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»4S6 Selbstverständlich beeinflußt diese Verbreitung de- StylverstLnd- nifses da- Gedeihen der Industriezweige, deren Erzeugnisse zunächst dem Bcdürfniß oder dem Luxus der Wohnungseinrichtung dienen: in allen Zweigen der Gefäß- und Geräthbildung finden geschmack volle und schöne Formen mehr und mehr Anerkennung, die Industriellen dieses Gebiets finden sich veranlaßt, tüchtig gebildete Künstler mit dem Entwerfen von Zeichnungen zu beauftragen und den besten Beweis, wie verbreitet das Bebürfniß nach gediegenen Vorbildern ist, bietet das Gedeihen der »Gewerbehalle-, eines kunstgewerblichen Journals, welches — meist aus der Hand von Architekten oder architektonisch gebildeten Zeichnern — Entwürfe für alle Zweige des Kunstgewerbes liefert und in 15000 Exemplaren verbreitet ist. Die für Leipzig projectirte Vorbildersammlung soll nun allen Künstlern und Kunstgewerbtreibenden, wie andererseits den Bestellern und Käufern von kunstgewerblichen Arbeiten Gelegenheit bieten, das Beste von allen in alter und neuer Zeit geschaffenen Erzeugnissen der Baukunst und des Kunstgewerbes in übersicht licher und systematischer Ordnung vereinigt kennen zu lernen, um daraus für die Bedürfnisse der Gegenwart theils die Anleitung zu stylgerechter Nachbildung früherer, theils die Anregung zur Erfindung neuer Kunstformen zü schöpfen. Wie das ausgesandte Circular erwähnt, existirt ein großer Reichthum der vorzüglichsten alten und neuen Abbildungen, deren Anschaffung dem einzelnen Kunstgewerbtreibenden schwer fällt, auf gemeinschaftliche Kosten aber zu öffentlicher Benutzung leicht zu ermöglichen ist. Es handelt sich aber vorzüglich darum, aus dem in alten und neuen Bilb- werken und Einzelblättern vorliegenden Material ein organisch gegliedertes Ganze zu schaffen, so daß, therls durch die Ordnung, theils durch Katalogisirung der Blätter, wie durch Anweisung des beaufsichtigenden Beamten, der Besucher in den Stand gesetzt ist, sofort zu übersehen, was die Sammlung von Vorbildern für seinen besonderen Zweck enthält. Dadurch nämlich, daß die werthvollsten Bildwerke dieses Ge biets Sammelwerke sind, in denen alle kunstgewerblichen Ar beiten, wie die verschiedenen Zeiten und Kunststyle vermischt sind, wird eS dem Kunstgewerbtreibenden schwer, in solchen auf öffent lichen Bibliotheken zugänglichen Werken sich zurechtzufinden. Bei einer systematisch geordneten Sammlung wird dagegen beim Vor legen der in Mappen geordneten Einzelblätter oder der Kataloge des in Sammelwerken Zerstreuten alsbald eine Reihe von Vor bildern zur Benutzung gegeben, an welcher das Studium ohne Zeitverlust begonnen werden kann. Der verdältnißmäßig bescheidene Umfang des in Leipzig be triebenen KunfigewerbeS weist besonders darauf hin, die projectirte Sammlung von Anfang an in mäßigem Umfang zu halten und bedingt die Beschränkung auf Abbildungen und GypSabgüsse. Zn dem künftigen Gebäude der polytechnischen Gesellschaft, besten Bebürfniß immer dringender empfunden wird, und in besten Räumen sich wahrscheinlich auch andere gemeinnützige Vereine unserer Stadt zusammenfinden würden, möchte die Sammlung ihren geeig netsten definitiven Aufstellungsort finden, wichtig ist es aber. Mit dem Sammeln selbst auf dem Wege einer freiwilligen Vereinigung baldmöglichst zu beginnen, um