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2056 < > Preußen als damalige Feinde der Reiä>Sverfa^ung unsere Stadt besetzen würden, und daß eine Schwadron Husaren von Merseburg her in Anzug sei. Sofort entstanden Barrikaden vor dem Frank furter Thore gegm diese angeblichen Reichsfeinde. Gegen diese Barrikaden wurden nun 3 Bataillone Communalgarde geschickt, welche innerhalb de< Frankfurter ThoreS Position nahmen. — Durch da- verzögerte Vorrücken wurden die Communalgardisten unwillig, deshalb nahm ein Hauptmann mit seinem Feldwebel und einem Rottmeister eine Recognüion vor, überstieg die Barri kaden und donnerte den Wachtposten etwas unsanft an, so daß die ganze Barrikadenbesatzung ihm entgegenkam, nicht etwa zum Angriff, sondern mit der Bitte, man möge sie nicht durchhauen, sondern nur gefangen nehmen. Hätte man in Dresden gleich anfangs von allen Seiten mehr Muth gezeigt und nicht gleich den Kopf verloren oder die Sache gehen gelassen, so wäre viel Unglück verhütet worden. WaS die Beurtheilung deS vorliegenden speciellen Falles anlangt, so über lasse ich sie Fachmännern. Der gewöhnliche Menschenverstand erkennt oft nur patriotische Absichten, wo der Sachverständige Hochverrath findet. Selbst wenn man hier ein Paar Grane, ein Paar Atome Verbrechen finden sollte, ist doch dasselbe durch daS nachfolgende loyale Bemühen und Beeisern deS Vr. Minckwitz, welches wenigstens eben so loyal war alS daS mancher anderer Beam. tew, paralysier worden. Die fast 2jährige strenge Haft, die Beschlag nahme seines Vermögens, seines Rittergutes wie seiner Häuser in Dresden, wobei er durch den Mangel der Dispositionsfähigkeit in herben Verlust gerathen und, um nicht Alles zu verlieren, dem FtScuS 10,000 Thlr. VergleichSquantum zahlen mußte; ferner der Umstand, daß selbst der schärfste juristische Verstand nur 6 Monate Gefängniß herausbrachte, die wegen der langen Haft als verbüßt angesehen wurden, spricht dafür, daß man die Sache näher prüfe. Die Vorredner Koch und Reiche-Eisenstuck haben den vr. Minck witz so eben als allgemein geachteten Mann geschildert. Letzterer spendet ihm als GutSnachbar daS beste Lob, wozu ich noch füge, daß er sich als Student, als ich ihn kannte, als sehr fleißiger, talentvoller, ordentlicher Mann gezeigt Kat. Schon im 21. Jahre speciminirte er und erhielt die Censur No. I. Sofort wurde er in den Advocatenstand eingerecht, eine große Seltenheit in so jugend lichem Alter. WaS er in den Maitagen, ebenfalls noch im jugend lichen Alter gethan, haben viele Andere und zwar ohne Folgen gethan. Die Regierung ist noch des Lobes voll über das feste und loyale Benehmen der Stadt Leipzig während der Maitage, und doch stellte sich die Stadt Leipzig unter den Schutz der Central gewalt. Sogar ein dem Minckwitz'schen Fall analoges Beispiel fällt mir ebm ein. Ein Leipziger Stadtverordneter war als De- putirter nach Braunschweig geeilt, um von der dortigen Regierung (welche die ReichSverfassung anerkannt hatte) Truppen gegen die erwähnten ReichSverfassungSfeinde zu requiriren. Die braunschwei gische Regierung versagte den Beistand, weil sie selbst in Noth war. Allerdings kam der betreffende Stadtverordnete auch in Untersuchung, sie wurde aber bald niedergeschlagen. — Um die Angelegenheit deS vr. Minckwitz nach allen Seilen hin zu prüfen, muß man die Acten eingesehen haben. AuS diesen geht hervor: Der Beschwerdeführer wurde durch die Wahl der Dresdner Stadtverordneten in den städtischen Sicher- hettSauSschuß gerufen, in dem er bis zu Ende des Kampfes aus gehalten. WaS war dort sein Thun und Treiben? 