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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.06.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-06-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189006279
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900627
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900627
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-06
- Tag 1890-06-27
-
Monat
1890-06
-
Jahr
1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.06.1890
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4200 die nicht gerade «l» ßeifillig bezeichnet werden kann. Er »bat diese Aeußerungeu zu einer Deputation au- Cassel, und wir entnehmen über dieselben Folgende- dem Berichte de- „Casseler Stadt-Anzeiarr-", dem wir allerding- die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit überlassen müssen: Am interessantesten, weil von aktueller Bedeutung, waren de» Fürsten Aeußerungen über den deutsch-englischen Vertrag. Auch Fürst Bismarck findet, daß England seinen Vorthcii sehr gut zu wahren verstanden hat. In den Kreisen der Colonialschwärmer (zu welchen er sich ja nicht rechne) werde da» Abkommen wohl sehr arge Verstiinmung Hervorrufen. Namentlich mißsöllt dem Fürste» das englische Protectorat über da» Sultanat Zanzibar. Zunächst >oar werde England den hambargischen Kausteuten, welch« iin Sultanat ansässig sind, große« Entgegenkommen zeigen, aber da» lverde wohl nicht all»» lange dauern; dann werde sich England dieser deutschen Elemente schon bald genug zu entledige» wißen, lieber den Werth Helgoland» könne inan streiten. Es habe ja immer schon zu den Desiderien deutscher Patrioten gehört, dies« Insel in deutschen Besitz wieder überzusuhren, und man könne darüber, was als Pres» einer solchen nationalen Forderung zu gewähren sei, verschiedener Meinung sein. Da» lasse sich nicht so absolut genau festste llen. * lieber den neueo preußischen Finanzminister schreibt dir „Nationalliberale Correspondenz": Die Ernennung de- Herrn Miguel »um Finanz- mini ster hat allenthalben, auch außerhalb de» Kreise» seiner Partei- genossen, die Ermattung hervorgerufen, daß wir an einer der wich tigste» Stellen der inneren StaatSverwastnng, die alle anderen Gebiete in entscheidendster Weise mit berührt, vor einer Aera srucht- barer Reformihüttgkeit und reger schöpferischer Gedanken stehen, und diese Aussicht ist um so erfreulicher, je mehr e« daran gerade an dieser Stelle in den letzten Jahren gefehlt hatte. Wer die lebhafte, energische, an Geist und Ideen reicht, nach den verschiedensten Rich- !::ngen anregende Natur de« neuen Minister» au» seiner langjährigen paUaiiieiitatttchea »ud sonstigen öffentlichen Thätigkeit kennt, der wird dir lwhen Erwartungen begreiflich finden, die au diese Ernennung geknapst werden. Die Dinge in auSgrfohrenen büreaukrotischen Glei'e» weiter lausen »u lassen und nochwendige Besserungen zu ver- lagen, wenn etliche Hindernisse sich zeigen, den Schwierigkeiten aus dein Wege zu gehen und ihre Beseitigung der Zukunft zu über- la seil, mit Augenblick-au-künsten und Fliikarbeiten sich zu begnügen, wo nur entschiedene», zielbewußtr» Handeln nutzen kann, da» ist nicht die An de» Staat-manne», den de- Kaisers Vertrauen soeben ans einen der wichtigsten und verantwortlichsten Posten gestellt hat. Wo immer Herr Miguel bishkr in kommunaler, parlamentarischer, gemeinnütziger Thätigkeit hervorgetreten ist, hat er tiefe Spuren seiner schöpferischen, in seltenem Maße praktisch« Kenntnisse »nd Ersabninae» mit idealen Bestrebungen und Anschauungen verbin dende» Wirksamkeit htntettassen, und mau darf sesl vertraue», daß dies auch auf seinem neuen größeren Arbeitsfeld der Fall sein wird, wo eine energisch anregend« schöpferisch« Kraft nach Len verschiedensten Richtungen hin so nothwendia ist. Man wird erwarten dürfen, daß fortan der Finanzminister wieder diejenige Stellung iin preußischen StaatSwesen einnimmt, die er in den leisten Jahren mehr und mehr eingebüßt hat, daß ein fester Plan für dirse Verwaltung ausgestellt wird und daß der innere ZilsainiiieniMig zwischen dem Finanzwesen im Reich und dem größten Bnntctstaat in ersprießlicherer Weise geordnet wird als es zuletzt der Fall war. Air wollen nicht versuchen, nach dem bisherigen öffentlichen Auftreten Herrn Miquel'S di« Grundzüge seiner künf tigen ministerielle» Wirksamkeit zu entwerfen; er selbst wird es daran nicht sehlen laßen, sobald er sich in dem neuen Amt einge richtet Hai. Seine Bergaugenheit und sein in langjähriger öffent licher Tdätlgkcit erprobter polllischer Charakter sind »ns Bürge, daß es nur etue »mßvoll und besonnen