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K702 Die römische Erziehung tn »er ersten Laiserzett mit Hinblick aus die Erziehung unserer Lage. Ein Vortrag, gehalten in der pädagogischen Gesellschaft zu Leipzig von »r. Pilz*). Wenn wir die römische Erziehung in der ersten Kaiserzeit recht verstehen und als eine natürliche Folge der damaligen Zeitum- stände erkennen wollen, so müssen wir natürlich zuerst in das Volksleben überhaupt etwas tiefer himinsehen. Wie sich das Volk im großen Ganzen entwickelt, so entwickelt sich auch feine Erziehung; und es sind die Erziehungsnormen immer der beste Spiegel des Geiste-, von dem da- Leben durchdrungen ist. Da her gehen auch bei den Römern VolkSgeist und Volkserziehung immer Hand in Hand. Schauen wir nun dem Geiste des römi schen Volke- zur Kaiserzeit recht ins Auge, so stellen sich uns allerdings Diel trübe Erscheinungen dar. Ich fasse sie in einen Satz zusammen: Das Volk hat seine Ideale verloren und ist in der Sinnlichkeit untergegangen. Zuerst sehen wir da- Ideal wahrer und treuer Vaterlandsliebe so gut .wie erloschen. Die Lheilnahme de- Volkes an der Regierung hat aufgehört, der Senat war ein Schatten, die Herrschaft und theilweise Despotie der Kaiser verbot und verfolgte jede- volkSthümliche Streben, irgendwie tatsächlich in da- Getriebe des Staate- mit einzugrei- fen. Da aber dem Volke aller Antheil an der Leitung und Len kung de- Staate- entrissen war, so wurde e- zuletzt ganz gleich- giltig gegen Wohl und Wehe desselben. Die meisten sanken zu geistigen Sclaven herab, die nur zaghaft und schüchtern zu denken und zu handeln wagten; Einzelne gab es wohl noch, die au- dem Versteck heraus mit Spöttereien und Carricaturm zu plänkeln wagten, wirkliche Helden und Märtyer ihrer Ueberzeugung gab es fast gar nicht mehr. Da- Ideal der Kunst war eben so erstor ben. Zwar fehlte eS gar nicht an Blüthen der Poesie, an großen Dichtern und Künstlern, aber es wehte im Reiche der Kunst ein so gemeiner Geist, ein so niedriges Interesse, daß auch auf diesem Wege der Verfall des Volkes vorwärts ging. Die Kuustgegen- stände waren Mode und Luxusartikel und ihre Schöpfer zum großen Theile zu Handwerkern herabgesunken oder zu feilen Knech ten de- Hofes, die dann natürlich grade so dichteten und schrieben, wie der Wind dort ging. D - Ideal der Religion hatte einem jammervollen Zerrbild« des Unglaubens und Aberglaubens Platz ge macht. Die vornehme Welt hielt die Göttermärchen nur für ein diplomatisches Mittel da- Volk zu regieren, und war längst zum gröbsten Materialismus übergeqangen. Schon zu Cicero's Zeiten war «S übrigens allgemeine Ansicht, daß kein Philosoph an Götter glaube; aber in der Kaiserz/it spottete auch das gemeine Volk über Religiöses, und welche Folgen solche Gleichgiltigkeit im Leben hatte, beweist JuvenalS Schilderung, wenn er sagt: „Die Ge wissenlosigkeit der Zeit fragt nur darnach, ob menschliche Zeugen sie bei der schlechten That beobachten, da- Zeugniß der Gottheit verachten sie leichtsinnig und frech und schwören alle möglichen Meineide. Da- kommt daher, der Eine glaubt an gar keine Götter und leitet Alles von Zufällen und Naturkräften her, und fürchtet daher keine Strafe für den Meineid; der Andere fürchtet zwar Strafen, aber die Vortheile gehen ihm über seine Furcht; noch ein Anderer hofft auf Langsamkeit der göttlichen Strafe, die sich ja auch abbitten lasse, und so schreiten sie keck zum Altar, um falsch zu schwören." Da aber die große Masse des Volke- sich den Verlust des Glaubens ersetzen wollte, so siel sie in den un sinnigsten Aberglauben, welcher sich auch in der Erziehung viel fältig wiederspiegelt. Es gab HauSastrologen, die man theuer bezahlen mußte, die Armen ließen sich wenigsten- von