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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.09.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188909259
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18890925
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18890925
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-09
- Tag 1889-09-25
-
Monat
1889-09
-
Jahr
1889
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.09.1889
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Erste Geilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 2K8. Mttttvoch den 25. September 1889. 83. Jahrgang. SommerfS-en. Vo» Silvester Frey. U»ch>r»« »rrtaU». An jenen sonnigen Togen, wie sie unseren Gegenden aus der Scheid« zwischen So m m re und Herbst so oft brschirdrn sind, zittert wohl ein fein^, seidenartiges Gewebe, welche» glitzert und blinkt, als wäre es Von Aihstall gesponnen, über die Ebene. Es sind die Sommerfäden, nach welchen die A nder hasche», wen» sie sich noch einmal recht tüchtig vor dem Beginn der kalten Jahreszeit im Freien herum tum mein: sie ranken sich um die Flechte» der Mädchen, wenn diese auf der schon herbstlich kahle» Ache,stäche den Neigen tanzen, «der über« spinnen die Drachen-Ungethüme, welch- unsere Knaben gerade u« dies« Jahreszeit so gern steige» l >ssen. Den Altweiber sommer nennt das Volk dieselbe mit einer Bezeichnung, N"'chr sich in ihrem Ursprünge nicht aut deuten läßt; vielleicht de», halb, weil diese Zeit von ebenso kurzer Dauer zu sein pfleg«, wie das Dasein aller Frauen; der Name bleibt eben dunkel, wir so diele», was wir alten und ursprünglichen Eigenthltmlichkriien de» Volke» zu danken haben. Da» merkwürdige Gesp'nnst nicht minder als die charakteristische Benennung dafür lrifst man in vielen Gegenden der gelammte» nördlichen Hemisphäre; nur daß jede» Volk seinen Altweibeisommer zeitlich ander» und oft mit einer Genauigkeit, welche sich nicht immer recht- fertigen läßt, abzugrenzea pflegt. Am frühesten beginnt «r bei den Nüssen, welche >bn bestimmt am i. September er warten. Ebenso lasten sie ihn mit t m tS. September ans. hören, einem Tage, welchen sie den „Gäus flug" zu nennen pflegen. Drau um diese Zeit sollen di- wilden Gänse, welche bisher die unendlichen, melancholischen Steppen bevölkert haben, dieselben v-rlasten, um den mildere» Süden auszu suchen. Da» Volk aber meint, daß Sommerjaden, welche eben durch die Lüste zittern, von dem Gefieder dieser Böget herrührtn. Damit hängen Aeußerungen de» Gemüth» zu samm-n, wie man sie gewöbnl ch Überall dort antr sst. wo der Einzelne aus einen engen Zusammenhang mil der Nalur und ibren Erscheinungen angewiesen ist. Man feiert dort diese Zeit, wie anderswo Volksfeste begangen werden. Nur tag der düstere, melanchol scke Eharakter desStockrussenlhu»,« nicht» mit der sonnigen Fröhlichkeit, wie sie den germanische: Stämmen durch eine gütige Fügung de» Geschicks verliehen ist, gemein hat. Je weiter wir nun die Völker begleiten, treten un» stet- neue Nomen für diese Eommersäden entgegen, „kils cks I» Vioego" — „Gesp'nnst der heiligen Jungfrau" — heißen sie poetisch schön bei den Franzosen. Dieser Bezeichnung liegt die tagende zu Grunde, baß