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Anzeiger. Amtsblatt bk» MG. BkiiikSzertchtk u»d dr» Nach» der Stadt SrttM. W LS. Sonntag den 25. Januar. Bekanntmachung. Die bei dem Unterzeichneten Gerichtsamte in Pflicht stehenden Herrm Vormünder werden hierdurch veranlaßt, die rück- stchtlich ihrer Pflegebefohlenen zu erstattenden ErziehungSberichte, insoweit solches nicht bereits geschehen ist, bis Ende dieses MouatS anher einzureichen. Leipzig, am 15. Januar 1863. Dönigl. Gerichtsamt im Bezirksgericht Leipzig, Ablh. für Vormundschafts- und Nachlatzsachen. Dr. Jerusalem. Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten Mittwoch den 28. Januar ». e. Abends r/rV Uhr. Tagesordnung: I) Gutachten des Ausschusses zum Bau-, Oekonomie- und Forstwesen, die Resultate der Licitation deS Pachte- der Güter Thonberg und Connewitz s. w. d. a. betreffend. 2) Wahl zur Besetzung der erledigten Stadtraths stelle. Nutzholz-Auction. Auf dem an der Pegauer Straße gelegenen Gehaue des Connewitzer Reviers sollen Montag den LS. Januar von V Uhr Vormittags ab 16V eichene, 22 buchene, 8V rüsterne und 85 erlene ALutzstücke gegen entsprechende Anzahlung und unter den übrigens im Termine bekannt zu machenden Bedingungen meistbietend verkauft werden. Leipzig, den 21. Januar 1863. DeS NkathS Korfi-Deputation. "" » ' - Der neue Director -er „Realschule". In ihrer Sitzung vom 16. Januar haben die Herren Stadt verordneten beschlossen, für den Director der Realschule einen Gehalt von 1200 Thalern nebst freier Wohnung auszuwerfen, und zugleich weitere 300 Thaler persönliche Zulage in Aussicht gestellt, weun eS dem Stadtrathe gelange, eine den Zeitverhältnissen wirk lich entsprechende Kraft zu berufen. — Dieser unheilvolle Beschluß läßt wieder «inmal Mißstände deS Leipziger Schulwesens klar her vortreten und ruft den Wunsch in uns wach, daß den Stadtver ordneten noch einmal Gelegenheit gegeben werden möge, in dieser Angelegenheit zu berathen und zu beschließen, — oder daß mau nach emer landläufigen Redensart vom schlecht berathenen und schlecht unterrichteten Stadtverordvetencollegium an das besser be- rathene und unterrichtete appelliren möge.. Will man einen r ichtigen Schulmann für die von Jahr zu Jahr wichtiger werdende Realschule gewinnen, so darf man nicht knausern und feilschen, und bei der Seltenheit geeigneter Persön lichkeiten, bei dem großen Einfluß, welchen eben so in guter wie in schlimmer Rücksicht der Director einer Realschule haben kann, ist e- dringend gebe. . , die betreffende Wahl mit Umsicht und Sorgfalt zu erwägen. Unserer Ueberzeuguvg nach genügen auch nicht einmal die vom Rathe vorgeschlagene» 1500 Thaler Gehalt, sondern mau wird höher greifen müssen, um mit andern Städten zu concurriren. Wenn wir recht unterrichtet sind, so zahlt man m Frankfurt, Hamburg, Bremen, Lübeck, Hannover »ehr. Da auch ein „Schuldirektor* zu rechnen und zu zählen vermag und den Werth de- Geldes kennt- so wird au- einer jener Städte kein Director zu erlangen sein, vielmehr wird Leipzig stets Gefahr laufen, semen bereu- gewonnenen Director zu ver lieren, wen« von anderer Seite ein bedeutendes Mehrgebot erfolgt, und Leipzig ihm nicht wenigstens ähnliche Verhältnisse zu biete« vermag. — Man wird nun wohl sofort eiuwenden, daß der Director einer Schult Liebe iü»d Interesse für die ihm anvertraute Anstalt haben solle, »nd nicht wie ein AuctionSgegeustand nach dem Meiftgebote sich verschachern lasse» dürfe. Dieser Einwand klingt vielleicht m ersten Augenblicke blendend, ist aber thatsächlich ohne alle Be rechtigung' denn man erwägt nicht, daß der Director emer Real schule anch Frau und Kindev hat und für diese den Unterhalt »ach semem Tode sichersten«« muß, wenn er nicht eignes Vermögen be sitzt. Der Staat garamirt seiner Witwe nicht mehr als 75 Thlr., und ob sie davon leben kann oder nicht, dürfte wohl nicht »öthig sein erst noch auseinanderzusetzen: die Stadt aber bietet der Witwe keinen Pfennig, was uns, beiläufig gesagt, ein Unrecht zu sein dünkt. Jemand aber, der in Leipzig bei den jetzige» Preisen einer unausgesetzten Theuerung 1200 Thaler Gehalt hat und dadei ver pflichtet ist einen gewissen RepräsentationSaufwand zu machen, wird auch bei sorglicher Führung seines Haushaltes nicht viel hinter - lassen, weniastenS nicht so viel, um mit dem tröstlichen Gedanken den letzten Athemzug thun zu können, daß für Frau und Kind gesorgt sei nach seinem Tode. Wie sich aus Vorstehendem ergiebt, ist der gebotene Gehalt zu gering im Interesse deS Director- und seiner Familie. Schon hieraus geht hervor, daß ein umsichtiger und tüchtiger Mann sich scheuen wird, eine solche Stellung anzunehmen. Ja, gehen wir weiter und sagen wir geradezu, daß wir diejenigen Personen, die wir etwa nach der von den Stadtverordneten voraeschlagenen Art und Weise der Wahl bekommen könnten und bekommen werden, wahrscheinlich gar nicht — „wünschen" werden, um mit dem ge lindesten Ausdrucke das Verhältnis anzudeuten. Welcher Mann von Kopf und Herz, der seiner Tüchtigkeit sich bewußt ist, wird nach einer an ihn ergangenen Berufung noch die „Censur* des Stadtverordnetencollegiums ertragen wollen, welches geradezu durch Zugabe oder Verweigerung der 300 Thaler persönlicher Zulage eS öffentlich quSsprechen will, ob seiner Ansicht nach der Gewählte auf der Höhe der Zeit steht oder nicht. Wir bedanken uns '.für einen Director, der dies thut. Höchst wahrscheinlich dürste nur eine mehr oder minder verkommene Existenz, für welche die Wahl an jene Stelle ein Rettungsanker ist, einem solchen Ver fahren sich unterwerfen wollen! Der verhältuißmäßig geringe Gehalt von 1200 Thalern würde aber auch zum Nachtheile der Schule sein. Unter den angegebe nen Verhältnissen ist e- eine Ehrenpflicht für den Director, wo möglich die freie Zeit, welche ihm etwa von seinem Berufe bleibt, um Äntereffe feiner Familie und um dieser eine Existenz nach seinem Tode zu sichern, möglichst zu verwerthen; — er muß also seine Zeit zum Nebenerwerb durch Schriftstellerei verwende». Wenn er dies thut, so ist eS ungünstig für die Stadt, ungünstig für die Schule. Eher macht' e- den Mann abhängig, als unabhängig, weil der wahre Director nicht nur Berwaltung-beamter sein soll, sondern sich theoretisch durch Studien in feinem Fache fortbllden muß. Dazu gehört aber ersten- Zeit in schulfreien Stunden und k zwar genügende Zeit, um nicht nur Kenntnisse einzuheimsen, son-