Volltext Seite (XML)
8766 seinem Namen erhellt, verfolgt, ein höchst zeitgemäßer nicht dkoS, sondern ein edler zu nennen ist, wenn e- daher schon an sich eine" sehr erfreuliche Erscheinung ist, daß ein solcher Verein überhaupt besieht, so ist eS dem Einsender diese-, der Gelegenheit hatte, in das innere Leben dieses Verein- Einblicke zu thun, um so erfreu licher, nach eigener Anschauung darüber berichten zu können, wie dieser Verein besieht. Wenige Monate erst sind seit seiner Grün dung*) verflossen und schon sieht man höchst erfreuliche Folgen seiner Thätrgkeit, schon können seine Mitglieder mit Befriedigung auf seine Vergangenheit zurückblicken. Die Mitgliederzahl, welche am 1. April 560 betrug, ist zwar seitdem nicht erheblich ge wachsen, aber wer einmal als Mitglied eingetreten ist, bleibt es gern, was mm auch ganz natürlich finden wird bei einem Blick auf die Einrichtungen des Vereins, auf das, was er seinen Mit gliedern bietet. Ein Theil derselben bringt ziemlich gute Schul bildung mit, einem andern mangelt dieselbe in Folge der bis vor wenig Jahren noch namentlich auf dem Lande ziemlich unvoll kommenen Einrichtungen unserer Volksschulen. Erstere finden die gesuchten Mittel zur Weiterbildung in dem Verein durch Be nutzung der Bibliothek und durch Anhören der fast allabendlich stattsindenden Vorträge aus den Gebieten der Anthropologie, Chemie, Literaturgeschichte, Geschichte, Naturgeschichte, Techno logie, Baukunde rc. Durch Benutzung endlich der Unterrichts stunden über Stenographie, Zeichnen, gewerbliche Geschäftskunde (Buchführung), Geometrie, Physik, Maschinenlehre rc. Die An dern aber bekommen Gelegenheit, das ihnen Fehlende nachzuholen durch Unterricht im Schönschreiben, Orthographie, Slylist'k, Rechnen rc. Auch gesellschaftliche Bildung sich anzueignen findet sich Gelegenheit, indem für diesen Zweck Lectionen im Gesang, Hebungen im freien Vortrag und Abendunterhaltunqen unter Zu ziehung von Damen veranstaltet sind. Weitere Bildung-mittel bestehen in den angelegten Sammlungen, einer naturwissenschaft lichen und einer technologischen, in dem Auslegen von Zeitschriften gewerblichen und sonst mannichfach anregenden Inhalts. Fragt man sich nun, wie es möglich sei, den Mitgliedern den Genuß all dieser Bildungsmittel für den geringen Beitrag von 5 Ngr. monatlich zu gewähren, so giebt auch auf diese Frage der Einblick in das Leben deS Vereins die Antwort an die Hand. Der un ermüdliche Eifer des aus der Mitte der Mitglieder gewählten Ausschusses, die nicht genug anzuerkennende Aufopferungsfähigkeit vieler unserer geachmsten Lehrer und Männer der Wissenschaft, welche theils ganz unentgeltlich, theils gegen ein äußerst geringes Honorar den Unterricht erthellen, die Vorträge halten, die Samm lungen ordnen rc., die wahrhaft edle Menschenfreundlichkeit vieler unserer Buchhändler, Kaufleute und Fabrikanten, welche theils die Bibliothek, die technologische und naturwissenschaftliche Samm lung durch Geschenke bereicherten, theils unentgeltlich Zeitschriften liefern rc.; endlich aber die nicht nur nicht ermüdende, sondern durch das bereits Erreichte nur immer mehr angestachelte Lern- beqier der Mitglieder, der Eifer derselben, auch ihrerseits durch Mittheilung gemachter Erfahrungen, durch Einlegen anregender Fragen in den Fragekasten, durch Eindringen von Beiträgen für die Sammlungen, durch Anfertigen nothwendiger Gerätschaften u. s. w., durch rege Betheiligung am Unterricht, durch wür diges Betragen und andere entsprechende