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S3KL stellungen auf der leipziger Bühne er-ffnete, in keiner Weise der Fall. Hier hat einmal der Ruf nicht zu viel gesagt. Wir müssen gestehen, daß wir selten von einer musikalisch, dramatischen Auf. führunq einen so günstigen Eindruck erhalten haben wie von die ser. So wie wir e- die-mal nach längerer Zeit wieder hörten, muß eine italienische Oper gesungen, in solch elegantem, leichtem und lebendigem, kurz musterhaftem Ensemble muß ein solche- Werk gegeben werden, wenn dieses Genre, über dessen künstlerische Berechtigung wir unsereStheilS niemals im Zweifel gewesen sind, zu vollständiger Geltung kommen soll. Daß italienische Sänger ihre Oxvr» sori», semissris. und duLK, französische ihre eomigus oft in so großer Vollkommenheit, fast stets aber in einem guten Ensemble durchführen können, hat seinen Grund hauptsäch lich darin, daß sie eS ausschließlich mit ihrer vaterländischen Musik zu thun haben. Vom deutschen Sänger wird mehr verlangt. Daß deutsche Volk begnügt sich nicht mit seiner eigenen an Ge halt, an innerem und äußerem Werth höchftstehenden Kunst, es will auch das, waS das Ausland Schönes erzeugt, besitzen und genießen. Der deutsche Sänger muß demnach in jeder nationalen Gattung von Musik thätig sein. Man kann daher von einem deutschen Sänger, der die ihm zunächst liegende Pflicht erfüllt, in der Kunst seine- Vaterlandes möglichst Bedeutendes zu leisten, nicht auch verlangen, daß ec in einem fremdländischen Genre voll kommen sei. DaS Personal der Merelli'schen Gesellschaft betreffend, so weit wir dasselbe in der Vorstellung des „Barbier von Sevilla" kennen lernten, ist vor Allem hervorzuheben, daß sämmtliche Mit. glieder zu singen verstehen. Wir müssen bekennen, es hat uns wohl gethan, ein Ensemble von lauter gut gebildeten Sän gern und namentlich auch Männerstimmen mit brillanter Colo- ratur, mit sauberem correctem Triller, mit schönem Portament zu hören. Unter allen bei dieser Vorstellung Mitwirkenden glänzte aber als Stern erster Größe Fräulein Aelia Trebelli in der Partie der Rosina. Diese Sängerin gehört zu jenen außerordentlichen Künstlernaturen, denen Alles verliehen ist, um die höchste Höhe ihrer Kunst zu erreichen. Ihre äußere Erscheinung ist schon von gewinnender Anmuth; ihre Stimme (Mezzo-Sopran) ist von seltenem Zauber, in allen Lagen gleichmäßig gebildet, daher ein Ton so rein, volltönend und perlend wie der andere. Was die Geläufigkeit dieser Sängerin betrifft, so ist Fräulein Trebelli zu den ersten Virtuosinnen des Gesanges zu zählen. Ihre Vor tragsweise und ihr Spiel zeigen einen sanften Wellenschlag der Empfindung, unbeschadet der geistvollen Auffassung und pikanten Nüancirung, die für die Partie der Rosina unerläßlich sind. Dieser Verein glänzender Eigenschaften machte sich am meisten in der Arie „uns. voe« pooo k»" und in dem Duett mit Figaro geltend; die Virtuosität der Sängerin gipfelte in den Variationen der Malibran über das berühmte Thema auS „die schöne Müllerin" und in dem am Schluß der Oper eingelegten Allegro der bekannten Arie aus Rossini's „densr-nto!»". Die Partie des Almaviva sang Herr Giacomo Galvani. Die zarte, nicht sehr voluminöse Stimme dieses Sängers hat den echten Tenortimber. Sie hat nach der Hohe zu einen sehr be deutenden Umfang. Auch hier fanden wir eine vollkommen gleich mäßige