schm Methode* gegeben werdm solle, läßr^es wohl wünfchenswerth erscheinen über diese Methode etwas Näheres zu erfahren. Es ist dieselbe dargelegt in der bei Wmgler hier erschienenen „Me thodik der deutschen Rechtschreibung nach dm Grundsätzen eines zeochchttm AnfchauunßßmtterrichtS, -ufgrsttllt vksi A' UOrmann, Lehrer an der ll. Bürgerschule in Leipzig", und wird in diesem! ^ 'gen . des Raubmörders Nolte hatte eine zahllose Auschauermenge aus nah und fern herbeigezogen. Er hat auf seinem letzten Wege eine sehr reumüthige, aber doch feste Haltung gezeigt und die Stufen des Schaffst- bestieg er mit lauten, seine innere Bewegung be kundenden Seufzern. — Auch diese öffentliche Hinrichtung bot wieder eine Gelegmheit zu beobachten, wie sehr Wahn und Aber glaube noch unter dem Volke herrschen, denn nach vollendeter Execution stürzten mehrere Personen auf das Schaffst und tranken von dem rauchenden Blute des Gerichteten. Im Ansb ach'schen(Bayern) ist kürzlich der Fall vorgekommen, daß ein Mehgerbursche, der in ein Haus eingetreten war, in dem der Bauer selbst kurz zuvor seine Frau aufgehängt hatte, als der Thäter verurtheilt wurde, da man ihn aus diesem Hause hatte herausgehen sehen, und erst nachdem er acht Jahre gesessen und jährlich an dem angeblichen Tage der That eine Anzahl Ruthm- htebe erhalten hatte, für nichtschuldig erkannt wurde, da der Lauer auf dem Sterbebette fich selbst als Thäter angegebm hatte. Auf der kleinen, am Eingänge von Milford Haven gelegenen Insel Thom war ein Boot der dort stationirrm Küstenwache durch die Gewalt der Brandung von seiner Ankerstelle losgerissen und von der Küste weggeschwemmt worden. Kanonier Burke erbot sich, ein größeres Boot loszumachen, um dem Flüchtling nachzurücken, band ein Tau um dm Leib, dessen Ende ein Kamerad am Ufer festhielt und sprang in die See. Das Tau erwies sich um 4 Ellen zu kurz und eS wurde ein anderes daran- arknüpft. Aber die Brandung war stark und als man dm kühnen Schwimmer an- Land ziehen wollte, rissen die Taue an der Verbindungsstelle und der Unglückliche wurde von dm ab- drr Unglücklichen und sprang von einer hohm Klippe hinab in die See, um den Ertrinkenden zu rette». Vergebens. Kay, ob wohl ein vortrefflicher Schwimmer und ein. Mann von herkulischer Kraft, vermochte gegen die Brandung nichts auszurichten. Eine volle Viertelstunde spielte sie Fangball mit ihm, bis sie ihn endlich, bewußtlos und am ganzm Körper zerschlagen, auf eine