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/» Tageblatt t» und Anzeiger. 181. Sonnabend den 30. Juni. 1855. Bekanntmachung. Die in Gemäßheit der Hohen Verordnung deS Ministeriums deS CultuS und öffentlichen Unterricht- vom 26. August 1848 von den Percipienten nachbenannter Beneficien: 1) des Triller'fchen, 2) deS Doerer-Helfretch'fchen, 3) deS Neeffchen und 4) deS Harrrmer'fchen, stiftungßmäßig zu bestehenden Prüfungen sollen den Siebenzehnten Juli L8SS abgehalten werden, und werden die Herren Commilitouen, welche sich gegenwärtig im Genuß eines der voraufgeführten vier Beneficien befinden, hierdurch aufgefordert, sich gedachten TageS Nachmittags um S Uhr im Eonvietorio zu gedachten Prüfungen einzufindeü. Leipzig, den 26. Juni 1855. Die Ephoren der Königlichen Stipendiaten daselbst. v Landtagsmittheilungen. 42. Sitzung der ersten Kammer a« 27. Juni. Die erste Kammer hat heute noch in einer Abendfitzung die Speelalderathung über dm Gesetzentwurf wegen deS JagdrechtS begonnen. Die Htz. 1 — v desselben find bereit- erledigt und mit einigen Modifikationen von der Kammer angenommen worden. (Dr. I.) Petition einiger Mitglieder der Ritterschaft des Leipziger Kreises, die Herstellung der im Königreiche Sachsen zur Zeit unentgeltlich aufgehobenen Jagdrechte und deren Verwandlung in ablös bare Servituten betreffend. (Schluß.) Wir finden in der Beschreibung von dem Leben de- bekannten Pfarrer- Oberlin im Elsässer Steinthal, er habe zur Zeit der ersten französischen Revolution Assignaten, als sie nicht mehr zu halten waren, für volle Zahlung angenommen, au- Achtung gegen den vaterländischen Credit. Die damalige Directorialregierung ertheilte ihm das Anerkenntniß des redlichsten Staatsbürger-, aber Nach ahmung fand er unser- Wissen- nirgends. Wir gedenken dieser seltenen Handlungsweise nicht, um einem einseitigen EhrlichkeitS- eifer da- Wort zu reden z sie kann aber heute noch gute Früchte tragen, wmn sie uns erinnert: So gewiß die wahre Staatskunst oder die zweckmäßige und auf bleibenden Erfolg bedachte Wirksam keit für da- Wohl de- Lande- (im Gegensatz einer Politik, welche fich nur mit Flickwerk beschäftigt) frei ist von Schwärmerei, so gewiß gehört doch dazu ein geistiger Schwung, welcher sie heraus- hebt au- der Gemächlichkeit de- Alltagsleben- und, auf unfern Fall anaewendet, un- nicht träge Beruhigung fassen läßt bö der Frage: Wenn sich ein s» unzweifelhaft ehrlicher und praktisch tüch tiger Mann, wie Oberlin, verpflichtet fühlen konnte, auch noch in dm werthlosen Assignaten einer Gewaltregierun^ Än LandeS- eredit zu ehren, wie viel mehr ist eS unsere Schuldigkeit, darauf zu halten, daß ein ungleich bessere- Papier, unsere DersaffungS- mkunde, in allen ihren Anweisungen für voll gelte? Der Aufforderung: abzuwartm, was in andern deutschen Staa ten fkr zeitgemäße Herstellung de- Jagdrecht- grthan oder gelassen wird, können wir deshalb kein Gewicht beilegen, weil unser engeres Vaterland, wenn auch dem politischen Raume nach klein, doch ln dem unbeschränkten sittlichen Reiche der bürgerlichen Bildung nicht zu einer Stellung berufen ist, welche es abhalten könnte, auf rech tem Wege eigene Bahn zu brechen. Kein Staat ist so groß, daß nicht feine Politik nach außen mehr oder minder abhängig wäre. Wa- aber hindert un-, im Innern unser- Lande- gerecht zu sein? Es könnte un- femer eingehalten werden: Da- neue Institut de- JagdrechtS ist schon zu tief in unsere bürgerlichen Rechtsver hältnisse eingedrungen (man denke z. B. an die darauf gegründeten Pachtverträge), als daß e- ohne vielfache Störung derselben zurück genommen werden könnte. Darauf erwiedern wir: Hat sich dmn unsere Gesetzgebung seit der Constitution durch weit länger bestandene Privatrecht-verh§lt- niffe und Verträge abhalten lassen, zum allgemeinen Besten anti- feudale Reformen durchzuführen? Und jetzt sollte sie durch die Sorge für da- allgemeine Beste nicht gerechtfertigt «erden, wenn fie die im neuen Jagdrecht enthaltene Uebertreibung. jener Reformen auf da- rechte Maaß zurückführte? ES sind, müssen wir weiter hören, noch andere Uebertreibungen untergelaufen, und de- Rückschritt- wäre kein Ende, wollte man ihm bei dem Jagdrechte den Eingang verstatten. So widersprechend, antworten wir. Und so auffallend, al- in diesem Puncte, hat sich wohl noch nie ein vaterländische- Gesetz vom Rechte entfernt. Wir haben vielleicht noch manche- andere Unrecht mit der Zeit zu vergüten; wenn aber unsere Constitution ein Werk de- Vertrauen- bleiben soll und wenn un- die reiche Quelle de- römischen, mit unserm politischen Gleichgewicht unbe kannten Recht- au- tieferem Grunde ein humane- Gleichgewicht de- Civilrecht- unter dem Namen der Billigkeit nicht umsonst zugeführt hat, so werden wir auch am rechten Orte die Unzulässig keit de- kleinlichen Privateigennutzes und einer haarspaltenden Justiz von billigen, erheblichen und Ln der Heiligkeit des Eigenthums unmittelbar begründeten Recht-forderungen zu unterscheiden wissen. In einem konstitutionellen Staate sind freilich die gesetzgeben den Motive au- so verschiedenen, weitgreifenden Elementm zusam mengesetzt, daß sich die Schuld unter Viele verthellt, wenn ei» Gesetz dem Rechte zu nahe tritt. Dann liegt aber auch Viele» die Pflicht auf, sich bei der Zurücknahme de- Unrecht- zu betheikige». Da- höchste Gesetz, müssen wir schließlich vernehmen, ist das Staat-wohl, dessen rege Forderung unter solchen Zurücknahmen