fortschreitende, die Nesormbedürf- »isse einer neuen Zeit und Entwickelung ebenso wohl wie die Vor züge beioährier bestehender Einrichtuiiaen berücksichtigende Politik sein kann, die wir von dem neuen Raktzgeber der Krone zu er- ivarleu haben. * Ein Mitglied de- Borstandes der Berliner Abthei- l»ng der Deutschen Colonialgesellschast schreibt der „Post" in Sachen de- Wissmann-CommerseS. Er weist mit vollen« Rechte die Insinuation ab, al« hätte der Beschluß, den Eonimer- ausfallen zu lassen, eine Spitz« gegen Herrn v. Wissmann gehabt, zumal, schreibt er» „da der Colonialgesellschast wobl bekannt war, daß der Herr ReichS- eomniissar ebensowenig wie andere Sachverständige und Inlcrcsseiitcn uni ihre Ansichten betreff- der Hauptpnncte dc- ÄbkoiniucnS befragt worden sind. Vielmehr habe die Be fürchtung den Ausschlag aegeben, daß e- unmöglich sein würde, dem Feste den ausschließlichen Charakter einer Frier der per sönliche» Verdienste Herrn von Wissmann'» zu wahren: Bei einem von 2500 Personen besuchten Feste, zu welchem nicht weniger als 600 Einladungen an Ehrengäste, darunter die Spitzen sämmilicher Behörden und andere osßcielle Persönlichkeiten, zahl- reiche Reich: iagsmltgllcder u. s. w. ngangen waren bezw. ergehen sollic», schien es bei der herrschenden Stimmung nicht möglich, die Garantie für de» progromminäßigen Verlaus oeS Festes bezw. die Perhülnng peinlicher Zwischenfälle zu übernehmen. Aber auch hiervon abgesehen, würde die Feier unter dem peinlichen Eindruck des jüngsten deutsch-englischen Abkommen- gestanden baden, welche», wie auch die geschäftlichen Folgen für die Deutsch-Lslasrikanische Gesellschaft in der nächsten Zeit sein mögen, zahlreichen wahlberechtigten Hoff- uuiigen der deutschen Cqjonialsreunde ein End« gemacht hat. ES war deshalb besser, eine öffentliche Feier zur Zeit hier überhaupt ,z» unterlaßen. Welch herzliche Anerkennung de» Verdiensten Wiss- iiianil's gerade in den Kreisen der Deutschen Colonialgesellschast entgegengebracht wird, wird sich bei der bevorstehenden General versammlung in Köln zeigen, wo ähnliche Bedenken wie hier nicht obwallen. * Der „Pfälzer VolkSbote" schreibt: Die Führer der Nationalliberalrn in Kaiserslautern beabsichtigen, a» den Fürsten Bismarck die Anfrage zu richte», ob er eine ReichStagScandidatur für Kaiserslautern- .Kirchheimbolanden annkhmcn wolle. — Das Mandat wird bekanntlich durch Herrn Dr. Miquel'S Ernennung frei. * Ein Blatt der bayerischen intransigenten CrntrumSpresse macht der bayerischen StaatSregirrung den Borwurf, daß sie ihren Einfluß aus die auswärtige» An gelegenheiten des Reiches so wenig wahre, daß nicht einmal der Paragraph der Reich-Verfassung, welcher von der Bildung eine« Ausschusses für die auswärtige Politik im Buntesratbe unter Vorsitz Bayerns spricht, in Kraft getreten sei und erwartet vom nächsten Landtage eine diesbezügliche Iiilcipellation a» die Staatsregierung Wir könne» bierz» »ach Insormation an zuständiger Quelle versichern, daß der Ausschuß für auswärtige Politik im BundeSrath unter BancrnS Vorsitz besteht und alljährlich neugewäblt wird. Ein öftere« Tage» de« genannten Ausschusses erscheint deshalb unnötbig, weit das Auswärtige Amt die BundeSregicrnngcn über die auswärtigen Angelegenheiten auf telegraphischem Wege völlig ans dein Lausenden hält. Es bekundet eine höchst geringe Dosis von Vertrauen zu der bayerischen StaatSregierung, wen» das intransigente CentrumSdlatt vermutbet, Bayern, bas im Ernstfälle mit zwei ArmeecorpS engagirt ist, entbckre jede» Einflussc- auf den Gang der deutschen Reich-Politik. Tie angedroblr Interpellation im bayerischen Landtage wird dabcr la»m einen anderen Verlauf nrbmen, als eine ähnliche in den achtziger Jahren. Damals wurde im Landtage seilen der bayerischen StaatSregierung die oben citirtc Antwort gegeben, womit sich die Kammer begnügte. Zwischen damals und beute aber erscheint keine irgendwie nennenSwertke Ver äiidernng der Lag« und scheint da- EcntrumSblatt sein Pulver nach dieser Richtung wobl umsonst verschossen zu bade». Vielleicht ist il,m der ähnliche Vorgang in den achtziger Jahren unbekannt geblieben. * Ein Telegramm der „Neuen Freien Presse" an-Sofia erklärt die Vlaitermcldung, Prinz Ferdinand babc sich nach Wie» begeben, für vollständig unbegründet Der Prinz bcsindet sich auf einer »«ilitairrschen InspectionSreise im Lande * Al» Prinz Ferdinand am TonnerStag aus dem RegiernnaSdampser „Kroum" von Nustschnk aus eine Fabrt ans der Donau unternabm. schlua während eine» Gewitters der Blitz in den Mast de» Schisw-. Der Prinz, welcher sich gerate einige Schritte von dem Mastbaum befand, blieb un beschädigt. — Prinz