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307 2. Der Indianer. schuldig, aber seine Sammlungen wurden in den mcxicanischen Archiven so schlecht verwahrt, daß nicht mehr der achte Theil derselben vorhanden ist. Humboldt glaubt übrigens, daß trotz dieser beiden Unglücksfälle noch eini ges Material in Amerika sein könne; um dieses aber zu bekommen, müsse ein Reisender die indianische Sprache verstehen und sich das Vertrauen der Ein geborenen zu gewinnen wissen, was bei deren scheuer Zurückhaltung keine leichte Sache sei. Unter den Mitteln, welche in Beziehung auf die Cultur eines Volkes großen Einfluß üben, muß sicherlich die Art und Weise, wie man es versteht, durch sinnliche Darstellungen in einem Menschen beabsichtigte Ideen zu er wecken , das was wir mit Schreiben erreichen, eine hervorragende Rolle spielen. Die Schreibkunsl ist nicht, der Minerva gleich, vollkommen ausgebildet dem Hirne eines einzigen Menschen entsprungen. Man kann wohl in den Büchern lesen, der Phönizier Taut habe die Buchstaben erfunden, allein diese Erzählung, die übrigens wenig verbürgt ist, dürfte sich im höchsten Falle ans eine Verbesserung dcS bisherigen Verfahrens beschränken. Uebcrlegt man die Art und Weise, in welcher wohl in frühester Zeit ein Mensch einem andern die Mittheilung irgend einer Thatsache gemacht haben kann, so muß man auf die bildliche Darstellung des Ereignisses als das Nächstliegende Mittel verfallen. Die Darstellung zweier mit einander ringender Menschen, eines brennenden Hauses u. s. w. muß jeden Beschauer auf den Gedanken bringen, daß hier von einem Kampfe, von einem Brande die Rede sein müsse. Setzt man so von einer Reihe von Begebenheiten die merkwürdigeren nach einander hin, so kann man dazu gelangen, eine ganze Geschichte zu erzählen. ES ist dabei eine fortlaufende Darstellung gar nicht nöthig, wie auch in unfern Schauspielen sehr häufig in den einzelnen Acten nur die Hanptmomente einer Geschichte gegeben werden, und cs dem Zu schauer überlassen bleibt, den Zusammenhang der einzelnen Acte selbst zu den ken. Da nicht jeder Mensch Maler sein kann, und die bildliche Darstellung eines Objectes möglicherweise sehr schwierig ist, muß es bei einer größeren Verbreitung der Darstcllungsmcthodc dazu kommen, daß man einzelne Fi guren auswählt, die convcntionell dieses oder jenes zu bedeuten haben, und auf diese Weise ist vor uralter Zeit die Hiercglyphcnschrift entstanden. Es bedeutet z. B. die Zeichnung einer Pyramide die Stadt Memphis. Machte man nun die Contourcn eines Mannes hin, und setzte zwischen diese und die Pyramide die Umrisse von ein paar Füßen, so wußte man, daß der Mann zu gehen hatte; ob von Memphis weg oder ob dorthin, erkannte man an der 20*