herum ziehenden Banden wahrsagen, und zwar aus Steinchen, Hölzchen, aus Würfeln, auS dem Feuer, au- Mehl, Käse und Eiern; wo ein bekränzter oder gesalbter Stein stand, siel man nieder und empfahl sich seinem Schutze. Mit einem Worte, das Tollste und Unaereimteste wurde geglaubt, und namentlich waren die Frauen stark in diesem Aberglauben. — Und wo war endlich noch eine Spur von dem Ideale der Häuslichkeit zu sehen! Die Heiligkeit und Ehrwürdigkeit de- Familienleben- war gänzlich dahin; da- Haus war nicht mehr Tempel der Tugend, sondern ein Spiel platz der gemeinsten Leidenschaften; namentlich war die Verschwel» düng auf den höchsten Punct gelangt, und es ist gar nicht un *) Nachdem Herr vr. Pilz 6 Jahre lang vergeblich versucht hatte, einen ÄrziehungSverein ins Leben zu rufen, der sich nicht mit StandeS- interessen, sondern nur mit der pädagogischen Wissenschaft beschäftige, ge lang e- ihm endlich, sich mit 0r. Zitier, einem mit reichem pädagogischen Wissen begabten Lehrer der Universität, und mit mehreren namhaften theoretisch und praktisch tüchtigen Pädagogen zu verbinden und seine Idee auszuführen. In Einigkeit und Energie bertethen diese Männer den vorgelegten Plan nebst Statuten und stellten die Gesellschaft so her, wie sie jetzt besteht. Sie beschäftigt sich in der Stille mit den zeitge- mäßesten Fragen der Pädagogik und sucht dieselben im Berein mit an deren Wissenschaften, uamentUch mit der ärztlichen, zu lösen. Gäste und Mitglieder au« allen Ständen, die sich für die heilige Sache der Er ziehung interesfiren, sind ihr immer erwünscht. Die Red. glaublich, daß dem Hirtius seine Fischteiche 175,000 Thlr. jährlich kosteten, und daß der Redner HortensiuS seine Bäume mit Wein »egießen ließ. Seneca sagt: „Von de- Phasi- Ufern soll die Jagdbeute kommen, in deren Herbeischaffung die Garküche ihren Ruhm sucht, und e- ist den Römern auch nicht zu gering von dm Parthern Vögel zu holen. Wa- der durch Leckerbissen zer rüttete Magen kaum ertragen kann, holt man vom fernsten Ocran her. Sie erbrechen sich, um essen zu können, und essen, um Ich zu erbrech n * — Mit dieser Verschwendung ginq Hand in Hand die raffinirteste Wollust. Aber da- traurigste Bild dieses lockern Familienleben- boten die Frauen selbst, sie, denen auch in Rom die erste Erziehung de- Kindes anheim gegeben war. Wer den Frauen aus ihrer Bestimmung herausgeworfen, werden sie »Mich verdorben, dann sind sie viel schrecklicher wie die gefallenen Männer. Keine Zeit beweist dies mehr als die römische Kaisee- zeit. Von Bescheidenheit und Unterthänigkeit, wie sie im alten Rom in der Frauenwelt zu schauen war, ist keine Spur mehr; die Frauen sind vollständig emancipirt und spielen de« Herrn. — Daß daher häuslicher Krieg, Ehescheidungen, Verbrechen all» Art häufig vorkamen, läßt sich leicht denken. Juvenal beschreibt da- Tagewerk eine- kölnischen Weibe- ohngefähr so: Nachdem sie endlich die Neigung zum Schlummer überwunden hat, steht sie auf und begiebt sich zur Toilette; dann folgt ein Zank mit der Dienerschaft, dann wird ein Besuch de- Geliebten empfangen (denn um ihren Mann kümmert sich die Frau wenig), des Nach mittag- geht sie zu üppigen verlockenden Schauspielen oder zu Bettelprichern, um sich weissagen zu lassen. Oftmals fanden auch gleich bei den Gastmählern von Tänzern und Tänzerinnen aufgeführte Scenen statt, die, so unschicklich sie auch waren, die Augen der Frauen durchau- nicht beleidigten. Ich könnte noch tausend Dinge hier nennen, welche zeigen würden, wie tief dir Häuslichkeit, namentlich auch die Pietät der einzelnen Glied» unter sich gesunken war; aber eS sei genug. Nur da- sei noch erwähnt, daß solche Ausschweifungen de- Familienlebens nicht etwa noch mit einer gewissen