unter Benutzung des im städtischen Museum verfügbaren Raumes Hand an die Ordnung des Materials legen und die öffentliche Benutzung bei Zeiten vorberetten zu können. Leider ist eine in unserer Stadt vereinigte kostbare Sammlung von älteren Ornamentstrchen, welche Herr W. Drugulin m langjähriger Arbeit zu einem vorzüglich geordneten Ganzen gestaltet batte, bald nach dem Erscheinen des VerkaufskatalogS von dem österreichischen Museum für Kunst und Industrie zu Wien angekauft worden; sie würde für unsre Sammlung die geeignetste Grundlage geboten haben. Indessen bietet Leipzig durch die häufig stattfindenden Bücherauctionen und seine reichen antiquarischen Bücherlager ge nügend günstige Gelegenheit zum Ankauf der wichtigsten Werke, so daß an geeigneter Verwendung der in Aussicht genommenen Giündungssumme (2500 Thaler für Bildwerke, 500 Thaler für Schwanke. Mappen rc. a> f die drei ersten Jahre vertheilt) nicht zu zweifeln ist Von mehreren Seiten ist der Wunsch ausgesprochen worden, eS möchten auch Beiträge unter 10 Thlr. direct entgegenge nommen werden, und erklärt sich Unterzeichneter hierzu gern be reit, indem im Interesse des Unternehmens die Bitte ausgesprochen wird, die auSgesandien Formulare baldmöglichst zurückzusenden. Durch directe Mittheilung wird den geehrten Theilnehmern ange- zeigt werden, ob sich die nöthiae Anzahl von Freunden des Unter nehmens in unsrer Stadt gefunden hat oder ob von einer Ver wirklichung des Planes abgesehen werden muß. vr. A. v. Zahn. Einweihung des ersten Spielplatzes für die Äugend in Leipzig. Am 30. Mai Nachmittags 5 Uhr fand eine kleine Festlichkeit statt, die, so harmlos und einfach sie auch war, für Leipzig ge radezu ein Treigu ß genannt werden mußte. Der Schreberverein veranstaltete eine feierliche Einweihung de- GvielplatzeS, welche» er für die Jugend der westlichen Vorstadt bestimmt hat. Nach dem eine bedeutende Anzahl von Aeltern, Lehrern und Kindern sich auf dem beim Iohannapark gelegenen Platz versammelt hatte, leitete ein Musikchor dre fröhliche Feier ein. Die Festrede hielt der Herr Dir. vr. Hauschild, welcher nicht nur als Gründer de- Schreberverein-, sondern auch als unermüdlich IhätigeS Mitglied desselben sich große Verdienste erworben hat. Er legte seiner Rede den Text unter: Ehre sei Gott in der Höhe rc. Nachdem er in der Einleitung darauf hingewiesen hatte, daß für die Kinder eine Bescheerung gekommen sei, indem sie nämlich, wie zu Weihnachten Spielzeug, so an diesem Tage einen Spielplatz erhalten würden, zeigte er, wie auch hier auf diesem Raume die Ehre Gottes wohnen, wie der Friede regieren (dabei warnte er in herzlicher Weise die Kinder vor Zank und Streit und ermahnte sie, gute Nachbarschaft zu halten, nicht in fremde Wiesen zu laufen rc.) und die Kinder schaar in ihrem harmlosen Spiel ein friedliches Bild gewähren soll, an dem nicht nur die Menschen, sondern auch der Herrgott im Himmel sein Wohlgefallen haben könne. Nach jedem Theil der Rede sangen die versammelten Kinder paffende Lieder, wie z. B. »Wie reizend, wie wonnig - — »Stille sanfte Freude- u. s. w. Hierauf bestieg der Vorsitzende de- SchrebervereinS, Herr Schneider, die Rcdnerbühne, übergab mit einigen freundlichen Worten und Segenswünschen den Platz den Familien zur Benutzung und ließ dann unter Musikbegleitung die ersten Furchen un. den