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470L „E- chlrd Ihne» bekannt sein, m. H., daß im Jahre 1863 das dritte allgemeine deutsche Turnfest gefeiert werden soll, sowie daß unter den Städten, welche als Festort in Vorschlag gebracht worden sind, sich in erster Linie auch Leipzig befindet. Von der wohl nicht irrigen Voraussetzung ausgehend, daß die gesammte Bürgerschaft unserer Stadt, oder doch sicher der über wiegend große Theil derselben, es mit wahrer Freude und Genug- thuung begrüßen würde, wenn die Wahl auf Leipzig fiele, dürfte eS angemessen erscheinen, diesen hier herrschenden, dem Feste sym pathischen Gesinnungen öffentlich Ausdruck zu geben, damit man nirgends im großen deutschen Vaterlande in Zweifel darüber sei, daß Leipzig gern und freudig seine Thore den Festgenossen öffnet, dieselben herzlich willkommen heißen wird und seine etwaige Wahl als eine Ehre betrachtet, der sich würdig zu zeigen es nicht verfehlen wird. ES dürfte Manchem verfrüht erscheinen, diese Angelegenheit schon jetzt in Anregung zu bringen, wo noch mehr als 1*/, Jahr bis zum Tage der Feier zu verfließen haben werden; allein dem ist nicht so! — die umfassenden Vorbereitungen, welche am Fest orte zu treffen sein werden, machen eS nöthig, die definitive Wahl noch im Laufe de- Winters vorzunehmen, daher denn auch jetzt schon eine Kundgebung der in Leipzig dieser Angelegenheit gegen über herrschenden Gesinnungen ersprießlich ist. Ich stelle daher den Antrag: da- Collegium, welches die Wahl Leipzigs zum Festorte de- dritten deutschen Turnfestes mit Freuden begrüßen würde, wolle sich bereit erklären, die zu einer würdigen Feier erfor derlichen Kosten zu bewilligen und dem Wunsche Ausdruck geben, daß die städtischen Behörden die Wahl Leipzigs in jeder Weise begünstigen werden." Dieser Antrag wurde lebhaft unterstützt und einstimmig ange nommen. (Fortsetzung folgt) Stadttheater. E< Ist In mu«k«r 3«it vielfach wieder »ersucht worden, Stoffe aus der Sagen- und Märchenwelt in verschiedenartigen Formen dramatisch zu verwenden. Dergleichen Bestrebungen sind unter allen Umständen ein erfreuliches Zeichen, denn sie beweisen den Drang und das Bedürfniß, auS dem in unserer Zelt immer mehr und mehr um sich greifenden Realismus herauszukommen, der auf künstlerischem Gebiete bereits bis zur alltäglichsten und nüch ternsten Prosa geführt hat. Oester haben diese Bestrebungen zu günstigen, thellweise selbst zu den glänzendsten Resultaten geführt, wie letzteres z. B. bei Wagner- Opern »der fliegende Holländer", »Tannhäuser" und „Lohengrin" der Fall ist. Ganz besonder- heilsam würde diese Richtung auf dem Gebiete de- Volksstücks und der Posse werden können, wenn die Verfasser von begleichen Stücken sich an die hierin bis jetzt unerreichten Muster halten wollten, die Raymund in seinen sinnigen und gemüthvollen für die Wiener Volksbühne geschriebenen Märchen geliefert hat. Einer der glücklichsten Griffe dieser Art war in neuerer Zeit ohne Zweifel Wollhrims volk-thümliche Bearbeitung der Sage von der Undine, welche- Stück vor mehreren Jahren auch hier einen außerordent lichen Erfolg hatte. In der Vorstellung vom 25. September lernten wir abermals eine Bearbeitung eine- Märchens zu einem Volksstücke kennen: „Die schöne Magelone" von Moritz Heydrich, Musik von Aillinger. Moritz Heydrich hat sich als begabter