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Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts and des Raths der Stadt Leipzig. W 54. Sonnabend den 23. Februar. Bekanntmachung, die IV. Elementarschule betreffend. Die Ausnahmescheine für die zur Aufnahme in die IV. Elementarschule in der Elsterstraße angemeldeten Kinder find von deren Aeltern und Pflegeältern Montags den SS. oder Dienstags den SV. Februar dieses Jahres in der Schulgelder-Einnahme auf hiesigem Rathhause in Empfang zu nehmen. Leipzig den 21. Februar 1861. Der Rath der Stadt Leipzig. Berger. Schleißner. Bekanntmachung. Auf dem Gehau des Gohliser BauernholzeS sollen Montag den SS. Februar von 9 Uhr Morgens an nachverzeichnete Hölzer, als Nutzstücke: 8 eichene, L buchene, 2 rüsterne, 2 lindene, 1 ahorneS; — Scheitklaftern: I buchene, 8 eichene, IV2 rüsterne, 1/2 erlene, 21/2 aSpene; — ferner 6 Schock Reifen, 9 Schock Dornen, 27 Äb- raumhaufen und 137 Langhaufen — gegen entsprechende Anzahlung und unter den übrigens an Ort und Stelle bekannt zu machenden Bedingungen an die Meistbietenden verkauft werden. Leipzig, den 21. Februar 1861. DeS Raths Forstdeputation. Was erspart alljährlich -er sächsische Hand werkerstand durch die Gewerbefreiheit? Obwohl gerade unser Leipzig den zweifelhaften Ruhm hat, daß aus der Mitte seiner Gewerbtreibenden die lautesten Klagen über die bevorstehende Einführung der Gewerbefreiheit erschollen sind, so wird eS doch nunmehr, wo auch die Ansichten und Beschlüsse der Volksvertretung über alle dabei ins Spiel kommenden Grundfragen kein Geheimniß mehr sind, nicht mehr nothwendig sein, die Spalten dieses Blattes zur Vertheidigung der großen Reform im Allgemeinen in Anspruch zu nehmen, über deren Nothwendigkeit und Heilsam keit alle Kreise der bürgerlichen Gesellschaft — mit Ausnahme einer vorurtheilSvollen Minderheit von Zunftschwärmern — im schönsten Einklang sich befinden. Dagegen wird e- nicht überflüssig sein, einige Einzelheiten, die mit der Hauptfrage im engsten Zusammenhänge stehen, herauSru- heben und an ihnen — auf Grund wohlverbürgter amtlicher An gaben und mit Hülfe unwiderleglicher Zahlen — den Nachweis zu führen, welche schlimme Schattenseiten der bisherige Zustand un seres JnnungSlebens hatte und welche großartige Vortheile die Abschaffung des letzteren und der Uebergang zur „Freiheit der Arbeit" den Gewerbtreibenden in sichere Aussicht stellt. Wir hatten früher bereits Gelegenheit, an diesem Orte die zur allzu kostspieligen Unsitte gewordenen Meisterstücke so wie die eben falls über Gebühr mit nutzlosen GeldauSaaben belasteten Auf- dingungS- und LoSsprechungvdräuche einer Beurtheilung zu unter ziehen, die natürlich nur zu dem Ergebniß führen konnte, daß die großartige Vergeudung von Summen, welche zu besseren Zwecken vortheilhafter zu verwenden wären, ein nicht schnell und gründlich genug zu beseitigendes Uebel sei. Gerade die Zünfte führen immer da- große Wort im Munde: man müsse die Arbeit, da- Hand werk vor der Unterdrückung durch die Uebermacht des Capital- schützen; daß aber manche Innung einem neuen Meifier, wenn derselbe nicht eben Diel besitzt, seine sämmtlichen Ersparnisse ab nimmt und ihn uöthigt seinen Geschäftsbetrieb mit Schulden an- zufangen, davon schweigen die Anhänger deS Alten und Veralteten gewöhnlich still. Und doch, welche