Bemühungen zu Er reichung der Vereinszwecke beizutragen; dies Alles vereint hat es bis jetzt möglich gemacht, das Erwähnte durchzuführen. — Nun bleibt freilich die Zukunft des Vereins noch zu bedenken und in Bezug auf diese möchten wir unfern Mitbürgern, die sich ja sonst immer für alles Gute und Edle so warm imeressiren, recht dringend ans Herz legen, daß es dem kürzlich neugewählten Ausschuß des Vereins nur dann möglich werden wird dem lebhaft ausgesprochenen geistigen Bedürfniß der Mitglieder vollständig ab zuhelfen, wenn er in diesem Bestreben recht thätig unterstützt wird. An Lehrern zunächst wird es wohl nicht fehlen, denn einerseits fehlt es unter unfern Gelehrten Gott sei Dank nicht an Männern, die so viel Liebe zu ihrer Wissenschaft haben, daß sie um der Ver breitung derselben willen recht gern das Opfer bringen, ein Dutzend Abende aus dem Schatz ihres Wissens Liebesgaben zu spenden, andererseits wird ihnen, wenn irgendwo, so hier das Opfer er leichtert durch die augenscheinliche Gewißheit, daß die ausgestreuten Samenkörner auf guten Boden fallen; mehrere von den Lehrern versichert»« uns, noch nirgends so viel Lernbegier, eine so unge lheilte, nie abgeschwächte Aufmerksamkeit, eine so achtungsvolle Behandlung der Wissenschaft, ihrer Träger und Lehrmittel bis herab zu den etwa herumgereichten Abbildungen, Modellen, Prä paraten rc. gefunden zu haben als in diesem Vereine. Am Local wird es auch nicht fehlen, denn da das Vereinslocal nicht zu reicht, so ist es dem Verein nach manchen vergeblichen Bemühungen, in einer der Stadtschulen für die Abendstunden von 8 —10 Uhr ein Paar Schulzimmer zu erhalten, doch endlich gelungen sein Ziel zu erreichen, indem Herr Pastor V. Zille ihm ein Paar von den Zimmern des modernen Gesammt-Gymnasium- unentgeltlich für die besagten Stunden öffnet. Wenn nun also für die Vor *) Am 7. Februar conftituirte er sich im Wiener Saal (blaue Mütze) und am l. April bezog er sein jetziges Local Kreuzstraße Nr. 5. träge und Unterrichtsstunden gesorgt sei« wird, so bedarf der Verein doch zu Beschaffung und Fortbestehen einiger seiner wichtigsten Lehrmittel der rege« Rheilnahme und siebenden Mitwirkung auch der Nichtmitglieder. Wir meinen feine Sammlungen. Die Bibliothek »ählt jetzt ziemlich 300 Nummern, aber was tvill da- sagen bei einer Bibliothek, die zum bildenden Gebrauch von circa 600 Männern bestimmt ist, welche den verschiedensten Branchen unseres vielverzweigten Gewerblebens angehören und sich möglichst in allen Fächern der sogenannten humanistischen Bildung heimisch machen wollen. Da wäre nun zu wünschen, daß mög lichst alle Buchhändler Leipzigs, die ja dazu berufen sind, die literarische Bewegung Europa's zu vermitteln, zu leiten und zu vertreten, aus ihren Lagern Beiträge zu dieser Bibliothek den edlen Zwecken des Verein- opferten. Aehnlich verhält es sich mit den Zeichenvorlagen: es besitzt der Verein erst circa 4V Blatt und 24 Modelle. Die Herren Buchhändler, Kunsthändler, Gypshändler, Töpfer, Bildhauer, Holzwaarenhändler und Eisenwaarenhändler würden gewiß in ihren Vorräthen Manche- finden, waS als Original zum Zeichnen brauchbar wäre. Die technologische Sammlung, welche dazu dienen soll jedem Mitgliede Gelegenheit zu geben, die Gewerbe der Andern nach ihrem Umfang, dem zu verwendenden Material und den diese Ver wendung begleitenden Schwierigkeiten kennen und dadurch hoch schätzen, sein eignes Gewerbe in systematischem Zusammenhang mit den andern betrachten, in seinen verschiedenen Varietäten