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wohl keineswegs originelle Scherzo aus, so sehen wir nur ein trockenes schwächliches Werk mit kraftloser Orchestralion, das irgend einer Gegend der Mark Brandenburg gleicht, in welcher nach Goethe alles getrocknet aufgeht. Mehr Sinn für äußere Klangschönheit, wenn auch weniger technisches Geschick, trat uns in der Ouvertüre von Bargiel entgegen. Wirkliches ursprüng liches Talent vermißten wir jedoch auch hier — wir fanden nur einen matten Abglanz der Eigenthümlichkeiren der neuromantischen Schule und vorzugsweise R. Schumanns, an dessen Aeußerlich- keilen sich der Componist fast ängstlich gewissenhaft halt. An der Ausführung, welche diese beiden Werke ebenso wie die den Schluß des Concerts bildende Weber'sche Jubel-Ouvertüre von Seiten unseres Orchesters fanden, lag es gewiß nicht, daß sie sehr kalt vom Publicum ausgenommen wurden. So wenig diese Neuig keiten auch uns zugesagt haben, so ist es doch mit Dank zu er kennen, daß überhaupt etwas Neues gebracht wurde. Wir wün schen nur, daß die Concertdirection ferner mehr Glück mit den neuen Compositionen haben möge, was gewiß der Fall sein wird, wenn man Werke wählt, die einer anderen, als den genugsam ausgebeuteten Richtungen Mendelssohns und Schumanns an- gehören. Fräulein Katharina Deutz aus Cö'ln sang im ersten Theile des Concerts die Arie der Anna aus „H«nS Heiling". So wohlthuend es war, nach Reinecke's Symphonie den warmen be lebenden Hauch des wahren Talents zu empfinden, so halten wir doch die Wahl dieser Arie für eine noch im Aufstreben begriffene junge Sängerin nicht für eine glückliche. Das Musikstück ist wie alle Marschnersche Gesangsmusik sehr schwer, bei der ungewöhn lich hohen Stimmlage überdem äußerst anstrengend. Nur eine bereits vollendete Gesangskünstlerin vermag diese Arie zu voller Geltung zu brinaen. Fräulein Deutz that übrigens alles Mög liche, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden und bethä'tigte damit ebenso den guten Grund, den sie bereits in ihrer Kunst gelegt, wie ein sehr beachtenswerthes Streben. Wünschenswert!) ist es aber, daß man einer jungen Sängerin solche Compositionen vor igen lasse, bei denen sie sich von vortheilhaftestcr Seite zeigen kann. Die klassischen für da- Concert geeigneten Arien sind aller dings bereits sehr oft und auch in großer Vollkommenheit gehört worden. Man tritt aber gewiß der Würde eines großen musika lischen Instituts nicht zu nahe, wenn man nicht classtsche Ge sangsstücke in das Repertoir aufnimmt, denn vorzugsweise sind es diese, welche für den Sänger dankbar sind und gern gehört werden. Die Sänger haben aber eben so gut das Recht, sich dankbare Stücke für das Concert zu wählen, als die Solo-Jnstrumentalisten, von denen mitunter Sachen vorgeführt worden sind, gegen welche z. B. die Opernarien der modernen Italiener (und selbst die Verdi's) an Talent, Geschick und musikalischem Werth noch Meisterwerke ersten Ranges sind. Auch das von Fräul. Deutz und dem Bariton Herrn Paul Schmidt aus Bremen im zweiten Theile vorgetragene Duett aus „Cortcz" ist für das Concert ungeeignet. Es ist dieses Duett eine große dramatische Scene, ganz für da- Theater und die Action berechnet, ohne welche es nie von Wirkung sein kann. Nach seiner diesmaligen Leistung zu urtheilen scheint Herr Schmidt noch sehr Anfänger zu sein. Ob er für unsere großen Concerte als Gänger wird ge nügen können, möge sein ferneres Auftreten beweisen. Sehr anerkennend müssen wir unS über die Solo-Instrumen- talleiftungen dieses Concerts aussprechen. Unser trefflicher Violon cellist, Herr Grützmacher, bewährte sich abermals als Virtuos seines Instruments und fand den reichsten und wohlverdientesten Beifall. Er spielte ein neues Concert eigener Composition, von dem uns der melodiöse Mittelsatz ganz besonders ansprach. — Im zweiten Theile trug Herr Sebastian Mills aus Cirencester in England das Adagio und Rondo aus Chopins L moll-Concert vor. Es ist Herr Mills ein ausgezeichneter Pianist mit großer 5955- Fertigkeit