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V7L6 Bekanntmachung. Nach 8. 13 des Gesetze- über die Einführung eine- allgemeinen LandeSgewichtS und da- Maß- und Gewicht-wesen vom 12. März 1858 ist der Gebrauch von (Hohl-, Flüffigkeits- und Längen-) MaHen, welche beim Erschein»I besagten Gesetze- bereu- nach den damals gültigen Vorschriften von competenten Behörden geaicht oder gestempelt waren, ausnahmsweise bis zum I. Januar gestattet worden. Mit Ablauf dieser Frist fällt jedoch unter das in obge- dachtem Gesetze allgemein ausgesprochene Verbot des Gebrauchs anderer, a!S von den competenten Aichämtern geaichter ode^ gestempelter Maße, auch der Gebrauch jener bisher noch zulässigen Maße im Sinne des AichgesetzeS. Letztere sind daher, soweit dergleichen noch vorhanden, sämmtlich vom 1. Januar 1862 an entweder beim hiesigen Aichamte zur Berichtigung und Abstempelung einzureichen, resp. zu vernichten und mit neuen zu vertauschen oder aus dem inländischen öffentlichen und gewerblichen Verkehr gänzlich zurückzuhalten. Wir machen beim Herannahen vorbezeichneten Termins hierauf die deSfallsigen Interessenten mit dem ausdrücklich» Bemerken wiederholt aufmerksam, daß bezüglich aller bei den vorschriftsmäßig anzustellenden Revisionen vom 1. Januar 1882 ab anzutreffenden Contraventionen gegen obige Bestimmungen von uns die in 8. 11 des citirten Gesetzes angedrohten Straf» unnachsichtlich in Anwendung zu bringen sein werden. Leipzig, am 27. December 1861. Der Rath der Stabt Leipzig. vr. Koch. vr. JunghanS. Die römische Erziehung in der ersten Latserzeit mit Hinblick aus die Erziehung unserer Tage. Ein Vortrag, gehalten in der pädagogischen Gesellschaft zu Leipzig von vr. Pilz. (Fortsetzung.) Wir gedenken hier zunächst der Knaben»Erzi.hung. Sie ging zum großen Theil vom Vater aus. Was in ihm sich als Seelenbrennpunct zeigte, das glühte auch frühzeitig im Sohne. Dieser Brennpunkt abcr war Schwelgerei und Habsucht. Die einfache Lebensart, die Genügsamkeit der Alten war längst ein überwundener Standpunkt. „Geld müßt ihr suchen vor Allem, baares zuerst, dann Tugend!" das war der Grundsatz, zu dem sich die meisten Väter bekannten, und so war eS kein Wunder, daß die Söhne von der Habsucht schon im frühesten Alter ergriffen wurden. Sie suchten mit List und Schlauheit ihren Cameraden Geld abzulocken, oder spielten mit Würfeln und zwar so leiden schaftlich wie die Alten. Mit dieser Habsucht war die Ueppigkeit und Leckerei verbunden, welche sie ja auch dem Vater so schön am Munde ablaftn. Daher sagt Juvenal: „Der Knabe spielt schon im Kindergelde mit den Würfeln, wie der Alte, den er beerbt; er lernt von seinem Vater Trüffeln suchen, er lernt Schnepfen in Pilzbrühen kochen rc." Welchen Einfluß in reli giöser Hinsicht der Vater auSübte, läßt sich gleich ermessen, wenn man den religiösen Standpunkt der Zeit betrachtet. Properz sagt: Spinnengewebe umhüllen die Tempel, und Unkraut umwächst die verlassenen Götter. Und allerdings war der Rationalismus, ge kettet durch daS Buch de- EuherneruS, nach welchem die griechischen Götter keine wirklichen Gottheiten, sondern nur Menschen seien, welche die Gewalt der Herrscher, der Betrug der Priester und der Unverstand der Völker zu Göttern erhoben habe, bedeutend ins Volk etngedrungen, und zwar so weit, daß selbst die Lager der Orthodoxen davon erschüttert wurden. Es gab daher nur eine kleine Anzahl noch, die wirklich gläubig waren, und eigentlich existieren dloS zwei Hauplformen, in welchen sich daS Volk be wegte: der roheste Materiali-mu-, der an gar nicht- glaubte, und drr grasseste Aberglaube, der das Tollste glaubte. Aber freilich da der Glaube an die Götter den römischen Herrschern bet ihrer Despotre half, da er ihnen die Selbftvergötterung gestattete, so suchten sie über ihn zu wachen und suchten den Rationalismus der Gebildeten durch grausame Minister (wie Nero durch Tigel- linus) nüderzuhalten. Dadurch bildete sich nun die Seuche der Heuchelei in einer grassen W«ise aus, und Viele besuchten den Götterdienst regelmäßig, ohne auch nur im Geringsten an Götter zu glauben. Diese Zustände blieben den Söhnen nicht fremd, und je nachdem sich eine oder die andere Form im Vater auS- gebildrt hatte, ging sie auch auf den Sohn über. Und so finden wir schon unter den römischen Knaben Spötter, Heuchler oder kleine Freigeister. AlS unwiderleglich fest steht die Behauptung, daß die E» ziehung de- Vater- in dieser Zeit eine Erziehung zur Knechtschaft war, wie sie in frühem Zeiten eine Erziehung zur Freiheit gewesen war. Der Vater unterwies den Sohn in allen Künsten sich beliebt zu machen, sich vorzuihun bei den Reichen, sich d e Gunst der Mächtigen zu erhalten, sich Vortheile in allen Kreisen zu erringen. All.rdingS