Platz herumziehen. Der Schulinspector der vierten Bürgerschule, Herr Diak. vr. König, sprach sodann seine Freude über die anständige und gesittete Haltung der Kinder aus und brachte dem Herrn Dir. Hauschild ein Hoch, welches jubelnden Wiederhall unter den An wesenden fand. (vr. König hat übrigens dem Dir. Hauschild eine reichliche Spende zum Besten des SchreberplatzeS übergeben.) Herr Gesell wandte sich nun noch einmal an die Kinder, zeigte ihnen wie sie auf dem Spielplätze so recht Kinder sein könntm (»da zanke ja rnemano, wenn sie auch einmal zu scharf auftreten sollten-) und forderte sie zu einem Hoch auf ihre guten Aeltern auf, die ihnen den Platz geschenkt hätten. Die muntere Schaar stimmte jubelnd in das selbe ein, und ergötzte sich noch bis 8 Uhr unter Leitung von Lehrern am frohen Spiel. Während Wien, Berlin und andere große Städte längst Spielplätze für die Jugend besitzen, hatte Leipzig em solches KinverparadieS noch nicht. ES wird ein große- Verdienst de- SchrebervereinS bleiben, daß er einen Anfang mit der Sorge für die Leipziger spielende Jugend gemacht hat. Möchten die übrigen Stadttheile bald Nachfolgen in dieser für da- Gedeihen unsrer Kinder so wichtigen Sache, oder wenigstens den Schreberverein durch ihre Mitgliedschaft oder sonst wie freundlich zu unterstützen suchen. Dazu giedt auch ein Schriftchen Veranlassung, deffen ganzer Ertrag für den Schreberverein bestimmt ist. ES heißt: Der Segen und die Gefahren für unsere Jugend in Kleinkinderschstlen, Kindergärten, Bewahranstalten rc. von Dr. Carl Pilz und ist für 21/r »L in der Buchhandlung von Herrn Roßberg, wie bei Herrn Dir. Hauschild zu haben. Möge der Schreberverein, der mit seiner Wirksamkeit so recht auf der Höhe der Zeit steht (da- Wort im guten Sinne genommen) mit Glück fortfahren für da- wahre Wohl der Jugend zu sorgen! I'. Wahrend des Monat Mai dieses Jahres sind beim hiesigen Polizeiamte überhaupt 605 Personen eingebracht und von diesen wiederum 394 Personen in Haft genommen worden; und zwar wurden verhaftet wegen BettelnS 81, Trunkenheit 36, Ungehorsams in Bezug auf das zur Überwachung der Prostitution eingeführte Regu lativ 36, HerbergSlosigkeit 38, arbeitslosen resp. nächtlichen Herumtreibens 63, Diebstahls und DiebstahlSverdachtS 23, ExcesseS und Straßenscandals 17, Wldersetzung 7, Entlau fen« 10, BagabondirenS 4, Unterschlagung 6, verbotswidriger Rückkehr 8, Gewerbsunzucht 2, Contraventiou gegen da- Frakerreglement 1, Zechprellerei 2, EinschleichenS 3, heim lichen Aufenthalts 10, Fälschung 1, überschrittener Aufent- haltSerlaubniß 2, Mißhandlung 1, legitimationSlosen Herum- trerbenS 3, unterlassener Meldung 5, Betrugs 2, verbots widrigen Besuchs von Schänkwlrthschaften 2, Entziehung aus der Specialaufsicht 7, Ungebühr 6, Desertion 1, Aus- liegenS 3, Partirerei 1, WegbleioenS vom Ausgange aus dem Georgenhause 6 und wegen verbotswidrigen HazardspielS 6 Personen. Hierüber sind wegen Contraventiou gegen die Meldung-Vorschriften 45, Contra- vention gegen das Fiakerreglement 37, Contravention gegen da- Prostitution-regulativ 19, instruction-widrigen VerhaltenS von Dienstmännern und Packlrägern 18, Fälschung von Dienstbüchern und Legitimationen 12, verbotswidrigen Ha- zardspiels 10, UngebührnisseS und StraßenexceffeS 8, unbe fugter Ausübung der Schankgerechtigkeit 1, ungebührliche«