Stimmbildung, eine brillante Coloratur, einen geschmack- und verständnißvollen Vortrag. Nicht auf demselben Niveau wie die Gesangsleistung des Herrn Galvani stand jedoch sein Spiel; dasselbe ist für diese Partie nicht gewandt, nicht lebendig genug. — Vortrefflich war die Partie des Figaro besetzt. Der Repräsentant derselben, Herr Mauro Zacchi, ist ein Sänger und Darsteller, der volle Anerkennung verdient. Unterstützt von einer sehr schönen Baritonstimme gab er im Gesang den sprudelnden Humor dieses vom Componiften mit so viel Genialität aufgefaßten und durch geführten Charakters auf das Glücklichste wieder. Gleichen Schritt mit dem Gesang hielt bei dieser Leistung ein höchst gewandtes und feine- Spiel. Herr Benedetto Mazzetti (Bartolo) ist ein echter italie nischer Buffo. Hörten wir auch von ihm eine tadellose gesangliche Leistung (die in der Arie von Romani, die der Sänger anstatt der bekannten Rossinischen sang, ihren Höhepunkt fand), so excellirte Herr Mazzetti nicht minder durch sein von vortreff licher Mimik gehobenes urkomische- Spiel, das aber nie über die Grenzm de- Schönen htnauSging. Ueberhaupt ist eS ganz beson der- hervorzuheben, daß bei dieser Vorstellung nicht- von jenen Lazzi vsrkam, die sich im Laufe der Zeit nach und nach in den deutschen Dialog dieser Oper, wie auch leider in den von Mozart- „Don Juan", eingeschlichen haben. Die Italiener behandeln den „Barbier von Sevilla" als da-, waS da- Werk ist: als von im frohen Uebermuth zwar überschäumendes, aber immerhin feine- Lustspiel. — Die Rolle de- Basilio war mit einem Bariton, Herrn Luigi Agnosi, besetzt. Er führte seine Aufgabe recht brav durch, ohne jedoch die sehr drastische Figur besonder- in den Vor dergrund stellen zu können. Anzuerkennen ist bei dieser Leistung aber die sehr gut nüancirte Wiedergabe der Arie „1» vLlumni»".— Bel allen den beschäftigten italienischen Sängern ist die eminente Fertigkeit im Vortrag de- vRato x»rl»u«io (anstatt de- bei den deut schen Aufführungen der Oper üblichen Dialog-) hervorzuheben. Ganz besondere Gewandtheit zeigten hierin die Herren Aacchj und Mazzetti. Die kleinen Gesangspartien der Oper waren mit Mitgliedern unserer Bühne (Frau Ba chmann, Herr Bachmann und Herr Gitt) besetzt. Diese sowohl wie auch das Chor sangen ebenfalll in italienischer Sprache. Sehr anzuerkennen ist es, daß auch unser vortreffliche- Orchester, da- von dem Capellmeister dn Merelli'schen Gesellschaft, Herrn Orsini, geleitet ward, ganz auf die Art und Weise italienischer Opernaufführungen einzugeben wußte. Bei dem vereinten Wirken so tüchtiger Kräfte wusle Rossini's geniale, wie Champagnerschaum übersprudelnde Musik unwiderstehlich Hinreißen, da- als komische »Oper mustergültige Werk dm höchsten Grad seiner Wirkungsfähigkeit erreichen. Ferd. Gleich. Semerkungen zu dem Aufsatze: „Wunsch und Bitte an die Herren Lehr«" im Tageblatte Nr. 115. In dem gedachten Aufsatze finden sich neben manchem Be. herzigung-werthen einige Uebertreibungen, die, weil sie den Laien leicht irre führen und ohne Grund ängstlich machen, nicht ohne Berichtigung bleiben dürfen, wie sehr auch eine solche dem Wissen den gegenüber überflüssig ist. Der Verfasser jene- Aufsatzes be. spricht zunächst und hauptsächlich die Sitte des Handaufhebenß der Schulkinder al- Zeichen ihrer Antwortfähigkeit. Wenn er dabei sagt, daß er hier nicht untersuchen