di« Gottesmutter dies glitzernde seidenartige Gewebe selber herstelle, um daraus Gewänder für die Engel zu verfertigen. Laß diese Sage auch ebedem unter den deutschen Stämmen verbreitet gewesen sein muß. geht daraus hervor, daß bei un» da» Volk in manchen Gegenden jene» Gcspinnst „Marienfäden", „Marien aarn" und „Frauensommer" nennt. Wie überhaupt die Beziehungen aus kulturhistorischem Gebiet zwischen un» und dem von germanischem Zustrom zersetzten Westen weit inniger und natürlicher sind al» nach dem slawischen Osten. Die Zeit selbst, wo die Franzosen ihre Sommer säden erwarten, beginnt gemeiniglich mit dem 9. October; sie nennen dieselbe nach dem b treffenden Heiligen: ^'Ltö äs 8t. veuls" — «Der Sommer de» heiligen Dionysius". Weit früher haben die Nachbarn der Fran zosen, die Vläininger, ihren MichelSsommcr, welchen sie mit dem Michaelistage, also dem 29 September, beginnen lasten, während die Dänen ihren Brigittenfommer vom 8. October an zu rechnen pflegen. In die Mitte dieses MonatS genau auf de» l5. October, verlegen bann die Italiener den Beginn ihre» „Sommer» der heiligen Theresa". Auch die Deutschen haben ein bestimmte» Datum, an welchem sie diese sonwgm Tage erwarteten, welche, oft glühend heiß wie die der schöi st-n Jahreszeit, gleichwohl schon in den Herbst hinein gehören. E» ist dies der lk. Oktober, der Tag de» beiligen GalluS. Dann war die Ernte in die Tennen gebracht und der Lanvmann durste den Gewinn feiner Lecker überrechnen „Gallus — Schafft heim Alle»" lautet die all« Bauernregel de» germanischen AckererS in Bezug vorauf; und wie sicher man nunmehr auf schöne Tage zählte, beweist der andere Merkvers, in welchem gleichfalls dieser Heilige genannt wirb: ..Am St. Gulluslag — Den Nachsommer man erwarten mag" u»s schließen sich dann die Engländer an mit ihrem 8t. l.llkos littls sumwer", .dem kleinen Sommer des heilige» Luka»', besten Anfang auf den l8- October verlegt wird. Da» Voll in England aber nennt da» weiße GZpinnst, wie e» durch die milden, sonnigen Lüste flattert. „Oo»»mv" — .Malter gotteSschleppe'. jedenfalls mit Anlehnung an eine Legende welche mit der bereits oben erwähnten in Zusammenhc stehen dürste. Schließlich haben noch die Bewohner der Bereinigten Staaten Nordamerikas ihren »lockiuu irunmer". welcher jedoch den Eigenthümlichkeiten ihre» Klima» gemäß erst in den December fällt. Diese Sommersäven haben wiederholt die Aufmerksamkeit derer erregt, welchen daran liegen mutz, etwame Geheimnisse ter Natur zu entwirren. So lange die betreffenden W sie». Ichaftea in den Kinderschuhen rinhergiagen, konnte man sich allrrding» damit begnügen, jene Deutungen gelten zu lasten welche der Volksglaube mit Anlehnung an die Sagen der Vorzeit geschaffen. So nannte man neben den charakteristischen Bereichiiiingeo. welche bereit» aufgesührt worden, das Gewebe aus der skandinavische» Halbinsel „OvärgenAt" — »Zwerg, nctz", woraus sofort erhellt, daß mau seine Entstehung wie in den meisten Füllen, so auch hier mit überirdischen Kräften in Zufammenhang zu bringen sucht. Ebenso hat sich vie ger manische Sage wiederholt mit der Deutung der Eommersäden beschäftigt. Bei einem Volke, dessen Lirblingsnrigung es sei« j her gewesen, der Natur und ihren