Volltext Seite (XML)
428 Schluß. Wer also die gesammte physische Erdbeschreibung fördern will, muß gleich zeitig Physiker, Botaniker, Geologe u. s. w. sein, und das finden wir bei Humboldt. Er hat dasjenige naturwissenschaftliche Fach erwählt, welches die meisten Vorkenntnisse erfordert, soviel nämlich, als alle andern zusammen. Wenn ich eben gesagt habe: die gesammte physische Erdbeschreibung — so ist dieses absichtlich geschehen, denn einen Theil derselben bedarf der Forscher jedes einzelnen Faches. Jede Pflanze gebraucht zu ihrem Gedeihen gewisse äußere Einflüsse; sie kann nicht leben, wenn man ihr das Wasser, das Licht, eine bestimmte Menge von Wärme n. s. w. entzieht. Verfolgen wir nun aufmerksamen Blickes die Reihenfolge der Erscheinungen, etwa bei einer Pflanze, so wird deren Samen sich in der Nähe der Mutterpflanze au- siedeln und die Folge wird sein, daß nunmehr eine größere Fläche »nt Exem plaren derselben Art versehen ist. In der nächsten Generation setzt sich die ses fort und der bedeckte Boden wird immer größer; aber wenn dieses so fortgeht, so ändert sich bei steter Ausdehnung der Gränzen nach und nach der Boden, es ändert sich die Wärme, kurz es tritt ein Wechsel in den äußern Verhältnissen ein und die Pflanze, die am ursprünglichen Standorte im üp pigsten Gedeihen war, prvsperirt weniger in der neuen Heimath, ihr Gedeihen wird zuletzt zur Unmöglichkeit und sie hört auf. Darum hat jedes Gewächs nur einen bestimmten Bezirk oder gewisse Localitäten, an denen es fortkom- men kann. Da wo eine Pflanze ist, kann keine andere sein. Setzen wir mehrere derselben neben einander hin, und überlassen wir sie sich selbst, so werden sie den Boden unter sich theilen. Sagen die äußern Umstände allen in gleicher Weise zu und besitzen die Pflanzen gleiche Zähigkeit oder Lebens fähigkeit, so wird es sich zunächst darin» handeln, welche Art zuerst ein ge wisses Stück Boden besetzt hat, und das Terrain wird ein Durcheinander der verschiedenen sich das Gleichgewicht haltenden Gewächse zeige». Aendern sich nun in einiger Entfernung die äußern Einflüsse, so werden diese der einen Art weniger Zusagen als der andern, und letztere bekommt nunmehr die Ober hand, um vielleicht eine Strecke weiter einer dritten Platz zu machen. So geht dieser Wechsel über die ganze Erde hin. Es ist nun eine rein botani sche Aufgabe, die Eigenthümlichkeiten der Flora eines gegebenen Landstriches anzugeben, ihre einzelnen Formen zu bezeichnen und sie zu beschreiben. Geht aber der Botaniker weiter und fragt: warum ist diese Pflanze wohl da und nicht an jenem zweiten Orte vertreten, so muß er die Beantwortung seiner Frage von der physischen Erdbeschreibung erwarten, die ihm sagen wird, welche äußere Umstände sich geändert haben, und wir sehen daher die Bota nik abhängig von einzelnen Theilen der letzteren Wissenschaft. Ich erinnere