und prachtvollem Anschlag; was wir ganz besonders an seinem Spiele schätzen, ist. das verständnißvolle Eingehen auf den Geist des schönen Werkes, wie die Wärme und der Schwung seine- Vortrags. Auch dieser Künstler ward vom Publicum sehr ausgezeichnet. Die Leistungen deS Pauliner Sängervereins, welcher im ersten Theile die Lieder: „die Studenten" von Gade, „die Lotos blume" von Schumann und „Morgenlied" von Rietz vor trug, waren in jeder Beziehung vortrefflich. Die Composition von Rietz ist noch Manuskript. Es ist dieselbe natürlich äußerst geschickt gearbeitet, jedoch nicht tief und warm genug empfunden, um die Poesie Eichendorffs erschöpfend wiedergcben zu können. Den größten und nachhaltigsten Eindruck machte von allen Vor trägen der Pauliner Schumanns „Lotosblume", allerdings auch eine Composition, die ihre- Gleichen sucht. F. Gleich. Leipziger Lrankencaffe. September. Neu aufgenommene Mitglieder 70. Ueberhaupt Mitglieder vorhanden 2850. Ausgabe für Krankengeld und Verwaltung .... 360Thlr. Vermischtes. In einer der jüngsten Sitzungen der kaiserlichen Central-Acker- baugesellschaft zu Paris wurden interessante Mittheilungen über einen von Herrn Breton, Professor an der medicinischen Akademie zu Grenoble, erfundenen Apparat zur Entfuselung des Spi ritus verlesen, welcher in einer Runkelrübenbrennerei des Depar tements Seine und Oise bereits in Anwendung ist. Der aus der Destillation der Runkelrübe und der Kartoffel gewonnene Alkohol leidet vorzugsweise durch die Beimengung des Fuselöles. Behufs Entfernung dieses lästigen Stoffes geht der Erfinder von dem Er fahrungssatze aus, daß ein in einer Flüssigkeit aufgelöst schwebender Körper in der Regel ausgeschieden wird, sobald man einen dritten Körper hinzusetzt, welcher eine größere Anziehungskraft auf den ersten äußert. Wie man in Anwendung dieses Princips mittels deS Aethers das in der Salzsoole enthaltene Brom auszuscheidcn im Stande ist, so bemächtigt sich Herr Breton der im Rohspiritus enthaltenen flüchtigen Oele durch Zusatz einer kleinen Quantität Baumöl. Die principielle Richtigkeit dieses Verfahrens unterliegt keinem Bedenken und bewährt sich durch den Versuch. Es kam aber darauf an, die bei der Anwendung in größerem Maßstabe, da, wo es sich um die Reinigung von Tausenden von Quart handelt, sich ergebenden Schwierigkeiten durch geeignete Vorrich tungen zu beseitigen, mit einem Wort, das Verfahren für die Praxis anwendbar zu machen. Herr Breton bediente sich zu diesem Zweck anfänglich eines Filtrirapparats, welcher in einer zwischen Drahtgittrrn festgehaltenen Lage mit Baumöl getränkter Schafwolle bestand. Die Entfuselung ging in der That vor sich, jedoch nur so lange, alS die Schafwolle mit den flüchtigen Oelen noch nicht gesättigt war. Mit dem Zeitpunct der Sättigung hörte die fernere Absorption auf und es bedurfte einer Erneuerung des Filters. Allerdings ließ sich die gebrauchte Wolle durch Anwendung eines Wasserdampfstromes von dem absorbirten Oel reinigen, als Fil ter konnte sie aber, wie sich zeigte, nach dieser Behandlung mit Wasserdampf nicht wieder gebraucht werden, so daß auf diese Weise der Reinigungsproceß zu kostspielig aussiel. Diesem Uebelftande hat der Erfinder nunmehr abgeholfen, indem er statt der Wolle eine Lage pulverisirten und mit Oel getränkten Bimssteines an wendet, welcher beliebig ausgeglüht oder mit Dampf gereinigt werden kann, ohne unbrauchbar zu werden. (Lpz. Ztg.) Vom 27. November bis 3. December sind in Leipzig begraben worden. Sonnabend den 27. November. Johanne Sophie Wittmann, 72 Jahre 9 Monate alt, Bürgers und Kupferschmiedemeisters Witwe, in der Hainstraßc. Marie Margarethe Zw arg, 8 Monate alt, Bürgers und CigarrenfabrikantenS Tochter, in der Windmühlenstraße. Marie Elisabeth Köstel, 78 Jahre alt, Zimmergesellens Wiiwe, im Armenhause. Hugo Richard Braune, 2 Jahre 3 Monate alt, Schuhmachers Sohn, in der UlrichSgasse. Auguste Emilie Staude, 10 Monate alt, Buchdruckers Tochter, in der Querstraße. Ein unehel. Knabe, 9 Tage alt, in der Schützenstraße.