Erscheinungen aus die liebenswürdigste Art naLzulvürrn. darf man sich darüber freilich nicht wunder». Außerdem fällt ja dieser Altweibersommer in eine Zeit, da sie Muße hatten, sich solchen Betrachtungen mit der ganzen Innerlichkeit ihres Gemüth« binzugeben. Dir ruchl der A-cker war «mgeheimst. wo Reden dir Gelände eveckten, kelterte man eben den süßen Most, und wenn das Triukhorn von Hand zu Hand ging, war gute Gelegenbeil, die Zeit zwischen dem Trunk durch sinnige Reden zu kürzen. Da war e» nur selbstv istä ivlich. daß da» Auge hasten blieb an den wie Krvstall glitzerten seidenweichen Fäden, wie sie ich, vom bon»en>ichl üdergosten, vo» Ast zu Ast rankten oder als ein Fähnlein vom lauen Luftzug de» Herbstes hin und her gespielt wurden. Oder «ln fahrender Sänger sprach vor, um nun in sein--, Rhapsodien eine ebens» er» wünschte, wie sinnige Deutung zu geben, in Bezug aus da» Rätbsel, welche» gerad- aus Aller Lppen schwebte. So sang er denn, daß die Sommersäte» von den Gewändern der Woians-Jungsraurn, der Walküre», heistammr». Sie trage» dieselben unter ihrer ehern-n Rüstung, damit der rauhe Stadl nicht durch seinen Druck dem be> aller Kraft zarten Körper einen Schmerz -zusüge. Oder Frau Hell« sollt« dir eigentlich- Besitzer»! dies s aebeimiiißvollcn Gewebes sein. W»a sie mit ihrer wilden Schaar zur nächtlichen Stunde durch d«e Lüste einherstürmt, so lasten b,e Gewänder, von einer Eichenkrone oder dem hochragenden Gie"-l eines Hause» erfaßt, diese lichten, silberschimmernden Fäden zurück. Solche Auslegungen fanden bald daS Wodla-s'llen Derer, an welche sie gerichtet waren. Die Art und Weise, wir sie kargebote» wurden, trug dazu nicht w-nig bei. BcrS und Lied wäre» brr Doppelrahincn, i„ welche» sie gespannt wurden — ganz abgrseh'-n davon, daß die Deutung an sich brr übersinnlichen Begehrt chk tt, wic sie nun cinnial »., G-»>üthsleben der ger- manischen Stämme schlummert, reichlich Rechnung trug. Vor der Wissenschaft z-rstobe» natürlich alle kiese artigen Mären. Ohne Rücklicht zu nehme» aus ca« ehrwürdiger Alle» >»nv d-n vo-tisben Wertb P-steiden, suchte sie mit der z-is'tzen- den Schärfe de« Beistandes den wirklichen Unpeung unserer Svium-rsären zu ergründen. Daß man nicht sosort die richtige Lösung gab. ist bei dem andauernden Jirthui», in welche», man sich befunden, durchaus nicht wunderbar. So meinte man eine ganze Zeit, zumal in Frankreich, daß die Soinmer- säden ein Product der Atmosphäre seien oder au» den Aus dünstungen gewisser Pflanzen beständen. Erst ollmälig kam man aus die Bermutbung, daß sie da» Gewebe e»> er Spinne, der sogenannten araneu »Lronnutic» seien. Dir Aehnlichkeii desselben mit dem Gespuri-st der Sei'enraape l eß zuerst solch' Attnabmen auskommen; w,n» wir unsere Sommerfäden mit den Fingern betast'», müssen wir doch in der Thal glauben, daß wir eS mit einem seidenartige» Gesvinnst zu lhun haben. Auch sonst drängt sich un» dieselbe Vermuthung m t hin, reichenden Anzeichen, baß sie aus Wahrheit beruhe, aus. Au sang» zäh und durchschimmernd wie eine Gla»maste, bleiben sie, mll einem fremden Körper in Berührung gelangt, an demselben hasten; an der Lust gewinnen sie alSdann sehr schnell vie harte, spröde Form, welche wir an it'wn