Scheu, sondern mit Frechheit auf- trattn und oft mit großer Ruhmredigkeit eingestanden wurden — Diese- sittliche Verderben wurde nun zwar von den Kaisern au< mitunter scheinbar bedroht; aber e- war nur scheinbar, denn im Grunde freuten sich die Despoten, wenn das Volk sich mit Ge nüssen aller Art beschäftigte, wenn es au- einem Schauspiel inS andere lief, wenn eS seinen verweichlichenden Leidenschaften fröhnte, sie waren da sicher, daß der Geist der Freiheit nicht so leicht er wachte, und deswegen ward auch der Circus, dieses Grab all» Sittlichkeit, sehr begünstigt und gepflegt von d.n römischcn Höfen. Wir sehen also klar und deutlich, daß das römische Volk in der Karserzeit die Ideale der Vaterlandsliebe, der Religion, der Kunst und Wissenschaft (einige seltene Größen ausgenommen) vollständig verloren hatte. Ein Volk aber, da- kein Ideal mehr hat, ist schon dem Untergang geweiht, da der rechte Leben-odem ihm fehlt, der rechte Impuls zu großen und schönen Thaten, und solch ein Volk führt auch eine leere, gemeine, lockere und ver giftende Erziehung. Da- ganze Gepräge, welche- da- römische Volk ln der Kaiserzeit trug, «erden wir in seinen Erziehungs- momenten wiederfinden. Um die- klar und anschaulich zu er kennen, wollen wir die Erziehung in drei Stufen eintheilen. Die erste Stufe wird die eigentliche Kleinkinderpfleg« sein, die zweite die eigentliche Haus- und Schulerziehung, die dritte die Heran bildung d.s Jüngling- und der Jungfrau. Betrachten wir nun die römische Erziehung auf der ersten Stufe. Wenn die Römer der Kaiserzeit auch nicht so weit gingen wie ein alte- morgenländisches Volk, welches die Geburt eine- Kindes für ein Unglück erklärte, weil es ja doch nur zu Wehe und Schmerz geboren würde, so war doch in der That ihr Wunsch, Kinder in der Familie zu besitzen, gar nicht groß. Da- beweisen die Gesetze, welche Strafen darauf legten, wenn jemand keine Kinder hatte, und die vielen Aussetzungen, welche namentlich unter dem ärmern Geschlecht« vorkamen. Freilich wurde der Wunsch hier durch andere Gründe niedergehalten. Wer viele Kinder hatte, konnte dem Luxus nicht mehr so fröhnen und fühlte sich elend. Die angehenden Frauen wurden in ihren jungen Jahren gleich so in ein Meer von Zerstreuungen aller Art gestürzt, daß sie auch nicht die geringste Lust verspürten ihre mütterlichen Pflichten zu üben. Und so fehlte der römischen Kleinkinder-Erziehung in der Kaiser zeit die erste Bedingung, die Liebe. Die Aeltern kümmerten sich um Alle- in de« Hause, nur nicht um ihre Kinder. Diese wurden zuerst einer Amme, dann eine« Sklaven oder einer rohen Wärterin übergeben, die höchsten- ihre abergläubischen Possen mit ihnen trieb, sie anspuckte, wenn sie gelobt wurden, ihnen Amulett gegen das Beschreeen anhing, und sie, »venu sie größer wurden, mit leichtsinnigen thörichten Märchen ergötzte. Wie war es auch möglich, daß diese rohen Sclaven, die nur de- Lohn- wegen ihr Amt übernahmen, besondere und weise Sorgfalt dem Kinde wid men konnten. Wenn aber in der ersten Erziehung die Liebe und die Sorgfalt fehlt, so fehlen die Haupthebel; die wahren edlern Gefühle de- Menschenherzen-, Gegenliebe, Verträum und wie sie sonst heißen mögen, können nicht aufkomwen. Dabet ist nickt zu vergessen, daß die Kinder im zartesten Alter oft lasterhaften Grie- chm un allerlei 1 lich da- Haupt c kleinen schieden sicher durch ( !n den lich. da steif un Formen doch m rauben auch di als M prahlte Erzieh« lich we römisch manche unberü wir nu sei eS aber d der Kl Giebt komme nicht s und A heute Affenli heute ! Erzieh Magst als fü Wärte giebt, andere sttndei nach I wir z, die B T dem circa einen von i wird werde sich eicht« bank gewe gang da- nichi vrrle Sch schä fälli Firr und Fist irge