Dichter be reit- einen ehrenvollen Namen gemacht. Schon vor etwa zehn Jahren führte er sich als Dramatiker mit dem Trauerspiele „Ti- deriuS Gracchus" in die Oeffentlichkeit ein; es ist das einzige dra matische Werk von ihm, da- uns bekannt geworden, und wir müssen daher annehmen, daß ec auf den weiteren Anbau dieses Gebiete- verzichtet hat, denn nicht lange Zeit nach dem Erschei nen genannten Trauerspiels trat er mit einem Werke hervor, da- sein bedeutendes Talent für daS Komische, für volkstümlichen Humor bewies. Es war das „Prinz Lieschen", eine Art von Volksposse im besten Sinne deS Wortes, die ein Abenteuer aus der Jugend August des Starken zum Gegenstände hatte. Von einem Dichter mit so viel Begabung, wie Heydrich, durfte man nun wohl auch ferner etwa- erwarten. Wir können und wollen nicht in Abrede stellen, daß auch in dem dramatischen Aaubrr- märchen »die schöne Magelone" daS ursprüngliche poetische Talent deS Dichter- sich kund giebt, daß auch selbst hier in Einzelnheiten seine Begabung für urwüchsige Komik unverkennbar ist. Die Auffassung deS Stoffe- ist originell, eine zarte duftige Romantik durchzieht daS Ganze — und wir sind daher überzeugt, daß das Stück bei der Lecture einen entschieden vorteilhaften Eindruck macht. Die alttuweite Ausdehnung der einzelnen Scenen jedoch, da- übergroße Sentiment deS Liebespaare- Peter und Magelone — ein Pärchen, da- ledhaft an den jungen Walther und die süße Amaranth von O. von Redwitz erinnert — da- Alle- erzeugte das unbehaglichste Gefühl, da- man überhaupt im Theater em pfinden kann: die Langeweile. Das Publicum läßt sich eher alle- Andere gefallen, al- diesen schlimmsten Feind jeden Genusse- und jeder Unterhaltung. Wer, wie Referent, das Theater oft besucht, dem konnte e- nicht entgehen, wie sich schon Während de- zweite« Acte- höchst bedenkliche Vorboten eine- nahenden Stur me- in dem in allen Räume» gefüllten Hause zeigte». E- wur den diese Zeichen immer drohender, da- einmal mißgestimmte Publicum lachte und zischte öfter auch schon da, wo eigentlich dazu keine unmittelbare Veranlassung gegeben war, bis eS endlich zu einem so entschiedenen FiaSco kam, daß da- Stück nur mit Ueberspringung einer unterbrochenen Scene zu Ende gespielt wer den konnte. Außer dm bereit- gmanntm Mängeln ist e- ein hauptsäch licher Fehler de- Stücks, daß da- komische Element nur sporadisch auftritt. Es fehlt eine durch da- ganze Werk hindurch thätige, dasselbe theilweise tragende komische Figur. Der Ritter Lanzelot (beiläufig von Herrn Devrient sehr gut gespielt) hätte eine solche werden können; allein der Dichter hat sie allzu episodisch behandelt und nach kurzem Aufblitz so gut wie ganz fallen lassen. Eine gesunde komische Gestalt würde ein gute- Gegengewicht für die große Sentimentalität de- Liebespaare- abgegeben haben, wa- bei dieser Aufführung um so nothwendiger gewesen wäre, als durch Herrn Hanisch'S Darstellung de- Peter die Schwärmerei und Ueberschwänglichkeit diese- süßen Ritters nicht gemildert, d. h. etwa- genießbarer gemacht werden konnte. Aber alle diese Mängel, auch selbst nicht der entsetzliche blutdürstige Wüthrich Ritter Carpona mit dem von ihm beschworenen Teufelsspuk und sogar da- öftere Abblihen deS Volkshumor- hätten daS Stück nicht zum Falle ge bracht, wenn da- Ganze kürzer gefaßt wäre, wenn es mindesten- um eine