kennen. Die sorgfältige Beobachtung der b-trrssentcn Thier« in ollen ihren LebcnSgewob» heilen bringt dann endlich da» erwünschte Licht in di-sc» uralte Rathsel mit seinem reichhaltigen Schatz an Legenden und Märchen aller Art. Es sind in der Thal wandernde junge Spinnen, von welchen da» Gewebe htrrührt, während die Fäden selber das Luftschiff bilden, aus welchem sie zu un» kamen. Andererseits spannen sie dieselben out. um sich der Beute zu vergewissern, deren sie bedürfen, um ibre Reise sorlsetz-n zu können. Denn auch die Spinne begiebt sich aus die Wanderschaft, ganz wie die Zugvögel, welche mil dem Herannaben der kälteren Jahreszeit unsere Gegenden verlosten, um andere ausznsuchen, welche ihren L brnsgewohn- Heiken mehr entsprechen. So bald also da» üppige Inletten- leben in unseren Niederunaen, an den Rändern der Teiche, im Sumpf und Moor erstirbt, folgt die junge Spinne dem Wandertriebe, welcher sich in ihr zu rege» beginnt. Den ersten sonnigen, milden Tag bestimmt sie zum Ausbruch sie macht e» darin insiinrtiv nicht anders als der Mensch, welcher gleichfalls in Regen und Slurn, Reisegefährten sieht, auf welche man lieber veizichket. Wofern sich nun die Spinn- ihrer Gangwcrkzeirge zu der Wanderung, welche sie vorhat, bedienen würbe, könnte sie selbst bei der allergrößlen Anstrrn. gung täglich nur eine sehr kleine Sirecke bcwälliaen. Dabcr ist eS nur billig, daß sic sich ein Fahrzeug verschoss!, und zwar rin Luftschiff, welches an Zweckmäßigkeit sLmmlliche Luftballon Eonsiruclioiien übertrifst, welche der Mensch trotz der rastlosesten Arbeit aus Viesen, Gebiet bisher ersonnen hat Aber zugestanben alle- bicS, schwebte über den Svmmer- säden »och immer insofern ein Rälhsel, als jene selbst bei rubigem Wetter durch die Lüste ziehen, wenn der Himmel ea« heiterste Blau zeigt und die Sonne ihre glitzernvsten Strahle» herablenvet aus e,e Erde. Darin gerade bestand daS nalur- wistenschastliche Problem, a» w'lchem sich die Köpfe so vieler Generationen vergebens abmüblen. Heute ist oiliiiirehr auch glücklich dafür die Lösung gefunden Die Sommersäten sink nämlich ganz Vorzug! ckie Wärmeleiter; wenn sie sich deshalb in einer sogar noch kühlen Luft befinden, werben sie, von den Strahlen der Sonne getroffen, schneller erwärmt al- dir Atmoipbäee, in welcher sie sich gerade ausholten. Dieser selbst wird die höhere Temperatur erst zumeist von den Fäden über mittelt. welche in ihr schaukeln und schweben. Da nun be- kanntlich jeke warme Lust die Neigung z»m AuswärlSsteigen zeigt, trägt sie auch, indem sie derselben folgt, den Sommer- fade». welchen sie umgiebt, Mit sich empor. Ja. oftmals ,sl ihre Steigekrast so intensiv, daß sogar die Spinne selber da durch in dir Höhe getragen wird. So bilde» diese warmen Luftschichten mit allem, was sie enthalten, gewissermaßen ei»en Ballon, welcher innerhalb einer kälteren Atmosphäre beständig auswärts strebt. Er sinkt naturgemäß erst van» wieder, wenn die Sonnenstrahlen. welche diese Steigkrasl Hervorrufen, nicht mehr glitzern. Daher kommt e» denn auch, daß sich diese Sommerfäden im Schatten säst aus den Boden iegeu, e» müßte dem, der Fall «intreten, daß «in Zweig sie aussängt oder sonst rin hochragender