1) Er verhinderte die Excesse gegen den Communalgarden-Com- mandant Lenz. 2) In Gemeinschaft mit seinen College« und Stadträthen ist er in der Nacht vom 3. — 4. Mai bei Beschützung de- RathhauseS sehr thätig gewesen. 3) Hat er bei dem Beschluß mitgewirkt, daß am Morgen des 4. Mai der Vorsitzende deS Stadtraths abgesendet wurde, um sich von der Regierung Verhaltungsbefehle zu holen. 4) AlS der Devutirte wegen Abwesenheit der Regierung unver richteter Sache wieder zurückkam, hat er zu dem Beschluß mitaewirkt, daß dem Commandanten der Communalgarde die Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung bis nach Wieder kehr der Regierung zur Pflicht gemacht wurde. L) Unbekümmert um die provisorische Regierung hat er mit seinen College« sein Auge auf daS städtische Wohl gerichtet, 6) namentlich zur Verhinderung der Anfertigung von Pech kränzen, um einzelne Stadttheile anzuzünden, viel beigetragen. 7) Nach erfolglosem Bemühen die gefährlichen Pulvervorräthe aus dem Rathhause zu schaffen,, wurde ihm vom Stadtrathe die Beaufsichtigung zur Verhütung einer Explosion anvertraut. 8) AlS der SicherhritsauSschuß benachrichtigt wurde, daß der damals allgewaltige Russe Bakunin, dem eS seitdem in Ruß land recht wohl ergangen, während unsere Sachsen im Zucht- Hause büßten, die Ordre gegeben, die Häuser, in beriet man den Soldaten weichen müßte, in Brand zu stecken, und das Entgegentreten des Bürgermeister Pfotenhauer von Bakunin mit Thätlichkeiten beantwortet wurde, gelang es Minckwitz, bei der provisorischen Regierung eine Contreordre zu ver mitteln, die er dann trotz der Drohung deS TodtschlagenS von Seiten BakuninS weiter befördern ließ. Das sinh seine sogenannten Vergehen. Wie koni»t es, daß der vr. Minckwitz bei der Regierung so mißliebig ist? Ans dem DeputationSberichr löst sich das Räthfel: well er seine juristische Ueberzeugung stets auch in seiner lange dauernden Kerkerhaft dahin aussprach: daß nach Auflösung des Bundestags und Errichtung einer provisorischen Centralgewalt, letztere mit der Nationalversammlung die gesetzliche deutsche BundeSmacht gebildet und die deutsche Verfassung rechtsgültig beschlossen und verkündet hätten, und daß Diejenigen sich deS Hochverraths schuldig gemacht, welche die deutsche ReichSver- fassung mit Gewalt gestürzt hätten. Dieser Muth der juristischen UeberzeugungStreue mag allerdings in maßgebenden Kreisen einen Mißton erzeugt haben und ist nicht der Standpunkt der praktischen Staatsmänner. Auch haben sie die sächsischen Gerichte als irrig angesehen. Wie aber auch in der juristischen Welt die Ansichten entgegengesetzte sind, so haben sich vor Kurzem in der großdeutschen Versammlung zu Eßlingen (also einer anti - nationalfreundlichen Versammlung) juristische Autoritäten Württembergs entschieden dahin ausgesprochen: „daß die deutsche ReichSverfassung noch heute zu Recht bestehe." Allerdings wird der Beschwerdeführer bei sol chen Ansichten daS Vertrauen der gegenwärtigen Regierung nicht genießen können, gleich Andern, welche diese Ansichten theilen. Nun hat soeben der Herr Abgeordnete v. Criegern gesagt, wenn man einmal Recht gesprochen, so müsse eS Recht bleiben. Da ist für den Fachmann allerdings eine unumstößliche Wahrheit, für den Laien aber insofern bedenklich, als die RechtSansichten so verschieden sind und e- muß den Mitgliedern der Kammern un benommen bleiben, ihre Zweifel auSzusprechen. Dabei fällt mir die von den berühmtesten sächsischen Juristen, den beiden Pro fessoren des Recht- an der Universität Leipzig, bekannten Autori täten und verfassungstreuen Lehrern