Ferdinand wurde am Mittwoch in Eistowo erwartet, wo der Ministerpräsident Stamdnlow bereit- «m- -etrossen ist. * Die Verwaltung der Stadt N«» befindet fich i» einer sehr mißlichen Lage. Dir klerikalen und krhptoklerikalen Elemente dieser Versammlung hatten geraume Zeit hindurch arg gewirlhschaftel, bi- Nr den Schauplatz ihrer Thätigkeit verlassen »oißten. Die letzten Municipalwahlcn sind dann bei recht schwacher Betbeiligung im liberalen Sinne aus gefallen. Noch siud dir Schwierigkeiten in Aller Erinnerung, welche dem Plane, auf dem Eampo de Fiori ein Denkmal für den Märtyrer der Gewissen«- und Lehrfreiheit Giordano Bruno zu errichten, von Seiten der offen oder heimlich kleri kalen Elemente de- römischen Gemeinderatbe« gemacht wurden, bis der Eonseilpräsident EriSpi durch sein entschiedene« Ver halten die Lösung dieser Denkmalfrage herdciführte. Die gegenwärtige BaukrisiS in Rom ist denn auch keine«wegS durch die Vuzzurri verschnldet; vielmehr kommen dabei ganz andere Ursachen in Betracht, die jedoch nicht verhinderten, daß die Regierung sich gewillt zygte, zu Gunsten der Stadt Rom zu interveniren. Diesem Zwecke soll der soeben im Parlamente cingebrachte Gesetzentwurf dienen. Nach den in den italienische» Blättern vorliegenden Meldungen wurde angenommen, daß die Lösung der römischen Mnnicipalkrisiö bis rum AuSgange der parlamentarischen Debatte über den erwähnten Gesetzentwurf vertagt werden würde, znmal da die Dep»tirlc»ka»»»er für die Berathung de« Entwürfe« die Dringlichkeit beschlossen bat. Der „Nationalzeitnnb" geht nun nachstehende Meldung zu: „Rom, 25. Ium. Der Sindaco (Bürgermeister), die Giunta (der Ausschuß) und zahl reiche Mitglieder de« diesigen Gemeinderatbe- wollen, un zufrieden mit dein Gesetzentwürfe für die Stadt Rom, ihr Amt niederlcgen." * Die Politische Correspondenz" bringt heute zwei Aeußerungen zu dem deutsch-britischen Abkommen. Die eine stammt ans Nom und rcsumirt sich wie folgt: Indem die Quelle von Mißhelligkeiten zwischen Deutschland und England aus afrikanischem Boden verstvpst ivurde, sind die beiden Mächte auch im Hinblick aus di« europäische Conftrllation einander näher gerückt, und da» bedeutet für den Dreibund und die durch denselben verknüpften Mächte rtueu Gewinn und eine weiter« Gewähr für La» Ziel diese- Bunde«: die Erhaltung de- allgemeine« Friedens. Sehr bemcrkcnSwcrth ist die Moral, die man in Paris aus dem Abkommen zieht: Frankreich wird auS dieser Ersahruug die Lehr« ziehen, daß e« ich ebenfalls in seiner Politik überall, spcciell in Tunt«, auS- chließltch von seinen eigenen Interessen leiten lassen soll uud sei» Hauptaugenmerk auf die Vermehrung seiner Streitkräste zu Wasser und zu Land« bi- an di« äußerst« Grenz« der Möglichkeit richten muß. Ein Eorrespondent der „Kölnischen Zeitung" glaubt An gaben über die ComprnsationSansprüche Frankreichs wegen Zanzibars machen zu können. Er schickt voran-, man ei in Paris immer noch in Sorge, daß das Abkommen geheime Clauscln enthalte, und bemerkt dann: Man wird sich hier ^hinsichtlich der Eouipensotivn) um so nach- stebiger zeigen, als man Deutschland, dem man nicht wohl will, für reu Benachlheiligien in dem ostafrikanischcn Handrl hält. Frankreich verlangt als Entschädigung entweder die Neuen Hebriden oder Zu geständnisse in Madagaskar bezw. Tunis. * Das amcrikanischc Repräsentantenhaus lehnte Lmmtlichk vom Senate zu der Silberbill angenommenen Amen dements, einschließlich desjenigen über die freie Ausprägung von Silber, ab. Die V»ll wird nnnmehr an den Senat zurlllkgehc» mit dem Anträge, ein aus Mitgliedern der Kammer und des Senat- bestehendes Comitb zur weiteren Berathung der Frage zu ernennen. * Wir Iheilten jüngst mit, daß Herr von Kose ritz, der dentsche Monier in dem Staate Rio Grande do Sul in Brasilien verstorben sei. Wie cS scheint, ist die- jedoch nicht der Fall, wenigstens enthielt die heule bei uns ein- gegangrne „Koseritz' Deutsche Zeitung" vom 17. Mai eine redaktionelle Notiz, nach welcher von Koseriy für sein ruhige», aber sreimttlhiges Anslreien von den „freien" Republikanern dingfest gemacht Worten ist und eingcspcrrt gehalten wird. Die aus die Verhällnisse dieser freien Republik ein be zeichnendes Schlaglicht werfende redaktionelle Notiz kantet: „Herr von Köstritz, der Redakteur dieses Blatte», ist in PedraS BrancaS, wobin er sich mit seiner Familie sür einige Zeit zum Zwecke der Erholung zurückgezogen hatte, sestgenommen worden »nd wird daselbst von jeglichem Verkehr abgeschlossen gehalten; er ist in Folge dessen selbstredend augenblicklich verhindert, die Redaktion dieser Zeitung sottzusuhren. Herr I>r. Ludwig, den