volle Stunde eher hätte auSgespielt werdm können. Möge übrigens der Dichter sich durch diesen Mißerfolg nicht davon abschrecken lassen, auf dem Gebiete de- veredelten Volks stücks, für da- wir ihm trotz de- die-mal mißglückten Versuch- ein ganz entschiedenes Talent zusprechen, auch ferner thätig zu sein. Nothwendig und unerläßlich erscheint unS aber, daß Heydrich noch recht tüchtige Studien in der Bühnentechnik mache. Auch würde er wohl daran thün, falls er wieder einmal Musik zu einem seiner Stücke braucht, sich mit einem talentvollen, theoretisch ge bildeten und die musikalischen Bühnen-Effecte wenigstens einiger maßen kennenden Componisten zu diesem Zweck in- Vernehmen zu setzen, denn die Musik, die Herr Aillinger zu dem in Rede stehenden Aaubermärchen geliefert hat, mußte dem Ganzen nur zum Nachtheil sein. Wir halten diese Musik für den schwachen Versuch eine- Dilettanten, dessen musikalisch-theoretische Bildung nicht über die ersten Anfänge der Tonsetzkunst hinausreicht. Ab gesehen von dem gänzlichen Mangel alle- Inhalt- zeigt diese Musik auch ein formelles Ungeschick und eine Unkenntniß in der Behand lung der Orcheftermittel und der Singstimmen, wie uns dergleichen in diesem Grade noch nicht vorgekommen ist. Macht ein Dilet tant zu seinem Privat-Vergnügen und vielleicht höchsten- für den engen Kreis specieller Bekannten und Freunde solche Musik, so kann Niemand etwa- dagegen haben, allein er trete damit nicht vor die Oeffentlichkeit. Sehr anzuerkennen ist e-, daß die Theater - Direction diese- Märchen höchst geschmackvoll au-gestattet und in Scene gesetzt hat. Der einzige Vorwurf, den man der Regie machen könnte, wäre der, daß sie bei diesem Stücke etwa- zu sparsam mit dem Rothstist umgegangen ist. Ebenso gebührt den Darstellern An erkennung, da sie es an nicht- fehlen ließen, um da- neue Werk zur Geltung zu bringen und selbst in jenen verhängnißvollen Augenblicken, wo sie vom Sturm de- Mißfallen- unterbrochen wurden, trotz ihrer peinlichen Lage ihre Schuldigkeit gewissenhaft thaten. Wir erwähnen von ihnen namentlich noch Fräulein Remosani, al- die Darstellerin der Titelrolle, da dieselbe mit tiefer gehendem Verständniß und — so weit al- das unter so widrigen Umständen möglich — in schwunghafter und wirkungs voller Weise ihre Aufgabe löste. Au wünschen blieb freilich, daß Fräulein Remosani etwa- mehr Sorgfalt auf da- Eostum der schönen Magelone verwendet hätte. ' ES ist doch nicht sehr wahr scheinlich, daß eine neapolitanische Prinzessin in einem einfachen Hauskleid von Tibet oder dergleichen Stoff bei einem feierlichen Turnier erschienen sei und dieses Kleid auch mehrere Tage Himer einander nicht abgelegt habe. — ES ist ferner mit großer Aner kennung der Leistung des Herrn von Fielitz zu gedenken, der auS der kleinen Rolle de- Wirth- ein so hübsche- und pikante- Genrebild machte, daß wir sehr gewünscht hätten, seine Rolle wäre nicht auf nur eine Scene beschränkt gewesm. F. Gleich. Zur TageschrontX. Leipzig, den 26. September. Heute Mittag 1 Uhr wurde in der Nähe von Pfaffendorf der Leichnam eine- di- jetzt unbekann ten bereit- bejahrten Manne- in der Pleiße aufgefunden. Derselbe mochte bereit- ein bi- zwei Tage im Wasser gelegen haben. Ein heute Nachmittag 3 Uhr in Batthel- Hofe in einer Bode« kammer entstandener Brand wurde glücklicherweise so zeitig entt