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2N6 gegründetem Tadel Unterliege. Fehle eS dem Gesetzbuche über haupt an immer Lebendigkeit, an Ursprünglichkeit und Unmittel barkeit der Behandlung und Darstellung, wehe durch da- Ganze kein frischer Geist, kein lebendiger Hauch, sei, wie er jetzt vor liege, der Entwurf nicht eine schöpferische Thal de- deutschen Geiste-, sondern ein schwerfälliges Aggregat von überwiegend römisch-rechtlichen Grundsätzen, denen durch ihre LoSreißung vom fruchtbaren Boden der Wissenschaft Kraft und Reiz benommen sei, so enthalte es auch eine nicht unbedeutende Anzahl von ent schieden unrichtigen Rechtssätzen, eine Menge bedenklicher positiver und negativer Neuerungen, eine Summe von Bestimmungen zweifelhaften praktischen Werthes, ferner Definitionen, welche mangelhaft, Constructionen, welche unhaltbar, Anordnungen, welche unrichtig seien, Sätze, die an einer unrichtigen oder unpassende« Stelle ständen, Ausdrücke, die fehlerhaft oder doch unzweckmäßig, Aussprüche, welche dunkel und unklar seien; die Behandlung der einzelnen Materien sei eine ungleiche, manche Rechtsverhältnisse seien mit überflüssiger Breite, manche mit unverhältnißmäßiger und ungenügender Kürze beha»delt und nicht immer werde der leitende Grundgedanke festgehalten, so daß verschiedene Auffassungs- weisen desselben Rechtsverhältnisses nebeneinander ständen. Nachdem nun Unger bemüht gewesen, die Richtigkeit seine- Tadels in einer großen Anzahl von Paragraphen wissenschaftlich nachzuweisen, so kommt er schließlich (S. 123) zu dem Resultate: „Ich glaube durch die vorstehenden Ausführungen da- Unheil, welches ich im Eingang dieser Schrift über dm revidirten Entwurf ausgesprochen, hinlänglich begründet zu haben. In de» That, je länger ich mich mit dem Entwürfe beschäftige, je tiefer ich in ihn eindringe, desto mehr befestigt sich in mir die Ueberzeugung, daß auch der revidirte Entwurf das bei weitem nicht erreicht und erfüllt, was den Umständen nach erwartet werden durfte und mußte, und daß er auch in seiner gegenwärtigen Gestalt zur Beleihung mit Gesetzeskraft nickt reif sei. Bei dieser Sachlage scheint mir, daß den sächsischen Kammern nach beste« Wissen und Gewissen ange- rathen werden müsse, die Annahme deS Entwurfs in seiner gegenwärtigen Gestalt abzulehnen. Der Ent wurf bedarf einer nochmalige» sehr sorgfältigen und gewissenhaften Revision, einer Berichtigung des Fehlerhaften, einer Ausscheidung des Ueberflüssigen, einer Beseitigung des Zweifelhaften, wenn er in der That die Aufgabe erfüllen soll, die man ihm gestellt hat: „oen ursprünglichen Entwurf dergestalt zu vervollkommnen, daß er durchgehend- den Anforderungen entspreche, welche nach dem gegenwärtigen neuesten Stande der Rechtswissenschaft an ein Civil- qesetzbuch wenigstens für Sachsen zu machen sind" (Motive S.465). Den Entwurf, wie er gegenwärtig vorliegt, mit Gesetzeskraft aus statten, hieße in schwer verantwortlicher Weise ein Werk zu äußerm Abschluß dringen, dem die innere Reife und Vollendung fehlt, und auf Generationen hinaus einen vielfach undefrieoigenden und mangelhaften RechtSzustand begründen. — Die Frage, die unS hier beschäftigt, betrifft nicht nur Sachsen, sondern ganz Deutschland. — Der Zug nach Rechtseinheit wird in Deutschland von Tag zu Tag lebendiger und mächtiger, der Ruf nach einer Gesetzgebung für Deutschland immer dringender. Man verkenne es nicht länger: diesem Ruf liegt ein politischer Gedanke, ein nationales Gefühl zu Grunde. Der deutsche Geist ringt auf den