wir gebeten l-aden, die einstweilige Vertretung zu übernehmen, hat sich sreund- schastlichsl dazu bereit erklärt. Politische Artikel müssen bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge selbstverständlich ausgeschlossen bleiben, wenn das weitere Erscheinen der >se>tung nicht in Frage gestellt werden soll. Die Redaktion muß sich aus Relation der Tkalsachcn beschranken, ohne selbst Kritik zu üben; sic wird sich aber beiniihen, ei» möglichst vollständiges Vild zu geben, lieber da« Schicksal des Herrn v. Köstritz haben wir trotz ausgewandter Mühe nichts Bestimmtes in Erfahrung bringen können; >ede»salIS bitten wir in seinem Interesse alle seine hiesigen und auswärtigen Freunde, die weitere Entwickelung ruhig abzuwarlen. Herr v. Kojeritz konnte an den betrübende» Ereignisse» des 13. Mai in keiner Weise betheiligt sein, da er sich in PedraS BrancaS Dank der Mangel- haste» Verbindung mit Porto Alegre in völliger Unkenntnis, der hiesigen Verhält»»,e befinden mußte. Wir glauben deshalb bestimmt aus seine baldige Freilassung rechnen zu dürfen." Dies« Freilassung war bis zum 2l. Mai nicht erfolgt. Reichstag. 26. Sitzung vom 25. Juni. (Ausführlicher Schluß zu dem gestrigen Berichte.) Krieasininister v. Verdy d» Bernois: Ick, will zunächst an Da» anknüpsc», waS der Herr Vorredner (Bebel) in Bezug auf die Armee gesagt hat: nämlich, daß der Soldat nicht als Mensch de- trachtet wird. ES wirst ein rigenthümliches Licht aus die Verhält nisse, daß in, Reichstage rin solches Urtheil über unsere Armee ge fällt wird (Sehr richtig! recht» ) Für mich ist c» der Beweis, daß die Vertreter der socialdemokratische» Partei, die in breiten Schichten des Volke» Fühlung haben, in der Armee keine Fühlung habe». Was sie dort haben, das ist, was unlrr einer Maße von einer halben Million iinmer vorhanden ist, die Unzufriedene», NichtS- nutzigrn (Unrube linksst Diejenigen, welchen auch Unreck,t gescheken ist, was ii» Lause der Dinge in einer so großen Organisation natürlich ist, das, nicht iinmer nach Recht und Sitte verfahren wird, das ist Ihre Dvinaine. «Beifall rechts.) Wer die Armee kennt, wird wisse», daß der Ofsicier wadrbastig ein Herz sür seine Sol- dalc» hat, und auch der Soldat weist, daß der Ossicier ein Herz sür seine Beschwerden hat und sür ihn sorgt. Es ist behauptet worden, die Zahl der Selbstmord« Hab« sich in bcdenNicher Weise erhöht Ich bitte doch, bei so schwerwiegenden Anschuldigungen mit richtigen Zahlen zn rechnen. Nach einer mir vorliegenden Liste von l8>Zl bi» 1889 betrug die Zahl der Setbstmorde iin Jahre I88l 0,7l, im Jahre >889 6,56 pro Mille. Eine ähnliche Liste können wir in Bezug aus die T odcssälle i» der Armee oufmacheu. Infolge der Umsicht »nscrer Acrzte, der vorzüglichen Einrichtungen und nicht zum Mindesten auch insolgc der Fürsorge der Osficiere sind die Todesfälle in unserer Armee iinmer weiter heruntergegangen, so daß wir in dieser Beziehung die erste Stelle unter ollen Armeen einuehinen. Den von Herrn 2stbe> erwähnten Fall au» dem Regiment EUiabeth kenne ich in seinen Einzelheiien nicht. Sie seden ober: da» Gesetz ist da, greift ei». (Rus bei den Social- deinolentr»: Zu milde Strafe!) Darüber können wir uns in dielen, Augenblicke nicht zum Richter machen, dazu müßten wir die acte», »läiiige Darstellung beS Falles kennen. Ru» ist ferner wieder Elsaß-Loit,ringen erwähnt und dir Meinung ausgeiprochen worden, seine Rückgabe an Frankreich würde neue Rüstungen nnnötkig machen. Meine Herren, Elsaß-Lothringen war tn früheren Jahr- Hunderten stet« das Aussalllhor Frankreichs gegen Dentichtand und würde es auch künftig sein. Tie Bevölkerung aber wurde ihr Con- lingeut zum sranzösilchen Heere stellen, und wir würden unsere HeercSslärke in Folge dessen noch mehr erhöhe» müssen (Sehr richtig!l Nu» ist auch witder die Idee einer Milizarmee ausgttaucht. Man bat auf den amerikanischen Krieg exemplissttrt. Wen« aber einer der kriegführenden Staolen nur den sünsten oder sechste» Tdeil seiner Heeresinasse» als regutaire« Heer besessen hätte, so würde lener Krieg schneller beendet worden sein und vhue die ungeheuren Opfer a» Geld und an Menschenleben, dt« er in der Thal erfordert bat Wo« di« Uaisormirnng anbelangt, s« habe» wir nn« mit dieser Frag« sehr ernst detchökllgt. Ob aber dt» Neuuuifonutrung billiger «erden wird, ist sehr dt» Frag«. Da ich einmal da« Sott hob«, will ich auch noch aus einig« Punttr näher eingehen. Alle Arg», mente, die gegen di« Vorlage vorgedracht worden sind, stützen ,,ch darauf, daß wir dt« Nothwenbigkest »ostver Forderungen nicht nach- gewiesen hätten. Dal ist eia «atz; di« Begründung dafür ist man un« schuldig