kennen zu lernen, bedarf und verdient die thätigste Unterstützung; zu dieser Unterstützung ist Jeder befähigt, denn Aufnahme in diese Sammlung finden alle durch Menschenarbeit oder Maschinenarbeit entstandenen Gegenstände, so wie alle zu der Herstellung derselben nöthigen Materialien und Werkzeuge, also alle Rohprodukte, Werkzeuge, Muster von Stoffen, Tapeten, Papieren rc. Der dafür eingesetzte Ausschuß, bestehend aus drei Technikern und einigen Gewerbtreibenden, hegt die Hoffnung, daß diese Samm lung, wenn recht zahlreiche, auch noch so bunt und vielgeartete Beiträge dargebracht werden, dereinst ebenso eine Zierde unserer Stadt werden könne, als die technologische Sammlung in Stutt gart eine Zierde jener Stadt ist; auch die Stuttgarter Sammlung begann bekanntlich vor wenigen Jahren sehr klein. Daß durch Nachbildung rc. mit den eingelieferten Gaben kein Mißbrauch ge trieben wird, dafür bürgt die Geschäftsordnung des Ausschusses. Die naturwissenschaftliche Sammlung durch Beiträge zu be reichern und es allmälig dahin zu bringen, daß sie die natur- historischen Erzeugnisse unser- lieben Vaterlandes vollständig auf weise, dazu hat auch Jeder Gelegenheit und braucht wohl nicht erwähnt zu werden, daß der Zweck auch hier ein guter und edler ist; das leuchtet ja von selbst ein. Auch hier steht eine sachver ständige Capacität an der Spitze deS verwaltenden Ausschusses. Nun meine geliebten Mitbürger, Ihr seht, Gelegenheit, mit verhältnißmäßig geringen Opfern etwas sehr Gutes zu unterstützen, bietet Euch dieser Verein in vollem Maaß; es lohnt sich aber auch vollständig, ein solches Opfer zu bringen, denn abgesehen von dem nicht hinwegzuläugnenden edlen Zweck, dessen Erreichung ihr dadurch befördern würdet, würdet ihr auch euch durch jede solche Gabe ein Denkmal in den Herzen der Mitglieder setzen, welche solche Geschenke nicht blos mit der gewöhnlichen Freude eines Beschenkten aufnehmen, sondern mit der höhern Freude darüber, daß wieder Jemand ein Zeugniß ablegt von dem Verständnis, welches der edle Zweck de- Vereins in seinem Herzen gefunden, von der Sympathie, die er für die Bestrebungen des Vereins hegt. Daß sich übrigen- schon solche Sympathien gefunden, dafür spricht der Umstand, daß daS Ehrenalbum de- Vereins, in welches die Namen derjenigen eingetragen werden, die als Nichtmitglnder die Vereinszwecke fördern, 25 Namen zählt. Möge dieser Verein, der bei so kurzem Leben bereits so Er freuliches geleistet, blühen und gedeihen, möge er unter Leipzigs Einwohnern recht viele sympathische Seelen finden, die seine Be strebungen nicht blos billige», sondern thatkräftig unterstützen und dadurch helfen, für die Zukunft einen wahrhaft und gründlich gebildeten Gewerbstand zu erziehen. Schillerfest. Der Abend des 10. November führte auch diesmal ein zahl reiches Publicum in die Räume de- Hotel de Pologne, wo das G»dächtniß de- großen Tobten in herkömmlicher Weise, mit der Ehrfurcht und Liebe, welche das ganze deutsche Volk ihm ewig erhalten wird, gefeiert wurde. Der erste Theil der Kestfeier hatte — obwohl die bekannte Tüchtigkeit de- ChorgesangS der Pauliner und der geschmackvolle Vortrag zweier Schillerscher Gedichte durch die Fräulein Lemcke und Remosani nicht wenig zur würdigen und genußreichen Durchführung de- Programms beitrugen — doch seinen Schwer punkt in der Festrede, welche der als geistvoller Publieist mit Recht hochgeachtete Lothar Bücher üb^nommen hatte. Daß von einem so fein gebildeten und durchaus tüchtige« Schriftsteller mehr