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ES bedarf wohl »icht erst der besondere» Versichern««, daß vo« Seilen de- Polizei-Amt« und der Staal-anwaltschast sofort ASeS angeordnet wurde, wa- bei so traurigen Vorkommnissen überhaupt als nothwendig und zweckmäßig erachtet wird. Alle Bahnhöfe wurden besetzt, nach allen Richtungen hin flogen telegraphische Botschaften und natürlich wurden auch hier am Orte die um« fallendsten Nachforschungen angesteüt. Da erscheint — noch in früher BormittagSstunde — ein hiesiger Schneidermeister auf dem Polizei-Amte und zeigt dort an, daß einer seiner Arbeiter, als er diesen Morgen zur Arbeit gekommen, ihm sehr auffällig erschienen sei. Erstens sei derselbe überhaupt zerstreut oder verstört gewesen, sodann habe er seinen Vollbart, den er noch gestern trug, nicht mehr getragen, und drittens glaube er, der Meister, auch Blut spuren an dessen Kleidern entdeckt zu haben. Auf diese Anzeige hin schritt die Polizeibehörde zur sofortigen Sistirung de- betreffenden Individuums, und eS soll sich allerdings schwerer Verdacht gegen dasselbe herauSgestellt haben. Der Schneidergeselle soll der oben erwähnte ehemalige Markthelfer bei Markert gewesen sein, und die Beschreibung, welche das Dienstmädchen von dem am Abend nach Markert fragenden Manne entworfen, soll ganz auf ihn paffen. Einem Gerücht zufolge hätte der Verhaftete die Absicht gehabt, sich mit seiner Geliebten zu verehelichen, und so glauvt man. er habe das zu diesem Schritte nöthige Geld auf dem Wege des Ver brechens sich zu verschaffen gesucht. Dieser so wie der weitere Umstand, daß von den geraubten Werthsachen und Geldern gar nicht- bei ihm sich vorgefunden, mag die Behörde veranlaßt haben, sofort bei der im nahen Preußischen sich aujhaltenden Geliebten Erkundigungen einzuziehen; dieselben sollen jedoch einen Verdacht gegen drese Person, als sei sie in das Verbrechen mit verwickelt, nicht ergeben haben Man denkt sich nun, der Mörder habe da- geraubte Gut irgendwo versteckt oder vergraben. D Leipzig, 4. Nov. Der von der Polizei bereit- gestern Vormittag verhaftete muthmaßliche Raubmörder de- Kaufmann Markert ist ein hier in Arbeit stehender Schneidergeselle, der ehedem im dortigen Geschäft als Markthelfer thätig gewesen sein soll. Heut Vormittag um 10 Uhr erfolgte sein Transport a«S dem Polizeihause in das Gefängniß des königl. Bezirksgericht- am Peterssteinwege. Die Uederführung geschah mittelst Droschke und war von einer ungemein großen Volksmenge begleitet. Bereits von früh an war der Naschwarkt von Neugierigen stark besetzt und namentlich hatten sich bei dem heutigen Markttage eine Menge Marktleute daselbst versammelt. Als der Wagen zur Abholung des Verhafteten vorfuhr und letzterer einstieg, drängte Alles so nahe heran, daß der Kutscher wegen der dichten Volksmenge nur Schritt vor Schritt fortfahren konnte. Der de- Morde- Ange schuldigte erschien bleich und hager, sah finster und machte einen üblen Eindruck; er trägt einen Schnurrbart und ist von mittler Statur. Zu beiden Selten de- schwer Gefesselten hatten ein Voli- zeicorporal und ein BezirkSgerichtSdienrr Platz genommen. Noch heute soll der Mann vor den Ermordeten geführt und ihm das Opfer der verruchten That zur Beaugenscheinigung vorgezeigt wer den. Die legale Section des Leichnam- fand diesen Vormittag im SectionSzimmer de- Bezirksgerichtsgebäudes statt und constatirte die bekannten mörderischen Angriffe auf das vollkommenste. Da- Begräbniß des Ermordeten wird nächsten Montag Nach mittag stallfinden. * Leipzig, 4. Nov., Abends. Der verhaftete Schneidergeselle ist heute Nachmittag zu der Leiche de- ermordeten Markert geführt Worten, hat aber bei Anblick derselbe» die vollkommenste Ruhe bewahrt. Ohne erhebliche Erregung leate er seine Hand an den todten Körper und namentlich in die Wunden an Hals und Kopf desselben. Alle an ihn gerichteten Fragen beantwortete er kurz. — UebrigenS hat sich bei der legalen Obduclion und Section herausgestellt, daß die Wunde am Halse nicht eine Schnitt-, sondern eine Hiebwunde ist, die von einem scharfen Handbeile herzurühren scheint und bis auf di« Wirbelknochen geht. Die Ausführung der Mordthat hat mithin Sehnlichkeit mit de» in Großenhain und HintergerSdorf verübten Verbrechen. Lrankenbewrgmg im Zacobshospitale während der Monate September und Oktober. Zu dem Bestände von 169 Kranken am letzte» August (s Tageblatt Nr. 246) wurden während der Monate September und Oktober neu ausgenommen: 346, auf der mediciuische» Ab theilung 195, auf der chirurgischen 151; darunter Männer 252. Frauen 82, Kinder 12. Bon diesen 515 Kranken wurden im Lauf« beider Monate