geblieben. Di« Ziffer, di« nur über die Stätte der ranzüsischen Armee gegeben haben, wirb beanstandet, die zweite Ziffer über das Wachsen der Anne« tu Folge der neuen Organisa tion ist uns schließlich tn der Commission zugegeben worden Die Franzosen sind 300 MO bi- 100 OM Mann stärker als wir. Gewiß legen wir uoch andere Factorea alt di« bloße Truppenzahl in die Waagschale, aber Sie dürfen un« nicht zumuthen, ganz dahinter zurückzublcibeu. (Sehr richtig^ Sonnen wir un- nicht zu sehr an dem alten KrtegSruhm, vergessen wir nicht, daß wir uu Felde mit einer bedeutenden Uebermacht zu läntpscn haben, wir hoben eS mit einem stärkeren Gegner all früher zu thun. Die Sache ist rrust, unendlich ernst! Was wir fordern, ist das Minimum dessen, »va- nöthig ist. Herr Richter hat gesagt, über die 300000 di» 4M OM Man» sehlen uns die Beläge, lieber die Zahl unserer eigenen Truppen können wir bis zum Landstürme genaue Control« üben; bei Len Franzosen fehlt uns diese Einsicht. Aber einen Anhalt ür unsere Vorlage geben die französischen Verhältnisse, soweit ie uns bekannt waren. Wir waren gezwungen, Ziffern zu geben und unsere Forderungen zu sormulirea. Gewiß haben dieselben zunächst iin Lo»d« erschreckt, denn inan war der Ueberzeugung, daß wir mit unfern Rüstungen fettig wären. Wir waren aber auch nicht wenig über da» französische Wehrgcsetz bejrcmdct. Wir hoben Ihnen unsere daran» hervorgeheuden Cr- waguagen niitgetheilt und Ihnen offen di« Lage geschildert. Wenn wir da» thaten, so halte» wir die Ueberzeugung, daß wir btt weiterer Verschiebung der Forderungen nicht Mttel und Wege finden würden, ans der Lage herauSzukommen. Ich hatte in der Commission die Aeußernng gethan, daß wir unS vielleicht auf die allgemein, Wehr- Pflicht nach den Scharnhorst'schcn Vorschlägen würden zurückzichen müssen. Inmitten der DiScusston kamen dann 14 Tage, die zu der lebhaftesten Agitation ii» Lande benutzt wurden. UnS NX» es nicht möglich, in gleicher Weise zu anlworten, denn in der Polemik wäre man bald an einen Punkt gekommen, für den man das Beweis- material nicht veröffentlichen konnte. Damals war also die Be- wegung natürlich, aber gleich am ersten Tage deS Wiederzusammen- ttttle-der Commission konnte ich «ittdeiten, daß wir die Conse- quenzcn aus meiner Erklärung nur so weit ziehen würde», als es ich uin eine Verschiebung der MachtverhäUnisje handeln würde, daß aber die volle Ausnutzung der Wehrkraft aus ein Mensck)«iialter hinaus nicht erforderlich sein würde. Ich will noch bemerken, daß die Grundlage ür die Vorlage da» französische Wehrgesetz gewesen ist, ivelcheS in der ranzösijchen Kammer mit einer Mehrheit von 200 Stimmen angenommen wurde.. (Hört, hört!) Allerdings hat diese Grundlage einige Aen- derungen bei uns erfahren. DaS französische Gesetz zieht in rigo rosester Weise Alles zur Ausbildung heran, während daS unsere aus einer humanen Basis beruht. WaS die Zukunslsplänc anbetrifft, so bitte ich Sie, da Sie ja bei jedem einzelnen Schritte mit herau- >ezoge« werden würden, etwas zur Beruhigung über diese Pläne »ttzutragen. Keinesfalls sind Eie durch Annahme dieser Vorlage weiter gebunden, wen» wirklich noch neue Vorlagen kommen sollten. Ich komme nun zu dein Gebiet« der Coinveusalionen. Jcdeiisalls wtrd jeder Einzelne der mehr zu entlassenden 6000 Dispositious- Urlauber diese Entlassung al» Erleichterung empfinde». Sie ver langen die zweijährige Dienstzeit und werten dafür in die Waag- chale den Wunsch des Volkes, mit Sicherheit zu wissen, daß der Einzelne in zwei Jahren entlasse» wird. Wir werfen in die andere Waagschale die Thalsache, daß wir, da die Präsenzstärke nicht ver- mindert werden kann, bei zweijähriger Dienstzeit 25 OM Mann ährltch ncehr eiuzichen müßte», welche jetzt nicht zu dienen brauchen, erner die Erhöhung der Kosten, die immerhin eine neue Belastung bilden würden. Weiter Wersen wir in die Waagschale, was wir durch daS Studium der Geschichte und durch eigene Erfahrung kenne» gelernt haben, und wir tominen zu dem Resultat, daß unsere Waagschale schwerer ist als die Ihre, daß wir zur Zeit dt« zweijährige Dienstzeit nicht cinsühren können. Wir md stet- mit dem Gedanken beschäftigt, wie eine Entlastung möglich sei. Erst vor vier Jahren ist an sämmtlich« Eorpr- und Regmients-Commandeure eine Anfrage wegen Einführung der zweijährige» Dienstzttt gestellt worden. Ucbcr 240 Berichte sind nnS zugegangen und darunter hat sich nur einer für die Möglichkeit einer zweijährigen Dienstzttt ausgesprochen. (Hört, hört! rechts.) Ich bitte, doch den Werth de« UrtheitS dieser Männer nicht zu unter- schätze», die ihre Leute im Felde geführt und de» Nutze» der