bewirkte diese Erziehung eine ge wisse äußere Glätte, einen humanen Schein und wenn wir eine gme Seite in derselben finden wollen, so müssen wir sagen, sie war die Schöpferin der geselligen Lugenden. Doch betrachten wir nun auch, wie der Knabe durch die Schule erzogen ward. Es gab zur Zeit der Kaiser dreierlei Schulen, die Schulen der Gram matiker, der Rhetoren und der Philosophen. Darunter waren die der Grammatrkrr die eigentlichen Bürgerschulen. In sie müssen wir Hineinblicken, wenn wir uns ein Bild von der Schulerztehung de- römischen Knaben wachen wollen. Die Disciplin war in den Schulen der Grammatiker nicht schlecht, die Kinder mußt» anständig sich betragen, smußten ehrerbietig gegen den Lehrer sich benehmen, durften nicht lärmen und toben und eS zeigte sich in diesen Schulen allerdings eine wohlthätige Strenge und Consequenz Aber freilich da-, was gelehrt wurde, besaß nicht die rechten er zieherischen Elemente. Hatten die Kinder in den untern Schul» der Grammatiker lesen, schreiben, rechnen gelernt, so trieben nun die Rhetoren mit ihnen das Studium der Berrdtsamkeit; und ob gleich in der Kaiserzeit die freie politische Rede unterdrückt war, obgleich sich überhaupt die Menge gar nicht mehr mit Politik be fassen sollte, blieben doch alle Gegenstände in den Schulen hinter der Beredtsamkeit zurück. Dabei war die Methode die Beredtsam- keit zu lehren grundfalsch und bleibt ein Warnungsbild für unsere Schulen. Die freie Rede war in der Kaiserzeit nur noch möglich innerhalb der Gerichtssäle und was es dort Alle-- au-zumach» gab, brauche ich nicht erst anzudeuten. Statt nun aber die Knab» auf diese GerichtSberedtsamkeit vorzubereiten, trieben die Lehrer mit den Knaben eitle Studien, die nicht fürs Leben, sondern eb» nur für die Schule einen Zweck batten. Das beweisen gan; deutlich die Themata zu den Redeübungen. TheilS waren sie politisch und dann durften sie natürlich nur auS der Geschichte genommen werden, z. B. über Alexander im Kriege gegen Athen - über die Schlange von der Scipio geboren sein soll, — über die Wölfin des RomuluS — über Cato- Selbstmord; oder sie war» auS der Gegenwart, aber dann betrafen sie in der Regel Dinge, mit welchen man die Jugend nicht hätte beschäftigen sollen, z. B. über die Entschlüsse geschändeter Jungfrauen — über die Blut schande der Mütter, über Belohnungen der Tyrannenmörder n. Das Leben also, da- tägliche Leben wurde wenig berücksichtigt, höchstens in sofern, al- man dem Schüler eine künstliche, gezierte, geschnörkelte, mit Effect gewürzte Redeweise anbildete. Und diese verlangte eigentlich auch nicht da- Leben, sondern nur der faule Zeitgeist, der sich eben im Uebertriebnen, im Erkünstelten gefiel. Es war eigentlich ein schneidender Gegensatz zum Leben, wenn die Schüler namentlich soviel über Tyrannenhaß, über Tyrannenmcrd schreiben mußten, oder wmn sie über die allerseltensten Gerichts dinge sprechen mußten, die vielleicht nie oder äußerst selten ver kamen. DaS rügt schon Juvenal, wenn es in einer Satyre heißt: „Nicht über Gewalt, spricht der Kläger zum Anwalt, nicht über Todtschlag oder Gift handelt meine Klage, sondern über drei Ziegen, die mir der Nachbar stahl. Das zu beweisen begehrt der Richter. Du, der du Cannä und den Mitbrldatischen Krieg und den Meineid de- punischen Ingrimms und die Sulla, die Merius, die Mucius mit mächtiger Stimme und Faust zu declamir» verstehst, sprich du nun Posthumus über die drei Ziegen!" Dir römische Schulerztehung war also in der Kaiserzeit einseitig und unnatürlich geworden, wenigsten- !n soweit, al- sie durch d» Unterricht bewerkstelligt wurde. Blicken wir von diesem Punctr in unsere Tage zurück, so merken wir wohl, daß die heutige Er ziehung zwar in vieler Hinsicht solider und lebenskräftiger ist, al lste der Römer, aber wir dürfen unS doch nicht verschweigen, daß sie auch manche- Element besitzt, w.lchrs sie der römischen ähnlich macht. Lernen nicht auch heute viel« Knaben viel zu zeitig das Schwclgen und Prassen, fangen sie nicht schon im 12. Jahre mit Spielen und Genüssen an, die sie erst im 18. oder 20. kennen lernen sollten, geht nicht auch jetzt eine gewisse Raffinerie, ein gewisser Schwindelgeist sehr oft vom Vater auf den Sohn über, und wie eS in religiöser Hinsicht steht, das wissen wir Alle, meine Herren, da sind die häuslichen Einrichtungen fast dieselben, die in der römischen Kaiserzeit sich zeigten. Unsere Schulerzkehung ist seit einem Jahrzehnt viel lebenskräftiger gewcrden, aber ob- nicht auch noch Schulen geben mag, in welchen solche römische unfruchtbare oder unnatürliche Aufgaben immer mitunter einmal flch einschleichen? Ich wage nicht mit entschiedenem Nein darauf zu antworten. Und wmn «an sich fragt, ob unsere Vchulm dem