ungeheure Verschwendung wird alljährlich nur in Sachsen mit den nutzlosen, unproduktiven Aus gaben für Erlangung der Jnnung-würden getrieben! Zuvörderst fällt hierbei die fabelhafte Ungleichheit auf, welche in Bezug auf die Kosten des M. isterwerdens so wie der Aufnahme und de- LoSsprrchenS der Lehrlinge in den verschiedenen Städten des Lande- herrscht. Ein Klempner muß z. B. in Leipzig 130 Thlr., in Dresden 120 Thlr. für sein Meisterstück auSgeben, währmd dasselbe Recht in Plauen mit 40, in Bautzen mit IS, in Annaberg mit 13, in Adorf mit 9, in Scheibenberg gar mit nur 5*/, Thlr. erworben wird; die Aufnahme eine- Klempnerlehrlings kostet in dem kleinen Städtchen Buchholz 14»/r Thlr., in Jöhftadt 5 Thlr., in Dresden und Leipzig dagegen nur etwas über 2 Thaler. Die Kosten deS Bürger- und Meisterwerdens betragen für Barbiere zwischen 99 Thlr. (Leipzig) und 15?/, Thlr. (Bautzen); für Bäcker 127 Thlr. in Leipzig, 14?/, Thlr. in Geißing; für Drechsler 127 Thlr. in Dresden, 14 Thlr. in Zöblitz; für Fleischer 163 Tblr. in Zwickau, 13 Thlr. in Liebstadt; für Glaser 170 Thlr. in Leipzig, 3»/, Thlr. in Schöneck; für Kürschner 218 Thlr. in Dresden, 35 Thlr. in Penig; für Maurer 275 Thlr. in Leipzig, 30 Thlr. in Bärenstein; für Schlosser 97 Thlr. in Großenhain, 13 Thlr. in Penig; für Schneider 116 Thlr. in Chemnitz, 13 Thlr. in Bärenstein; für Schuhmacher 8V Thlr. in Meerane, 14 Thlr. in Adorf; für Seiler 375 Thlr. in Leipzig, 17 Thlr. in Regis; für Sattler 265 Thlr. in Chemnitz, 22 Thlr. in Regis; für Tischler 366 Thlr. in Chemnitz, 10 Thlr. in Neustadt; für Weber 158 Thlr. in Großschönau, 11 Thlr. in Zöblitz. Ein Drechslerlehrling wird in Großenhain für je 1 Thlr. ausgenommen und losqesprochen, in Annaberg kostet dasselbe Manöver 13?/, Thlr. In Lichtenstein be zahlt ein Setfensiederlehrling 15»/, Thlr. für die Aufnahme, in der größern Stadt Reichenbach nur 3 Thlr. rc. rc. Alle Bemühungen, diese großartigen Verschiedenheiten auf irgend vernünftige Weise zu erklären, sind bis jetzt ohne Erfolg geblieben. Fragen wir nun, wie hoch sich in Sachsen alljährlich im Durchschnitt diese so gänzlich nutzlos verschwendeten Summen be laufen, so erfahren wir, daß für die Erlangung des Meisterrechts etwa 200,000 Thlr., für da-Aufdingen von Lehrlingen etwa 50,000 Thlr., für das Lossprechen etwa 30,000 Thlr. auSgegeben werden, in Summa also ungefähr 280,00V Thlr., d. h. die Zinsen eine- Capitals von 7 Millionen Thalern! Diese bedeu tende Summe — was könnte nicht Alle- zum Besten der Gewerbe und deS Handelsstandes damit angefangen werden! — wird ohne Bedenken alljährlich aus dem Fenster geworfen. Wo Zahlen so deutlich sprechen, ist jeder weitere Zusatz überflüssig. ES giebt aber auch noch eine andere AbzuA-quelle für das Ver mögen der Innungen, und die- sind — die Proteste, welche gegen andere Innungen oder einzelne Gewerbtreibende wegen der von denselben begangenen „Uebergriffe" in da- Arbeitsgebiet der Kläger geführt werden. Diese Proteste werden in der Regel angestrengt wegen des Monopol- für oft ganz unbedeutende Artikel, aber je geringfügiger der Gegenstand, desto größer die Hartnäckigkeit. Die Innung muß doch ihr „Recht" wahren, sie darf doch nicht dulden, daß „Unbefugte", daß „Pfuscher" u. dgl. in der Stadt eine Waare verkaufen, die möglicher Weise für die Innung erobert werden