Aus bildung iu der Praxis kennen gelernt haben. (Sehr richtig! rechts.) WaS nn» die Beiuerkuugc» über di« französische Artillerie betrifft, so liegt ja hier gar nicht der Schwerpuntt der Vorlage, vielmehr darin, daß wir eine größere Anzahl Leute ausbitde» müssen. Mein Herr AmtSvorgängcr lwt auch nicht erNärl, daß für die Zeit des SevtennatS keine Veränderung im Heere stattfinden würde, vielmehr nur, daß man dies wünsche, daß aber andere Ansichten nicht aus geschlossen seien. Wir sind jetzt der Ansicht, daß wir dos Heer ver- stärken müssen. Wir haben heuic 30106 Mann Fttd-Anilierie, die Franzose» über M000. Ebenso sind ihre Bespannungen bedeutend zahlreicher als die unseren. Ich beschränke mich daraus, uvchnials die Nolhweudiakcit der Vorlage zu betonen. Wie ich die» de» Gegnern derselben einleuchtend machen soll, weiß ich freilich nicht. In der Commission ist die Ansicht ausgesprochen worden, bei dieser o wichiigen Vorlage handle cs sich in» eine Xraslprode. Hier stehe» größevc Zwecke aus dem Spiele. (Sehr richtig!) — Daß Wünsche und Ansichten bei dieser Vorlage ausgeiprochen worden, ist ja natür- lich Darum aber bitte ich, die Vorlage nicht zu einem Handels artikel zu machen. «Lebhafter Beifall.) Abg. Frhr. v. Man teuf scl (dcons ): Herr Bebel bat behauptet, unsere Infanterie habe sich mit ganz junge», sehr tüchtigen sranzösi- schen Milizlruppen geschlagen und dies« hätten sich bewährt. Das ist nicht der Fall. Gerade wo wir den jungen Truppen gegenüber, gestanden baden, hatte» diese die lleberzahl; sie wurde» trotzdem be. siegt »nd hatten außerdem kolossale Verluste, weil sie die Strapazen nicht ertragen konnten. Ucberhaupt war die gairze Organisation deS sranjüslschcn Heeres damais nur möglich, weit sic sich um einen Stamm von alten Truppe» hcruui kttylallisircn konnten. Das einzige Moment, daS mir in .Herr» Bebet'ü Rede sympathisch war, war, Laß er die allgemeine Abrüstung für unmöglich ausieht. Im Nebrigen tiefen seine Darlegungen daraus hinaus, daß er sagte: Frankreich ist nicht unser Gegner, sondern Rußland — und deshalb brauchen wir keine Verstärkung. Wir sollte» unstr Elsaß-Lothringen zuttick- aebcu. Ich möchte daraus bemerken, daß wir längst einen Krieg hätten, wen» wir nicht im Besitze von Elsaß-Lothnngen wären. Die Franzosen würden iin Bestreben, ihre Gloire wieder herzustelle», auch ohne den Verlust Ellaß-LothrinaenS de» Krieg mit »ns a»gesa»gen haben. (Sehr richtig! reckits.i Wcw die Vorlage antangt, so sind wir der Ansicht, Laß das Minimum dessen darin verlangt ist, was wir zu unserer Wehrfähigkeit dringend bedürfen. Wenn der Herr Abg. Rickcrt u»S Conservative sür ein« unberechtigte preußisch« Eige»- llUimlichkcit ansicht, so hat er doch zu unserein Tröste gesagt, es sei dies seine Ansicht, wodurch allerdings der Werth der Aeußernng sehr erheblich eingeschränkt wird. (Heiterkeit.) Auch Herr Gras von Mottke besitzt die unberechtigte Eigenthümllchkeit, konservativ zu sein (Heiterkeit«; ebenso Hoden wir verschiedene Süddeutsch« unter un», und wenn die Herren Freisinnigen weiter gegen die Kornzölle agitiren, werden wir bald wohl noch mehr Bauern in unsere Reihen auftichinc» können. Je niehr man die Laiidwirthschaft ziirückdrängt, um so weniger Proccnt der Wehrfähigen kann sie produciren. Ich glaube nicht, daß wir durch eine Reichsttnkoinmenstcner die Schutz zölle entbehrlich machen können, vielmehr sckieint mir eine Börscn- steuer dazu geeignet. (Sehr null recht» s Bei seinem Exeinpcl von der größeren Belastung de» deutschen Steuerzahlers gegenüber dem sranzöslsckie» bat Herr Rickert die sranzösiickien Schutzzölle ganz außer Rechnung gelassen, »nd das würde di« Zahl ganz ander» gestalten, («ehr richtig! rechts.) Die voraussichtliche Mehr belastung um 60 Millionen Mark hat nur zum geringsten Tdeil mit den Militairfordernngen zu thun. Viel mehr Witten darau die Erdöhiing der Bcaiiitciigekätter und andere Factorcn ein. Was die Compensatio»«» aubelangi, so sind die Tispositions-Beuriau billigen nicht so geringwerthig, wie sie daraestellt werden. Trotz der Anssührung de» Abg. Richter, daß diese Beurianbiingen gerade dir verhaßte dreijährige Dienstzeit iiiilerslützten, bat Herr Rickert erklärt, sein, Pattei werde sür die Resolution Windthorst stimmen, iu der die Vernicdrung der Königsurlauber gefordert wird. Dat ist ein Widerspruch. Wir bade» schließlich nicht die Empfindung, al« ob diese Vortage eine Berechtigung dazu bietet, eine Verkürzung der Dienstzeit eintrete» zu lassen. Die Wehrhaftigkeit de» Reichs bedingt diese Vorlage, und deshalb bitten wir um deren unveränderte A» nähme. (Lebhafter Beifall recht» ) >bg v