verschiedenen Gebieten seines Lebens nach einheitlicher Gestaltung und einheitlichem Ausdrucke. Wie nun einmal die Dinge in Deutschland stehen, scheint es uns bestimmt zu sein, erst in allen andern Kreisen diese Einheit zu vollziehen, bevor wir auf dem wichtigsten Gebiet, auf dem des staatlichen Leben-, die Form erringen, in welcher es dem deutschen Volke möglich wird, unbeschadet des berechtigten Lebens der einzelnen Glieder, sich als einheitliches Ganze in allen Breiten und mit ganzer Kraft nach allen Seittn hin zu entfalten und die ihm ge bührende Stellung einzunehmen. Was man auch immer für specisisch juristische Bedenken gegen die Codification des Privat- rechtS haben mag — der politischen Bedeutung der Aufgabe gegenüber werden sie alle weichen müssen. Eben darin liegt die große Bedeutung des auf dem deutschen Juristentag erfolgten Aus spruchs, daß 71)0 Juristen aus allen Theilen Deutschland-, aus Ländern de- gemeinen und codificirten Recht-, so verschieden auch sonst ihre wissenschaftliche Anschauung und Ausbildung sein mochte, einhellig Zrugniß dafür abqaben, daß das deutsche Volk will, daß ihm auf diesem Gebiete endlich sein Recht werde. In diesem Augenblicke geht durch Deutschland die freudige Botschaft, daß da- Handelsgesetzbuch zum Abschluß gebracht sei. Kann eS bei diesem Stand der Dinge wünschenswerth oder passend erscheinen, daß immer wieder ein deutscher Staat nach dem andern sich damit beschäftigt, ein partikulares Gesetzbuch auszuarbeiten und einzuführen? rc. Wäre es bei diesem Stand de» Dinge nicht ein Act wahrhaft patriotischer Hingebung eines Stammes an da- Interesse des gesammten Vaterlandes, Koenn die sächsischen Kam mern die Einführung eines SondergesetzbucheS gänzlich ablehnten und an ihre Regierung das Ansinnen stellten, daß diese die Förde rung de- nationalen Werks in ihre Hände nehme und sich da schöne Verdienst erwerbe, in solcher Sache die Initiative zu ergreifen? Sei eS aber auch darum, daß die einzelnen deutschen Staat»» d»n Weg der Sonb»rgefttzgebu»tz v-rziehen. Hzch auf diese Weise wird ma« früher oder spater dahin kommm, ein ge meinsame- Eivilaesetzbuch für ganz Deutschland zu schaffen rc. Dann sollte es aber die höchste Aufgabe jede- Staat»- fein, ein Gesetzbuch von solcher wissenschaftlichen Vollendung und legis latorischer Weisheit zu Stande zu bringen, daß er damit vor die ganze Nation hintreten und mit gerechtem Stolz auf seine Arbeit als auf ein Werk „mit deutscher Kraft und in deutschem Geiste gearbeitet" Hinweisen kann. Und eine solche Leistung sollte man gerade in Sachsen anstreben und vollbringen, in dem Land, das man mit Recht die Pflanzstätte wahrer deutscher Wissenschaft, die treueste Pflegerin deutscher Rechtsgelehrsamkeit genannt hat. Für ein Werk von solcher Bedeutung und Vollendung aber wird gewiß kein Sachverständiger den revidtrße» Eytumrf erklären." Während der Niederschrift dieser Zeilen bringen die öffentlichen Zeitungen die Kunde, daß wenigsten- die erste Kammer der Stände versammlung die Mahnungen Unger-, die sie«, wie au< dem einleitenden Vortrage des Referenten zu ersehen, fthg wohl ver nommen, in ihrer Mehrheit unbeachtet gelassen, da sie dem An träge der StaatSregierung zu Folge die Enbloc-Annahme des Entwurfs vorbehältlich einiger kleiner Abänderungen, die sie der letzt««» überlassen, mit 26 gegen 9 Stimmen beschlossen hat. Man sieht nunmehr erwartungsvoll der Berathuug dieser wichtigen Angelegenheit Seiten der zweiten Kammer entgegen. Me II. allgemeine thüringische Gewerbe- ausjtellung. Als im I. 1853 zum ersten Male eine thüringische Gewerbe- ausstellunq in den Räumen des Herzog!. ResideuzschlosseS Frieden- ftein zu Gotha abgehalten worden, hatte die Idee, von Zeit zu Zeit eine solch« Schaustellung der Erzeugnisse de- in so vielfachen Richtungen thätigen thüringer Kunst- und Gewerbfleißes zu wieder holen, den lebhaftesten Beifall gefunden. Es wurde daher die Kunde mit Freuden begrüßt, daß der in Weimar abgehaltene erste thüringische Gewerbetag am 18. Novbr. 