entlassen 262; e- starben 40 und verblieben am letzten Oktober in Behandlung 213, d. h. 120 mediciuische und 93 chirurgisch«. Der durchschnittliche TageSb,stand im September war 191, der höchste (am 30. Sept.) 214, der niedrigste (am 2. Sept.) 165. Der durchschnittliche Tage-bestand im October war 207»/,, der höchste (am 26. Oct.) 223, der niedrigste (am 16. Oct.) 197. »797 Bonßvichtigeren acuten Krankheiten waren zu bemerken: Abdominalihphus: vom August übernommen 4, neu hivzuge- kommen 22 ; davon geheilt 7, gestorben 8, in Behandlung ge blieben II. Lungenentzündung: eingetreten 4, gestorben 1, in Behandlung geblieben 3. Acuter Gelenkrheumatismus: übernommen 5, hinzugetreten 7; geheilt 6, in Behandlung geblieben 6. Epidemische Gehirn- und Rückenmarkshautentzündung: 1 Fall (tödtlich nach 2 Stunden). Pock«n: übernommen 3. neu ausgenommen 3; davon genesen 4, in Behandlung geblieben 2. Scharlach: 1 Fall (tödtlich 8 Stunden nach der Aufnahme). Grsicht-rose: 4 Fälle; geheilt 1, in Behandlung geblieben 3. Brechdurchfall und Cholera 5 ; genesen 2, in Behandlung ge blieben 3. Wechselfieber: 1 Fall (genesen). Gehirnblutschlag: 1 Fcül noch in Behandlung. Acute Phosphorvergiftung: 1 Fall (tödtlich).- Trichinenkrankheit: 1 Fall (geheilt). An Lungentubereulose starben 14. Wegen Wunden der Weichtheile wurden 13, wegen Knochen- brüche 17 ausgenommen. Leipzig, den 4. Nov. 1865. vr. Wunderlich. Städtisches Museum. Aus dem Betrag de- von Herrn Heinrich Göschm dem städti schen Museum gewidmeten Geschenkes ist vom Directorium de- Lelpziger KunstvrreinS ein Oelbild von Ioh. Christ. Rein hart «Ideale Landschaft mit Staffage aus der Fabel von Amor und Psyche", welches in der Auction der Gräflich Schönborn'schen Gal- lene zu München zum Verkauf kam, erworben worden und von heute an im Eingangssaal des Museums aufgestellt. — DaS Bild, dessen Staffage die bei ApulejuS im 6. Capitel seiner Er zählung von Amor uns Psyche geschilderte Scene zu Grunde liegt, wie Psyche durch Jupiter- Adler den Krug mit Wasser aus der vom Drachen bewachten Quelle empfängt, gliedert sich in einen anmuthigen Vor- und Mittelgrund, dessen grüne Matten, laubige Baumpauien und spiegelnder Wrchrr von einem Kranz steil an steigender Felsen umschloffen werden; dicht unterhalb de- kahlen Gipfels der in Mitten des Bilde- aufcagenden Felsenmaffen ent springt, von einer dunkeln Dampfwolke bezeichnet, der heiße Quell, dessen schäumender Waffersturz sich in den FelSklüflen des Mittelgrundes verliert. — Das sebr sorgfältig ausgeführte Bild ward 1829, im achtundsechzigsten Lebensjahre des Künstlers zu Rom gemalt. Leipziger Lnnstvereiu. Zwanzig Originalzeichnungen von Oscar Pletsch in Berlin, welche in Holzschnitt von Prof. Bürkner in Dresden ausgeführt, den Inhalt der diesjährigen WeihnachtSgabe des Künstlers, «kleine- Volk" (Verlag der Weidmann'schev Buchhandlung m Berlin) bil den, find für Liese Woche begleitet von einigen Probedrucken der Holzschnitte ausgestellt. Bekanntlich hat Pletsch durch seine zahl reichen Bilder au- der Kmderwelt, welche seit mehreren Jahren alljährlich erschienen sind («die Kinderstube" und «Bilderbesehen", 1860; «Wie'S im Hause geht nach dem Alphabet", 1861; «Jahrein, Jahraus im Aelternhaus" und «WaS willst Du werden?" 1862; die zweite Reihe deffelben und «Gute Freundschaft", 4863; die Illustrationen zu Reichenau'- «Aus unfern vier Wänden", 1864) einen außerordentlichen Erfolg errungen und die ausgestellten Zeichnungen lassen noch mehr als die vom Künstler auch selbst gezeichneten Holzschnitte erkennen, mit welcher Feinheit de- Blicks derselbe die Natur beobachtet und seinen Composttionen sorgfäl tige Studien za Grunde legt — die Zeichnungen find Eigenthum der Verlag-Handlung und können nur bis Sonnabend ausgestellt bleiben. Herr A. Schieferdecker stellt ein von ihm nach Pho tographien gemalte- Portrait de- verstorbenen Hrn. Heinrich De- mmni juo. aus. Auch über die Stadtverordneteuwahlen. H. W>r haben in unserm ersten Artikel angedeutet, daß e- noch Mißbräuche schlimmerer Art, als die im DieustagSblatte bezeich nten gebe, und wollen heute näher darauf eingeden. Da- un würdigste, unmoralischste und in seinen Folgen für die liberale Partei wie für da- Interesse der Gemeinde verderblichste Gebühren ist die jede- Jahr mit mehr oder weniger Auffälligkeit, aber immer mit Erfolg in- Werk gesetzte Corrumpirung eine- TheilS der Wahlmänverschaft. Dies geschieht folgendermaßen: Sind die Candidatenliften für die Hauptwahl zur Zufriedenheit der Urwähler, der Wahlmänner so wie der verschiedenen Parteien, mitunter durch Compromiß, festgesteüt, so wird allen Wahlmännern mit feierlichem