Gegenstand. ... ° . ffs- ^ , aussängt oder wodurch alSdann ein vollständige« Herwedersiiiken natur gemäß verhindert werben muß. D«e betreffende Spinne selbst gehört zu de» interessantesten Thierche». welche zu beod. achten wir iu unlerem Klima Gelegenheit haben. Emsig »nd klug, wie dasselbe ist, gewährt eS un» Einblick in eine Thäligkelt, w live uns durch ihre Eomplicirtheit nicht minder al« durch den Instinkt, wie er tabei zu Lage tritt, mit Be wunderung erfüllen muß. Gerichtsverhandlungen. OA«t,ltchr» Landgericht. U. Strafkammer. * Leipzig, 24. Sepiemder. D r Dieastlnecht EmllHeutfchel au« Mellingen h >tre sich am 30. August d. I. bei emem Vegülertea in Braust« verm eihet, am anderen Tage aber lchou da» Necepi ur Arb il v-iloren und den Dienst verlassen wollen und zu diesem Sehusr vom Dienstherr», daS Arb^tS-uch mrluogt. L tzlerer war uaiürl ch üb r ein derarliges Ansinnen ersiaunl und verweigerte da» Buch, woraus Henilldet, w lcher eine Düngergabel in der Hand haite '»>«'» Herrn bedrohte, schließlich aber uach »injnkommen anderer Personen da» W >k^ ug bei S >ie legte. Henilchel schein« in B zug aus die Bclöst gang eme veiwölmte Nalur zu sein, denn auf die geg-n Ihn wegen veruchter Nüihig»»g erhobene Aubage hrtie er nur z» leincr Enllchu digung vorzubilngen, daß tüm die Kost bei d-m in Rebe st h nd n letzleo Dieuliheiru oichi gepaßt, er »irlm.hr irüver mil an de», Düche der H rrschifl geg.ss-a Hab-, ferner, daß der ihm vorge'etzie Käse (es war zur siogl.ch.n st.il schr heiß) ni-tt irei von Maden gewesen sei, c Ne n.sslellong de» Nag klagten, welch« ans Komuche strciil, denn UPI die fragliche JnhreSj.it düiükll Käse ohne diese Zugabe zu den Lelicnhcten zählen. DaS Geiichi erachte!« keu Angeklagten der vrrsuchien NötkigUiig sür Ichuldtg und verurih.ilte denselben zu 9 Monaten <8 esü n gni ß ft rase. De» Te.lch^hos bestand au» den H.r.»» LaiidgeiichiSblleclor Barlich (Piäjid^ Laudgerichtr-Räitieu B e iß, von lLlierüin, Adam un» Assessor Or. Leißner; die A .klage fuhrt« Herr Slaaisaawali 0r. Lauge. I. Strafkammer. Der Fabrikant Karl He nrich D. hier hatte dem Klempner R etnru Kost-n behüt- Aatswl.'gea» mit Blech übergebe» uad am 9. Iani ds Jrs sich in der W rkst.üt R.'s eingesunken, um de» Kasten zu verlangen. Ls war hi-rvei zu Differenz«» gekommen, da Si den Lasten ohne Geld nicht vergeben wollte, D. aber nach seiner Behauptung eine Forderung an R. Halle uad sich durch die Aibeiisieistung R'« bezahl» mach n wollte. Es kam schließlich so weit, daß D den Kasten dem R entriß, dadurch ober sich d-S B rgehenS der Nölhlgnng schuldig mach». N. selbst will dem D. nichis schuldig gewesen lein, die» sei vielmehr Sache seiner Frau gewesen. D. stellte den Darlegungen N.'S Wider- !p>uch entgegen, »nd ffcn nahm dar Gerkchi nach dem Eigediiiß der Beweisausn.chine di« Schuld D.'S als srsigefievt an. Lei der Sirns- admeffung wurde j'doch aus die Vcrbtliniffe, unter denen die Aesktzes- Verletzung begangen worden, zn Gunsten D.'S Rücksicht genommen und eine Geldstias« von lö » al-eine »ein Verschulden des Angeklagten angemessene Ahndung erachtet. Der Ser cht-vos bestand ans den Herr«» Landa»richts-Dir»c>vr Bollert (Piäsid.), L "dlkrtchi -Ratä Bieter, Assessoren H-ßler, Or. Bartng «ad Staffel; di« Anklage führte Herr Staatsanwalt» schaslS-Affrff.r vr. Groß, die Brrih.idigung Herr Rechtsanwalt Freyiag II. IA. Straskammer. l. E>»e rohe Gesellschasi s ß g-ster» aus der Anklagebank und erbt kt dir q-bührende Sirase, welch, in Aubetrnchl der Vcuia tiü« »er Handlungswr s- entlp ch Ub streng auSstel. Angcklagt der ge jährlichen tn Gem-in'chast verübten Ksrverv« letzu-a wäre» ker Schuhmacher Louis Leig au» Hrrrengvffenstidt, der Gastwirt» Hermann Gustav Polster auS N-iilchönetcld, brr Markihelur Theodor Reußing ebendaher, der Haidarb iier Karl Otto Schu- mau» aus Me zdors uad der Arbeiter Fr edrich Fe.dinaud Kirsten au- Hrrmsdors. Di-se fünf Personen zogen am 11. Juni gegen 3 Uhr Morgen- die Kirchstraße in Neustadt ent auq, nachdem sie die ganze Nach, gerecht hatten. Jdoeu entgegen kamen zwei Männer ruhig ihres W gs daher; e» waren der E s ndreher Peiirtch and der Klempner Botgt, welche -ns Arbeit gingen. Ohne baß Leig irgend welche Veranlassung gehabt, vertrat er den Männern dcu Weg, pack e sie am Hals? und stieß sie mit den Köpfen »usammen. ES sollte dt.S modisch tnlich ein Scher» s in» denn Leig freute sich unbändig darüber und seine G n. ff n stimmten ihm völlig bet. Die Angegriffenen war-n io Lberraich!, daß sie Widei stand nicht sogleich l- steten, doch n>S Leig sie in noch siecherer Weile z> sammenrempelte. rissen Beide sich los «nd während Voigt die Fluckit ergriff, ging Pettrrch langsam zuruck, um mehrere Permnen, welche die Siroß- herauskanirn. um Hsise gegen Leig'S Insulten anzugehe». D-ch wenige Schrille hatte Pettrtch nur gethan, da empfing er von hinten einen so wuchtigen Hieb aus den Kops, daß «r sofort zu- saiiimenbroch und die B-sinnung verlor. Er schlug mlt dem Kopse hart aus den R.nnste n aus und verletzic sich dabei nick» unbedeutend. Mehrere Hinte. Peitrlch und 8o-gt tomm-nbe Arbeiter halten Ersieren stürzen sehen und eilten von zur Htlle herbei. Plötzlich erhielt der unter den Leuten bestukliche Tuchler Martrander gletmsalls eiuen Schlag aus den Kops, der idn neben Pettrtch niederstreckl«, uud als sein Freund Böitrich ihn stütz n wollte, bekam er einen so heftigen Lioß ins Genick, daß er besinnungslos aus den am Boden liegenden Markrai der stet. Als Peitrlch sich wieder eiwaS erholi Hute und ous- zurichte» v rluchte, wobei er auch de» regun.s'.os tiegenbe» Makraa- k>«> stütz n wollte, si le» dir rohen Gesellen sogleich wieder über ihn her und mißhandelt«!' den W hrlvsen aus- Aergste. Leig und Polster ichlligen ihn mit den Fäusten aus den Kovs und ins Gesicht, >odoß P-ttrich übel zugerich et wurde. Die Begleiter Markrander'S «ad Bött ich'S, vier a» der Zahl, waren indessen mit den rohen Patronen handgemein geworden, und dabei emvfing der Tischler Hthael von Polster gleichsalls eine« derben Faustichlag in- Gesicht. Trotzd.m verwehte Hähne« srti.en Freund Markrabber aus »heben, doch sagtet» schluq-n Le'g. Polster und N »hing w eder mit Len Fäuste« aus ihn los. todoß er sich schl.eßl.ch zuriickzog. Reußing »erivlgtk ihn tedoch, packte th» vou Hinte, und ichluq ihn blutig. Schumann und Küsten letheilsgien sich an den Mißhandlungen, denn auch sie hieben blind ling« aus dir Leute los, die weiter nichts aethan, als