SomierowSki (Pole): Nachdem un» von autoritativer Stell» wiederholt die Vorlage gerechtfertigt worden ist, trat an nnS die Ausgabe heran, die Frage genau zu erwägen. Wir sind in den östliche» Provinze» finanziell nicht glänzend gestellt und in politischer und religiöser lileziehung oft gedrückt. Trotz- dem werden wir für die Vorlage ttntrrten. (Lebhafter Beifall im Centrum und recht« ) Wir nwllen nicht die Schädigung de- Reiche- (Bravo I recht« ) Wir find oft oerteumdtt worden, auch von der osfieiöien Press«: deshalb wvlrn wir aber doch »n< ntcbt Phallen lassen, uaiere Pflicht za thna. Wir find immer in »nserer geschichtliche» Eniwtcktt»ug für Dhron «nd Altar «tngrtreten. Vravay Wtr hofft, von Seiner Mccjefi-t hi» Kats«, daß » «a dafür seine schirmend« Hand über dem bedrängte» Volke halte«, werde. Wtr werde» t« Interesse der Beruhianng des Volle« die Resolutionen unterstützen. Wenn wir a»ch ui« da- Schlachtfeld ge. cheut haben, so glaub« wtr doch lttoe-weg» na» Mchaeud -egen di« Idee« einer FttedeuS-Tonsrreuz verhalte» zn dürft«. Ich schließe mit den, Hinwtts auf da« Wort de« Herrn Reichskanzler«, daß mau di« Vorlage möglichst eimnüthig annehmen möge. Da wollen auch ' unser bescheidene« Scherslrt» dazu bettrage». (Beifall.) Wenn er Absichten nicht verstand«» werden, und sich kein Etnversttad- ntß zwischen der Regierung u»b den Polen erziele» läßt, so ist da« nicht uasere Schuld. (Levhafter Beifall im Leutrum und btt de» Polen.) Dir weiter« Berathmcg »Kd vertagt. Die Bevölkerung Leipzigs. * Nach dem statistischen Berwaltuog-bericht vom Jahre 1888 wurde dir Einwohnerzahl der alten Stadt für den 1. Januar 18S0 auf 187 70t Einwohner berechnet, mit Anarr-Crottendorf und Reudnitz auf 215S87, die inzwischen einvezirkten Ostvororte aus zusammen 42 S8S, die Nord vororte auf 24 621, die noch nicht eiobezirkten Wrstvororte auf 35 239 und die Südvororte auf 9l9l, sodchß sich eine Einwohnerzahl für daS zukünftige Leipzig nach der Berechnung vom genannten Tage von 327 427 Einwohnern ergab. Reben diesen Berechnungen ist aber auch eine Schätzung verge- nomuien worden, wrlche allerdings ein wesentlich höheres Eracbuiß zeigt. Nach dieser Schätzung de- statistischen Amt«, welche der Wahrheit am nächsten kommen dürfte, wenn mau die Bauthätigkeit auS einigen Vororten seit 1885 in Betracht ieht, wurde die Einwohnerzahl aller vorstehend inbegriffenen Irtr für Ende 1889 auf 354 5kl geschätzt. E« würde dann Leipzig die zweit- oder drittgrößte Stadt Deutschland- sein (1885: Berlin l,3l5 287, Hamburg 305 690, Bre«lau 299 640) Geboren wurden io Alt-Leipzig (WaS bei diesem Bericht nur in Frage kommt) im Jahre 1888 männliche (rhel.) 2222, (unehel.) 534, weibliche (ehel.) 2049, (unchel.) 50? Kinder, davon verstärken mänokiche 3lO (edel. 222, unehel. 88), weib liche 285 (ehel. 207, unehel. 78). Auf de» Zeitraum vom l. De- cember 1885 bi- 31. December 1888 kommen in-gesamml Geburten 16 494, Kindersterbefällc 3064 Insgesammt fanden im Jahre 1888 statt 1755 Eheschließungen, 53 l 2 Lebend geburten, 221 Todgrburten, 3426 Sterbefalle. Eine ander« auf die Leipziger Bevölkerung bezügliche Spccialkrage ist jüngst wieder ausartaucht; eS ist die nach der Zayl der Selbstmorde. Bekanntlich zeichnet sich da« Kvnigreich Sachsen vor allen anderen Ländern durch eine iibera»- hohe Selbstmordziffrr auS. Während aus 1 Million Einwohner durchschnittlich jährlich Selbstmord« Vorkommen in Italien 38, England und Wale- 69, Norwegen 71, Belgien 78, Schweden 9l, Bayern 100, Oesterreich l30, Preußen 152, Frankreich lKO, Württemberg 169, Baden 2l4, Schweiz 255, entfielen im Königreich Sachsen auf eine Million Einwohner Selbstmorde im Durchschnitt der Jahre 185t—55: 245^,; l856—60: 246§; I86l —65: 263^; 1866 — 70 : 296^; 1871 — 75: 267,; 1876 — 80: 387^,; >881—85: 390.,; >886 — 88: 33?/,. Die Tabelle des Bericht-, welche einer zufälligen äußeren Veranlassung die Entstehung verdankt, zeigt nun, daß die sächsischen Durchschnitte von den Leipziger Zahlen noch wesentlich übertroffen werden. DaS um das Jahr 1880 Kerum liegende Maximum scheint aber hier wie dort über schritten zn sein und eine kleine Verbesserung dieser traurigen Verhältnisse sich auzubahnen. Di« Selbstmord-Tabelle für Leipzig ergirbt männlich weiblich ,»s. UNAL Durchschnitt 1832— 40 10,44 1,88 » 184l— 50 ? ? » 185l — 60 17,10 3,50 » I86l— 70 23,90 4,60 - l87l— 80 38,90 13,10 - l88l — 1888 51,12 17,50 12^3 ll- 20.60 28.50 52.