könne, ob eS nicht besser sei, wenn überhaupt diese Sitte ganz abgeschafft würde, so wollen wir ihm dies gern glauben, weil die Entscheidung dieser Frage den Pädagogen zukommt, die jedoch von dem Nutzen dieser Sitte so sehr überzeugt sind, daß sie eine Verdächtigung derselben nur belächeln können. Ein „vorlautes Wesen" in ihr zu finden, ist eine falsche Anschauung, weil da- Kind darin nur der Aufforde rung des Lehrers erfreulicher Weise Genüge leistet; „etwas Un ruhiges" kann aber „der ganzen Scene" nur bei übler DiSciplin daraus erwachsen. Daß eine Rückenverkrümmung eintreten muß, wenn „immer und immer derselbe Arm", wie etwa weiland bei den Flagellanten, „senkrecht über den Kopf" gehoben wird, ist allerdings „über allen Zweifel hinaus". Nun wird aber nicht immer und immer Schule gehalten, auch haben die Kinder nicht immer und immer solche Lehrstunden, worin sie zum Handaufheben veranlaßt werden können; ferner sind be kanntermaßen die Kinder nicht immer und immer fähig zu antworten, woher also „die unzähligen Male de- Armaufhebens* kommen sollen, ist schwer einzusehen. „Senkrechte-" Aufheben aber unterlassen die Kinder, weil es zu mühsam ist, schon von selbst. Uebrigens findet man eben so häufig, daß nur die Erhe bung de- Unterarmes mit ausgestrecktem Zeigefinger angeordnet wird und zwar von Lehrern, die unS ebenfalls bekannt sind, deren Nennung wir aber hier absichtlich vermeiden. Bei dieser Art de< Aufhebens ist der vom Verfasser des obigen Aussatzes so sehr ge fürchteten Rückenverkrümmung am vollkommensten vorgebeugt, da hierbei auch nicht die geringste Verschiebung des Schulterblatts und noch weniger der Wirbelsäule stattzufinden braucht. Die ge rühmte Abwechslung mit dem Armaufheben lassen die Kinder von selbst eintreten, sobald der erhobene Arm ermüdet; eine anbe fohlene, regelmäßige Abwechslung aber führt leicht zu Un ordnung und ist dann erst recht geeignet, der ganzen Scene aller dings etwas Unruhiges zu geben. Bedenken wir ferner, wie selbst bei anstrengender und anhaltender Arbeit mit dem rechten Arme wohl eine etwas stärkere Entwickelung dieser Körperseite, aber höchsten-, eine unbedeutende und nicht störende, oft nicht einmal bemerkte Verkrümmung der Wirbelsäule erfolgt, so dürfte der Gedanke an die schwere Schuld, Verkrümmung seiner Schüler durch Anordnung des Handaufhebens herbeigeführt zu haben, ge wiß keinen einzigen Pädagogen mit Recht beunruhigen. WaS Herr vr. Schildbach in Betreff des Schiefsitzens beim Schreiben und des Nutzens einer Rückenlehne an den Schul bänken, so wie insbesondere hinsichtlich des Turnens sagt, ist zwar schon längst hervorgehoben worden, doch ist es bei der Wichtig keit dieser Puncte recht gut, wenn dergleichen Rathschläge, die noch nicht genug zur Geltung gekommen sind, immer und immer wieder in das Gedächtniß gerufen werden. Ein Arzt. Ein Lehrer. Verschiedenes. Um einen annähernden Begriff von den großartigen Dimen sionen zu gewinnen, in denen sich der englische Staatshaushalt bewegt, müssen wir die Gladstone'sche Rede zu Hülfe nehmen. Die englische Einnahme beträgt jeden Tag 200,000 oder 1,300,000 «j-; der Theil davon, der von der TageSarbeit abhängt, d. h. nicht durch directe Steuern gedeckt wird, mag sich auf 100,000 -S belaufen. Unglücklicher Weise war da- Finanzjahr 1860—61 um drei Arbeitstage kürzer, als da- vorhergehende Jahr,