Pettrich vor wettere»Rohheiten hotten schützen wolle«. Die Hau-rei nahm bedenkliche Formen an, ued wen» die sechs Männer auch manchen H eb von de» rohen Patrone» bekamen, so schonte» sie doch ihrerseits auch uicht wehr, sondern bläuten thneu hi« Haut tüchtig, tls »blich Sucrurs kam uud die Now'oieS mit Hilfe der Polizei dahin gebracht werde» konnten, wohin sie einzig uud allein gehöre» — nämlich Himer Schloß »ad Riegel. Die Angeklagten gehören zu jener korle von Mensche», welche leider in letzter Zeit sich stetig gemehrt hat und namentlich in Leipzigs Vororten bedenklich übeihand utmmi. Selbst den Organen der öffentlichen Ordnung gtgeuüder keuul diese Sorte keinen Respekt mehr, traurig, aber leider durch zahlreiche Seiichitverhandlungen nur zu vst erwiese». Trotz ezemplari-chrr Strafen, die dar Geiichi iu solchen Fällen auSsp ach, ist eine Ber- mioderung derart ger llzceffe nicht eiugetreleo. Wie ungemein roh und frech die HaadlungS veise der Auaeklagteu ist, ohne Veianlussuug Leute derartig zu n.ißhaadclu. bedarf wohl kein S Kommentar«. Dabei haben sich, wie au» den Zeugenaussagen leftgrftellt wurde. Leig und Polster ganz besonder« hervorgethau; sie waren es auch, die Pettrich, Martrander und Böitrich die ichwereu Schläge ver letzte», welche diele besinnungslos hiastreckteu, und lange nachher noch haben die Verletzten an dcu Folgen laborirt. Leig und Polster waren auch wieder lm GeclchtSsaal die Haaptniadatorr, da- heißt tm Leu-men, wobet sich ihre Lage allerdings uicht besserte. Durch Widerspruche verwickelten sich di« Angeklagte» schließlich selbst uud gegenseitig. Vet'unken wareu sie nicht sinnlos, ihre Thal war all, lediglich der Ausfluß i»Hefter Händelsucht. Entlprechend dem fluirag Lee königliche» Ltoatsauwallschast, welche übrlgea» dos Ber- dallen der Aug,klagten schars ge.ß lt». schloß das Ser chl mildernd« Umstände au» und erkannte aus solgead« aachdiück.iche St äsen: L lg I Jahr 2 Monate, Polster 1 JahrS Monate, Reußsi,, 10 Monat« uad Kirsten, sowie Schnmauo je S Rl»»ote Ge sang nt ß. Der Gerichtshof bestand au» de» Herren: Landarrichlsdlrector Lehmann (Präsid.), Laud.,erlchtSrLlh«u Grube», Lchubaith-Eugel- sqall Mötzicr uud Affeffor Ör. Pöschmau», die Aaklage lührt« Herr Staatsanwalt vr. Laug«. * Bon der dritte» Strafkammer de» köaigk. Laudgertcht« wurden heute verurthkilt: 1) der Haadarbett-k Heinrich Oawald Müller aus Reich«.ibach wegen Dlevslahl» zu 6 Moi.aiea, 2) ber Gäitaer Fiauz Jul-uS Marti» au» Köstritz wegen Beirug» re. zu 2 Monaten Gesangnlßiilase. Vermischte« — Berlin, 23. September. Der Kaiser gedenkt sich morgen früh oder vielleicht schon heute Abend für mehrere Tage nach Hubertusstock zu begeben. ---- Professor Jacob Minor giebt in der „Viertelsjahr« schrijt sür Literaturgeschichte' einen interessanten Beitrag zu Schiller'» Leben. Schiller ist in seinen jungen Jahren auch als Redacteur einer politischen Zeitung thätig gewesen. Fr leitete nämlich während de» Jahres I78l die m Stutt gart erschienenen .Nachrichten zum Nutzen und B-rgnügen'. Minor hat jich die Mühe genommen, diesen Jahrgang, der sich in der Stuttgarter Bibliothek befindet, ourchzuseben, und iwar mit besonderer Rücksicht aus die redaclionellc Taäligkeil