- 71,62 258,93 183.35 292,06 3 l 9.53 402,72 433,39 Die höchste Ziffer zeigt das Jahr >880 mit 80 Selbst morden von 543,lS auf 1 Million Einwohner. Museum für Völkerkunde. Die rumänische Nationaltracht, so einfach sie ist, so kleidsam ist sie auch. Ein schöne» Stück, von ganz besonders malerischer Wirkung hat da» „Museum für Völkerkunde" soeben von Sr. Majestät dem Könige von Rumänien zum Geschenk erhalten. Tie runiänische Nationaltracht findet man nicht nur im Königreich Rumänien, sondern auch noch i» Siebenbürgen und im südlichen Ungarn, und zwar im Banat, zwischen Theiß, Maros und Donau, wo der Zahl nach die Rumänen die Hauptbcvölkerung bilden. Ein Rumäne und eine Runiänierin in ihrer Nationaltracht ist ein Herr- licher Vorwurf skr einen Maler. Trotz der elenden Nahrung, meist au» Mamaltga, einem Brei au- Maismehl, der italienischen Polenta ähnlich, Malei, dem trockenen MaiSbrod«, Zwiebeln. Schafkäse und Milch bestehend, sind die Rumänen im Ganzen genommen schöne Leute. Ihre Größe ist eine niittlere, der Wuchs dabei ziemlich schlank und leicht, die Züge, stark markirt. wobei das dunkle Colorit noch vorlheilhast wirkt, find meist schön und aus- drucksvoll: d!« Nase ist gebogen, die Stirn mäßig hoch, der Mund sein, die Augen sind dunkel, das Haar ist lang und schwarz. Heber dem ganzen Gesicht lagert aber ein schwermüthiaer Zug. Ganz be- souder» treten diese Eigenschasten deS Körpers bei den Frauen her vor. Die Rumämcrinncn, und zwar nicht nur die der höheren Stände, sind in ihrer Jugend meist von großer Schönheit, zählen zu den rttzendsten Erscheinungen ihre» Geschlecht- und zeichnen sich, ob hoch oder niedrig, stets durch eine angeborene Grazie aus. So sagt de Gerando: „Die Ralachischen Bäuerinnen haben oft den eigenlhüm- lichen Typus, den man bei den italienischen Frauen findet. Wenn man sie die Hügel ersteigen sieht, während sie mit strenger An- muth ihre Vasen von etruskischer Form wagen, so denkt man uu- willkürlich an antike Slawen." Die Bäuerinnen verblühen nur sehr schnell in Folg« der harten und schweren Arbeit, die sie verrichten müssen, während die Männer in süßem NichtSthu» ihre Tag« hinbttngen. „Die Faulheit des Walachei, ist der de- Lazzaroni alenh", bemerkt de Gerando. Sie haben wenig Bedürfnisse und de- friedigen sie mit nicht viel Mühe. Während der Walache sich einen, bewuiideruimSwürdigen iar nievt« hingiebt, zeigt die Frau dagegen di« größte Thätigkeit. Sie arbeitet sich ab, sie verrichtet nicht nur die Hauswitthschast, sondern sie ist auch bei der Bestellung des Feldes mit thätig, sie säet und erntet mit dem Manne, wobei ihr oft der Haupianlhetl an der Arbeit zusällt, während der Mann, im Schatten eines Baume» oder der Veranda seine« Hause« aus dem Bauche liegend, ausruht. Und wenn die Besorgung ihrer Witth- schasl die rumänische Bäuerin nicht in Anspruch mmmt, dann spinnt sie, sogar im Sehen auf der Straße, oder stickt kunstreich« Hemde», wie wir ein solche- von besonderer Schönheit in dem königlichen Geschenke sehen. So ist, was die rumänische Bäuerin an Kleidungsstücken an sich trägt, ausnahmslos das Werk ihrer eigenen Hände. Wie sie sich ihren Flachs selber bereitet, so färbt sie auch die ihren Schafen enl- nominent Wolle selber; aus dem eigenen Gespinuste webt sie dann das Zeug, au» dem sie die Kleidung sür sich, ihren Mann und ihre Famitie fertigt. Di« Fraueutracht ist im Wesentlichen überall die gleiche und sür die RumLnierinnen charakteristische; zwar zeigen sich an den verschiedenen Orten in der Form und Farbe der ein- zelnen Kleidungsstücke Verschiedenheiten, doch bleiben diese au sich dieselben. Das HauptklttdnngSstück der Frauen ist ein lange-, leinene- Hemd, auf Rumänisch eamun» genannt, da« am Halse eng „„liegt und bi« zu den Knöcheln heradrttcht. Meist ist eS an den Seile», über der Brust und auf den Aermeln tn der verschiedensten Weise bunt gestickt und wtrd dann c»mw>» eu»Itit« genannt; zugleich zeichnet e» sich durch blendende Weiße au», die sehr vottheildasl von der dunkeln Hautfarbe absttcht. Ueber dem Hemd wird dann im Sommer weiter nicht« al» ein vo» und hinten von der Taille ichür.zenartig herabdängendeS Kleidung-stück, dessen Form und Farbe sedr wechselt, gewagen. Diese Schürzen bestellen entweder au« einem Stück bunlgemustertem Wollenstoff, oder sie bilde» einen brttten Gnri um die Hüsten, von «elchen vorn »nd hinten lange Franze» bi« fast an da» unter« End« de- Hemd»- hinabrrtche». Die Muster dieser Schürzen sind je nach de, Ortschaft«», w» sie gewagen werde», sehr verschiede» »nd spielt btt Ihne, Grün, Rotly Blau und Schwarz «ine besondere Roll«, »«btt tt« Farbe besonder« bevorzugt ist. Im Winter wogen dt» Fr«»«, dich sslzartt« Beinkleider »nd hülle, fich tu tt»« »«da ttu«, kurze» Pelzrock — tt». Währeud sie tm Hm«»« dt» Füße «st Schuhe»
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