1860 den Beschluß gefaßt habe, in dem jetzt laufenden Jahre 186 l, und zwar vom 9. Juni an sechs Wochen lang, eine zweite thüringische Gewerbeausstellung in Weimar zu veranstalten. Di« Ausstellung soll die preuß. Regierungsbezirke Erfurt und Merseburg bis zur Saale und Elster, jedoch Halle mit einge schlossen, den kurhessischen Kreis Schmalkalden, die großherzoglrch und herzoglich sächsischen Länder, di« schwarzburgiischm und die reußischen Fürstenthümer umfassen und ein möglichst vollständiges Bild der gesammten gewerblichen Thätigkeit und de- gewerblichen Fortschritts, so wie de- Rohproducten - Reichthum- der genannten Länder und Gebiete gewähren, dadurch aber Consumenten wie Producenten Gelegenheit bieten, einerseits den Stand der Gewerbe und den Rohproducten-Reichthum, andererseits die besten Bezugs quellen kennen zu lernen und damit ebensowohl die gegenseitigen VerkehrSdeziehungen zu erhöhen, wie vorzüglichen Leistungen An erkennung und vermehrten Absatz zu verschaffen. Die Leitung des ganzen Unternehmens ist einer in Weimar befindlichen Ausstellung-- Commission übertragen, itt welcher die von den Regierungen der dettzeiligten Länder abgeordneten Com missarien Aufnahme finden. Bis jetzt sind zu solchen Regierungs- commiffaren ernannt: für Preußen der RegierungSrath Voigt in Erfurt, für Gotha der Regierungsrath Müller in Gotha, für Coburg der RegierungSrath Rose zu Coburg, für Schwarzburg der Geheim - Secretair Heimbürqer zu Sondershausen. Die von der Ausstellungs-Commission ausgesprochene Bitte, daß die Gewerbvereine Und Ortsbehördgn Thüringens sich, unter Zuziehung geeigneter Gehülfen, als besondere Ort-- und Bezirks ausschüsse für die Ausstellung constituiren möchten, ist in hohem Maße erfüllt worden, indem bi- zum 10. April bereits 44 aus wärtige Orts- und BezirkscomiteS sich in Weimar angemeldet hatten. Um aber auch ihrerseits nicht- zu versäumen, ist die Commission mit sämmtlichen ihr bekannt gewordenen gewerblichen Vereinen Thüringen- in Verbindung getreten, um dieselben zur möglichsten Förderung de- Ausstellungs-Unternehmen- zu^ewinnen. Wie die sämmtlichen betheiligten Regierungen ohne Au-nahme ihre bereiteste Theilnahme und Förderung im Allgemeinen zugesaat haben, so ist auch von Seiten der Thurn- und Laxis'schen Post verwaltung die Vergünstigung der Portofreiheit für alle von der AusstellungS-Commission ausgehenden Briefpostsendungen, vom k. preuß. Handelsministerium dieselbe Vergünstigung den Innerhalb de- preuß. Poftgebiets sich bildenden Special-Ausstellung--Com missionen, von der Direction der thüringischen Eisenbahngesellschaft ein wohlfeilerer Transport der Ausstellungsgegenstände auf der thüringischen und auf der Werra-Bahn zugesagl, und endlich der Commission von dem Gemeind evorstande der Stadt Weimar 500 Thlr., von dem Verwaltung-ausschuß der Gparcaffe daselbst 300 Thlr., von der Magdeburger Feuerversicherungs-Gesellschaft 100 Thlr. zu Au-stellung-zwecken zur Verfügung gestellt worden. Die Ausstellung findet in den Räumen des Schießhause- und