Schiller'». Im Allgemeinen ist freilich der Eindruck, den diese Zeitung nach Minor'S Schilderung macht, ei» durchaus unerqit'ckl cher. Ci» großer Theil derselben wird ans gefüllt durch Hosnachrichten, di« in einem widerwärtig bombastischen Tone gehalten sind. Besonders der Herzog Karl, der Mkanot- lich sonst nickt eben weder im späteren Leben Schiller'-, noch al» würitembrrgiscber LandeSvater eine glänzende Nolle spielt, wird über:»äß g gefeiert. Jede Wohlkhat de« Herzog», seine Besuche in Juittluten, Schulen und wchllhäligen Stiftungen werden Überschwäi.glich gepriesen, .während »och die Da»k- Altäre der erquickten Armen rauchten'. In einer Ode .auf die glückliche Wiederkunft unseres gnädigsten Fürsten' ent» windet sich ber Dichter folgende Strophen: Der Fürst ist da! — Sagt. Dhäler, e» den Hügeln, Rus's, E de, nrs'S zu dem Olunp empor! Zu ückgesührt aus Eherabmen-Flügela, Zieht er jetzt ela in unser Frrudenihorl Er kammi zurück, bringt Glück für seine Klober Bon Völkern »n' die er gesegnet sah. Der Frühling stiegt voran, je u herrlicher Verkünder, Jciur^t, Bürger jauchztI — Karl uud der Lenz ist dal Doch ist nicht aiizui.ehmen, daß Schiller selbst diese Tiraden ernsthaft nahm. Er nahm überhauvt seine Thätigk-it in dieser Stellung nicht eri sthaft. Wohl hat er sich jedenfalls nicht i» derselben gefühlt, und auch der äußere Erfolg muß sehr gering gewesen sein, da die Zeitung mit dem Ende de« Jahre« l78l zu erscheinen aushörte. NuhtSdestoweniger zeigen sich auch hier die Spuren deü Löwen. In verschiedenen Artikeln, die von Schiller herrübren, sällt die Lebendigkeit ber Darstellung, die dramatische Belebtheit des Ausdruck« vor- tbeiihast auf. Und Minor weist eine ganze Reih? vou Aus sätzen nach, in denen sich die späteren Werke Schiller'« keim- artig angedeutet finden. Besonders die..Räuber" und „FieSco" klingen rn manchen Sätzen und ganzen Auftritte» an Anek dote» und vermischte Nachrichten an, die in den „Nachrichten" erzählt werden. Auch ein freier Geist, der wegen der Censur sich nicht hervorwagen darf, klingt roch hier und da durch. Wer merkt nicht den bitteren Hohn, wenn au» AnSpach unter den» 18 März berichtet wird: Am 4. März wurden au» Anspach die »ach Amerika bestimmten Truppen eingeschiffl. Kurz vor d-ni AuSmarsch hatte diese Residenz da« wonnevolle Entzücken, ihren angebeteten LandeSvater und Regenten im besten Wohlsein von der Reise nach brr Schweiz zukückkomuicn zu sehen." --- Pest, 23. September. Der Kaiser wohnte heute in Begleitung der General»djutanten Grasen Paar und BolsraS vo» Äbnenburg, sowie de« vrulschen und italienischen M litair- altackLS dem Manöver der ungarischen Landwehr bei Monor bei, sprach sich nach Beendigung desselben äußerst aneikcnnend über die Leitung und Leistungen der Mannschaften aut> und kehrte sodann nach Götöllö zurück. Während des Empsange be« Kaisers in Monor gerietli eine von. Publicum dichtbesetzte Tribüne in» Schwanken. Der Kaiser stieg erst wie-cr zu Pferde, nachdem er sich überzeugt hatte, baß kein Unfall zu besorgen sei. Ar« Ulllq fir erscheint mit dem heutigen Tage und gelangt an der Caffe meines Geschäftshauses kostenfrei zur Ausgabe. Nug.
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