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1847. und Anzeiger. > ^ 97. Mittwoch, den 7. April. Erwiederung auf den Aufsatz in Nr. 94 über Verbesserung der Lage der hiesigen Musiker. So sehr auch Schreiber dieses mit dem Inhalt jenes Auf satzes in der Hauptsache übereinstimmt, so herzlich auch er eine Verbesserung der Lage der hiesigen Musiker wünscht, so kann er doch nicht ganz niit demselben sich einverstanden erklären. Unrichtig ist es vor allen Dingen, wenn in jenem Aufsatze bemerkt wird, da- Gtadtmustkchor werde nie andern hiesigen Musikchören die Ausübung der Tanzmusik verbieten wollen. Leiber ist dies früher und auch noch vor Kurzem, obwohl das Stadt mustschor nach Hrn. Questers Tods eine- eigentlichen Chefs ent behrt, der Fall gewesen. Dieses ist daher gerade der Grund, auS welchem Schreiber dieses eine Aenderung hinsichtlich der hie sigen Musikchöre verlangen muß. Unbedingt gebieten die jetzigen Aeikverhältniffe, daß freie Concurrenz auch in der Musik siattsindek; bas Publikum muß da- Recht haben, bei Privat- häBen »dt» bet sonstigen Festen dasjenige Muflkchor zu wählen, dessen Leistungen es für die besten halt. Denn die geringen Ver pflichtungen de- Stadtmusikchors, an einigen Tagen wahrend des Sommers vom Rathhause Musikaufführungen zu veranstalten oder im Theater Substituten gegen eine angemessene Vergütung zu stellen, würden auch andere, eben so tüchtige Musikchöre sehr gern übernehmen. Da- Stadtmusikchor, zumal in seiner da maligen Verfassung, ist keineswegs allein im Stande und geeig net, der jetzigen Anforderung der Zeit und des Publikums zu entsprechen; eS ist daher sehr nothwendig, hierin eine baldigste zeitgemäße Aenderung zu treffen. Ganz conform ist aber Schreiber diese- mit dem Verfasser jene- Aufsatzes darin, daß nicht jeder Musiker ein Musikchor allhier etabliren könne, sondern er glaubt, nur nach vorausge gangener Prüfung de- Direktors dürfe dieses geschehen. Möge für jetzt da- Skadtmusikchor, sobald es erst einen tüchtigen Chef an die Stelle des leider viel zu früh verstorben.» Queißer erwählt hat, ferner die der Herren Hauschild, C. Fölck, Wenk und Lo- pitzsch (welcher letztere, beiläufig gesagt, schon seit einer Reihe von Jahren ein Musikchor leitet und in neuester Zeit durch gute Musik aufführungen sich vorzüglich auszeichnet), für jetzt sortbestehen, allein kein Musikchor weiter geduldet werden; möge jedoch auch diesen Mufikchören die- Recht nur unter Widerruf und unter der Bedingung, daß sie etwas Tüchtige- leisten, ertheilt werden! So dann wird Leipzig sich einer bessern Musik, die Musikchöre wer den sich eines bessern Verdienste- zu erfreuen haben, dagegen werde« dke Wirthe dann sich glücklich schätzen, wenn GinS dieser privilegirten Musikchöre die Musikaufführung bei ihnen ohne Pacht übernimmt. Schreiber dieses will seine Ansichten ebenfalls nicht als maaß- gebend betrachtet wissen, hofft aber, daß sie theilweise wenigstens vielleicht eine geneigte Berücksichtigung finden werden. Die Brandfäule oder Unsegen einer zu nachsichtigen Erziehung. Historische Erzählung. . (S ch l u ß.) In Wäldern, Fluren und Gärten brachen bereit- die Knos pen de- herannahenden Frühling- hervor; dke Narur hatte das eisige Winterkleid abgestreift und hier und da hörte man schon der Lerche lieblichen Gesang. Da wanderte Michel JunqhannS eines TageS fröhlich und wohlgemuth durch die Felder nach dem Dorfe Eutritzsch, um sein geliebte- Mädchen heimzuführen. Tau send schöne Bilder gaukelten vor seinen Sinnen und er malte sich im Geiste die schönste Zukunft, welche durch kein Mißgeschick getrübt werden könne. Mit der heitersten Miene trat er in die Gaststube des bekannten Wirthshauses, wo ihn schon von Weitem Valentins freundlicher Gruß empfing, und erzählte nun diesem, daß er des Vaters hinterlasseneS Gütchen übernommen habe und die Wirthschaft mit der Mutter und seiner zukünf tigen Ehefrau, welche er eben abzuholen Willens sei', nun fort setzen werde. Erst zur Mittagszeit begab er sich in den Bauer hof deS Urban Apitzsch, wo seine Rosa diente, fand hier eine eben so freundschaftliche Aufnahme, und schon des Nachmittag« waren die beiden jungen Leute in der traulichsten Stimmung auf dem Heimwege. Voll inniger Zärtlichkeit empfing sie die gute Mutter, die unterdeß in der Wohnstube uno Hausflur alle- gesäubert und aufs Sorgfältigste geordnet hatte, und nach we nigen Wochen wurden Michel und Rose ehelich verbunden. — Die rastlose Thätigkeit Beider, so wie auch ihre strenge Recht lichkeit, schafften ihnen nicht allein den nothdürftigen Unterhalt, sondern gewannen ihnen auch die Achtung der sammtlichen Be wohner des Dorfes. So gehörte dieser kleine Familienkreis zu einem der glücklichsten, und mit inniger Freude erkannten die lungen Eheleute die Güte der Vorsehung, als ihnen im nächsten Jahre eine Tochter bescheert wurde, deren sorgfältige Pflege sich die Großmutter mit inniger Liebe unterzog. — Wie sich im Allgemeinen in den früheren Jahren das Mädchen weit eher und schneller entwickelt, als der Knabe von gleichem Alter, so war es auch bei der kleinen Katharine der Fall, und nicht zu verwundern, daß sich das Kind von Jahr zu Jahr immer mehr ausbildete und da- höchste Lebensglück dieser drei braven Menschen ausmachte. Schon hatte das Mädchen da- siebente Jahr erreicht, als sich bei ihr eine bedeutend überhand nehmende Störrigkeit zeigte und dermaßen ausartete, daß die wackern Aeltern oft sie kaum zu bändigen vermochten. AuS einer zu ängstlichen Besorgniß, den einzigen Liebling ihres Herzen- verlieren zu können, wurde Katharinen diese Untugend nur auf eine so schonende und gelinde Weise verwiesen, daß, statt einer Besserung, dieses Laster bei dem jungen Mädchen immer mehr Wurzel faßte und Veranlassung gab, daß wenn Vater und Mutter sie auf irgend eine Weise nützlich beschäftigen wollten, sie dieß jede-mal entschieden verweigerte und weder durch gute Worte, noch durch Drohungen dazu zu bringm war. „Laßt sie nur!" sprach die gutmüthige Großmutter, „das wird sich schon finden, wenn sie älter ist; die Kinder sind alle so", und die schwachen Aeltern warm beschwichtigt. E» gesellte -