Schluß. 433 Humboldt's Ansicht von der Naturphilosophie gibt wohl folgende Stelle' am besten an: „Der Inbegriff von Erfahrungskenntnissen und eine in allen ihren Theilen ausgebildete Philosophie der Natur (falls eine solche Ausbildung je zu erreichen ist) können nicht in Widerspruch treten, wenn die Philosophie der Natur, ihrem Versprechen gemäß, das vernunft- mäßige Begreifen der wirklichen Erscheinungen im Weltall ist. Wo der Widerspruch sich zeigt, liegt die Schuld entweder in der Hohlheit der Specn- lation, oder in der Anmaßung der Empirie, die mehr durch die Erfahrung erwiesen glaubt, als durch diese begründet wird." Neben der Vorliebe für die Philosophie hatten wir damals in Deutsch land die Blüthezeit unsrer großen Dichter Schiller und Göthe, und der namentlich durch Erstercn angeregte schwärmerische, stets in höheren Regi onen sich anfhaltendc Idealismus paßte wenig zu der ruhigen und kalten Ueberlegnng, welche die empirische Naturforschung erheischt. Humboldt war von Anfang an ein Anhänger dieser letzteren und wenigstens in seinen Schriften hat stets der Verstand den Vorrang vor dem Gefühle. Die ersten Urtheile, welche Humboldt und Schiller gegenseitig über einander fällte», waren daher nicht günstig. Während Hnmboldt'sBruder Wilhelm Schiller's und Göthe's poetische Erzeugnisse bewunderte, tadelte Alexander den Ersteren als einen, der entlehnte Gedanken in unleidlichen Bombast kleide und studirte von Letzterem nur die Schriften, welche die Mit- und Nachwelt übersah, nämlich dessen naturwis senschaftliche Arbeiten? Ueber das Urtheil Schiller's über Humboldt finden wir in v. Martins Denkrede auf den letzteren folgende dem 4. Bande des Schiller-Körner'schen Briefwechsels entnommene Sätze. „Körner schreibt an Schiller aus Dresden am 2>. Juli 1707: Alexander v. Humboldt ist mir ehrwürdig durch den Eifer und Geist, mit dem er sein Fach betreibt. Für den Umgang ist Wilhelm genießbarer, weil er mehr Ruhe und Gutmüthigkeit hat. Alexander hat etwas Hastiges und Bitteres, das man bei Menschen von großer Thätigkeit häufig findet. Hierauf gibt Schiller aus Jena unter dem 6. August >797 folgende auffallende Ant wort: Ueber Alexander habe ich noch kein rechtes Urtheil; ich fürchte aber, trotz aller seiner Talente und seiner rastlosen Thätigkeit wird er in sei ner Wissenschaft nie etwas Großes leisten. Ich kann ihm keinen Funken >> Kosmos I. »9. 2> Memoiren Alexander v. Humboldt's. 1. Lief. S.9. Leipzig, 1869, bei Schäfer. 28