des sächsischen Recht-, ausge sprochene Ansicht ein, die fast alle andern derühmtm gewissenhaften Professoren der Universität und andere Juristen theilten, „daß die Aufhebung deS provisorischen Wahlgesetze- und die Reactivirung der Stände in Sachsen ein DerfaffungSbruch sei." Nimmermehr kann aber der Mangel an Vertrauen die Ehrenhaftigkeit de- Mannes und Charakter- berühren. Wenn ein solche- Vertrauen von den Behörden zur Bedingniß der Ausübung der Advocatur gemacht werden soll, so ist eS um die Selbstständigkeit de- ehren- werthen sächsischen AdvocatenstandeS Mn Behörden gegenüber ge schehen, und man wird schwer einen Advocaten finden, der die Durchführung des Recht- gegen die Regierung übernimmt. Auf Seite 660 des Deputationsgutachtens ist als Motiv deS Gerichts hofs erwähnt, daß vr. Minckwitz als Obmann deS hiesigen Vater landsvereins fungirt, die „DresdnerZeitung" aus seinen Mitteln unterstützt und in einer Eingabe an das UntersuchunqSgericht er klärt habe, „daß er in den Theilnehmern an der Maierhrbung keine Verbrecher zu erkennm vermöge, sondern diejenigen, welche zur Unterdrückung der Maibewegung eine andere, erklärter Maßen gegen die gesetzliche BundeSmacht sich auflehnende Macht in- Land riefen, als Hoch- und LandeSverräther bezeichnen müsse." Da entsteht die Frage: giebt es in Sachsen ein Gesetz, welche- politische Anschauungen und Handlungen, z. B. die Mitglied schaft deS Daterland-vereinS, Unterstützung der Dresdner Zeitung, ausgesprochene Meinungen, ohne daß diese mit entehrenden Strafen belegt worden sind, mit Remotion von der Advocatur bestraft werden können? bxistirt ein solche- Gesetz nicht und sind die Gründe bei dieser Remotion bloß Ansichten, so ist die Ständever sammlung da, solche falsche politische Anschauungen der Regierung zu berichtigen. Kann die Kammer in den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Handlungen ein da- öffentliche Vertrauen rau bendes Motiv nicht erblicken, so wird ihn die Regierung trotz dem ihrer Richtung angemessenen Bertrauen-mangel zu Ehren wieder aufnehmen. Die Billigkeit verdient bei den hier obwaltenden Umständen Be rücksichtigung, weshalb ich gegen den ersten Theil des Deputations gutachtens und für den Koch'schen Antrag stimme. WaS aber dm zweiten Theil des DeputationSantragS anlangt, „der Kammer an- zurathen: der Regierung gegenüber dem Wunsche Au-druck zu geben, daß die nachtheiligen gesetzlichen Folgen, welche die verübten und beziehendlich bestraften politischen Verbrechen deS Jahres 1849 nach sich gezogen haben, durcheinen allgemeinen Gnadenact bald beseitigt werden möchten," so stimme ich mit Freuden bei. Im Interesse deS Lande- und der Regierung habe ich schon öfter- in diesem Saale auf den christlichen VersöhnungSact hingewiesen — ich begrüße ihn mit Freuden! und hoffe, daß sich die Betheiligten seiner stet- würdig machen werden, da der Kelch der Leiden deS Zuchthauses voll, und die Verbannung vom geliebten theurm Vaterland wahr lich genug der Strafe gewesen ist. Leipziger üunstoeretn. Die in neuester Zeit begonnene Herausgabe von Photographien nach den hinteelassenen Zeichnungen Alfred Rethel's, von welchen die gegenwärtige Ausstellung die ersten Hefte vorführt. )at die allgemeine Aufmerksamkeit aufs Neue diesem der Kunst o früh entrissenen Meister zugewendet. Bekanntlich hatte Rethel das Unglück in dm besten Jahren seines Schaffens von einem Gehirn seines dahtnfi De entwick Talent mehr i allen r erschein Schöp< würdig gemält qegebei werden Blätte im Ko geführi .Ham vorbeh Un Stiche darum und „ D stitut Dereii 4. Oeß ergi